19. 𝔗ü𝔯𝔠𝔥𝔢𝔫 - 𝔙𝔢𝔯𝔡𝔞𝔪𝔪𝔱𝔢 𝔚𝔢𝔦𝔥𝔫𝔞𝔠𝔥𝔱𝔰𝔷𝔢𝔦𝔱

von pilzlein

Dana hatte immer geglaubt, ihr Temperament einigermaßen unter Kontrolle zu haben. Zumindest soweit, dass sie im alltäglichen Leben deswegen keine allzu großen Probleme bekam. Das Leben war ja schließlich hart genug. Aber in ihrer aktuellen Lage fragte sie sich, wie lange sie sich wohl noch beherrschen konnte, oder ob es vielleicht deutlich leichter wäre, gäbe sie ihrem Temperament einfach nach. Denn schlimmer konnte es ohnehin nicht mehr werden.Dana hockte seit geschlagenen zwei Stunden auf dem kalten Steinboden des verlassenen Zaubertrank Klassenzimmers und schrubbte verbissen die klebrigen Überreste eines verunglückten Streichs von den Steinplatten. Oder besser gesagt, sie versuchte es. Denn die matsch braune Masse war nicht zu zäh wie ein alter Kaugummi, nein, sie wehrte sich auch scheinbar hartnäckig dagegen, entfernt zu werden. Als wäre sie bereits ein Teil des Steinbodens geworden.Das hatte man davon, wenn man einen selbst entworfenen, unausgereiften Zauberspruch während der samstäglichen Nachhilfestunde am missglückten Gripsschärfungstrank des indirekten Sitznachbars (und direkten Feindes) ausprobierte. Eigentlich sollten bunte Seifenblasen entstehen, die beim Zerplatzen Tierlaute von sich gaben. Nur leider war der Kessel in die Luft geflogen und hatte mit einem lauten Rülpsen seinen gesamten Inhalt im Kerkerraum verteilt.Professor Slughorn hatte das Ganze nicht sonderlich witzig gefunden und die betroffenen Schüler, nachdem er das Gröbste entfernt hatte, dazu verdonnert, den Boden und die Tische am nächsten Tag vollständig zu säubern. Diese Strafarbeit sollte ebenfalls dazu dienen, dass beide dabei ihre „sinnlosen Streitereien" beendeten. Bevor das Klassenzimmer nicht blitzeblank geputzt war, würde er keinen Fuß mehr hinein setzten, so viel stand fest.Eindeutig ein Anzeichen für zu wenig Humor, befand Dana.

Und als wäre die Tatsache, dieses ekelhafte Zeug ausgerechnet am vierten Adventssonntag vom Boden kratzen zu müssen, nicht schon schlimm genug, musste sie dabei auch die äußerst penetrante und nervtötende Präsenz von Blaise Zabini ertragen. Der war nämlich der Urheber des grauenhaften Zaubertranks gewesen. Slughorn war ein Sadist.
Innerhalb der ersten Stunde hatten beide weitestgehend schweigend ihre Strafarbeit verrichtet, so dass Dana beinah geglaubt hätte, sie könnte dieses herum Geschrubbe in Ruhe hinter sich bringen. Aber eben nur beinah. Denn Blaise Idioten Zabini, dem offenbar langweilig geworden war, war auf die glorreiche Idee gekommen, sich die Zeit dadurch angenehmer zu machen, Dana an den Rand des Wahnsinns zu treiben.Es hatte harmlos angefangen. Kleine Sticheleien, ein paar Beleidigungen. Nichts, was Dana nicht vertragen könnte. Aber als er anfing, über Danas Liebesleben zu spekulieren, war sie sich sicher, dass sie ihm den Hals umdrehen würde, wenn auch nur ein weiteres, erbärmliches Wort seinen Mund verließe.„Also drei Beziehungen in drei Monaten, ja?", provozierte er, während er lässig an einer Tischkante lehnte, „Oder waren es nur drei verschiedenen One-Night-Stands? Pro Monat etwa? Das ist aber ein ganz schön großer Verschleiß."Dana atmete tief durch und gab sich alle Mühe, so entspannt wie möglich weiter zu schrubben. Wenn sie nicht bald in ihren Schlafsaal kam, würde es ohne Zweifel Tote geben. Friedliche Adventszeit hin oder her.Aber Blaise Zabini war zu ihrem Unglück ein sehr hartnäckiger Zeitgenosse, der nicht eine einzige Gelegenheit ausließ, Dana tierisch auf die Nerven zu gehen.„Komm schon, Danalein, sei nicht so stur. Nun rück schon raus mit der Sprache", versucht er es weiter.„Ich hatte keine drei Beziehungen in drei Monaten und im Übrigen wüsste ich nicht, was dich das anginge, Zabini."

„Also hattest du gleichzeitig was mit Bryan Dellock, Theodore und diesem komischen Ravenclaw mit Tattoo? Aber Pansy soll ein Flittchen sein?"Der Halsumdreh-Moment war verdammt nah und Dana schrubbte so krampfhaft auf einer armen Steinplatte herum, dass diese bestimmt schon Löcher bekam.„Oh, ich habe gehört, dass Goldstein dir das Herz gebrochen hat, hm? Hat dich versetzt wegen Patil. Warst wohl doch nicht seine große Liebe. Also alles nur wegen alberner Eifersucht? Das ist schon peinlich, findest du nicht? Oder nutzt du gerne Typen ohne Hirn aus?"Blaise wich erschrocken zurück, als Dana mit voller Wucht den triefenden Putzlappen nach ihm warf und ihn mit wutentbrannten Blick an die Wand nagelte.„DU", knurrte sie zwischen zusammengebissenen Zähnen, „Du tätest verdammt gut daran, falls du in deinem Leben irgendwann nochmal eine Frau beglücken willst, dein hinterhältiges Lästermaul zu halten! Es geht dich nämlich nicht im Geringsten etwas an, mit wem ich meine Zeit verbringe oder was ich sonst so treibe, verstanden?! Es hat dich nicht zu interessieren! Nur weil dein Leben so ätzend ist wie Dumbledores Bartflöhe, musst du dich nicht immer wie der größte Vollpfosten aufführen, der unter der Sonne herum läuft! Kümmere dich um deine eigenen Probleme und halt dich gefälligst aus meinem Leben raus! Oder ich breche jeden jämmerlichen Knochen in deinem mickrigen Körper und verstreue die Einzelteile auf dem Eulenturm. Schade nur, dass die ganzen Eulen an diesem ekelhaften Müll verrecken werden. Vielleicht mische ich sie auch Malfoy ins Frühstück, dann habe ich gleich zwei Probleme weniger."Stille.

Dana schnaufte wütend und hatte die Hände zu Fäusten geballt, während Blaise sie mit offenem Mund anstarrte. Sie brauchte etwas, bis sie sich wieder einigermaßen gefasst hatte, schenkte Blaise ihr bestes künstliches Lächeln und wandte sich zum Gehen. „Ich bin hier fertig. Du kannst dich um den Rest kümmern."Schnurstracks marschierte sie auf die Tür zu, riss sie auf und wollte endlich von hier verschwinden, als sie gegen eine unsichtbare Wand prallte und zu Boden ging.„Ah, verfluchter Doxymist!", stöhnte Dana und rieb sich die Stirn. Blaise dagegen schien sich von seinem Schock erholt zu haben und prustete los. Die Tränen traten ihm in die Augen und wenn sie ihn nicht hassen würde wie die Pest, hätte Dana beinah zugegeben, dass sein Lachen ziemlich ansteckend war.„Was gibt's da so blöd zu lachen, Zabini?", zischte sie stattdessen und richtete sich wieder auf, immer noch mit einer Hand an der Stirn.„Woho, sachte, sachte, Danalein. Wenn du nicht so tollpatschig wärst, hätte ich dir deine kleine Explosion von eben fast abgekauft."Mit wenigen Schritten war sie bei ihm, griff nach dem braunen Putzeimer auf dem Tisch links von ihr und leerte ihn über dem Kopf des völlig verdutzten Slytherins aus.Mit größter Genugtuung beobachtete Dana, wie das dreckige Putzwasser seine Haare durchnässte, sein Gesicht hinablief und seine Slytherinrobe mit feuchten Flecken verzierte.„Ups, ich bin wirklich sehr tollpatschig", meinte sie mitgespielt bestürzter Miene, „Brauchst du ein Handtuch?"

Blaise schnaubte wütend und Dana glaubte, dabei kleine Rauchwölkchen zu sehen, die aus seinen Nasenlöchern stoben. „Ja, ich brauche ein verdammtes Handtuch, weil Slughorn uns deinetwegen den Zauberstab abgenommen hat!"„Meinetwegen?! Du trägst genauso viel Schuld an dieser Scheiße hier wie ich!"„Und du gehst mir so was von auf den Sack!"„Bei Merlins pinker Unterhose, halt die Klappe!„Halt sie doch selbst!"„Arschloch!"„Jetzt gib mir einfach ein Handtuch, Reeves!"„Und schon sind wir wieder beim Nachnamen, Zabini? Was ist mit Danalein?"„Gib. Mir. Ein. Handtuch."„Wie war das?"„Bitte", presste Blaise mühsam hervor, „Gib mir bitte ein Handtuch, Dana."„Hab leider keins." Scheinbar bedauernd zuckte sie mit den Schultern.„Ist das dein Ernst?!", schrie Blaise wütend zurück und ballte die Hände zu Fäusten.„Hier, nimm dieses Weihnachtsmonster", sie warf im ein widerlich grün-rot kariertes Trockentuch ins Gesicht, „Das habe ich noch nicht benutzt."„Vielen Dank für deine Großzügigkeit", fauchte er sarkastisch und versuchte angestrengt, noch irgendetwas zu retten. Er trocknete sein Gesicht und seine Haare, nur für die Robe bestand leider keine Hoffnung mehr.Dana beobachtet ihn eine Weile, bis sie schließlich ein schritt. „OK, lass gut sein, Zabini. Das ist ja nicht mit anzusehen."

„Und was sollte ich stattdessen deiner Meinung nach tun?" Die nasse Robe landete auf dem Tisch, an dem er zuvor noch gelehnt hatte.„Wir gehen."„Und wie stellst du dir das vor?"„Wir lassen das Putzzeug hier, machen die Tür auf und g-"„Das geht nicht", fiel er ihr genervt ins Wort.„Und warum? Sag mir nicht, du willst erst hier saubermachen", gab sie verärgert zurück, da er sie so unwirsch unterbrochen hatte.„Natürlich nicht, aber wir können nicht gehen", sagte er in einem Tonfall, als wäre es das Offensichtlichste auf der Welt und Dana die einzig Dumme, die es nicht kapierte."Und warum können wir das nicht?" Ihre Nerven waren schon wieder bis zum Zerreißen gespannt. Wie schaffte Blaise Zabini es, sie ständig auf die Palme zu bringen?„Denk mal ganz scharf nach, Danalein. Das kannst du doch, oder?", fuhr er in seinem üblichen provokanten Tonfall fort.„Warum können wir nicht gehen, verflucht?!", fragte Dana aufgebracht und baute sich wütend vor ihrem Erzfeind auf.Aber Blaise antwortete nicht, sondern lächelte sie nur süffisant an.Dana funkelte ihn noch einen Moment böse an, bevor sie auf dem Absatz kehrt machte und zum zweiten Mal an diesem Abend die hölzerne Tür des Klassenzimmers aufriss, überzeugt davon, dass Blaise sie nur verarscht hatte, wie er es sonst auch tat.Auf der Türschwelle hielt sie an und drehte sich noch einmal zu ihm um. „Ich gehe jetzt und du wärst ein Idiot, wenn du das nicht auch tun würdest. Obwohl, du bist so oder so ein Idiot."Blaise grinste weiterhin und sagte nichts.


Ein ungutes Gefühl machte sich in Dana breit, aber sie drängte es beiseite. Eilig wollte sie das Klassenzimmer verlassen, aber es ging tatsächlich nicht. Es war, als hielte eine unsichtbare Wand sie zurück. Innerlich schlug Dana sich mit voller Wucht die Hand vor die Stirn. Im Eifer des Gefechts hatte sie dieses Problem völlig vergessen. „Verflixt!"„Du hättest auf mich hören sollen", hauchte ihr eine Stimme ins rechte Ohr.Ruckartig fuhr sie herum. Blaise Zabini stand direkt hinter hier und blickte mit einem Schmunzeln zu ihr hinab. Und er war ihr definitiv zu nah. „Arsch", knurrte sie und schubste ihn von sich. Leider stolperte Blaise nicht mehr als zwei Schritte nach hinten.„Guck hoch", meinte er nur und deutete mit der Hand über die Tür.Danas Mund klappte auf. „Das glaub ich jetzt nicht..." Da hing doch tatsächlich einer dieser hässlichen Mistelzweige an der Steinwand, die Slughorn überall im Schloss verteilt hatte.Blaise spitzte die Lippen und wackelte anzüglich mit den Augenbrauen. „Nicht jedem wird diese Ehre zuteil, Danalein. Also schluck deinen Stolz herunter und gib dir einen Ruck."„Auf gar keinen Fall! Du spinnst ja!"„Komm schon, Danalein. Willst du gehen oder bis morgen früh hier bleiben und den Boden schrubben?"Das war ein Argument. Aber Dana würde niemals diesen Vollpfosten küssen. „Vergiss es, ich werde d-"


Sie hatte keine Chance, ihren Satz zu beenden, weil Blaise sie erneut unterbrach. Er war unbemerkt wieder auf sie zu getreten und hatte ihre Worten in einem Kuss erstickt.Dana riss die Augen auf und legte ihr Hände auf seine Brust, um ihn von sich zu stoßen. Dazu sollte es jedoch nicht kommen. Denn der Kuss kam nicht nur völlig überraschend, sondern war unerwartet sanft und gefühlvoll, dass ihre Hände unverrichteter Dinge auf Blaise' Brust liegen blieben, Dana ihre Augen wieder schloss und den Kuss zaghaft erwiderte.Alle Gedanken daran, wen sie hier gerade küsste und das sein Pullover immer noch feucht war, waren verschwunden und sie gab sich dem Gefühl völlig hin.Blaise hatte eine Hand an ihre Wange gelegt und umfasste ihre Taille, um sie vorsichtig näher zu sich zu ziehen. Er strahlte eine eigentümliche Wärme und Geborgenheit aus, die Danas Kopf vernebelten und ihre Knie weich werden ließen. Sie fühlte sich angenommen und irgendwie... gewollt. Endlich. Ein Knallen sorgte dafür, dass beide abrupt auseinander fuhren. Die klebrige Masse, die den Boden des Zaubertrank Klassenzimmers bedeckt hatte, war verschwunden. Einfach so.Dana wich noch ein Stück zurück und stellte erleichtert fest, dass sie problemlos über die Schwelle treten konnte. Sie öffnete den Mund, um etwas zu sagen, aber war nicht fähig, irgendwelche sinnvollen Worte zu formen. Also schloss sie ihn wieder und huschte lautlos davon.


Blaise sah ihr hinterher und konnte nicht verhindern, dass sich ein Lächeln auf sein Gesicht schlich. Er musste sich bei Gelegenheit wohl bei seinem Hauslehrer bedanken. Dana lag endlich erschöpft in ihrem Bett und starrte ins Nichts. Sie weigerte sich, auch nur einen Gedanken an das zu verschwenden, was passiert war. Leicht verzweifelt rollte sie auf die linke Seite ihres Bettes, um die Vorhänge zuzuziehen. Dabei fiel ihr ein kleines Stück Pergament auf, das aus der Tasche ihrer Robe lugte.Dana runzelte die Stirn und griff danach. Neugierig entfaltete sie das Pergament und keuchte entgeistert auf, als ihre Augen über die wenigen Zeilen glitten.

24. Dezember, 18 Uhr in der Eingangshalle
Zieh dich warm an.
Und sei pünktlich, Danalein.
B.

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