11. 𝔖𝔲𝔠𝔥𝔢 𝔦𝔫 𝔡𝔢𝔯 𝔅𝔦𝔟𝔩𝔦𝔬𝔱𝔥𝔢𝔨
»Hermine, wolltest du nicht letztens unbedingt in die Bibliothek?«, fragte Harry. Er und seine beste Freundin hatten vor Kurzem in der Bibliothek nach Büchern gesucht, die etwas mit einem Schlüssel zu tun hatten. Mahr hatte Hermine ihm nicht erzählt.
»Du kennst doch Hermine. Sie will ständig in die Bibliothek«, meinte Ron.
»Ja, aber-«, Harry seufzte, »ach egal.« Ihm schien es aber ganz und gar nicht egal zu sein. Sein Blick bohrte sich in Hermines. Ohne es laut auszusprechen, verstand sie ihm. Sie hatte ihm gesagt, dass sie in der Bibliothek nach Informationen suchen wollte, die nichts mit dem Unterricht zu tun hatten.
»Leute, tut mir leid, aber Angelina will mit mir noch mal Quidditch üben. Je mehr ich übe, desto besser werde ich. Deshalb opfere ich meinen Abend und übe mit ihr. Alicia und Katie sind auch da.« Beim letzten Satz nahm Rons Gesicht eine rote Farbe an. Um das zu überspielen, stand er auf und verschwand eilig.
»Den Abend hätte er andernfalls mit Nichtstun verbracht«, murmelte Hermine, woraufhin Harry lachte.
»Das hatte ich auch vor, aber dann ist mir aufgefallen, dass du etwas Besonderes in der Bibliothek suchst.«
»Ja, lass uns gehen. Hilfe kann nicht schaden.«
Sie betraten die stille Bibliothek, die Hermine ein Gefühl von Ruhe gaben. Es fühlte sich auch an, als würde sie nach Hause kommen. Sie sog den Geruch der Bücher ein.
»Also, es ist-«, Hermine räusperte sich. »Na ja, ich suche-« Hermine zupfte nervös an ihrem Ärmel, unter dem sich der Anhänger mit dem Schlüssel versteckte. Das letzte Mal hatte sie den Schlüssel nur erwähnt. Dass er magisch war, hatte sie bisher verschwiegen.
»Was denn?«, fragte Harry.
Bevor Hermine antworten konnte, trat Theodor Nott hervor und schubste Harry gegen Hermine. Diese wollte ausweichen, doch sie schaffte es nicht ganz. Harry und sie prallten gegen ein Bücherregal und stürzten zu Boden. Schwere Bücher fielen auf sie und begruben sie unter sich.
Harry lag auf Hermine und starrte in ihre braune Augen. Sein Gesicht näherte sich ihrem, doch er stoppte abrupt. Er griff ihre Hand und zog das Armband hervor.
»Was ist das?«, fragte er.
Hermine fiel zusehends das Atmen schwerer.
»Könntest du bitte-«
Sie sprach den Satz nicht zu Ende, da Harry sofort reagierte. Er rappelte sich auf, strich Bücher von Hermines Körper und half ihr dann auf.
»Ist das der Schlüssel, zu dem wir Informationen suchen?«, fragte Harry.
»Ja, das ist er«, gab Hermine zu.
»Also, was für ein Schlüssel ist das denn nun?«
»Das versuche ich, seit Sommer herauszufinden. Nur leider bleibt bei dem ganzen Schulkram nicht so viel Zeit dafür.«
»Dann lass uns mit der Suche anfangen. Hast du irgendwelche Fakten über diesen Schlüssel?«
Hermine erzählte ihm alles, was sie selbst wusste. Dann verstreuten sich die beiden. Während Harry die Bücher, die zu Boden gefallen waren, unter der strengen Miene von Madame Pince aufsammelte und ins Bücherregal einordnete, lief Hermine durch die Reihen. Der Schlüssel leuchtete grünlich. Als sie in einer Ecke im hinteren Teil der Bibliothek verschwand, tippte sie den Schlüssel an und die Botschaft erschien wie immer.
LASS DICH NICHT IN DIE IRRE FÜHREN. ERKENNE BESTE FREUNDE UND FESTE FREUNDE.
»Tu ich gar nicht«, zischte Hermine. »Niemand kann mich schlaue Hexe in die Irre führen«, murmelte sie, um sich selbst ein wenig Mut zuzusprechen.
Sie kramte das Pergament hervor, dass sie jeden Tag mit sich herumschleppte, und ließ die Botschaft darauf verschwinden.
Dann lief sie die Reihe entlang, doch sie fand kein Buch, das ihr etwas zu dem magischen Schlüssel verraten würde.
Auch Harry hatte bisher nichts Brauchbares gefunden.
»Es ist hoffnungslos! Diesen Schlüssel gibt es bestimmt nur ein einziges Mal und obwohl er mit mir spricht, weiß ich nicht, was er mir sagen möchte.« Hermine warf verzweifelt die Hände in die Luft.
»Wir werden schon noch was finden.«
»Aber die Bibliothek ist riesig«, murmelte Hermine.
»Und du besuchst sie seit über vier Jahren fast jeden Tag. Du kennst die meisten Bücher, also schauen wir nach Büchern, die du nicht kennst.« Harry legte Hermine seine Hand auf die Schulter und lächelte ihr aufmunternd zu.
Gemeinsam durchkämmten sie die Gänge und Bücherregale. Hermine teilte Harry mit, welche Bücher er aus den Regalen nehmen und durchblättern sollte und welche nicht. Kurz bevor die Bibliothek für den Tag schloss - Madam Pince war schon aufgestanden, um sie hinauszuscheuchen - eilte Luna Lovegood herein. Hermine hatte ein paar Wochen gebraucht, um mit Lunas eigentümlicher Art klarzukommen, doch nun mochte sie das Mädchen.
Sie legte einen Stapel Bücher auf den Tisch und wünschte Madam Pince eine wunderschöne Nacht. Hermine holte Luna ein und begann ein Gespräch mit ihr. Harry schob den Stapel Bücher unauffällig in seine Schultasche. Lunas Augen hatten gefunkelt, als sie den Stapel auf den Tisch gelegt und Hermine durchdringend angeschaut hatte. Das hatte Harry misstrauisch gemacht. Madam Pince, die die beiden Mädchen beobachtet hatte, drehte sich nun um und erschrak, als sie Harry entdeckte. Sofort beruhigte sie sich wieder.
»Was machst du denn noch hier?«, fragte sie.
Harry sah sie mit entschuldigendem Blick an und verließ schleunigst die Bibliothek.
Er holte Hermine im nächsten Gang ein. Sie hatte sich von Luna verabschiedet und wartete nun auf ihn.
»Warum-« Harry schnitt ihr das Wort ab. »Ich habe ein paar Bücher mitgenommen. Ich hatte da so ein Gefühl.«
Hermine beäugte ihn misstrauisch.
In ihrem Gemeinschaftsraum hievte Harry den Stapel Bücher aus seiner Tasche und knallte ihn auf den Tisch.
»Das sind doch die Bücher von Luna, oder nicht?«
»Ja. Luna hat dich echt komisch angeschaut, als wüsste sie von dem Schlüssel, oder so. Da habe ich die Bücher kurzerhand mitgenommen.«
»Ich hab Luna nichts von dem Schlüssel erzählt«, meinte Hermine.
»Ich auch nicht. Aber vielleicht hat sie etwas geahnt. Du kennst sie doch. Sie sieht Dinge, die wir nicht sehen. Vielleicht hat sie die Anwesenheit des Schlüssels auch gespürt, keine Ahnung.«
»Um ehrlich zu sein, klingt das nach Luna. Vielleicht hat sie wie wir nach Informationen über den Schlüssel gesucht.«
»Worüber redet ihr?«, fragte Ron, der gerade seine nasse Jacke über einen Sessel hängte.
Hermine und Harry tauschten einen Blick. Ron gehörte wie Harry zu ihren besten Freunden, deshalb entschied Hermine, ihm auch die ganze Wahrheit zu erzählen.
»Okay, klingt ja sehr interessant. Ich helfe euch.«
Ron nahm sich ein paar Bücher vom Stapel und machte es sich in dem Sessel bequem. Auch Harry bediente sich. Jede:r arbeitete sich durch die Bücher, bis Hermine etwas entdeckte. Sie gähnte, bevor sie den Abschnitt ein zweites Mal durchlas. Diesmal überflog sie aber nicht nur, sie las ihn ganz genau.
»Ich hab was gefunden«, murmelte sie gähnend. Ihre Augen fielen beinahe zu.
»Und wa-ha-ha-has?«, fragte Ron, den Hermine mit ihrem Gähnen angesteckt hatte.
»Hör zu. Vor sehr langer Zeit-« Hermine gähnte wieder. »Also, vor sehr langer Zeit, als-«
Sie konnte sich nicht mehr konzentrieren. Das Buch, welches sie über ihr Gesicht gehalten hatte, rutschte aus ihren Händen und fiel auf ihren Kopf. Hermine erschreckte sich kaum noch, denn ein paar Minuten später war sie auch schon in dem Sessel vor dem Kamin eingeschlafen.
Auch Ron schnarchte schon.
»Vor sehr langer Zeit schliefen drei beste Freunde ein«, murmelte Harry und versank ebenfalls in seiner Traumwelt.
• • •
Am nächsten Morgen hörten die drei ihre Wecker nicht, da sie nicht in ihren Zimmern schliefen. Sie wachten erst auf, als andere Schüler:innen den Gemeinschaftsraum betraten.
»Beeilt euch. Der Unterricht fängt gleich an!«, rief Dean und rüttelte an Hermines Schulter. Neville weckte Harry und Seamus kümmerte sich um Ron. Schlaftrunken rappelten sie sich auf. Als Hermines Blick auf das Buch fiel, in dem sie gestern endlich Informationen gefunden hatte, zuckte ihre Hand vor, nahm das Buch und verstaute es in ihrer Tasche.
»Ich weiß, dass dir deine Bücher heilig sind, Hermine, aber niemand hatte vor, dir eins wegzunehmen.«
Dean grinste sie an und zog sie aus dem Sessel.
Die drei Freunde hatten keine Zeit mehr, sich die Information genauer anzuschauen. Erst durchstanden sie den Unterricht. Während des Mittagessens starrte Ron zu Katie Bell und Alicia Spinnet.
»Was glaubst du, wen genau Ron anschaut?«, flüsterte Hermine Harry zu.
»Redest du von unserem Bruder?«, fragte George laut und setzte sich neben Hermine.
»Hundertpro steht er auf Katie«, meinte Fred, der sich gegenüber von Hermine niederließ.
»Jede Wette, dass er sich in Alicia verknallt hat«, sagte George.
»Er ist mein bester Freund. Ich weiß, dass er sich in Katie verliebt hat«, sagte Harry.
»Hat er dir das gesagt?«, fragte George.
»Nein, aber ich denke das. Seht ihn euch an. Er schaut definitiv Katie an.«
»Genau«, stimmte Fred zu.
»Gar nicht wahr!«, sagte George. »Er schaut Alicia an!«
»Es sieht tatsächlich so aus, als würde Ron Alicia anschauen«, steuerte Hermine bei, woraufhin sie zwei vorwurfsvolle Blicke und ein dankbares Lächeln zugeworfen bekam.
»Was ist los?«, fragte Ron, der aus seiner Starre erwacht war. »Worüber redet ihr?«
»Über nichts. Fragst du Katie, ob sie mit dir nach Hogsmeade geht?« Fred wackelte mit den Augenbrauen, weshalb Hermine ihn unter dem Tisch mit ihrem Fuß anstieß. Lass das seine Sache sein, sollte ihr Blick bedeuten.
»Oder fragst du eher Alicia?« Nun trat Hermine auch George, der sich nach vorne gebeugt hatte und seinen Kopf in seine Hände stützte.
»Ähm.« Rons Gesicht brannte. Verlegen stotterte Ron etwas Unverständliches und sprang dann vom Tisch auf.
»Der hatte es ja eilig. Sollen wir Alicia vorwarnen, dass er vorhat, sie nach einem Date zu fragen?«
»Du meintest wohl eher, dass wir Katie Bescheid sagen sollten.«
Harry hielt sich die Hand vor dem Mund, um nicht laut loszuprusten.
»Mischt euch bitte nicht ein. Ihr werdet bald erfahren, für wen Ron sich entscheidet.« Hermine schaute die Zwillinge eindringlich an.
»Natürlich doch, Hermimimi.« Fred und George grinsten sie an. Hermine verdrehte die Augen, lächelte jedoch.
»Warum verlieben sich eigentlich gerade alle?«, fragte Harry auf dem Weg nach Wahrsagen.
»Hast du denn nicht ›Eine Geschichte von Hogwarts‹ gelesen? Durchschnittlich verlieben sich die meisten Schüler:innen im fünften Jahr ihrer Ausbildung. Das hat nicht nur damit zu tun, dass die Schüler:innen in diesem Jahr so weit entwickelt sind, dass sie für eine ernsthafte Beziehung bereit wären, sondern auch die Magie von Hogwarts sorgt dafür, dass sich Schüler:innen verlieben. Ich weiß nicht ganz, wie, aber es scheint zu funktionieren. Alle reden über Liebe. Wir sehen uns nachher.« Hermine bog zu Arithmantik ab.
Nach dem Nachmittagsunterricht waren Harry, Ron und Hermine erschöpft.
»Hast du schon mal probiert, den Schlüssel auszuprobieren?«, fragte Ron.
»Ja, zu Hause. Aber in Hogwarts noch nicht.«
»Dann wird es Zeit.«
Den restlichen Abend verbrachten die drei damit, den Schlüssel in jedes Schlüsselloch einer jeden Tür in Hogwarts zu stecken.
»Diese hier muss es sein!«, rief Ron, als er die nächste Tür erblickte. Diesen Spruch hatte er bei den letzten zehn Türen auch gesagt.
Hermine seufzte und hielt den Schlüssel hoch, der plötzlich anfing, zu leuchten. Schlagartig entfernte sie sich von ihren besten Freunden und tippte den Schlüssel an.
DER SCHLÜSSEL ÖFFNET HERZEN, KEINE TÜREN.
Hermine murmelte diesen Satz vor sich hin, während die Buchstaben sich auf dem Pergament einfügten und Hermine zu Harry und Ron zurückkehrte.
»Es ist hoffnungslos. Dieser Schlüssel passt in kein Schlüsselloch.« Hermine band sich das Armband mit dem Schlüssel wieder um die Hand.
»Wir haben noch nicht alle Türen ausprobiert!«, widersprach Ron, doch dann fixierte er einen Punkt hinter Hermine.
Hermine wirbelte herum und entdeckte Luna, die blitzschnell Hermines Ärmel hochschob und nach dem Armband griff. Bevor Hermine einschreiten konnte, riss das Armband und der Schlüssel fiel klirrend zu Boden.
»Was sollte das?«, fuhr Hermine Luna an. Die schaute erschrocken auf das zerrissene Armband in ihren Händen.
»Es tut mir leid, Hermine. Der Schlüssel hat mit mir gesprochen. Schon länger. Er hat gesagt, dass ich das tun soll. Er hat mir geholfen. Er hat meine Hand gesteuert.«
Hermine konnte es nicht glauben, doch plötzlich wirbelte ein silberner Faden durch die Luft. Er war aus dem Schlüssel erschienen. Er tanzte umher und bildete eine schlichte Kette. Hermine fädelte den Schlüssel darum. Nun vermutete sie, dass Luna die Wahrheit gesagt hatte. Doch sie hatte auch Angst bekommen. Hatte der Schlüssel eine mächtigere Kraft, als Hermine wusste?
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