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Zufrieden lächelnd lauschte Yoongi dem leisen Murmeln der anderen Menschen, die die Möglichkeit der Tafel für sich nutzen.

Hier war es trocken, einigermaßen warm und man bekam was zu Essen. Für einige war es die erste und letzte Mahlzeit des Tages. Auch war es vermutlich das erste Mal, dass sie sich heute in einem Gebäude aufwärmen konnten, da die Gebäude für Obdachlose meist überfüllt waren.

Natürlich hielten sich unter anderem auch zur Herbstzeit und zur bald kommenden winterlichen Weihnachtszeit viele Obdachlose in den Shoppingmalls auf, doch war selbst das nicht immer möglich. Denn da hing es davon ab, wie die Ladenbesitzer in der Mall drauf waren. Mal waren sie ganz freundlich und halfen einem sogar, doch sobald sie den Eindruck hatten, der Abschaum der Gesellschaft würde ihnen die Kundschaft vertreiben, wurden sie garstig.

Als Yoongi selbst das erste Jahr auf der Straße lebte, hatte er sich im Winter auch in diese Gebäude geflüchtet. Sie waren perfekt, um vor dem Schneesturm und einem Kältetod zu flüchten, aber eben auch gefährlich. Er hatte die Unfreundlichkeit der Ladenbesitzer ebenfalls durch Schläge, Beleidigungen und andere Angriffe am eigenen Körper erleben müssen.

Nicht selten kam es vor, dass die Polizei einschreiten musste.

Doch trotz, dass es unter den Menschen bekannt war, wie der Umgang in den Malls mit Obdachlosen war, nutzten es noch immer viel als Unterschlupf.

Hinzu kam nämlich auch, dass man sich manchmal an den Toilettenaufsehern vorbeischleichen, sein Geschäft auf einem sauberen, warmen Klo verrichten und Wasser aus den Wasserhähnen in Plastikflaschen mitnehmen konnten.

Denn für den Schwarzhaarigen war es nie schwer gewesen, an was zu essen heranzukommen. Das, was ihn manchmal jedoch wirklich verzweifeln ließ, war es, an was zu trinken zu kommen.

Trinken hatte für Obdachlose die ungute Eigenschaft, dass es in Läden nicht so ein Wegwerfprodukt war. Essen, was nämlich bald ablaufen würde, wurde von den Supermärkten entweder reduziert und verkauft oder weggeschmissen. Und sobald das Essen in den Containern der Lebensmittelgeschäfte landete, konnten sich andere Menschen daran bedienen. Natürlich war das nicht gerade legal, aber bestrafen tat einen auch keiner dafür.

Noch einen Moment sah der 22-Jährige den essenden Menschen zu, bevor er sich auch seiner Mahlzeit widmete.

Direkt viel ihm auf, dass es Taehyung wieder mal viel zu gut mit ihm gemeint hatte.

Er hatte praktisch schon Berge an Reis und Kimchi auf seinen Teller gehäuft und auch die Suppe am Rand, die eigentlich mehr Trinken war, drohte bei der kleinsten Berührung überzuschwappen.

Kopfschüttelnd blickte er einmal zu der Essensausgabe, wo er auch nicht lange suchen musste.

Der Blauhaarige sah nämlich schon die ganze Zeit zu ihm und begann nur noch mehr über beide Ohren zu grinsen, als Yoongis Blick bemerkte. Doch dieses Grinsen von dem Größeren blieb nicht lange bestehen. Denn trotz der inzwischen etwas späten Uhrzeit kamen noch immer Vereinzelte, die Essen haben wollten, was durch das unkonzentrierte Verhalten des ehrenamtlichen Mitarbeiters zu einer Schlange führte. Das wiederum gefiel Pablo überhaupt nicht, wodurch Taehyung kurzerhand mit einem Geschirrtuch aus der Küche und Ausgabe verjagt wurde.

„Du lernst auch nicht aus deinen Fehlern." – Yoongi, der dieses Prozedere schon kannte, schüttelte nur den Kopf, als sein bester Freund zu ihm geflitzt kam und sich neben ihn setzte.

„Das Essen läuft doch nicht weg." – sich den Arm reibend, schmollte der Schlumpf neben ihm leicht.

„Dennoch hast du eine Aufgabe zu erfüllen. Du kannst vom Glück reden, dass Pablo dich noch helfen lässt."

„Tja, da sind meine finanziellen Mittel wohl doch noch zu was gut. Keiner schlachtet die Goldene Gans, egal, wie viel Scheiße sie produziert."

„Wohl wahr." – mit dem Kopf schüttelnd beugte Yoongi sich über die Suppenschüssel und pustete leicht, damit er schnellstmöglich was abschürfen könnte. Einige seiner schwarzen Haarsträhnen musste er dabei aus seiner Stirn halten, damit diese nicht baden gehen würden.

„Wenn du zum Friseur willst, sagst du mir Bescheid, okay?" – Taehyung beobachtete den Kleineren traurig. Es tat ihm weh Yoongi hier zu sehen.

„Mach dir doch keinen Kopf um mich." – die heiße Brühe schlürfend seufzte der 22-Jährige genüsslich auf, sobald sich die Wärme in seine Glieder erstreckte. – „Ich habe eine Glasflasche gefunden. Die kann ich in Scherben umwandeln und dann geht das mit den Haaren auch so."

„Wünschst du dir wenigstens dieses Mal was zu Weihnachten?" – traurig und hoffnungsvoll zu gleich sah der Blauhaarige auf seine heimliche Liebe runter. Er wollte ihm endlich was Gutes tun können. Er wollte ihn in Sicherheit wissen. Er würde alles für den Schwarzhaarigen tun.

„Weiß nicht." – die Schultern zuckend schlürfte Yoongi immer mal wieder an der Suppe. – „Aber was willst du zu deinem Geburtstag?" – interessiert löste er sich von seinem Essen und richtete sich auf, um die genauen Reaktionen seines besten Freundes zu sehen.

„Ich möchte, dass du dich einen Tag von mir verwöhnen lässt." – mit fast schon glänzenden Augen blickte der Größere zu dem Älteren runter und faltete die Hände zusammen. – „Bitte."

„Tata." – schwer schluckend seufzte der 22-Jährige. Taehyung wünschte es sich jedes Jahr und immer versuchte er diesen Wunsch abzuschwächen. Nicht, weil er den Geburtstagswunsch seines besten Freundes nicht erfüllen wollte, sondern weil er einfach nicht das Geld von reichen Menschen nutzen wollte. Der Blauhaarige kommt aus den gleichen Verhältnissen wie er selbst und somit wusste Yoongi nur zu gut, wie das Geld, was sie nutzen würden, verdient wurde. – „Ich kann das nicht mit dem Geld. Du wie-..."

Noch bevor der Kleinere zu Ende reden konnte, schüttelte der Jüngere den Kopf. – „Ich hatte doch einen Ferienjob und das Geld davon habe ich noch immer. Erinnerst du dich? Wenn wir das nehmen, dann ist es ehrlich verdient und dann ist das doch kein Problem."

„Du..." – unsicher kaute der Schwarzhaarige auf seiner Unterlippe herum. Es war jedes Jahr dieselbe Diskussion und nun gingen ihm die Argumente aus. – „Na schön. Aber wir gehen weder zu dir nach Hause, noch in ein teures Restaurant!" – mit seinem Finger vor Taehyungs Gesicht hin und her wedelnd, konnte er nicht lange ernst bleiben, als er das glückliche und wilde Nicken seines Gegenübers sah.

„Abgemacht." – ohne lange drüber nachzudenken, umarmte der Blauhaarige den im Verhältnis zu ihm dreckigen Jungen. – „Das wird der beste Geburtstag meines Lebens.... Danke."

Leicht lachend drückte Yoongi den Größeren jedoch nur von sich weg. – „Ich bin dreckig. Komm mir einfach nicht zu nahe." – seinem besten Freund den Mantel abklopfend, grinste er schief. Er müsste morgen mal wieder gucken, wann und wo die nächste Möglichkeit zum Duschen wäre. Natürlich könnte er auch einfach zu einer Einrichtung gehen, doch waren diese meist weit von seinem gewohnten Umfeld entfernt und Geld für ein Bahnticket hatte er nicht übrig.

„Mir ist das egal. Das weißt du." – die Augen verdrehend nahm er sanft die Hände des Kleineren in seine und deutete mit einem Nicken auf das Essen. – „Iss lieber, bevor es kalt wird."

„Jaja." – ergeben begann der Schwarzhaarige wieder damit, sein Abendessen zu verputzen. Dabei fiel sein Blick auf seine spärlichen Mitbringsel, unter anderem das Buch, was er gerade las.

Es war schon etwas abgenutzt und eigentlich nicht schlecht. Doch hatte er bei den Tauschbibliotheken nie die Möglichkeit, einen der neuen Bestseller in die Finger zu bekommen, die ihn immer durch die Fenster von Buchhandlungen anstrahlten.

Sollte er also das nächste Mal, wenn der Jüngere ihn nach Weihnachten fragte, um ein Buch bitten?

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Ich hoffe, denen, die das Buch hier lesen, wird es gefallen. Ich weiß, es ist nicht besonders spannend aber ich will ja auch kein Drama.

<3

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