2 - Gin Tonic
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"Bitte sehr", flötete der Barkeeper und stellte den nächsten Drink auf den Tresen. Yoongi bemerkte, dass das Glas an eben derselben Stelle stand, wie das vorherige, da dort noch eine feucht glänzende Spur zu sehen war. "Wird ja auch Zeit!", antwortete Yoongi genervt, als er den Blick endlich vom Tresen abwenden konnte, und war sauer und erleichtert zugleich, aus seinen Schwärmereien gerissen worden zu sein.
Eilig griff er nach dem Drink und genehmigte sich einen großen Schluck. Es tat gut, den bitteren Gin Tonic auf seiner Zunge zu schmecken und das brennende Gefühl auszukosten, dass der Alkohol erst in seiner Kehle und anschließend in seinem Magen hinterließ. Er bekam nur am Rande mit, wie der Barkeeper seine Hände in die Seiten stemmte und ihn mahnend ansah.
„Also wirklich", pikierte er sich, „Man muss ja nicht direkt unhöflich werden."
Yoongi ging nicht auf die Worte ein, sondern nahm stattdessen einen weiteren Schluck.
„Du solltest ihn dir aus dem Kopf schlagen", fügte Seokjin hinzu und endlich bekam er wieder die gesamte Aufmerksamkeit seines Kunden geschenkt. Perplex starrte Yoongi in das aufbauend lächelnde Gesicht seines Barkeepers. „Was meinst du?"
Seokjin hob die Hand und sah dabei aus wie eine dieser Hausmütter aus der Werbung, die für das neuste Waschmittel warben. Wäre er nicht so angespannt, hätte ihn dessen übertriebener Aufzug sicher amüsiert. Es wirkte grotesk, wie ernst die Stimme des Mannes war, obwohl das Lächeln noch immer auf seinen Lippen lag. „Jimin sieht vielleicht nicht danach aus, aber er weiß ganz genau, was er will. Wenn er sich einmal was in den Kopf gesetzt hat, dann lässt er nicht so schnell locker. Das Problem ist nur, wenn du bis jetzt keine Chance hattest, bei ihn zu landen, wirst du sie nie haben. Vergiss ihn besser einfach. Hier gibt's genug andere attraktive Männer."
Für Yoongis Geschmack sprach der Barkeeper ein bisschen zu sicher über Jimin. Woher wusste er all das? Entweder hatte er genauso wie die meisten attraktiven Männer hier mal was mit ihm am Laufen gehabt oder er hatte lediglich eine verdammt gute Beobachtungsgabe. Das würde zumindest erklären, wieso er ohne große Mühen herausgefunden hatte, weswegen Yoongi so mies drauf war. Oder waren seine Blicke zu auffällig gewesen, wenn er Jimin beobachtet hatte? Er hoffte nicht, denn das hieße, dass er sich noch mehr zum Affen machte, als er befürchtet hatte.
"Jimin ist mir egal", konterte er daher scharf und knallte sein leeres Glas absichtlich etwas zu feste auf den Tresen. Im selben Moment fasste er einen Entschluss. Er würde sich wegen dieser männlichen Bitch nicht schon wieder einen Abend versauen lassen, sondern auf Männerjagd gehen. Seokjin hatte Recht. Es gab unzählige andere Männer in diesem Club und nicht jeder war so eine wählerische Diva wie Jimin. Es wäre das Beste, wenn er sich auf die Tanzfläche begeben würde und jemanden für den Abend suchte, so wie er es bis vor einem halben Jahr immer getan hatte.
"Hey Knirps", sagte Yoongi auffordernd und wandte sich im Aufstehen zur Seite, an dem sein Cousin mit seinem Lover saß. Er wollte fragen, ob die beiden mitkamen, aber zu seiner Verwunderung waren sie weg. Wo waren sie hin? Sie hatten doch gerade eben noch da gesessen und sich gegenseitig die Zunge in den Hals geschoben. Seokjin schien mitzubekommen, dass Yoongi sich fragend umblickte. "Die sind vorhin gegangen. Der mit den Tattoos hat dir auch Bescheid gesagt, haste aber nicht mitbekommen."
Wundervoll. War er jetzt schon so weit gesunken, dass er nicht mal mehr mitbekam, wenn jemand mit ihm redete? Am Alkohol konnte es nicht liegen, überlegte er, als er eine Begründung für seine geringe Aufmerksamkeit suchte. Er trank zwar nicht oft, konnte aber so einiges vertragen und so viel hatte er heute noch gar nicht getrunken. Demnach musste es daran liegen, dass er sich in seinen Gedanken an Jimin verirrt hatte, aber das wollte Yoongi nicht wahrhaben. Hoffentlich lag es doch am Alkohol.
Yoongi zog aus seiner Hosentasche eine kleine Karte heraus, auf dem die Getränke vermerkt wurden, doch Seokjin winkte ab. "Geht auf's Haus", flötete er, ehe ein weiterer Handkuss seinen Worten folgte. Meinte Yoongi das nur, oder benahm sich der Barkeeper heute noch seltsamer als sonst? Er hatte ihm noch nie einen Drink spendiert und zweifelte, ob das überhaupt erlaubt war. Aber ihm sollte es Recht sein, solange es nicht eine völlig schräge Anmache von ihm war.
Oh fuck. Das war aber keine Anmache, oder?
Yoongi musste ganz schnell weg hier, bevor er sich darüber auch noch den Kopf zermaterte. War er ursprünglich nicht deswegen hierher gekommen, um abzuschalten und den Kopf frei zu kriegen? Deswegen ging man doch feiern. Nicht, um wie ein Trauerkloß an der Bar zu sitzen und nachzudenken.
Mit schnellen, selbstsicheren Schritten ging Yoongi in Richtung Tanzfläche und stellte fest, wie voll diese bereits war. Ungewöhnlich, normalerweise kamen die meisten immer erst zu später Stunde auf die Idee zu tanzen. Dabei fiel ihm auf, dass er gar keine Ahnung hatte, wie viel Uhr es war, aber das spielte nun auch keine Rolle mehr. Er hatte sich etwas vorgenommen und würde nicht eher gehen, bis er sein Ziel erreicht hatte. Er mochte es zwar für gewöhnlich nicht, von so vielen Menschen umgeben zu sein, aber gerade war es ihm tatsächlich lieber. Man fiel nicht direkt auf, wenn es so voll war und das beruhigte ihn. Er hatte ja anscheinend schon genug Aufsehen erregt, wenn er an das Gespräch mit Seokjin zurück dachte. Er wollte heute einfach in der blau beleuchteten Masse untergehen und alles um sich herum vergessen.
Er mischte sich gerade unter die anderen tanzenden Personen, als er auch schon von einem jungen Mann angetanzt wurde. Er zwinkerte ihm mit einem so unverschämt gutaussehenden Lächeln zu, dass Yoongi gar nicht anders konnte, als sich auf ihn einzulassen. Ob es ihm gefiel, wie forsch der junge Mann sich an ihn ranmachte? Leider ja. Es gab ihm genau die Art von Selbstbestätigung, die er jetzt brauchte. Es erfüllte ihn mit Stolz, dass sein Gegenüber, der sich als Hoseok vorstellte, seine Finger nicht bei sich lassen konnte, sondern sie auffordernd über Yoongis Körper gleiten ließ. Er tat es ihm gleich, zog den anderen näher an sich heran und drückte gleichzeitig sein Becken auffordernd gegen Hoseoks. Diesem entkam nur ein vielsagendes Grinsen und in dem Moment war sich Yoongi sicher, dass er heute ziemlich sicher noch auf seine Kosten kommen würde. Ihre Körper bewegten sich in einer hitzigen Symbiose zu den Beats, gaben sich ihrem Tanz vollkommen hin und ignorierten dabei die anderen um sich herum. Es war fast schon skurril, wie perfekt ihre Körper miteinander harmonierten, doch Yoongi wäre der Letzte, der daran etwas ändern wollte.
"Lass uns woanders weiter tanzen", hörte er Hoseok sagen, als der aktuelle Song langsam verstummte und fließend in einen anderen überging. Er wollte antworten, wurde jedoch im selben Moment von einem unabsichtlichen Hieb in die Seite davon abgehalten. Er versuchte es, wie die Male zuvor, zu ignorieren und schenkte Hoseok wieder seine volle Aufmerksamkeit. Sie hatten längst aufgehört, sich von sowas irritieren zu lassen. Auf der Tanzfläche war es fast schon eine Selbstverständlichkeit, dass man sich anrempelte oder anstieß. So war das, wenn viele Menschen auf wenig Platz zusammen tanzten.
Womit er jedoch nicht gerechnet hatte, war ein kräftiges Tippen auf seiner Schulter. Fragend dreht er sich zur Seite und sah einen jungen Mann, der sich anscheinend dafür entschuldigen wollte, dass er Yoongi angestoßen hatte. Durch das blaue, flackernde Licht dauerte es etwas, bis Yoongi realisierte, wer ihn da angetippt hatte, aber in jenem Moment traute er seinen Augen nicht.
Jimin.
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1257 Wörter
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