𝟚𝟠. 𝕋𝕣𝕒𝕦𝕞𝕞𝕖𝕟𝕤𝕔𝕙

Weihnachten und Silvester waren vergangen, das neue Jahr war angebrochen und die Arbeit stand wieder vor der Tür.

»Vergiss den Plan mit Maike und Dominik nicht«, trichterte Michi mir ein. Tonis Eltern wollten ihn und Toni gleich abholen und zum Bahnhof fahren. Michi war aber vorher noch einmal zum Lustig gekommen, um sich von mir zu verabschieden. »Bis bald, mein Guter«, sagte er und umarmte mich.

»Schreib, wenn du wieder zu Hause bist.«

»Natürlich werde ich das.« Michi winkte mir zu und lief dann Maike über den Weg.

»Hallo und tschüss, Schwesterherz.« Er ging an ihr vorbei, doch Maike zog ihn an seiner Jacke zurück, stellte sich auf die Zehenspitzen und schlang die Arme um Michis Hals. Dann hängte sie sich an ihn dran.

∆∆∆

Nervös stapfte ich in meinem Zimmer umher, bis Jacey endlich an ihr Telefon ging.

»Hallo, ich bin es, Levi.«

»Ach, hallo, Levi. Hier ist die Jacey.«

»Ja. Also, ich habe mir überlegt, dass du ins Lustig kommen könntest. Maike und ich arbeiten da.«

»Meinst du dieses Café? Aber gerne. Ich werde einen Blick hineinwerfen. Bisher habe ich nur Gutes darüber gehört.«

Stolz klopfte ich mir auf die Schulter, als wir auflegten.

Sobald ich Maike im Lustig begegnete, hielt ich sie an den Schultern fest. »Und? Hast du sie angerufen?«, fragte ich sofort.

»Ja.«

»Und was hat sie gesagt?«, drängte ich.

»Omi wird kommen, wenn wir ihr ganz viel Tee bringen. Wie ist es bei dir gelaufen?«

»Ich konnte Jacey erst heute Morgen erreichen, aber sie hat auch zugesagt.«

»Perfekt. Dann können sich die beiden ganz zufällig hier treffen.« Maike betonte das Wort zufällig.

Wir klatschten uns ab und wurden von Lorenzo ermahnt, mit der Arbeit zu beginnen.

»Könnt ihr herzhafte Pfannkuchen machen?«, fragte Lena uns. »Ich habe euch das Rezept rausgelegt. Wenn ihr Hilfe braucht, sagt Bescheid. Lorenzo und ich kümmern uns um den Laden.«

Maike und ich nickten und machten uns sogleich an die Arbeit.

»Lieber herzhafte oder süße Pfannkuchen?«, fragte ich.

»Süße Pfannkuchen«, antwortete Maike. »Du?«

»Ich auch.«

Maike und ich suchten die Zutaten aus den Schränken zusammen und stellten sie mit einer Schüssel und einer Digitalwaage auf den Tisch.

»Du bist doch in July verliebt, oder?«, fragte Maike.

»Ich war in sie verliebt. Jetzt nicht mehr.«

»Was mochtest du an ihr? Was fandest du an ihr besonders?« Neugierig lehnte Maike sich zu mir.

»Zum Einen ist sie sehr hübsch«, antwortete ich sofort. »Sie hat schöne lange Haare und riecht echt gut. Außerdem hat sie einen tollen Charakter und Träume. Ich finde sie einfach anziehend.«

Maike ließ Mehl in die Schüssel rieseln, während ich Bananen zermatschte.

»Und was magst du an Dominik so sehr? Was macht ihn für dich so besonders?«

»Dominik ist extrem attraktiv. Schau dir einfach nur seinen krassen Körper an. Das nenne ich durchtrainiert. Und dann kann er auch noch echt gut tanzen. Ich bewundere ihn, dass er so eine Leidenschaft hat und immer und überall tanzen kann und alle dazu bringt, einfach mitzutanzen. Dominik hat auch einfach seinen ganz eigenen Stil. Ich kenne niemanden in unserem Alter, der in einem Anzug, polierten Schuhen und Zylinder durch die Gegend rennt, aber Dominik tut es und er sieht gut dabei aus. Er wirkt nicht mal unsicher. Im Gegenteil. Das, was er trägt, macht ihn nur noch selbstbewusster.«

Ich schüttete Haferdrink in den Teig. »Außerdem kann man manchmal echt tiefgründige Gespräche mit ihm führen. Auf dem Weihnachtsmarkt haben wir auch über ernste Themen geredet und ich hatte keine Probleme damit, mich ihm anzuvertrauen. Weißt du, ich habe das Gefühl, dass die Stimmung zwischen July und mir sehr angespannt ist und wir kaum noch Gesprächsthemen haben. Die Sache mit der Liebe hat einen Keil zwischen uns getrieben. Irgendwie kann ich bei ihr einfach keine zu ernsten Themen mehr aufreißen.«

Ich knallte die Packung härter als beabsichtigt auf den Tisch. »Sorry, dass ich mich gerade in Rage geredet habe.«

»Ich finde es schön, dass du mir so sehr vertraust, dass du dich bei mir in Rage redest.« Maike legte ihre Hand auf meinen Oberarm.

»Wann habe ich dir denn bitte nicht vertraut?«, fragte ich.

»Früher, als du noch so dicke mit meinem Bruder warst«, entgegnete Maike.

»Ich bin immer noch dicke mit deinem Bruder.«

»Aber jetzt hast du doch mich.« Maike grinste selbstgefällig.

»Du hältst eindeutig zu viel von dir«, meinte ich. Nun schaute Maike mich unschuldig an.

»Hör auf! Du bringst mich zum Lachen«, beschwerte ich mich.

»Ja und?«

»Und dann hast du irgendwie gewonnen«, gab ich zu.

»So wie immer?«

Ich stöhnte und ließ meinen Kopf gegen ihre Schulter sinken. Maike strich beruhigend durch meine bunten Haare.

»Wie sieht dein Traummensch aus?«, fragte ich.

»Das ist eine komplizierte Frage. Meinst du vom Aussehen oder vom Charakter?«

»Beides.«

»Natürlich sollte er mich ansprechen.«

»Er?«, hakte ich nach.

»Der Mensch.«

»Ansprechen?«

»Im Sinne von attraktiv. Er sollte für mich attraktiv aussehen.«

»Und wie sieht jemand attraktiv für dich aus?«, fragte ich neugierig und lehnte mich leicht vor.

»Ich habe keine bestimmte Haar- oder Augenfarbe oder einen Stil im Kopf. Dafür aber will ich lieber, dass er sich mit seinem Aussehen wohlfühlt und das ausstrahlt. Das macht Menschen für mich von außen attraktiv.«

»Du meinst, dass sie ausstrahlen, wenn sie glücklich sind und das zieht dich an?«

»So in etwa.«

»Das kann ich verstehen. Und vom Charakter?«

»Mein Traummensch sollte den gleichen Humor wie ich haben.«

»Ist das das Wichtigste?«, fragte ich.

»Ich finde es schon wichtig, ja. Er sollte Spaß verstehen, gleichzeitig aber in der Lage sein können, ernste und tiefgründige Gespräche zu führen. Und er sollte gut riechen.«

»Gut riechen?« Ich wackelte mit den Augenbrauen.

»Wenn ein Mensch einen anderen mag, riecht er ihn.«

»Beschnüffeln die sich?« Ich musste grinsen.

»Beschnüffeln?« Nun konnte auch Maike ihr Lachen nicht mehr zurückhalten.

Ich hielt Maike an ihren Armen fest und versenkte dann meine Nase in ihrem Pullover, wobei ich sie schüttelte. Das brachte Maike dazu, noch mehr zu lachen. Mir allerdings stieg ihr Geruch nach Orangen in die Nase. Nein, bitte nicht. Er durfte meine Sinne nicht benebeln.

»So extrem machen das Verliebte nicht.« Maike, immer noch lächelnd, schob sanft meinen Kopf weg, doch ihre Hand blieb einen Moment länger in meinen Haaren vergraben als nötig.

»Stell dich hier hin.« Nun packte sie mich an den Schultern und dirigierte mich an eine Stelle. »Und ich stehe hier. Wenn du mich immer noch riechst, bist du ganz bestimmt in mich verliebt.«

»Dein Geruch ist immer noch von gerade eben in meiner Nase«, behauptete ich. »Was ist mit dir? Riechst du mich?«

Maike hob ihr Kinn. »Oh bitte, ich kann auch damit kommen. Du warst mir gerade so nah, dass auch ich deinen Geruch noch in der Nase habe«, äffte sie mich nach.

Maike schüttete Teig in die Pfanne und neigte sie, sodass der Teig sich darin verbreitete. Dann stellte sie die Pfanne auf den Herd. Wir warteten gespannt darauf, dass der Pfannkuchen golden wurde. Maike machte einen perfekten ersten Pfannkuchen, ich versuchte mich an dem zweiten. Als die Unterseite fertig war, hob ich die Pfanne, holte Schwung und ließ den Pfannkuchen in die Luft sausen. Als der Teig umgedreht in der Pfanne landete, brach ein Stück ab.

»Das ist dann wohl für mich.« Mit einer Gabel fischte Maike sich das abgebrochene Stückchen aus der Pfanne.

»Hey, lass mich auch mal probieren. Das kannst du teilen!«, beschwerte ich mich, doch Maike dachte gar nicht daran. Sie legte den Kopf in den Nacken und ließ den Happen in ihren Mund gleiten.

»Hm, lecker.«

»Du bist gemein.« Beleidigt drehte ich mich weg, doch kurz darauf spürte ich ein Gewicht auf mir. Maike hatte ihre Arme überkreuzt auf meine Schulter gelegt und ihren Kopf in die Arme gestützt.

»Aber du magst mich«, neckte Maike. Ihre Nähe brachte wieder ihren Geruch nach Orangen mit sich. Ich schloss die Augen, um den Moment zu genießen. Leider mischte sich unter ihren Duft ein anderer, ein übel riechender Gestank. Ich riss die Augen auf und bemerkte den Pfannkuchen, der in der Panne anbrannte.

»Verdammt«, fluchte ich und versuchte, ihn zu retten. Doch vergebens. Ich legte ihn für Maike und mich auf einen Extrateller. Maike kümmerte sich um den nächsten.

»Gib es zu, ich bin einfach besser als du.«

Gegen Mittag kam Maria. Maike servierte ihrer Oma einen gelungenen, warmen Pfannkuchen und wünschte ihr viel Spaß. Sie hatte einen Stapel Zeitungen mitgenommen. Während es also draußen regnete und schneite, kämpfte sich Maria durch ganz viele Zeitungen.

Nach ein paar Stunden hatte sich das Café gefüllt. Der Regen trommelte gegen die großen Fenster und luden noch mehr Menschen dazu ein, in das Café zu stolpern und sich zu setzen. Maike und ich hatten alle Hände zu tun. Als der Regen langsam verebbte, verließen die meisten das Lustig. Übrig blieben nur noch vereinzelte Menschen, die wir bedienten.

Als die Türglocke läutete, kam Jacey in den Laden. Sofort legte ich den Schwamm in meiner Hand ab und ging zu ihr, um sie zu begrüßen.

»Hallo, Jacey. Darf ich dir einen Platz anbieten?«, fragte ich und deutete direkt in Marias Richtung.

Ohne den Namen erwähnt oder sonst etwas Verdächtiges gesagt oder getan zu haben, wich Jacey zurück.

»D – Das – das ist doch nicht – das kann doch nicht – Maria?«, stieß sie aus. Die Angesprochene blickte auf und ihre Augen weiteten sich.

»Jacey?«, brachte sie leise heraus und stand von ihrem Stuhl auf. Die angefangene Zeitung legte sie auf den Stapel.

»Wie konntest du mir das nur antun?«, fragte Jacey vorwurfsvoll.

»Das ist so viele Jahre her. Denkst du immer noch daran?«

»Jeden Tag. Maria, du hast mir das Herz gebrochen.«

»Ich hatte keine andere Wahl. Du weißt doch, dass ich Christian nie geliebt habe! Ich habe ihn nur geheiratet, weil ich musste!«, empörte sich Maria.

»Oh oh«, murmelte ich. »Das läuft nicht so gut, wie ich geplant habe. Sollen wir eingreifen?«

»Sie müssen sich einmal aussprechen. Und wenn sie das geschafft haben, können sie sich wieder etwas näherkommen«, gab Maike zurück.

»Niemand hat dich gezwungen. Du wolltest dich nur selbst beschützen.« Jacey trat bedrohlich einen Schritt näher zu Maria. Die beiden hatten nun die ganze Aufmerksamkeit derjenigen, die noch im Lustig saßen, erlangt. »Ich frage mich, ob du mich jemals geliebt hast.«

»Warum?«, hauchte Maria.

»Weil du mit Christian durchgebrannt bist, mich versetzt hast und mir nie auf meine Briefe geantwortet hast.«

»Ich bin nicht mit ihm durchgebrannt.« Nun klang Maria wütend. Sie schritt ebenfalls auf Jacey zu. »Und ich wollte keine alten Wunden aufreißen. Als Christian mich dann doch dazu ermutigt hatte, dir zu schreiben, sind meine Briefe nie angekommen. Wir haben deine Adresse besucht, doch du warst nicht da. Wir haben angenommen, dass du schon längst verstorben seist.«

»Im Gegensatz zu dir habe ich nie die Hoffnung verloren«, schnappte Jacey. »Ich habe mir gedacht, dass du nicht verstorben bist.«

»Und warum hast du dann irgendwann nicht mehr zurückgeschrieben?«

»Weil -«, Jacey schloss die kleine Lücke zwischen ihnen, ihre Schuhspitzen berührten sich nun, »ich erkannt habe, dass du mir nicht zurückschreibst, zurückschreiben wirst und nichts von mir willst. Trotzdem hatte ich gehofft, dass wir uns wiedersehen.«

»Ich auch. Ich habe dich vermisst.«

»Und ich erst. Niemand in meiner Familie kann deinen Namen mehr hören.« Jacey lächelte.

Plötzlich beugten sich die beiden Damen nach vorne, um sich zu küssen. Mein Blick fand Maikes und wir sahen uns wortlos an. Wir konnten beide nicht fassen, dass wir zwei Menschen, die so lange geglaubt hatten, ihre Liebe verloren zu haben, zusammengebracht hatten.

Wir führten unsere Handflächen zusammen, um leise einzuklatschen. Dann brach Applaus aus einer Ecke des Cafés aus. Die Gäste, die noch da waren, jubelten und pfiffen. Maike und ich fielen mit ein.

»Was ist denn hier los?«, fragte Lorenzo uns.

»Jacey und Maria haben sich gefunden«, antwortete ich.

»Jacey?«, warf Lena ein, »Wer ist das?«

»Omis Jugendliebe«, erklärte Maike. Sie fasste die Geschichte für ihre Eltern kurz zusammen.

Ich schrieb Michi und er antwortete fast sofort, dass er sich riesig freute.

Jacey und Maria verließen das Lustig gemeinsam, um sich ordentlich auszusprechen und sich wieder zu vertragen. Ich kümmerte mich um Marias Tisch und bewahrte die Zeitungen auf. Ich würde sie Maria am besten morgen vorbeibringen und mich entschuldigen, dass ich Maike und Michi von ihrer Geschichte erzählt hatte.

»Keine Sorge, ich gebe sie Omi morgen.« Maike nahm mir sanft den Stapel aus den Händen.

»Aber ich wollte mit Maria reden«, sagte ich und fasste die Zeitungen an.

»Ich bin ihre Enkelin. Ich werde mit ihr reden.«

»Ich habe Angst, dass sie mir böse ist.«

»Weil du uns alles erzählt hast? Ich glaube, jetzt wird sich ihr Leben etwas verändern. Sie wird die nächsten Tage bestimmt nur an Jacey denken. Außerdem weiß sie ja noch gar nicht wirklich, dass wir davon wissen.«

»Ich fühle mich trotzdem schlecht.«

»Ich rede morgen mit ihr, versprochen. Wir sollten jetzt das Lustig aufräumen und sauber machen.«

Die letzten Kunden bezahlten und verschwanden. Maikes Eltern halfen uns dabei, das Lustig für morgen vorzubereiten. Als alles glänzte, waren wir entlassen.

∆∆∆

Am nächsten Tag berichtete Maike mir, dass Maria und Jacey sich schon am Morgen verabredet hatten, um den ganzen Tag miteinander zu verbringen.

»Nicht mal Michi und Toni waren so verrückt nacheinander.«

»Die haben sich ja auch gehasst«, bemerkte Maike.

»Jacey und Maria haben sich jahrelang gehasst. Nicht mal halb so lange sind Michi und Toni auf der Welt.« Ich musste lächeln.

»Punkt für Jacey und Maria. Ach ja, und ich habe ihr gesagt, dass ich von Jacey weiß und die ganze Geschichte kenne«, sagte Maike.

»Und wie hat sie reagiert?«, fragte ich hastig.

»Sie meinte, dass es gut ist, dass ich es weiß. Endlich ist das Geheimnis raus. Und außerdem ist ihr gerade sowieso alles nicht mehr wichtig. Für sie zählt nur noch Jacey.«

Maike ging zur Tür und öffnete den Laden.

Wir bedienten die ersten Gäste an der Kasse. Viele Menschen bestellten Kaffee, einfache Backwaren und der Ansturm auf den Apfelkuchen war auch sehr groß.

Als wieder Ruhe eingekehrt war, entdeckte ich Dominik. Ich blieb mitten in meiner Bewegung stehen und ertappte mich dabei, wie ich ihn anstarrte.

»Er sieht echt gut aus«, flüsterte ich und ergatterte dafür einen Hieb von Maike.

»Du konntest doch gar nicht wissen, dass ich ihn meine.«

»Oh doch.« Maike zuckte mit den Schultern. »Ich kenne dich, Levi. Na los, geh hin. Ich bewahre die Stellung.« Maike stellte sich breitbeinig hin und entlockte mir damit ein Lächeln.

Ich wollte gerade gehen, als eine Gruppe von Jugendlichen hereinplatzte und an einem Tisch Platz nahmen.

»Oh, das ist mein Tisch. Ich mache das schon.« Ich winkte Maike und ging zu dem Tisch, um die Bestellung aufzunehmen. Danach schaute ich bei Dominik vorbei.

»Hey, hättest du Lust auf einen Kaffee?«, fragte er mich.

»Mit dir einen Kaffee trinken?«, fragte ich.

»Genau.«

»Ich habe leider noch Schicht.« Ich deutete auf den gelben Lustig-Pullover.

»Ich kann auf dich warten.«

»Na gut, okay. Das könnte aber länger dauern.«

»Kein Problem. Ich wollte sowieso ein paar E-Mails abschicken.« Dominik klopfte auf seinen Laptop, den er auf den Tisch gelegt hatte.

»Willst du trotzdem etwas Kleines bestellen?«, fragte ich.

»Ja, ihr habt doch selbst gebackenes Brot da, oder nicht?«

»Ja.«

»Dann hätte ich davon gerne eine Scheibe.«

»Klar, kommt gleich.« Ich konnte das Lächeln auf meinen Lippen nicht zurückhalten. Kurze Zeit später teilte ich die Getränke bei der Gruppe der Jugendlichen aus und brachte Dominik sein Brot vorbei.

Als ich gerade auf dem Rückweg war, erinnerte ich mich an Michis Worte. Ich musste Dominik weismachen, dass ich vergeben war und nichts von ihm wollte, da ich in einer anderen, glücklichen Beziehung war.

Und dafür sollte ich volle Kanne mit Maike flirten. Traute ich mich das denn?

Ich wollte mich gerade umwenden, als mein Blick auf Dominik fiel und ich mich dagegen entschied. Ich befürchtete, dadurch noch mehr Chaos anzurichten.

Ich schmiss den Plan um und ging zu Dominik.

»Hi«, sagte ich, als ich mich setzte.

»Hast du nicht Schicht?«, neckte Dominik mich.

»Ja, habe ich.« Ich verzog das Gesicht.

»Ich verspreche dir, dass ich auf dich warten werde, bis du fertig bist.«

»Das kann noch den ganzen Tag dauern«, meinte ich. »Wirklich.«

»Und es ist mir egal. Wirklich.« Dominik streifte meine Hand, die auf dem Tisch lag.

»Okay.«

Der Tag ging viel langsamer um als sonst. Ich wartete nur darauf, dass meine Schicht vorbei war und Noel mich ablöste.

Dieser verspätete sich ausgerechnet heute. Als er meine Arbeit übernahm und die letzten Gäste, die ich bediente, endlich gegangen waren, nahm ich mir nicht einmal Zeit, mich umzuziehen.

Ich flitze zu Dominik. Ich wollte, dass seine Hand noch einmal ganz leicht über meine streifte. Das Erste, was ich bemerkte, waren Dominiks Hände. Wenn er tanzte oder lief, achtete ich meistens auf seinen Körper als Ganzes. Nun aber saß Dominik, blickte konzentriert auf den Bildschirm und tippte mit seinen langen Fingern auf der Tastatur herum.

Ich wollte ihn nicht stören, also wartete ich, bis er aufblickte und mich bemerkte.

»Fertig.« Ich grinste.

»Auch fertig.« Dominik drückte zwei Tasten und klappte dann seinen Laptop zu.

»Na, wie war dein Weihnachten?«, fragte ich.

»Es war toll. Wir sind zu meiner Familie gefahren und haben dort die Feiertage verbracht.« Dominik erzählte von seiner Familie und erwähnte dabei all die kleinen Missgeschicke, die passiert waren. »Und wie war es bei dir?«

»Die Freundin meines Dads, Tara, Dad und ich haben gemeinsam gefeiert. Es war nur eine kleine Runde, aber uns hat es Spaß gemacht.«

»Das klingt ein bisschen so, als hättest du nicht so eine enge Bindung zu Tara«, bemerkte Dominik.

»Ja, sie ist Dads Freundin, das macht sie aber lange nicht zu meiner Freundin. Sie ist nett und so, aber ich muss nicht zwingend Zeit mit ihr verbringen.« Plötzlich fiel mir der Abend ein, als July bei mir übernachtet hatte und wir Tara mit einer anderen Person gesehen hatten, die sehr vertraut miteinander umgegangen waren. »Ich glaube, wir könnten an unserem Verhältnis arbeiten.«

»Lade sie doch einmal zum Abendessen oder so ein. Oder verbringe einfach mal Zeit mit ihr alleine.«

»Ich finde es gut so, wie es ist. Ich muss nicht die beste Beziehung zu ihr haben. Und irgendwie hat sie etwas Komisches an sich. Ich vertraue ihr nicht ganz.«

»Sie ist aber keine geheime Mörderin, die die Kinder ihres Freundes umbringt, oder?« In Dominiks Augen trat ein funkelnder Ausdruck.

»Nein.«

»Und sie ist auch nicht auf euer Erbe und Vermögen aus, oder?«

»Nein! Bestimmt nicht«, verteidigte ich Tara.

»Und sie ist auch nicht bei euch, weil sie Angst hat, sonst als einsame Frau zu sterben?«

»Ich glaube, sie ist bei uns, weil sie Dad liebt.« Oder liebte? »Maike, kannst du uns bitte einen Kaffee bringen?«, fragte ich, als sie an uns vorbeischlenderte.

»Klar.«

Dominik seufzte. »Denkst du, du wirst jemals die große Liebe finden und eine Beziehung führen?«, murmelte er.

»Wie kommst du darauf, dass es nicht so sein könnte?

»Seit wir uns kennen, hast du keine Beziehung geführt. Es hat einfach nicht geklappt. Auch mit July nicht.«

»Ja, ich gebe zu, da ist etwas Wahres dran. Ich glaube, du könntest Recht haben. Wahrscheinlich werde ich nie die große Liebe finden. Zumindest keine, die mich zurückliebt.« Ich seufzte laut.

»Hast du Angst davor?«

»Ich kann es nicht ändern. Wenn es so kommt, dann ist es eben so. Was ist mit dir?«

»Um ehrlich zu sein, glaube ich nicht, dass mich jemand je lieben könnte. Ich meine, schau mich an. Ich bin erfolglos und ich trage noch Zylinder.«

»Ich liebe deinen Hut. Und ich finde es großartig, dass du ihn mit Stolz trägst.«

Dominik nickte und lächelte.

»Dein Handy blinkt übrigens schon seit einer Weile. Ich glaube, du hast eine Nachricht«, bemerkte ich.

»Stört es dich?«

»Ein bisschen.«

»Dann schaue ich mal nach.« Dominik griff nach seinem Handy und gab sein Passwort ein. »Ja, ich habe eine E-Mail bekommen. Sehr geehrter Dominik, wir freuen uns, Ihnen mitteilen zu dürfen, dass sie das Auswahlverfahren bestanden haben und herzlich eingeladen sind, das Team persönlich kennenzulernen. Wir freuen uns auf eine Rückmeldung. Details, blablabla.« Dominiks Gesicht wurde ganz blass. »Heißt das, dass ich angenommen wurde?«

»Ja, von wem?«

»Ich habe vor ein paar Wochen bei den Soulmates vorgetanzt. Das war kurz vor Weihnachten. Die sind echt cool und die brauchen noch zwei Tänzer. Und die sind berühmt. Oh Mann, ich kann es nicht glauben.« Dominik drückte mir sein Handy in die Hand, damit ich überprüfte, ob das eine Fälschung war oder nicht.

»Ich glaube, du bist wirklich der Auserwählte«, befand ich.

»Das – ich kann es nicht glauben.«

Als ich in Dominiks Gesicht sah, erkannte ich, dass Tränen über seine Wangen rollten. »Mein Traum wird endlich wahr. Ich werde durch das Tanzen berühmt.« Dominik sprang auf und fiel mir in die Arme.

Er weinte so sehr, dass er mich ansteckte.

Als Maike uns den Kaffee brachte, sie half Noel, da das Café noch sehr voll war, schluchzten Dominik und ich.

»Will ich wissen, was hier abging?«, fragte sie misstrauisch. Ich winkte ab und Dominik schüttelte den Kopf.

»Bist du ein Glücksbringer?«, fragte Dominik mich.

»Ich habe doch gar nichts getan. Hier für dich.« Ich schob ihm eine Tasse rüber, dann nahm ich die zweite.

»Ich wette, Noel hat den Kaffee gemacht.«

»Wie kommst du darauf?«, fragte Dominik schnaufend.

»Maike mag die Kaffeemaschine nicht. Sie meidet die immer.«

»Ich beneide dich um deine Freundschaft mit Maike.«

»Ich fühle mich geehrt. Ich bin beneidenswert.« Ich lächelte.

»Nicht du. Nur deine Freundschaft zu dem besonderen Mädchen dort hinten.«

»In der Tat. Sie ist wirklich besonders. Kannst du mir diese Gruppe, die Soulmates, mal zeigen? Ach, und können wir ein Foto machen?«

»Warum denn?«

»Bevor du berühmt wirst und mich vergisst, möchte ich ein Foto mit dir machen. Das kann ich bestimmt teuer verkaufen, wenn du berühmt bist.«

Dominik musste lachen.

»Auf keinen Fall.«

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Wer findet wohl zuerst seine große Liebe - Dominik oder Levi? Oder finden sie einander?

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