「3」 Wo ist Sorraia?
„Bitte was? Eve, das ist bestimmt nur eine ihrer dummen Scherze. Morgen wird sie spätestens hungrig sein und zurückkommen.", winkte ich ab und wollte mich bereits abwenden, aber Eve hielt mich fest.
„So einfach kann sie nicht zurückkommen. Hier. Lies das.", forderte sie mich auf und reichte mir einen Brief.
Seufzend nahm ich ihn und begann zu lesen.
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Liebe Freunde, Familie und Bekannte,
Ich habe mich entschlossen die USS Unico zu verlassen.
Die Gründe möchte ich hier noch einmal auflisten, da ich nicht möchte, dass jemand sagt, ich würde übertreiben und überreagieren.
Die Arbeit als Kommunikationsoffizierin war durchaus schön, aber nicht das, was ich am liebsten machen würde und mit welcher ich mich auch nicht selbst verwirklichen kann.
Ich weiß einige, sogar sehr viele, trauen mir den Job als Steuerfrau nicht zu. Aber diese Leute liegen falsch!
Ich bin die beste Steuerfrau, die ein Schiff haben könnte. Ich kenne mich in dem Fachgebiet genügend aus und war kurzzeitig sogar im Einsatz.
Erstaunlicherweise sind die Leute, die mich unterschätzen, die die mir eher danken sollten, dass ich das Schiff sicher und vollständig zurückgebracht habe. Aber gewisse Leute sind eben zu stolz, um sich zu bedanken und mein Talent zu sehen.
Ich weiß nicht, wohin die Zukunft mich bringen wird, aber ich träume von meinem eigenen Schiff.
Lebt wohl und denkt immer daran, dass ihr die beste Steuerfrau der Welt nicht mehr an Bord habt.
Also gutes Gelingen, Raven, und wenn du das Schiff in irgendeinen Abgrund stürzt, bist du Schuld!
Bis irgendwann
Sorraia
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„Oh nein.", murmelte ich entsetzt. „Jetzt ist sie völlig durchgedreht."
Eve schnaubte. „Wäre ich niemals drauf gekommen."
Ich seufzte tief. „Das erklärt, warum gestern Abend eins der Ein-Mann-Schiffe "verschwunden" ist."
Eve nickte und legte den Kopf schief. „Was machen wir jetzt?"
„Ich hab keine Ahnung.", erwiderte ich hilflos. Die ganze Situation war einfach nur beschissen.
Ich gab einen kleinen gequälten Rüffel von mir und stieß eine gemurmelte Fluch-Tirade aus, während ich in Richtung Speisesaal stapfte, wo ich Giorgia zurückgelassen hatte.
Heute war ein scheiß Tag!
„Giorgia, wir haben ein Problem!", rief ich in den Speisesaal und es interessierte mich herzlich wenig, dass ich merkwürdige Blicke kassierte. Jetzt war mir sowieso schon alles egal.
Giorgia sah von ihrem halb leeren Teller auf, hielt beim Kauen inne und stand dann sichtlich lustlos auf. Vermutlich hatte sie schon so ihre Vermutungen. Doch die waren zu 100% nicht zutreffend. So weit konnte sie keinen Verdacht herholen.
Hah! Selbst ich erwartete ja noch, dass Sorraia irgendwo raussprang und verkündete, alles sei nur ein Scherz gewesen.
Schnell brachte Giorgia ihr Tablett weg und kam zu uns rüber. „Bist du schon wieder gegen irgendwas gelaufen? Sollen wir mit dir zur Krankenstation gehen?", fragte sie halb besorgt halb amüsiert.
„Haha, nein.", antwortete ich leicht beleidigt. Von allen Vermutungen, die sie haben konnte, hatte sie diese zuerst? „Sorraia ist nur mit dem gestern verschwundenen Ein-Mann-Schiff abgehauen, weil sie hier keine Steuerfrau werden darf.", erklärte ich betont beiläufig.
Giorgia starrte zwischen Eve und mir hin und her, dann schüttelte sie fassungslos den Kopf. „Was mich gerade am meisten schockiert, ist die Tatsache, dass es mich nicht überrascht das zu hören."
„Was? Es überrascht dich nicht? Wie ist sie an den Zugangscode gekommen? Und ich meine, Sorraia ist nicht dumm oder so, absolut nicht, aber in Systeme hacken ist auch nicht wirklich eine ihrer Stärken! Ganz im Ernst, ich bin schon überrascht, dass sie den Zeitpunkt in ihrer Verpeiltheit richtig programmiert hat, wenn ich ehrlich bin! Ich meine, es ist Sorraia über die wir hier gerade reden!", warf ich ein.
„Ja und genau deswegen überrascht es mich nicht. Ihr Trotz und ihre Sturheit lassen sie manchmal Dinge tun, die wir nicht von ihr erwartet hätten. Leichtsinnige Dinge, zugegebenermaßen, aber auch raffinierte Dinge. Sorraia unterschätzt man schnell mal.", erwiderte Giorgia nachdenklich.
„Mhm.", machte ich nur. „Hast du einen Plan? Ich weiß nämlich nicht was wir tun sollen!"
„Woher soll ich denn wissen, was wir jetzt tun sollten?", fragte Giorgia hilflos.
Eine Zeit lang war es still und wir starrten einander nur an.
„Leute, Sorraia ist we-", hörte ich Maddys Stimme und im nächsten Moment stand sie neben Giorgia.
„Wissen wir.", unterbrachen wir sie einstimmig.
„Wartet. Woher?", fragte sie verwirrt.
„Sorraia hat einen sehr poetischen und herzzerreißenden Abschiedsbrief verfasst.", erklärte Eve sarkastisch. „Willst du ihn lesen?"
Maddy verzog angewidert das Gesicht. „Danke, ich passe."
„Woher weißt du, dass sie weg ist?", hakte ich nach.
„Die Anwesenheitskontrolle wurde beendet. Sorraia hat sich als Einzige nicht gemeldet.", erklärte Maddy.
„Gut, wenn du bei der Auswertung dabei warst, hast du vielleicht ja auch aufgeschnappt, was die Führungsposten jetzt vorhaben.", wandte Eve neugierig ein.
„Naja, schon, aber ihr werdet enttäuscht sein. Weil der Peilsender von Sorraias Schiff deaktiviert wurde, kann man sie nicht orten. Die Führungsleute werden nichts unternehmen können. Und selbst wenn - In ihren Augen ist es nur ein billiges Ein-Mann-Schiff und eine kleine Kommunikationsoffizierin, die in den letzten Wochen nur Probleme gemacht hat. Sie würden Sorraia nicht suchen, selbst wenn es theoretisch irgendwie möglich wäre.", erklärte Maddy.
„Sie ist eine herausragende Kommunikationsoffizierin.", verbesserte ich sie leise.
Maddy zuckte mit den Schultern. „Aber für die nicht unersetzbar."
„Und was tun wir jetzt?", fragte Eve.
„Wir können nichts tun, Eve.", antwortete Giorgia langsam. „Du hast es gehört, Sorraia hat den Peilsender deaktiviert. Und ohne die Erlaubnis und Unterstützung der hohen Leute sind uns sowieso die Hände gebunden. Lasst uns hoffen, dass Sorraia ihren Fehler einsieht und zurückkommt. Mehr können wir sowieso nicht tun."
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