𝓚𝓪𝓹𝓲𝓽𝓮𝓵 8
POV Ziva:
Rian küsste mich. Meine Gedanken lösten sich in Luft auf, als ich seinen Kuss erwiderte. Seine Lippen schmeckten nach Freiheit und etwas Salzigem – es erinnerte mich etwas an das Meer. Und wie gut Rian küsste. Ich vertiefte den Kuss und griff nach seinen Haaren. Ich wollte mehr von ihm schmecken. Rian stöhnte tief und dann lieferten sich unsere Zungen ein Duell. Er gewann und erforschte mit ihr meinen Mund. Ich stöhnte ebenfalls und klammerte mich enger an ihn. Es war, als wären unsere Münder füreinander geschaffen.
Schließlich lösten wir uns voneinander. Rian wollte etwas sagen, doch ich hielt ihm sanft den Finger vor die Lippen. Lächelnd sahen wir uns an. Wir verstanden uns auch ohne Worte. In diesem Moment war mir klar, dass ich schon seit einer längeren Zeit in Rian verliebt war. Doch bisher ... wahrscheinlich hatte ich es immer mit freundschaftlichen Gefühlen verwechselt. Das Hochgefühl zum Beispiel, als er mich zu sich eingeladen hatte ... oder wenn ich nachts nicht schlafen konnte, weil ich nur an ihn denken konnte. Das alles war ein Zeichen der Liebe gewesen.
Und nun hatten wir uns geküsst.
Ich sah die Zärtlichkeit in Rians Augen, ging aber wieder auf Abstand. Wir waren unvorsichtig gewesen. So etwas darf nicht noch einmal passieren. Wir waren nur Freunde, nichts weiter. Ich wusste, dass ihm der Kuss nichts bedeutete. Warum auch? Ich wollte unsere Freundschaft nicht wegen so etwas aufs Spiel setzen. Außerdem hatte ich Rian nicht verdient. Ich stammte aus einer normalen Mittelschichtfamilie, während Rian aus dem Königshaus stammte. Zwischen uns lagen Welten. Da half es auch kein bisschen, dass ich mich in ihn verliebt hatte.
„Wollen wir ... Gameboy spielen?", durchbrach Rian schließlich die Distanz, die sich wie eine schweigende Mauer zwischen uns aufgebaut hatte.
Schnell nickte ich und war dankbar, der unangenehmen Situation entkommen zu sein.
Den Rest des Nachmittages verbrachten wir mit einigen Spielen und schafften es sogar, noch einen Film anzuschauen. Wir waren froh, nicht miteinander reden zu müssen, denn seit dem Kuss hatte sich eine unsichtbare Distanz zwischen uns gebildet.
Irgendwann rief Barbara nach uns. „Abendessen!"
Fragend sah Rian mich an. „Möchtest du noch bleiben, oder willst du lieber nach Hause?"
Ich überlegte kurz. Hier war es ganz anders als in meiner Wohnung. Und die leckeren Gerüche, die aus der Küche zu uns hochdrangen, machten meine Entscheidung nicht gerade leichter.
„Wenn ... wenn es dir nichts ausmacht, würde ich gerne zum Essen bleiben.", murmelte ich schließlich.
Rian nickte und zusammen gingen wir nach unten. Barbara erwartete uns im Esszimmer, an dem riesigen Eichentisch, der schon mit vielen Speisen gedeckt war.
„Wow, das sieht ja köstlich aus!", entfuhr es mir unwillkürlich. Barbara hatte ganz Arbeit geleistet.
Sie schenkte mir ein Lächeln. „Wenn wir schon mal einen Gast haben, dann ..."
„Du hast dir ja mal wieder viel Mühe gegeben, Schatz.", meinte eine männliche Stimme hinter Rian und mir. Ich drehte mich um.
Ein großer Mann mit ergrautem Haar und einem schicken Anzug stand hinter uns. Er hatte ähnliche Gesichtszüge wie Rian, deshalb konnte ich ihn ohne Probleme als Rians Vater erkennen.
Barbara bat uns, uns hinzusetzen. „Dieses Schweigen ist doch nicht zum Aushalten!", meinte sie.
Nacheinander tat sie uns Gulasch auf. Es roch so gut, dass mein Magen sich zusammenzog.
Von oben hörten wir ein Poltern und dann kam noch jemand rein. Das musste Elias, Rians Halbbruder sein. Er war auch gutaussehend, jedoch auf eine andere Art als Rian. Seine Haarfarbe war etwas heller und er hatte eine freundlichere Ausstrahlung. Nichts für ungut, Rian war natürlich auch freundlich, das hatte ich jedoch erst während unserer Freundschaft herausgefunden. Auf den ersten Blick hatte der Prinz nämlich arrogant und unnahbar gewirkt. Bei Elias war das anders. Anscheinend setzte er auf eine andere Strategie als sein Halbbruder. Elias ließ sich neben mir nieder.
Barbara wünschte uns einen guten Appetit.
Wir begannen, zu essen. Es schmeckte vorzüglich. Verstohlen musterte ich Barbara. Ich hätte nicht gedacht, dass sie so gut kochen konnte. Aber der erste Schein trügt, wie ich gelernt hatte. Nach und nach wurde ich etwas entspannter. Rians Vater stellte sich als Edward vor und fragte seine Söhne, wie es denn in der Uni gewesen wäre und was es Neues gäbe. Er war völlig anders, als ich ihn mir vorgestellt hatte. Ich dachte, er wäre ein wenig hochnäsiger und weniger sympathisch. Ich verstand gar nicht, wieso Rian mit ihm nicht so gut klarkam. Auf mich wirkte Edward jedenfalls wie ein lieber Vater.
Ein Handy klingelte. Rian zog es aus seiner Hosentasche und warf einen raschen Blick aufs Display. Seine gerade noch entspannte Miene versteinerte sich. „Tut mir leid, aber da muss ich rangehen!", meinte er und stand auf. „Esst ruhig schon mal ohne mich, ich komme dann." Blitzschnell verschwand er aus dem Zimmer.
Ich wurde neugierig. Eigentlich war Rian kein Mensch, der seine Familie im Stich ließ und lieber telefonierte. Außerdem ging mir seine Miene nicht aus dem Sinn. Es musste wirklich wichtig sein, sonst würde er nicht gehen.
Ich gab vor, rasch auf die Toilette zu gehen und ging ins Bad. Das Fenster war angeklappt und Rian schien sich draußen mit jemandem zu unterhalten.
„Ja, ich bin mir sicher, verdammt noch mal!", knurrte Rian in den Hörer.
Die Person am anderen Ende der Leitung sagte etwas.
„Sie ist es. Sie hat mich belauscht, ganz sicher!", rief Rian aufgebracht, ehe er seine Stimme wieder senkte.
„Denkst du, Ziva würde das tun? Denkst du, sie würde mich und mein Geheimnis an die Öffentlichkeit verraten?"
Mir stockte der Atem. Darum ging es also. Er wusste, dass ich es gewesen war, die ihn in der Bibliothek belauscht hatte und wollte nun wissen, ob ich es gewesen war. Hatte er sich nur deswegen mit mir angefreundet? Weil er mich im Auge behalten wollte? Hatte er mit dem Kuss dafür sorgen wollen, dass ich ihn nicht verriet?
Tränen rannen mir über die Wangen. Und ich Dussel hatte gedacht, er würde mich mögen. Ich dachte wirklich, wir wären Freunde. Ich riss die Tür auf und rannte zur Garderobe. Schnell zog ich meinen Mantel über und schlüpfte in meine Schuhe. Wie dumm ich doch war. Wie konnte ich nur denken, dass Rian nett war. Er war derselbe Mistkerl, der er ganz zu Anfang auch gewesen war. Er hatte mich nie gemocht.
Ich stieß die Tür auf und prallte beinahe mit einem verdutzten Rian zusammen, der gerade reinkommen wollte.
„Ziva, es ist nicht so, wie du denkst!", schrie er mir noch nach, als ich zum Auto trottete. Doch ich ignorierte ihn. Dieser Prinz konnte mir gestohlen bleiben.
1000 Wörter.
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