„Es tut mir wirklich leid, Sorraia, aber ich werde meinen Platz als Steuerfrau des Schiffes behalten.", stellte ich zum hundertsten Mal klar.
Genervt verdrehte ich die Augen, als meine Freundin, welche neben mir herlief, erneut zum Reden ansetzte. „Aber ich habe den Job damals wirklich gut gemacht! Besser als du!"
So ging das nun schon seit Wochen. Seit Monaten.
Und die fühlten sich auch schon beinahe wie zahlreiche Jahre an. Unser letztes Abenteuer war nun fast ein Jahr her und genauso lange nervte mich Sorraia nun schon und drängte mich dazu ihr meinen Posten als Steuerfrau zu überlassen.
Ganz davon abgesehen, dass ich ganz sicher nicht unsere ganze Crew in den Tod reißen würde, indem ich ihren Wunsch erfüllte, würde der Admiral es sowieso nicht erlauben.
Sorraia hatte kein Talent für den Posten und obendrein keine Ausbildung. Aber seitdem sie meinen Posten notgedrungen und unter Giorgias präzisen Anweisungen für eine Weile übernehmen hatte dürfen, war Sorraia der festen Überzeugung ein Naturtalent zu sein. Ein von allen missverstandenes und unterschätztes Naturtalent, natürlich.
Gereizt seufzte ich. „Sorraia, du bist ausgebildete Kommunikationsoffizierin. Du wurdest nicht dazu ausgebildet Steuerfrau zu werden! Du kannst mir nicht sagen, dass du den Job besser machst als eine ausgebildete Steuerfrau wie ich!"
„Ich habe meinen Job super gemacht!", hielt Sorraia dagegen.
Ich seufzte und bog scharf um die Ecke. Doch Sorraia war wenige Sekunden später bereits wieder neben mir.
Beinahe erinnerte sich mich an die nervige Zecke, die ich im Alter von 13 Jahren gehabt hatte, die sich so festgekrallt hatte, dass mein Adoptivvater beim Herausreißen den Körper von den Beinen abgerissen hatte und die Beine nach wie vor fest in meiner Haut gekrallt gewesen waren. Ein Arzt hatte diese dann sorgfältig entfernen müssen.
„Ich werde dir meinen Platz nicht überlassen. Punkt.", stellte ich erneut klar und sah sie fest an.
Sorraia stieß einen kleinen aufgebrachten Schrei aus, verschränkte eingeschnappt die Arme und stapfte davon.
„Oh wow. Du hast es ihr also gesagt.", hörte ich eine brummige Stimme und Bones nahm im nächsten Moment den nun freien Platz neben mir in Beschlagnahm.
„Ich weiß nicht, was sie erwartet hat.", erwiderte ich seufzend ohne ihn anzusehen.
Bones ging fast schon gelassen neben mir her. Mit großen Schritten konnte er mühelos mit meinem schnellen Gang mithalten.
„Sorraia gibt nicht so schnell auf. Das kleine Biest hat mich drei Wochen lang angefleht sie am Tag eines wichtigen Tests krank zu schreiben.", knurrte er.
„Keine Sorge, so schnell gebe ich nicht nach und ich glaube, das hat sie endlich verstanden.", erwiderte ich ruhig, doch selbst ich konnte die Skepsis in meiner Stimme hören.
„Da wäre ich mir nicht so sicher.", brummte auch Bones nicht wirklich überzeugt.
„Ich auch nicht wirklich.", gab ich zu.
Dann seufzte ich. „Naja, egal. Ich muss los. Das System der neuen Unico überprüfen." Ich grinste ihn breit an. „Bis dann."
Und schon war ich weg.

Nach ein paar Stunden Arbeit warf ich einen Blick auf die Uhr und stellte fest, dass es Zeit war Feierabend zu machen.
Außerdem hatte ich echt Hunger.
„Maddy!", rief ich laut, während ich durch die riesige Unico stiefelte und nach meiner Freundin suchte.
Schließlich fand ich sie auf der Brücke, wo sie konzentriert auf dem Steuerpult rumdrückte. „Mhm?", machte sie nur.
„Ich hab das System nochmal überprüft. Es müsste alles stimmen.", informierte ich sie, während ich ihr neugierig über die Schulter lugte. „Was machst du da?"
„Einstellungen überprüfen.", murmelte Maddy knapp ohne von dem Schaltpult aufzusehen. „Giorgia ist schon gegangen. Ich geh wenn ich das erledigt habe. Vergiss unseren Ninjago-Abend nicht."
Ich nickte. „Okay, dann geh ich mal."
Gerade als ich die Rampe der Unico runterlief und in Richtung Ausgang der Halle steuerte, piepste mein Communicator.
„Ja?"
»Raven! Kannst du in die Halle mit den Ein-Mann-Schiffen kommen? Eve hat bemerkt, dass ein Schiff fehlt.«
Giorgia.
„Ich bin auf dem Weg.", antwortete ich und beschleunigte meine Schritte.