𝟛𝟜. 𝕊𝕔𝕙𝕟𝕦𝕖𝕣𝕤𝕖𝕟𝕜𝕖𝕝𝕡𝕣𝕠𝕓𝕝𝕖𝕞𝕖
Ich schreckte auf, als sich etwas neben mir bewegte.
»Habe ich geschlafen?«, fragte ich.
»Anscheinend.« Toni saß neben mir. Ich hob meinen Kopf, der auf einem Tisch der Cafeteria gelegen hatte und richtete meinen Blick dann auf die Uhr.
»Verdammt!«, fluchte ich.
»Was ist los, Lustig?«, fragte Toni genervt.
»Hast du mal auf die Uhr geschaut? Wir sind zu spät. Wir müssen doch zu Sport!« Ich hielt ihm meine Armbanduhr unter die Nase. »Warum haben wir eigentlich geschlafen?«
»Ich bin kurz eingenickt, weil ich in letzter Zeit schlecht schlafe. Da muss ich in der Schule einfach den verpassten Schlaf nachgeholt haben. Warum du eingeschlafen bist, kann ich dir nicht beantworten.«
Als ich darüber nachdachte, lag eine Antwort ganz nahe. July hatte mich gestern angerufen und war wenig später in meinem Zimmer aufgetaucht. Dort hatte sie uns beide vom Schlafen abgehalten. Sie hatte mir erzählt, dass Mister Smith sich um sie sorgte und Hilfe angeboten hatte.
Ich schob meine Sachen, die auf dem Tisch verteilt waren, zusammen und in meinen Rucksack, Toni hatte seinen eigenen hochgehoben. Wir standen gleichzeitig auf und wollten losgehen, als wir einen Sog spürten, der uns zueinander zog und im nächsten Moment lagen wir aufeinander. Toni, der auf mir gelandet war, drückte mein Gesicht unabsichtlich auf den harten Boden, unsere Arme und Beine hatten sich komisch verhakt.
»Au«, brachte ich nur heraus.
»Warst du das?«, fragte Toni.
»Bitte hör auf. Nicht jetzt.«
Ich konnte mich kaum bewegen, da sich Toni noch nicht erhoben hatte. Er rutschte langsam von mir, wobei er auch empfindliche Stellen berührte, und versuchte dann, aufzustehen, was allerdings nicht klappte. Er wurde wieder zu Boden gerissen. Ich hob meinen Kopf und fand schnell die Quelle für unser Unglück heraus.
»Jemand hat unsere Schnürsenkel verbunden«, informierte ich Toni und setzte mich auf, besser gesagt, ich versuchte es. Ein Schmerz flammte in meiner Seite auf, pochend und grauenhaft, der mich wieder zu Boden beförderte. Ich stöhnte gequält.
»Ist alles in Ordnung?«, fragte Toni. Er wirkte ernsthaft besorgt. Ich hatte ihn noch nie so sanft sprechen gehört.
»Es geht schon, glaube ich.« Ich startete einen neuen Versuch, doch der Schmerz in meiner Seite ließ nicht nach. Im Gegenteil, er verstärkte sich noch. Toni bemühte sich, den Knoten der Schnürsenkel schnell zu lösen und mir und sich selbst die Schuhe zu binden.
»Ich bringe dich zum Schularzt«, sagte Toni und half mir auf. Dann legte er seinen Arm um meine Schulter, um mich zu stützen.
Gemeinsam traten wir den Weg an. Mein Knöchel schmerzte auch ein wenig.
Der Schularzt untersuchte mich.
»Es ist nicht sonderlich schlimm, trotzdem würde sich ein kurzer Aufenthalt für ein bis zwei Tage im Krankenhaus positiv auf deine Gesundheit auswirken. Es ist nichts gebrochen oder verstaut, damit kann ich dich hoffentlich beruhigen. Sollen dich deine Eltern ins Krankenhaus fahren oder soll ich eine andere Person anrufen?«
»Ich bringe ihn«, bot Toni an und half mir vom Stuhl.
»Das ist nett von dir, Anton.« Der Arzt ließ seinen Blick über mich gleiten. »Gute Besserung.«
»Danke. Auf Wiedersehen.«
Als wir die Tür hinter uns schlossen und die leeren Gänge betraten, zog Toni eine Augenbraue nach oben. »Du willst ihn wiedersehen? Du willst dich noch einmal verletzen?« In seinem Gesicht entdeckte ich eine Spur Belustigung.
»Was? Warum?«
»Weil du Auf Wiedersehen gesagt hast, darum.«
»Das sagt man halt so. Ich beabsichtige nicht, mich noch einmal zu verletzen.«
Toni bugsierte mich zu unseren Mopeds und half mir auf sein blaues Moped.
»Wer kümmert sich um mein Moped?«, fragte ich.
»Wenn du mir die Schlüssel gibst, hole ich es später. Halte dich gut fest.«
Ich zog meinen Helm über meine lockigen Haare und klammerte mich dann an Toni.
Toni brachte mich sicher zum Krankenhaus, wo ich untersucht und in ein Zimmer gebracht wurde.
Ich telefonierte mit meinen Eltern, die versprachen, am Nachmittag vorbeizuschauen und schlief schon bald ein.
Als ich aufwachte, spürte ich eine leichte, hauchzarte Berührung an meiner Stirn. Ich vermutete, dass jemand durch meine braunen Locken strich.
Dazu nahm ich einen Geruch wahr, den ich schon einmal gerochen hatte. Dieser frische Duft erinnerte mich an Toni.
Ich öffnete die Augen. Als Toni das bemerkte, zuckte seine Hand wieder zurück.
»Du bist wach«, stellte er fest.
»Offensichtlich.«
»Wie geht es dir? Soll ich dir einen Arzt holen? Brauchst du irgendetwas?«
»Nein, mir geht es super.« Außerdem musste ich genießen, dass Toni und ich uns gerade nicht stritten. Er kümmerte sich um mich, was ich unglaublich süß fand.
Irgendein Arzt, dem ich vorhin kaum zugehört hatte, hatte gesagt, dass ich zwei Tage zur Erholung hierbleiben sollte.
»Erzähl mir eine Geschichte«, bat ich Toni. »Sonst langweile ich mich zu sehr.«
»Was für eine?«
»Warum malst du?«
»Keine Ahnung. Ich fühle mich frei. Ich kann meine Gedanken in Farben auf Papier verarbeiten. Ich kann einem schlichten, weißen, noch unbenutztem Papier Leben einhauchen. Ich kann durch meine Bilder Geschichten erzählen. Ich mache es gerne, weil ich es gut kann, wie du selbst gesagt hast.« Toni schaute verlegen auf die weiße Bettdecke. »Vieles ist zu schlicht, zu weiß. Manches braucht einfach Farbe. Das Malen ist meine besondere Leidenschaft und mir fehlt etwas, wenn ich nicht male oder zeichne. Außerdem stecken in meinem Kopf zu viele kreative Ideen. Würde ich sie nicht umsetzen, dann würde ich wohl platzen.«
»Das klingt plausibel. Und wie hast du angefangen? Wann hast du gemerkt, dass du gerne auf diese Weise kreativ bist?«
Schon als Kleinbild habe ich gerne Zeichen und Symbole in die Luft gemalt und Dinge, die ich gesehen habe, ebenfalls dort dargestellt. Irgendwann kam ich auf die Idee, meine Finger in Farbe zu tunken und damit den Fußboden vollzuschmieren. Damals dachte ich natürlich, es wäre Kunst, doch Mom hat mein Werk fotografiert und mir mal gezeigt. Aus heutiger Sicht ist das einfach nur schreckliches Vollgeschmiere des schönen Fußbodens. Allerdings hatte es dazu beigetragen, dass meine Eltern von meinem Talent erfuhren und mich seitdem unterstützten. Sie boten mir Malkurse an und ich bekam zu jedem Geburtstag neue Stifte, Blöcke oder andere Utensilien geschenkt.«
»Und du wolltest auch nie etwas anderes machen?«
»Manchmal bleiben die Ideen aus. Manchmal sitze ich vor einem leeren, weißen, langweiligen Papier. Es starrt mich an, doch ich habe keine Inspiration. Es ruft mich, doch worüber soll ich malen? Alles wurde schon in einem anderen Kunstwerk von einem großartigen und berühmten Künstler dargestellt, mit dem ich es nicht aufnehmen kann. Meine Ideen wirken plötzlich klein und nichtssagend. Sie sind es auf einmal nicht mehr wert, gestaltet zu werden.«
Ich wollte etwas Ermunterndes sagen, doch da mir gerade nicht so viel einfiel, außer dass sich in meinem Gehirn wohl eine große Menge Matsch verirrt hatte, streckte ich meinen Arm und legte meine Hand auf seine.
Dann fielen mir die Augen zu.
∞
»Schläft man mehr, wenn man in einem gemütlichen, hässlichen Bett in einem Krankenhaus schläft und nichts anderes machen muss oder kann?«, fragte ich, als ich aufwachte.
Ich öffnete meine Augen und mein Blick traf den meiner Eltern.
»Mom! Dad!«, rief ich erfreut, setzte mich auf und breitete die Arme aus.
»Hey, leg dich wieder hin, Michael!«, meinte Mom streng, doch sie hatte mich schon in den Arm genommen und ließ mir keine Möglichkeit, mich tatsächlich wieder hinzulegen.
Auch Dad umarmte mich, bevor er mich sanft wieder in die Kissen drückte.
»Denkst du auch an mich? Ich dachte, ich wäre dir wichtig.«
»Maike!«
Ich drehte mich um und entdeckte meine Schwester. Bevor meine Eltern mich aufhalten konnten, schlüpfte ich unter der Decke hervor, sprang auf und umarmte Maike ganz fest.
»Ich bin ein wenig aufgedreht, ich glaube, ich könnte gerade jeden umarmen«, rief ich.
»Michael, leg dich wieder hin.«
»Aber ich liege schon seit einem Tag im Bett und mache nichts anders als liegen und schlafen.«
»Wir haben mit dem Arzt geredet. Er hat gesagt, dass wir dich nach Hause mitnehmen dürfen. Aber nur, wenn du Bettruhe für einen Tag bekommst und wir deine Wunde an der Seite sowie den Knöchel regelmäßig kühlen.«
»Worauf warten wir dann noch?«, fragte ich. »Maike und ich sind schon bereit.« Ich zog Maike von ihrem Stuhl, die nur die Augen verdrehte.
»Du hast viel zu gute Laune.« Sie musterte meine Kleidung. »So lassen wir dich ganz bestimmt nicht raus. Los, zieh dir etwas Ordentliches an.«
Ich betrachtete das Nachthemd, in welches ich gesteckt wurde.
Maike warf mir meine Kleidung hin. Ich fuhr über den Stoff und grinste. Das war gemütlich.
Nachdem ich mich umgezogen hatte, folgte ich meinen Eltern durch monotone Gänge. Unwillkürlich musste ich an das Gespräch mit Toni denken. Seit er mir davon erzählt hatte, wie gerne er die Welt in allen Farben sehen würde, stellte ich mir die weiße Wand geschmückt mit Bildern und bunt gestrichen vor. Das hätte wohl eine große Wirkung auf die Patienten.
Mom und Dad suchten noch jemanden, um meinen Abgang zu besprechen, während Maike und ich versprachen, draußen zu warten.
»Wo ist Toni eigentlich? Ich muss mich unbedingt bei ihm bedanken.«
»Warum?«
»Er hat sich echt toll um mich gekümmert und meinetwegen Unterricht verpasst. Außerdem war er vorhin auch bei mir und hat mich beschäftigt.« Und seine Hand war so beruhigend, als ich eingeschlafen war.
»Auf welche Art?« Maike zog grinsend ihre Augenbrauen nach oben.
»Nur verbal, keine Sorge.« Ich erinnerte mich daran, dass Maike und ich mal darüber gesprochen hatten, dass Toni und ich miteinander schlafen könnten. Bei diesem Gedanken stieg mir die Röte ins Gesicht. Diese Vorstellung war nach wie vor vollkommen absurd.
Ich richtete meinen Blick auf den Ausgang, wo ich Toni entdeckte. Nervös strich er sich seine blonden Haare aus dem Gesicht.
Ohne weiter nachzudenken, rannte ich los. Mein Herz war von einer Wärme erfüllt und in meinem Kopf kreiste nur ein Name: Toni. Ein leichtes Schwindelgefühl setzte ein, als ich mich so schnell bewegte, doch ich ignorierte es. Nur Toni zählte in diesem Moment. Vielleicht konnten wir doch noch eine Freundschaft aufbauen.
»Michi!«, rief Maike hinter mir. Sie klang entsetzt, doch ich achtete nicht auf sie. Ich rannte weiter. Nur noch ein paar Meter und dann stände ich vor Toni. Nur noch wenige Schritte. Ich sah schon Tonis Gesicht, gleich würde ich meine Hand ausstrecken und diese eine widerspenstige Strähne aus seinem Gesicht streichen. Toni hielt meinen Mopedschlüssel nach oben. Ich konnte nicht bremsen. Gleich würden sich unsere Nasen berühren. Noch zwei Schritte, einer. Bumm.
»Au.«
Ich war gegen eine Glastür geprallt, die ich nicht gesehen hatte, lag nun auf dem Boden und rieb mir meinen Kopf.
Auch Toni lag auf dem Asphalt und tastete über seine Nase. Uns trennte nur eine Glastür. Unsere Blicke trafen sich und wir begannen, zu lachen.
Ich schüttelte alles durch dieses Lachen aus. Diese ganzen verwirrenden Gefühle ließ ich los. Warum konnten Toni und ich nicht einfach wie vorher weitermachen? Uns gegenseitig hassen? Das war so einfach, doch ich konnte in diesem Moment einfach nicht wütend auf Toni sein, diese Situation war viel zu lustig.
»Sag mal, Michi, was ist in dich gefahren? Hast du meine Rufe nicht gehört?« Maike nahm meine Hand und zog mich hoch.
Ich schüttelte den Kopf und riss die Glastür auf.
Dann lächelte ich Toni zu und hielt ihm die Hand entgegen. Hatte er mein Moped bei mir zu Hause geparkt oder irgendwo versteckt, wie er es mal in den Sommerferien gemacht hatte?
Er nahm meine Hand, allerdings ließ er sich nicht aufhelfen, sondern riss mich zu sich.
»Hey!«, sagte ich lachend.
»Das war ganz sicher -«, fing Toni an.
»Niemandes Schuld«, beendete ich und schon wieder grinsten wir.
»Geht es euch beiden gut?«, fragte Maike.
»War das jetzt ernst gemeint oder nicht?«, fragte ich.
»Ist doch egal«, rief Toni und stand auf. Auch ich spürte meine Füße wieder auf dem Boden.
»Soll der Arzt euch untersuchen?«, fragte Maike.
Toni und ich schauten uns an und riefen gleichzeitig »Nein!«.
»Ich gehe noch mal rein und hole Mom und Dad«, warnte sie. Als ich nur mit den Schultern zuckte, verwirklichte sie ihre Drohung. Sie wirbelte herum und rannte wieder hinein.
»Jetzt ist der perfekte Augenblick gekommen, um zu verschwinden«, sagte ich.
»Jetzt ist der perfekte Augenblick gekommen, um ein fantastisches Abenteuer zu erleben.«
Toni grinste und rannte dann los, um dem Krankenhaus zu entkommen. Ich folgte ihm.
Was war mit uns, mit mir los? Mochten wir uns? Wenn ja, seit wann? Was war passiert? War die Zeit passiert, die alles und jeden veränderte? Wie konnten wir uns an einem Tag so hassen und uns jetzt mögen? War das hier vielleicht die Ruhe vor einem großen Sturm?
Ich holte Toni ein, der in einen Bus stieg und sich auf den ersten freien Zweiersitz fallen ließ. Ich setzte mich neben ihn.
Hatten wir durch unsere Gespräche über seine Kunst einen Zugang zueinander gefunden oder war es nur ein Auslöser für etwas gewesen, dass sich schon zuvor angebahnt hatte?
Wir fuhren in unser Dorf, stiegen an der ersten Haltestelle aus und wanderten dann auf einen Hügel.
Es war ziemlich warm, obwohl wir den Januar zählten. Der Schnee war in den letzten Tagen geschmolzen, da die Sonne hinter den Wolken hervorgekrochen war. Aus diesem Grund waren Toni und ich die letzten Tage mit dem Moped in die Schule gefahren.
In den nächsten Tagen sollte es aber wieder schneien, worauf ich mich freute.
»Bye Michi!« Dieses Mal klang es nicht so, als plante Toni eine wilde Rache, sondern eher, als würden wir uns zu einem noch schöneren Zeitpunkt wiedersehen. Toni rannte wieder los.
Was hatte dieser Kerl für eine Ausdauer? Er sollte Sport studieren!
Ich joggte hinterher, doch es lohnte sich, dass ich nicht umdrehte. Als wir die Spitze des Hügels erreicht hatten, blickte ich in pures Sonnenlicht.
»Das ist der schönste Sonnenuntergang seit langem«, meinte Toni und berührte mich unbeabsichtigt am Arm.
Das Licht veränderte die Wolken, die sich auf der einen Seite rot und orange färbten. Wenn wir uns umdrehten, waren die Wolken in rosa und blaue Farben getaucht.
Wir entdeckten ein paar Formen in den Wolken und genossen es, wie sie sich veränderten. Die Sonne ging unter und hinterließ noch rotes Licht, das sich mit der Zeit auch auflöste.
»Das war wirklich großartig«, sagte ich.
»Ja, das war toll.«
Ich schaute zu Toni. Seine Sommersprossen waren hervorgestochen, als die Sonne sein Gesicht beleuchtet hatte, nun entdeckte man diese nur, wenn man direkt vor Toni stand.
∞
Abends erzählte ich Maike von meinem gemeinsamen Abend mit Toni.
»Das hört sich toll an. So, als würdet ihr euch endlich mal richtig gut verstehen.«
»Ich weiß nur nicht, was mit uns los ist. Seit meinem Traum, nein eigentlich schon davor, kommen wir richtig gut miteinander klar.«
Maike kuschelte sich näher an mich.
»Nenn mir einen einzigen Grund, und zwar den schlimmsten, warum du Toni hasst.«
Ohne zu überlegen, antwortete ich. »Ich hasse es, dass er sich immer an mir rächen möchte und wir es beide nicht einfach gut lassen können.«
»Und jetzt nenn mir einen einzigen Grund, warum du Toni magst.«
»Ich mag seine Schlagfertigkeit, seinen Händedruck, seine Sturheit, die seine Schwäche sein kann, seine Hilfsbereitschaft, die er ja heute bewiesen hat, sein Streberdasein, sein Ordnungsfimmel ist süß, die Vereinigung von Streber und Coolem in einer Person, ich mag, dass er clever, kreativ und sehr einfallsreich ist, ich mag seine Haare, wenn die Schneeflocken sich in ihnen sammeln, wenn sie von der Sonne golden glänzen und die einzelnen Schneeflocken zu Wassertropfen schmelzen, seine Augen, die mich an ein unendliches Meer voller Tiefe und Geheimnisse erinnern, ich mag es, dass er zu July steht und wunderbare Kunstwerke erschafft -« Abrupt hörte ich auf. Ich hätte die Liste noch weiter führen können. Ich mochte Tonis Zielstrebigkeit, aber auch sein manchmal mangelndes Selbstvertrauen in sich selbst, wenn er an seinem Traum, Grafikdesign zu studieren, arbeitete.
Maike grinste mich an. Hatte ich das gerade wirklich gesagt? Hatte sich all das angestaut, bis ich es loswerden konnte? Ich wusste gar nicht, dass ich Tonis Haare bei unserem Tag im Schnee oder seine Augen so sehr beobachtet oder wahrgenommen hatte.
»Okay, du magst Toni.«
»Ja, anscheinend.«
»Gute Nacht, Michi. Mach dich nicht verrückt.«
Sobald Maike aus meinem Zimmer verschwunden war, griff ich nach meiner Tasse Tee und trank einen Schluck. Toni und ich könnten wirklich echte Freunde werden. Von meiner Seite aus sprach nichts dagegen. Wir könnten eine Beziehung aufbauen, wie wir beide sie zu July pflegten. Wir könnten lachen, statt zu meckern.
∞
Jules besuchte mich am nächsten Tag.
»Es war meine Idee und meine Schuld. Es tut mir so leid, dass du gestürzt bist und ins Krankenhaus musstest.«
July legte sich auf mich drauf. Ich hatte bis eben geschlafen und war deshalb noch nicht aufgestanden. Bewegt hatte ich mich auch noch nicht. Und jetzt schränkte July meine Bewegungsfreiheit ein.
»Ist schon gut, ich bin dir nicht böse. Ich hatte ja Toni bei mir, der sich gut um mich gekümmert hat.«
»Zum Glück war er da. Bleibst du jetzt zu Hause?«, fragte sie.
»Für heute soll ich mich noch ausruhen, ja. Ach verdammt.« Hätte July nicht auf mir gelegen, hätte ich mich nun aufgesetzt.
»Was ist los, Mic?«, fragte Jules.
»Ich habe Levi gar nicht Bescheid gesagt, dass er Maike mitnehmen soll.«
»Maike hat schon selbst gefragt.«
»Sie schreibt mit meinem besten Freund?«, fragte ich entsetzt, doch nach einem Moment des Erstaunens mussten wir beide lachen.
»Manchmal lässt es sich wohl nicht vermeiden.«
»Wie läufst es eigentlich zwischen dir und Levi? Habt ihr jemals über diesen Kuss geredet?«, fragte ich.
»Nein, und das werden wir auch nicht.«
»Warum nicht? Ihr könntet ein Paar werden.«
»Ich glaube, wir beide lieben den anderen nicht, zumindest nicht, wenn wir weiterhin keinen nächsten Schritt wagen. Außerdem ist das Ewigkeiten her. Wir können wieder wie ganz normale Freunde reden und gut ist. Plus, er mag diesen Dominik, kann das sein?«
»Er ist sich selbst unsicher«, antwortete ich. »Aber es könnte sein.«
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