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"Und, wie war es?" - die Blondhaarige schielte kurz hinüber zu ihrem jüngeren Bruder, welcher sich soeben mit einem erschöpften seufzen auf den Beifahrersitz hatte fallen lassen.
"Anstrengend und ermüdend." - eine Pause lassend atmete der Rothaarige einmal tief durch. Seit längerer Zeit hatte er keine Kraft mehr. Das Reden war am anstrengendsten. - "Aber vor allem waren sie sehr ehhhm... überrascht. Aber ich denke sie verkraften es gut."
"Ich weiß nicht, ob man sowas überhaupt gut verkraften kann." - seufzend startete sie das Auto, blinkte und fädelte sich kurz darauf in den fließenden Verkehr der Hauptstraße Seouls ein.
"Du tust es doch auch."
"Das ist was anderes, Sunshine. Ich habe das alles mitbekommen. Ich konnte mich jetzt ein Jahr darauf vorbereiten. Die anderen nicht."
"Aber du passt auf sie auf?" - aus großen Augen blickte Hoseok zu der Älteren, welcher er mehr als alles andere Dank schuldete.
"Sicher, wenn sie mich nicht auch hassen." - es tat der jungen Frau im Herzen weh. Denn auch für sie war das heute das letzte Mal, wo sie ihren Bruder sehen würde. Doch es tat ihr noch mehr weh ihn weiter leiden zu sehen. - "Wer jetzt?"
"TaeMin." - sich nach hinten drehend begutachtete der Rothaarige das größere der beiden Geschenke, worin sich nicht nur neue Gucci Sachen für Tae und neue Bücher und Videospiele für Jimin befanden, sondern auch ein Körbchen und Spielsachen für Yeontan. Er hatte den kleinen Hund schon längst tief in sein Herz geschlossen und wäre er nicht Taehyungs Geschenk gewesen, hätte er den Welpen sicher adoptiert.
Sich wieder nach vorne drehend saßen die Geschwister die restliche Fahrt über schweigend nebeneinander, wobei Hoseok sich jedes Detail der Außenwelt genau einprägte. Es würde das letzte Mal sein, dass er all das sehen würde.
Ein letztes Mal würde er die Orte sehen, wo er Erinnerungen gesammelt hatte. Schöne Erinnerungen, jedoch hatte jede einzelne einen leicht bitteren Geschmack, welcher sich wie ein Mantel um das Glück legte.
Die Tankstelle, an welcher er mit Jimin schnick, schnack, schnuck im betrunkenen Zustand gespielt hatte, um sich zu einigen, welcher der beiden nun nach dem Toilettenschlüssel fragen würde.
Die Skaterrampe, auf welcher sie zu siebt saßen, laut Musik hörten und die lauwarmen Sommerabende genossen. Er wusste genau, wie Jungkook und Taehyung ein Wettrutschen veranstaltet hatten und danach ein Juckproblem an ihren Ärschen bekamen. Einige Jungendliche hatten sich zu dieser Jahreszeit einen Spaß erlaubt und die Rampe mit Juckpulver präpariert. Da es lange nicht geregnet hatten wurden die beiden Jüngsten die Opfer des Anschlages.
Kurz danach kam der freie Platz, wo ein Herbstfest jedes Jahr statt fand. Er hatte sogar noch das Bild von Yoongi und sich, wie sie zusammen Riesenrad fahren waren.
All diese Erinnerungen kamen hoch, doch anstatt sich zu freuen wurde Hoseok bei jeder Erinnerung nur wieder bewusst, wie er die meiste Zeit als Nebenfigur herumstand und nicht beachtet wurde. Seine Ideen und Vorschläge wurden überhört. Es viel nichtmal auf, wenn er nichts gegessen hatte, da er auch nie gefragt wurde, ob oder was er haben wollte.
Er wurde wie ein Hund überall mit hingenommen doch bekam er bei weitem nicht so viel Aufmerksamkeit wie einer. Er war halt da. Er war da und es ging ihm gut.
"Wir sind da, Sunshine." - die Blondhaarige stellte das Auto vor dem kleinen Haus ab, welches einen sauberen und gut gepflegten Vorgarten hatte.
Er konnte mit Sicherheit sagen, sobald die ersten Warmen Tage hereinbrechen würden, würde der Garten nur so vor Farben sprühen. So wie jedes Jahr. Nur, dass er es nicht mehr miterleben würde.
"Du wartest wieder?" - sich die Tüte schnappend stieg der Jüngere aus dem Auto aus.
"Ich werde immer auf dich warten." - mit unglaublich vielen Emotionen sah sie ihrem Bruder nach, welcher diesesmal deutlich schneller zu der Haustür lief.
Unter dem kleinen Vordach blieb der Rothaarige stehen, besah sich kurz die ordentlich aufgereihten Schuhe und klopfte anschließend mit dem Türklopfer an.
Er konte sich genau erinnern, wie es einen Flohmarkt gab und Taehyung den Kleineren fast schon angefleht hatte die Löwentatze zu kaufen. Jimin war davon anfangs zwar gar nicht begeistert doch gewöhnte er sich relativ schnell an das laute pochen, wenn jemand ihn benutzte. Taehyungs ultimatives Argument war wohl, neben dem Aussehen, dass es definitiv keinen technischen Defekt haben könnte.
"Du gehst also?!" - noch bevor die Tür überhaupt vollständig geöffnet war wurde er von dieser Begrüßung überfallen und nach einer Sekunde stand auch schon ein Mochi mit aufgeblasenen Wangen vor dem Größeren. - "Einfach so."
"Nun ja. Wissen tu ich es schon länger,..." - sich unwohl an den Nacken fassend wich er dem leicht enttäuschten Blick der beiden Jüngeren aus. - "Doch fand ich nie den richtigen Moment."
"Und desswegen müssen wir es von einem verwirrten Jin erfahren?" - Taehyung, welcher die Arme um seinen Freund geschlungen hatte war sichtlich angepisst.
"Was kann ich dafür, wenn er es euch sofort erzählt." - Hoseok hatte sich diesen Abschied deutlich anders vorgestellt, doch nun musste er damit klar kommen. Am Ende war er es nicht, welcher damit leben müsste.
"Ich habe ein Geschenk für euch. Aber öffnet es erst am 18.02." - das große Geschenk überreichend sah er zu seiner Erleichterung, wie die Augen des Kleinsten sofort aufleuchteten. Jimin liebte Geschenke über alles. Manchmal zweifelte der Ältere sogar daran, wen Jimin mehr liebte. Taehyung oder Geschenke.
"Ich hätte dich ja gefragt, ob du noch bleiben willst, doch so wie es aussieht geht es nicht." - den Blick des Pärchens folgend, welches offensichtlich Hoseoks Schwester erblickt hatte, nickte der Ältere.
"Es tut mir leid. Ich hab euch unendlich doll lieb." - so wie bei dem anderen Paar umarmte er die beiden zum Schluss, atmete ihren Geruch ein, wobei ihm, wie in Namjins Haus, ebenfalls die Wand mit den Bildern auffiel.
Und wie beim Haus davor waren auch hier unzählige Erinnerungen. Bilder von den Orten, an welchen sie auf dem Weg hier her vorbeigefahren waren, doch war er auf keinem einzigen Bild zu sehen.
Er war nunmal der unwichtigste Freund.
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