𝟜𝟘. 𝕁𝕦𝕟𝕘𝕖 𝕃𝕚𝕖𝕓𝕖, 𝕒𝕝𝕥𝕖 𝕃𝕚𝕖𝕓𝕖
»Hey, Michi, kannst du Maike diesen Zettel geben?«, fragte ich. Maike würde heute wiederkommen.
»Ja, klar, wenn du mir sagst, was da draufsteht. Ist es ein Liebesbrief?«
»Nein. Ich habe geschrieben, dass sie ins Lustig kommen soll.«
»Mehr nicht? Nicht, dass du mit ihr sprechen oder sie sehen möchtest?«
»Nein.«
»Das klingt wie eine Drohung.«
»Sie wird es schon nicht so aufnehmen. Ich habe es nett formuliert. Ich muss jetzt los, sonst komme ich zu spät.«
Ich verabschiedete mich mit einer schnellen Umarmung von Michi und hastete dann los. Heute war ein großer Tag. Vielleicht war es der Anfang eines Für-Immers mit Maike oder das Ende all meiner Hoffnungen.
Während der letzten zwei Wochen hatte ich nur an Maike gedacht. Ich hatte sogar Angeko vollgespamt. Er kannte Maike jetzt mindestens so gut wie ich. Er, Michi und auch July hatten mir viel Mut zugesprochen. Und als hätte Dad gewusst, dass ich Maike heute meine Liebe gestehen wollte, hatte er mir auf die Schulter geklopft und mir einen erfolgreichen Tag gewünscht. Ich hatte ihn daraufhin umarmt.
Wenn ich mich vor einer einfachen Liebeserklärung so fühlte, wie hatte Michi sich dann vor dem Antrag gefühlt?
Am Vormittag arbeitete ich normal, nur mein Herz flatterte durchgängig. Am Freitag kamen Jacey und Maria sehr gerne ins Lustig. Manchmal lasen sie gemeinsam Zeitung, aber noch öfter erzählten sie sich Geschichten aus ihrem Leben, das sie so lange nicht geteilt hatten. Wie erwartet trafen sie Hand in Hand ein und setzten sich an einen Tisch in die Mitte. Noel wollte schon zu ihnen gehen, doch ich löste ihn ab.
Kurz vor Feierabend, Jacey und Maria blieben wie gewohnt etwas länger sitzen, auch wenn alle anderen Gäste schon weg waren, ging die Tür noch einmal auf. Ich schaute auf und mein Herz blieb stehen. Maike trat ein. Ihre braunen Locken waren vom Wind zerzaust und ihre Wangen gerötet. Sie sah nie schöner aus. Sie ließ ihren Blick schweifen, bis sie mich fand. Mein Herz setzte wieder ein und raste wie wild.
Ich stand wie erstarrt da. Maike eilte auf mich zu und da ich meine Beine zwang, sich zu bewegen, trafen wir uns in der Mitte.
Ich wollte etwas sagen, doch ich brachte kein Wort heraus. Maike stand mir viel zu nah. Unsere Schuhspitzen berührten sich. Ihre Anwesenheit machte mich nervös.
»Ich habe eine Entweder-Oder-Frage«, flüsterte sie.
»Okay«, murmelte ich.
»July oder Dominik?«
Ein Moment der Stille legte sich über uns, doch meine Stimme durchbrach ihn.
»Maike«, antwortete ich mit fester Stimme.
»Ich habe gehört, ihr habt euch getrennt«, sagte sie.
»Maike?«
»Das tut mir auch echt leid, aber ich wollte mit dir reden und -« Maike hatte den Blick auf ihre Schuhe gesenkt und redete wie ein Wasserfall.
»Maike«, sagte ich lauter, doch sie sprach weiter.
»Ich weiß nicht, ob es schon zu früh dafür ist, weil ihr erst seit Kurzem getrennt seid und so, aber ich dachte mir, wenn nicht jetzt, wann dann? In deiner Beziehung mit Dominik habe ich gemerkt, dass jeden Tag eine weitere Chance verstrichen ist und ich will keinen einzigen, weiteren Tag vergehen lassen.«
»Lockenkopf!«
Maike schaute auf. »Warum nennst du mich so?«
»Weil ich dich liebe.«
»Du musst mir beibringen, wie das funktioniert!«, rief Maike.
»Wie du dich lieben kannst?«, fragte ich verwirrt.
»Nein, Dummerchen. Wie du das hinkriegst, das einfach so auszusprechen. Ich versuche es, aber du warst schneller.«
»Ich habe es einfach getan.« Ich zuckte mit den Schultern und griff nach Maikes Hand.
Plötzlich nährte sich Maikes Gesicht meinem. Sie war mir so nah, nur noch ein paar Millimeter lagen zwischen uns. Gegen meine Lippen hauchte sie drei Worte. »Ich liebe dich.« Dann küsste sie mich.
Der Kuss war atemberaubend. Es war, als hätte ich mein ganzes Leben lang auf diesen Moment hingefiebert. Maike legte ihre Hand an mein Gesicht und zog mich näher zu sich. Ich vergrub meine Hände in ihren Haaren. Unsere Lippen bewegten sich in einem Rhythmus. Ich spürte ihren Körper an meinem und fühlte mich wie zu Hause. Orangenduft strich um meine Nase. Ich zog Maike noch enger zu mir und küsste sie noch stürmischer.
Als wir uns lösten, trat Noel zu uns.
»Ihr seid echt süß. Ich wusste gar nicht, dass ihr gar kein Paar seid.« Noel kratzte sich über die Wange.
»Jetzt sind wir eins.« Maike strich mir sanft über die Wange und erweckte damit meine Gänsehaut.
»Das war unglaublich schön.« Maria lächelte.
»Oh ja.«
»Wisst ihr, ich hatte eigentlich gar nicht vor, das heute Abend zu tun«, gestand Maike. »Es gab zu viele Abers. Aber, aber, aber. Und da dachte ich mir -«
»Warum aber? Mach es einfach?«, riet ich.
»Genau! Ungefähr das dachte ich! Warum aber? Warum noch eine Ewigkeit warten? Ich habe lang genug gewartet und das ist meine Chance.«
»Warum aber? Warum warten?«, murmelte Jacey und dann stand sie von ihrem Stuhl auf und kniete sich vor Maria. »Die Kinder haben recht. Ich möchte nicht mehr warten. Wir werden, ich weiß nicht, wie lange noch leben, aber eins weiß ich ganz sicher. Ich möchte meinen Lebensabend mit dir an meiner Seite verbringen. Damals hatte ich mich nicht getraut, dich zu fragen, doch heute tue ich es. Maria, willst du meine Frau werden?« Plötzlich glitzerte in Jaceys Hand ein silberner Ring auf.
Maria riss den Mund auf, schloss ihn wieder und dann öffnete sie ihn wieder. »Ich kann es nicht fassen. Ja, ich möchte deine Frau werden.« Maria sank ebenfalls auf ihre Knie und küsste Jacey.
»Dieser Ring wartet seit mehr als einem halben Jahrhundert darauf, von dir getragen zu werden«, meinte Jacey und steckte ihn an Marias Hand.
Wir ließen die beiden alleine, damit sie ihren Moment genießen konnten.
»Ich fange an, meine Arbeit hier echt zu mögen«, kommentierte Noel. »Ein neues Paar und eine Verlobung an einem Tag. Ihr habt gute Quoten hier.«
»Sollen wir dich verkuppeln?«, fragte Maike. »Ich kenne da einen Jungen namens Leon.« Maike warf einen Seitenblick auf mich. »Er ist noch frei.«
»Woher wisst ihr, dass ich bi bin?«
»Intention«, sagte ich, während Maike gleichzeitig antwortete. »Wusste ich nicht, das sollte nur ein Scherz sein, aber Leon ist wirklich nett. ich kann den Kontakt herstellen, wenn du möchtest.«
»Danke, Maike.«
Meine Hand fand wie automatisch Maikes. »Das war echt aufregend.«
»Wir sollten aufräumen und dann nach Hause gehen.«
»Klar. Sehen wir uns morgen?«
»Hast du morgen Abend etwas vor? Wir könnten miteinander ausgehen«, schlug Maike vor.
»Ja, gerne.«
Während wir das Lustig saubermachten und das frisch verlobte Paar beglückwünschten, warfen Maike und ich uns ständig kurze Blicke zu. Jacey und Maria beschlossen, mit Michi und Toni abzuklären, ob sie etwas gegen eine Doppelhochzeit einzuwenden hätten. Maike versicherte ihnen, dass das kein Problem sei und wir alle einen Riesenspaß an den Vorbereitungen hätten. Erst zu Hause beruhigte sich mein Herz. Ich war mit Maike zusammen. Ich hatte eine Freundin.
»Mom, Maike ist nun endlich meine Freundin«, flüsterte ich in mein Kissen hinein.
Dad würde ich es gleich morgen erzählen.
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Warum aber? - Macht es einfach
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