𝓚𝓪𝓹𝓲𝓽𝓮𝓵 2
POV Ziva:
Es war ein gewöhnlicher Nachmittag. Für mich war es der einzige Tag, an dem ich nicht zur Arbeit musste und so verbrachte ich ihn in der Bibliothek, um zu lernen. Morgen schrieben wir nämlich einen besonders schwierigen Test und ich wollte vorbereitet sein.
Also hockte ich mich nach Ende der Vorlesungen in die Uni-Bibliothek und machte mich daran, ein paar Bücher zu lesen und mir Notizen zu machen. Ich saß abseits der wenigen Studenten, die außer mir da waren und genoss den Geruch der Bücher. Neben mir stand ein Glas Wasser, aus dem ich hin und wieder einen Schluck nahm, während ich las.
Plötzlich hörte ich aus einer der Nachbarreihen ein leises Geräusch. Dann folgte ein ebenso leiser Fluch. Eigentlich war Neugier nicht gerade meine Stärke, doch irgendwas sagte mir, dass das nichts Gewöhnliches war, was da vor sich ging. Also stand ich auf und ging ein paar Schritte näher heran. Ich gab vor, ein neues Buch zum Thema zu suchen.
Tatsächlich hörte ich eine leise Stimme. Sie war tief und ... besorgt? Ich runzelte die Stirn un versuchte mir ein passendes Gesicht vorzustellen.
„Ich kann hier jetzt nicht weg, ich muss ..." Die Stimme verstummte kurz. Fieberhaft überlegte ich, wem sie wohl gehören musste. Sie kam mir so bekannt vor. War es ein Lehrer? Oder ein Schüler? Als ich vorgab, nach einem bestimmten Buchtitel zu suchen, fiel es mir wie Schuppen von den Augen.
Rian, natürlich! Die Stimme gehörte dem Prinzen! Komisch, sonst klang er immer so arrogant. War diese Besorgnis in seiner Stimme echt? Oder spielte er dem Anrufer nur etwas vor?
„Bitte kümmere sich um sie. Ich komme bald vorbei und schaue selbst, ob alles in Ordnung ist."
Rian telefonierte scheinbar mit jemandem, denn ich konnte keine zweite Stimme wahrnehmen. Dieser Satz hatte mir gezeigt, dass Rian wirklich besorgt war und vielleicht sogar ein wenig Angst zu haben schien.
„Hör zu, Oskar. Nur noch dieses eine Mal, okay? Danach kümmere ich mich selbst darum." Was hieß, sich dann darum zu kümmern? Worum? Und warum telefonierte er mit einem Oskar? Hatte Rian etwa Geheimnisse?
Ich konnte mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass er düstere Geheimnisse hatte. Es musste etwas anderes sein. Vielleicht ein Geheimnis, dessen Preisgabe seinen Stand als Prinz gefährdete? Und um was wollte Rian sich kümmern? In meinem Kopf schwebten lauter Fragezeichen umher und ich war vollkommen verwirrt.
„Bitte. Ich schwöre dir, ich komme nachher vorbei und regle das. Bitte bleib da!" Nun flehte Rian regelrecht. Aber warum? Ich konnte mir wirklich nicht vorstellen, wie dieser arrogante Typ flehte. Er hatte doch genug Geld. Und mit Geld ließ sich bekanntlich alles machen.
„Danke, Mann. Du hast was gut bei mir." Ich sah förmlich, wie Rian sich etwas entspannte. Doch kurz danach wurde seine Stimme ein wenig lauter und hektischer.
„Spinnst du?! Das kannst du nicht von mir verlangen. Ich kann es ihm nicht sagen.", rief Rian aufgebracht. Kurz sah ich mich um, ob jemand diesen Aufruf bemerkt hatte, aber es war nach wie vor ruhig.
Rian verstummte kurz und ich konnte nur seinen lauten Atem vernehmen. „Bitte Oskar. Versteh doch, wenn ich es ihm sagen würde, würden mich harte Strafen erwarten ... Vielleicht enterbt er mich sogar! Und dann würde ich ohne Geld und Mittel auf der Straße landen. Dann kann ich erstrecht nicht für sie sorgen. Bitte habe Verständnis für meine Lage."
Ich grübelte. Wer würde Rian enterben? Der König und die Königin? Rians Eltern? Aber warum? Was mochte so schrecklich sein, dass seine Eltern ihn derart bestrafen würden? Ich konnte mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass Rians Eltern so streng waren. In den Zeitschriften wirkten sie eigentlich immer sehr nett und höflich. Aber vielleicht war das auch nur ein Bild, welches sie für die Öffentlichkeit aufbauten. Es konnte ja sein, dass sie strenger waren, als der Presse bekannt war.
„Danke. Wirklich. Oskar, ich verspreche dir, es kommt nie wieder vor. Ich werde mich in Zukunft um sie kümmern.", sprach Rian weiter. Aus jeder einzelnen Silbe konnte ich entnehmen, dass er sehr erleichtert war. Doch wo war dieser arrogante, verwöhnte Schnösel hin? Ich hatte bis jetzt nicht im Entferntesten geahnt, dass Rian so eine Seite hatte.
„Tschüss, Mann. Und vergiss nicht, ich schulde dir einen Gefallen.", beendete Rian das Gespräch. Kurz wollte ich über den Gefallen nachdenken, als ich seine Schritte hörte, die sich mir näherten. Verdammt, was sollte ich tun, wenn er mich hier entdeckte? Er würde ganz sicher wissen wollen, was ich hier tat. Und dann musste ich zugeben, dass ich ihn belauscht hatte. Hektisch blickte ich mich nach einem Ausweg um. Am Ende des Ganges ging es zu meinem Tisch. Ich musste mich schnell entscheiden. Seine Schritte kamen immer näher und eine Gänsehaut kroch mir die Arme hoch. Ich rannte los. Wenn er mich entdeckte, war mir das egal. Nur weg hier!
Ich erreichte meinen Tisch, stopfte meine Bücher und Arbeitsblätter in meine Tasche und schulterte diese binnen Sekunden. Dann lief ich schnellen Schritts aus der Bibliothek. Ich bildete mir ein, hektische Schritte zu hören, die mir folgten, doch sicher war ich mir keineswegs. Es konnte gut sein, dass ich sie mir eingebildet hatte.
Auf dem Weg zu meinem Auto, welches auf dem Uniparkplatz stand, dachte ich fieberhaft über das Gespräch nach, was ich soeben mitangehört hatte. Fest standen genau zwei Sachen: Er hatte ein Geheimnis. Und er wollte nicht, dass sein Vater oder sonst jemand davon erfuhr. Der einzige, den er eingeweiht hatte, war ein Typ namens Oskar.
Ich dachte über seine Stimme nach – dieser besorgte, angsterfüllte Tonfall ging mir nicht aus dem Kopf. Während des Telefonates hatte er anders geklungen als sonst und sein arroganter Ton war gewichen. Doch was bedeutete das? Hatte Rian etwa mehr Facetten, als ich angenommen hatte?
War er wirklich der, für den ich ihn hielt? Oder war er jemand ganz anderes?
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