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"Auf zum letzten Pärchen." - seinen Kopf an die kühle Fensterscheibe knallen lassend blickte Hoseok zu den Beiden, welche ihm zum Abschied winkten. Sie hatten noch drei, vier Worte gewechselt, bevor der Rothaarige sich endgültig verabschiedet hatte.
Es kostete ihn all seine Kräfte sich zu verabschieden, doch am Ende war es nur ein Abschied für die anderen, welche ohne ihn weiterlebten.
Obwohl er sich beim Abschied von Yoongi wohl eher wie eine art Verräter fühlen wird.
Das Geschenk bereits auf seinem Schoß liegend zog er immer wieder an dem Band, welches sich kräuselte. Es beruhigte ihn, doch am meisten hatte er dieses Geschenk lieb gewonnen, da sich dort drin das Riesenrad-Bild, von sich und Yoongi, befand. Er war sich sicher, dass der Ältere es behalten würde, zumal Jungkook selten Eifersüchtig wurde. Er wusste, was er an Yoongi hatte und die beiden führten seit Jahren eine Beziehung im völligen Einklang. Fast schon gruselig, wie gut es zwischen ihnen lief. Eine Erfahrung, welche er niemals machen wird. Doch bereute er es nicht. Wie sollte jemand auch sowas lieben, wie ihn.
Er hatte sich einmal verliebt. Als er ihr die Liebe gestand bekam er nur zu hören, dass er viel zu zerstört sei als, dass irgendwer ihn jemals lieben könnte. Und sie hatte offensichtlich recht. Seit dem hatte er niemanden jemals hinter die Fassade blicken lassen. Niemanden, außer seine Schwester, welche ihn in allem unterstützte und die Stütze bis zum Schluss sein würde.
Neben dem Polaroidbild waren noch Plektren für Yoongi, Videospiele für Jungkook und noch allerlei Krimskrams, was er passend zu dem Pärchen fand.
Er fand, dass das Geschenk die beiden Recht gut widerspiegelte und hoffte einfach, dass sie die Sachen dennoch gerne benutzen würden. Selbst, wenn er weg sein würde.
Sowohl in diesem als auch in allen anderen Geschenken befand sich auch eine kleine Metallkugel, wo ein Brief enthalten war, welcher sein Handeln erklärte. Bis auf die Erinnerungen glichen alle drei Briefe sich bis in Detail.
"Glaubst du, dass du das schaffst?" - an einer roten Ampel drehte sich die Ältere zur Seite und musterte das mit Traurigkeit überflutete Gesicht ihres Bruders.
"Ich muss. Es wäre nicht fair, wenn ich mich nicht von Yoongi verabschieden würde." - seinen Blick wieder auf die Straße richtend ignorierte er das Stechen in seiner Brust. - "Es ist grün."
"Ich weiß. Ich mache mir nur Sorgen um dich."
"Es wird das letzte Mal sein, also kann ich auch meine restliche Kraft dafür zusammenkratzen." - durch eine scharfe Rechtskurve wurde der Rothaarige leicht zur Fahrerseite gedrückt und anschließend durch den Waldweg durchgeschüttelt.
Jungkook und Yoongi hatten schon immer großen Wert auf Privatsphäre und Ruhe gelegt, womit sie nun eines der wenigen Waldgrundstücke am Rande Seouls besaßen. Für ein motorisiertes Fahrzeug war der Weg dort hin ein reiner Horror-Tripp und es müsste anschließend wohl oder übel einer Inspektion unterzogen werden.
"Aber denk daran, du musst noch einen langen Flug überstehen."
"Mach dir nicht so viele Gedanken, Noona. Du kannst mich hier rauslassen. Den Rest laufe ich." - sobald sie das Auto gestoppt hatte stieg Hoseok zum dritten Mal aus dem beheizten Wagen. Das letzte Mal, um sich zu verabschieden. Danach würde es nur noch weiter gehen, seinem Ziel entgegen und am Ende die langersehnte Ruhe und Freiheit.
Den unwegsamen Pfad entlanglaufend, welcher teils durch große Pfützen versperrt wurde, sog er die frische Naturluft ein. Der Wald war ruhig. Da es erst Februar war, gab es kaum aktive Tiere und die wenigen, welche auf den Beinen waren ließen alles langsam angehen. Wie gerne er doch mit ihnen getauscht hätte.
Zwar war der Mensch im Gegensatz zu anderen Tierarten mit mehr Intelligenz und anderen Eigenschaften, wie ein Selbstbewusstsein gesegnet, jedoch sah Hoseok dies eher als einen Fluch.
Denn so viel Bewusstsein konnte einen auch psychisch kaputt machen. Wo hingegen er ein, zwar eintöniges und anstrengendes Leben als Tier führen würde und jeden Tag ein Kampf ums überleben führen müsste, doch müsste er sich um sowas wie einen Job, Freunde, Steuern oder Pünktlichkeit keinen Kopf mehr machen. Tiere kannten sowas wie Vorstellungsgespräche nicht. Massen an Menschen auf Feiern, Drogen und Alkohol wohl genauso wenig.
Sie hatten in seinem Weltbild, im Vergleich zu sich selbst, ein besseres Leben. Er würde sich lieber Gedanken um einen Winterbau machen müssen, als sich davon abhalten zu müssen sich umzubringen.
Die letzten Meter stolperte er zu dem Tor, welches das Grundstück umrandete, wobei er das Geschenk beschützend an sich hielt.
Bevor er überhaupt klingeln konnte stand der Schwarzhaarige, tätowierte und vollkommen durchtrainierte Maknae bereits neben ihm.
"Hobi." - anders als die anderen hatte er aufrichtige Freude in seiner Stimme den Älteren zu sehen. Zumindest meinte Hoseok es sich einzubilden. - "Ich würde dich ja umarmen, aber ich bezweifle, dass du geren in meinem schweiß baden willst." - auf sich selbst deutend, wobei der Rothaarige sofort sah, dass er von seiner Jogging-Tour zurückkam, lächelte Jungkook entschuldigend.
"Du willst sicher zu Yoongi, oder?" - das Tor öffnend ließ der Schwarzhaarige ihn herein.
"Ehrlich gesagt wollte ich zu euch beiden."
Erstaunt runzelte der Jüngste die Stirn, fragte vorerst jedoch nicht nach. Stattdessen führte er ihn in Richtung Terrasse, wo die Tür leicht angelehnt war und liebliche Klaviertöne in die Außenwelt entließ.
"Ich glaube wir warten lieber, bis er fertig ist." - Jungkook lehnte sich an die Hauswand, um kurz darauf seine mitgenommene Wasserflasche zu leeren.
"Sicher. Ich höre ihm gerne zu, auch wenn es leider das letzte Mal sein wird." - traurig schloss der Rothaarige die Augen. Er wurde sich wünschen alle von Yoongi gespielten Lieder einfach mitnehmen zu können.
"Huh? Du kannst doch sogut wie immer vorbeikommen. Er spielt sicher gerne für dich." - Jungkook war alles, aber sicher nicht Eifersüchtig. Wobei andere solche Aussagen schon als verdächtig abstempeln würden.
"Ich weiß. Ihr hattet es mir ja auch angeboten. Nur werde ich gehen."
Fast sofort nachdem die Wörter 'Ich werde gehen' Hoseoks Lippen verlassen hatten verspielte sich der Älteste.
"Du gehst?" - der Blauhaarige streckte seinen Kopf zu den beiden Jüngeren heraus. - "Wann, wie, wohin und wann kommst du zurück?"
"Heute noch geht mein Flug in die Schweiz. Zurück werde ich nicht mehr kommen."
Stille kehrte ein. Das leise Knacken von kleinen Tierchen, welche nur kurz was zu Fressen suchen wollten erstarb ebenfalls.
"Du gehst, für immer?" - Yoongi lehnte sich an den Türrahmen, den Blick zu den Wolken gerichtet, welche schnell über das seichte Blau hinwegzogen. Es war ein kühler, fast wolkenloser Februartag. - "Für immer ist ziemlich lang. Du bist dir sicher, dass du nie wieder kommst?"
"Ja... jetzt wird das letzte Mal sein, dass wir uns sehen." - das Geschenk zu den beiden hinreichend zwang er sich ein Lächeln auf die inzwischen wieder verschorften Lippen. - "Ich habe ein Abschiedsgeschenk aber erst am 18. öffnen."
"Stimmt, du bist dann ja auch nicht an deinem Geburtstag hier." - der Schwarzhaarige nahm das Geschenk an. - "Weißt du denn schon deine Adresse? Dann können wir dir was schicken oder dich vielleicht mal besuchen."
"Nein. Ich werden erstmal in einem Hotel für einige Wochen leben und anschließend in ein Haus ziehen."
Eine glatte Lüge.
Wenn Hoseok in all den Jahren etwas gelernt hatte und gut konnte, war es lügen und aufgesetzt lächeln.
"Ok, aber dann kannst du uns ja dennoch schreiben." - von dem Jüngsten in die Arme geschlossen drückte sie sich eng aneinander, sodass ihre Haare zu einem rot-schwarzen Wirrwarr wurden. Dabei war es beiden egal, dass Jungkook immer noch durchgeschwitzt war.
Sich nach etlichen Minuten lösend wurde der Rothaarige anschließend vom Älteren ebenfalls in eine enge Umarmung gezogen, wobei er ein mulmiges Gefühl bekam. Er könnte meinen Yoongi wusste genau, was er vor hatte und das dies ein Abschied für immer sein würde. Und diesmal würde für immer nicht nur eine Sekunde sein.
"Ich hab euch lieb und seid nicht all zu traurig. Ich hoffe die Geschenke werden euch gefallen." - sich von dem Blauhaarigen lösend schenkte er beiden noch ein Lächeln, wobei dies das wohl aufrichtigste seit Jahrzehnten war.
"Ok, Hobi, wir schreiben. Ich bin dann mal duschen." - mit einem fragenden Blick, welchen der Ältere mit einem Nicken beantwortete verschwand der Jüngste in das Innere des Hauses.
"Hoseok." - eindringlich sah der Blauhaarige den Größeren an. - "Ich hoffe du hast es dir gut überlegt."
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