𝟙𝟞. 𝔸𝕦𝕤𝕣𝕦𝕥𝕤𝕔𝕙𝕘𝕖𝕗𝕒𝕙𝕣
»Mach dich einfach zum Affen, ja?«, sagte Michi. Wir telefonierten gerade und besprachen, wie ich weiter in meinem Entliebungsplan vorgehen sollte.
»Aber was genau soll ich machen? Mache ich mich nicht immer zum Affen?«
»Nur manchmal. Dir wird schon etwas einfallen. Ich muss los. Toni wartet schon auf mich.« Wir legten auf und ich machte mich auf den Weg ins Lustig. Es war wieder Freitag und July hatte mir geschrieben, dass sie Zeit hatte und wir uns am Wochenende treffen konnten.
Ich beeilte mich, um ins Lustig zu kommen. Mittlerweile musste ich den Bus nehmen, weil ich sonst zu sehr frierte. Es war nebelig, als ich ausstieg und zum Laden hastete.
Der Tag verging schnell. Maike kam erst am Nachmittag und lenkte mich ab da ab.
»July oder Dominik?«, fragte sie.
»Ich kann mich nicht entscheiden. Toni oder Sammy?« Ich stellte sie vor die Wahl zwischen dem Freund ihrer Schwester und dessen Hund.
»Ich mag den Hund, aber Toni ist Toni. Den mag ich eben noch mehr. Immerhin wird er irgendwann mein Schwager sein.«
»Du magst ihn also nur deshalb?«
»Nein, natürlich nicht. Toni ist echt cool, wirklich.« Maike wickelte sich eine Locke um den Finger.
»Levi, ich habe eine Aufgabe für dich.« Lorenzo winkte mich zu sich. »Wir schließen den Laden gleich und es muss noch geputzt werden. Hier ist das Putzzeug. Wisch bitte den ganzen Boden. Maike, du kümmerst dich um die Oberflächen. Es soll alles sauber sein.«
»Klar.«
Gerade als ich beginnen wollte, kam Dominik in den Laden. Die Glocke klingelte, um seine Ankunft zu verkünden.
»Ich gehe ihm schnell Hallo sagen.« Ich schaute mich im Laden um. Es war fast niemand mehr da. Die Letzten standen gerade auf, zogen sich ihre Jacken an und gingen zur Tür. Jedes Mal, wenn ein Gast die Tür öffnete, stieß uns ein Schwall eisiger Luft entgegen.
Dominik setzte sich an einen runden Tisch in der Mitte des Ladens und wartete auf mich.
»Ich wusste, dass du mich bedienen würdest«, sagte Dominik.
»Woher?«
»Das machst du immer.«
»Der Laden schließt gleich.«
»Ich darf bestimmt etwas länger bleiben, oder?« Dominik schaute mich mit einem hoffnungsvollen Blick an.
»Das kannst du nicht mit mir absprechen. Da musst du dich an Lena und Lorenzo wenden.«
»Kannst du sie fragen?«
»Ich mache das schon«, bot Maike an und verschwand im Flur. Als sie zurückkam, reckte sie beide Daumen in die Höhe.
»Du darfst ausnahmsweise bleiben, solange du nicht störst und deine Bestellung bezahlst.«
»Natürlich. Ich hätte gerne einen Kaffee und Kirschkuchen.«
»Kommt sofort.«
Da Dominik unser einziger Kunde war, kümmerten Maike und ich uns beide um ihn. Ich bediente die Kaffeemaschine, Maike holte ein Kuchenstück aus dem Kühlfach und servierte es ihm auf einem Teller.
Ich achtete darauf, dass der Inhalt in der blauen Tasse nicht überschwappte und stellte sie vor Dominik auf den Tisch. Michi hatte mir geraten, mich zum Affen zu machen, doch ich wollte nicht den Kaffee eines Gastes verschwenden, indem ich ihn über mein Oberteil kippte.
»Wir haben heute einen neuen Tanz angefangen. Die Choreografie war echt einfach. Fast für Anfänger«, erzählte Dominik. »Und mit meinen Freunden habe ich einen Steppwettbewerb gemacht. Ich bin Dritter geworden.«
»Steppst du gerne?«, fragte ich.
»Steppen ist meine liebste Art, zu tanzen. Das ist einfach eine Kunst für sich und zwar eine, die nicht viele beherrschen. Tanzen kann jeder, aber wer kann schon steppen? Außerdem finde ich dieses Klackern der Schuhe total beruhigend, auch wenn das eigenartig klingt.«
Die Tür ging wieder auf, was die Glocke signalisierte. Ich zuckte vor Kälte zusammen.
»Es ist geschlossen«, sagte Maike.
»Ich bin es nur«, sagte July, die in das Licht trat. Sie setzte sich zu Dominik an den Tisch. »Ich darf doch bleiben, oder?«
»Ja, aber niemand sonst. Ich mache mal den Laden zu.« Maike zückte den Schlüssel und marschierte damit zur Tür. Dort drehte sie den Schlüssel im Schloss und das kleine Schild, sodass man von außen Geschlossen las.
»Ihr könnt gerne bleiben, aber wir müssen währenddessen putzen«, sagte Maike.
»July, möchtest du etwas trinken oder essen?«, fragte ich.
»Kannst du mir ein Glas Wasser bringen?«
»Klar.«
Ich füllte nicht nur Wasser in das kleine, rundliche Glas, sondern legte auch eine Scheibe Zitrone und ein Stück Pfefferminze hinein. Dann schüttete ich mir selbst Wasser in ein anderes bauchiges Glas und gab ebenfalls ein Stück Zitrone und Pfefferminze hinein.
»Ich auch«, meldete Maike sich zu Wort.
Also füllte ich ein drittes Glas. Eines brachte ich July, ein weiteres reichte ich Maike. Ich trank aus dem letzten. Es schmeckte köstlich, vor allem, da die Pfefferminze aus dem kleinen Garten stammte.
»Was verschafft uns deine Ehre?«, fragte ich July.
»Ich wollte eigentlich fragen, ob wir uns treffen wollen und da du nicht an dein Handy gegangen bist, dachte ich, dass du noch arbeitest und bin spontan hergelaufen. Ich hatte recht. Du bist noch hier.«
»Dich habe ich lange nicht mehr gesehen«, meinte Dominik zu July. »Hattest du nicht letztens Geburtstag?«
»Ja. Den habe ich auch vor Kurzem gefeiert.«
»Dann alles Gute nachträglich.«
»Stimmt, da war ja was! Ich habe dich ja gar nicht gesehen.« Maike klatschte sich gegen die Stirn und sprang dann auf. Hastig fiel sie July um den Hals. »Alles Gute nachträglich! Das habe ich voll verpennt! Es tut mir leid.«
»Kein Problem. Dein Geschenk ist ja rechtzeitig bei mir angekommen.«
Ich warf Maike einen Lappen zu. »Vergiss deine Aufgabe nicht, May.«
»Du hast selbst noch gar nicht angefangen, Lev«, erwiderte sie.
»Nenn mich nicht Lev.«
»Nenn mich nicht May.«
Wir verdrehten beide gleichzeitig die Augen. Ich tauchte den Reinigungsbezug in das mit Spülmittel vermischte Wasser, zog ihn dann über die Grundplatte des Wischmopps und begann dann in einer Ecke des Ladens zu wischen. Während Dominik und July sich über die letzten Jahre, in denen sie sich nicht gesehen hatten, austauschten, gingen Maike und ich unseren Arbeiten nach.
Ich kam gut voran und hatte den hinteren Teil des Ladens schon gewischt, nun wandte ich mich dem vorderen Bereich zu und erinnerte mich dabei an Michis Worte. Ich sollte mich zum Affen machen und gerade bot sich die perfekte Möglichkeit dazu.
Ich überlegte nicht lange, sondern machte es einfach. Ich ließ mich fallen und kippte dabei den Eimer um. Das Wasser schwappte über und verteilte sich auf mir und den Boden, der Wischmopp fiel auf meinen Kopf. Ich rieb mir über die Stelle. Eine Sekunde lang blieb alles ganz still, dann sprangen July und Dominik auf, um mir zu Hilfe zu eilen.
July rieb über meine Kleidung und durch meine Haare, um den Schaum zu entfernen und Dominik half mir, aufzustehen. Maike allerdings war stehengeblieben und zuckte vor Lachen. Sie zeigte auf mich und lachte so sehr, dass sie sich den Bauch festhalten musste und wankte, bis sie plötzlich zu Boden stürzte. Dabei riss sie mich mit sich. July und Dominik, die mich gestützt hatten, gingen mit mir zu Boden. So lagen wir alle mit Wasser und Schaum bedeckt in einer Wasserpfütze und Maike kugelte sich vor Lachen. Ich musste mitlachen, es ging nicht anders. Wenn Maike lachte, steckte sie mich einfach an. Ich brach so sehr in Lachen aus, dass ich mir wie Maike den Bauch halten musste, weil er begann, wehzutun.
July und Dominik fanden diese Situation wohl nicht ganz so witzig. Als Maike und ich uns einigermaßen beruhigt hatten, hörten wir sie meckern.
»Die Schuhe sind neu. Die habe ich mir extra für das Training gekauft. Und die waren teuer«, beschwerte sich Dominik.
»Jetzt hast du saubere Schuhe«, warf Maike ein.
»Und vor allem nasse«, murrte er.
»Dieses Oberteil war so schick. Da war ich echt stolz drauf. Fiona hat es mir geschenkt. Jetzt ist es bestimmt futsch«, meinte July und strich sich über ihr Oberteil.
»Das sind nur Klamotten, Leute«, beruhigte sie Maike. »Ehrlich, July, von dir hätte ich mehr erwartet.«
»Es geht mir nur darum, dass es ein Oberteil von Fiona ist, das sie mir geschenkt hat. Meine leibliche Mutter hat mir nie so ein Geschenk gemacht.«
»Das verstehe ich«, meinte ich.
»Wie kommen wir jetzt wieder hoch?«, fragte Dominik.
»Probiere es doch einfach«, gab Maike als Antwort.
Dominik versuchte aufzustehen, rutschte dabei aber immer wieder aus. Nun versuchte auch July ihr Glück, doch auch sie schaffte es nicht. Sie landete immer auf einer anderen Seite.
Maike, die ganz außen lag, schmunzelte. Dann rollte sie sich zur Seite, wobei sie ihre Klamotten noch mehr vollsaute als ohnehin schon und stützte sich erst mit Händen und Knien ab und kam dann auf die Beine. Dabei fiel sie erstaunlicherweise nicht hin. Als sie uns nacheinander half, standen July und Dominik ebenfalls. Ich aber wollte nicht, dass der ganze Spaß schon vorbei war. Als Maike mir ihre Hand reichte und ich sie annahm, ließ ich mich nicht ziehen. Stattdessen zog ich selbst und riss Maike damit zu Boden.
Wir beide mussten lachen, da sie auf mich fiel und wir uns ineinander verschlungen auf den Boden wälzten.
»Wir sind besser als jeder Wischmopp.« Maike grinste mich an und tippte mir auf die Nase.
»Hey!« Ich tippte ihr ebenfalls mit meinem Zeigefinger auf die Nase.
Schließlich beendeten Lena und Lorenzo das Durcheinander, indem sie July und Dominik baten, den Laden zu verlassen, nachdem sie sich umgezogen hatten, und Maike und mich mit vorwurfsvollen Blicken straften.
»Wir machen nur sauber«, erklärte Maike schnell. »Und die Arbeit soll ja auch Spaß machen.«
Sie setzte ein Lächeln auf, das alle in ihrer Nähe beschwichtigte. Lena schüttelte den Kopf, Lorenzo verdrehte die Augen, doch niemand hielt eine Strafpredigt. Sie ermahnten uns und wir machten uns schnell daran, unsere Aufgaben fertig zu stellen.
Schließlich liefen wir fröhlich quatschend in den Pausenraum, zogen uns um und spazierten in die kühle Nacht hinein. Das Licht der Straßenlampe beleuchtete uns in einem orangen Schein, sodass Maikes Haare rötlich aussahen.
July fing uns ab. »Levi, wollen wir was machen?«, fragte sie.
Dominik war ihr zögerlich gefolgt und lauschte auf meine Antwort.
»Klar. Was schlägst du vor?«
»Wir könnten ins Kino gehen.«
»Darf ich mitkommen oder wollt ihr alleine gehen?«, fragte Dominik vorsichtig.
July warf mir einen schnellen Blick zu, als müsste sie die Möglichkeiten erst abwägen.
»Ihr könnt beide mitkommen«, sagte ich an ihn und Maike gerichtet. Mit July alleine ins Kino zu gehen, war eine überaus schlechte Idee.
»Aber klar doch.« Maike hakte sich bei mir ein und so gingen wir zu viert los. Wir nahmen den Bus, in dem wir uns aufwärmten und fuhren in die Stadt. Ich schrieb Dad von unserem spontanen Plan. Vor dem Kino stiegen wir aus.
»Welchen Film wollen wir denn schauen?«, fragte Maike.
»Liebesfilm«, antwortete July.
»Tanzfilm«, meinte Dominik.
»Irgendetwas mit Action?«, schlug ich vor. Ich wollte nicht, dass sich dieser Abend in irgendeiner Weise zu einem Date entwickelte.
Schließlich überzeugte uns Dominik und wir kauften Karten für den Tanzfilm, der schon die fünfte Woche im Kino lief. Ich bezahlte Maikes und meine. Maike holte für sich und mich eine große Tüte Popcorn und eine Cola, July entschied sich für Nachos, Dominik wählte nichts, da er seine Klamotten nicht vollkrümeln und sich lieber auf den Film statt auf Snacks konzentrieren wollte.
»Darf ich auch aus der Cola trinken?«, fragte ich Maike.
»Klar.«
Maike, Michi und ich waren schon oft ins Kino gegangen. Michi und ich hatten die Karten bezahlt und Maike hatte sich um die Snacks und Getränke gekümmert, die wir freundschaftlich und geschwisterlich geteilt hatten. Wenn July mitgekommen war, hatte sie sich immer Nachos geholt.
Wir konnten schon in den Kinosaal. July fand die Reihe und rutschte ganz durch. Maike und ich folgten, Dominik bildete das Schlusslicht. In dieser Reihenfolge setzten wir uns auch.
»Gut, dass ich neben meinem Essen sitze.« Ich lehnte meinen Kopf an Maikes Schulter, doch Maike schüttelte mich belustigt ab.
»Kein Popcorn, bevor der Film begonnen hat«, ermahnte sie mich. Sie kannte mich zu gut.
»Komm schon.« Ich setzte meinen besten Hundeblick auf.
»Nope.«
Doch als sich der Raum füllte, nahm Maike sich ein Stück und aß.
»Ha! Du hast das Essen eröffnet.« Sofort griff ich in die Tüte und warf mir ein Popcorn in den Mund. Ich fing es tatsächlich mit meinen Zähnen und schob es mit meinen Lippen in den Mund.
Maike knuffte mich in die Seite. Während des Films griffen wir ständig in die Tüte. Wenn unsere Finger sich berührten, wurde mir ganz warm. Jahrelang hatten wir uns eine Tüte Popcorn geteilt und nun taten wir es immer noch.
Als Maike aus ihrer Cola trank, hielt ich meine Hand hin und sie drückte mir den Becker in die Hand. Ich nahm einen Schluck und konzentrierte mich wieder komplett auf dem Film. Es war ein schöner und romantischer Film mit vielen Tanzszenen. Er berührte mich am Ende sogar so sehr, dass ich mir über die Augen wischte, um nicht zu weinen.
Draußen unterhielten wir uns angeregt über den Film, während wir auf den Bus warteten. Wir fuhren nach Hause. Maike, July und Dominik stiegen vor mir aus und ich sah ihnen mit einem Lächeln nach.
Der Abend mit ihnen hatte viel Spaß gemacht. In mir hallte Maikes Lachen wider, es klang nicht süß wie Dominiks Lachen und auch nicht wie ein nettes Kichern, so wie July lachte. Maikes Lachen war witzig. Wenn sie lachte, konnte ich nicht widerstehen und fiel mit ein.
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Heyy, habt ihr schon Ideen, mit wem Levi zusammenkommt / wie diese Story enden wird? Schreibt eure Vermutungen doch gerne in die Kommentare ;)
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