ℳ𝓎𝓇ℊ𝓇𝒾𝒹 ~ Du warst alles für mich
Überfordert stand ich im Kerker. Die Holztruhe war geöffnet, Aragog war geflohen. Mit langsamen Bewegungen schloss ich den schweren Deckel und ließ mich darauf sinken.
Tom Riddle hatte mir meinen Zauberstab abgenommen und mich ohne Aragog zurückgelassen. Doch anstatt mir Sorgen um meine Acromantula zu machen, wanderten meine Gedanken zu dem Mädchen, was getötet worden war, wie Riddle mir gerade eröffnet hatte, um direkt meine kleine Spinne dafür verantwortlich zu machen.
Völlig gedemütigt stand ich unter Anstrengungen auf. Ich schloss die Tür zu dem ehemaligen Versteck für Aragog und machte mich mit schweren Schritten auf den Weg die Steintreppen hinauf. Was genau mein Ziel war, wusste ich nicht. Am Portal erst begannen meine Gedanken dem Strudel in meinem Kopf zu entkommen und sich langsam zu einem greifbaren Satz zusammenzusetzen:
Ich muss nachsehen, was genau passiert ist!
Vielleicht könnte ich ja beweisen, dass Aragog nichts mit dem Tod des Mädchens zu tun hatte. Gestärkt von dieser Hoffnung machte ich mich instinktiv auf den Weg in den Krankenflügel. Mir erschien es logisch, dass die Leiche dorthin gebracht wurde.
Dass ich damit gar nicht so falsch lag, bestätigte mir die Ansammlung an Lehrern vor dem Eingang zum Krankenflügel. Tuschelnd standen die Professoren dort und schienen allesamt durch den Wind. Möglichst unauffällig hielt ich mich hinter einer Ecke versteckt und wartete, was passieren würde. Entdeckt zu werden, wäre aufgrund der späten Stunde nicht gut.
Nicht lange, und Madam Pomfrey öffnete die schwere Tür. Sofort lagen alle Augen auf ihr, wie sie etwas zittrig ihre Kopfbedeckung herunternahm und resigniert mit dem Kopf schüttelte.
„Kommt", erhob sie ihre unsichere Stimme. „Wir sollten nicht hier darüber reden. Schüler könnten uns belauschen."
Ähnlich gelähmt wie ich eben folgten alle Lehrkräfte der Krankenschwester in einen angrenzenden Raum, indem Madam Pomfrey ihr Lager für einige Zaubertränke und Ersatzbetten hatte.
Die Tür zum Krankenflügel war nun unbewacht. Sofort nahm ich diese vermutlich einmalige Chance in die Hand und huschte vor bis zum Türgriff, den ich langsam hinunterdrückte. Quietschend gab die schwere Holztüre ihre Geheimnisse preis und ließ mich in den Krankenflügel schleichen. Vorsichtig schloss ich sie hinter mir wieder, meinen Blick fest geheftet auf den weißen Vorhang, den jemand um eines der hintersten Betten gezogen hatte. Dahinter konnte ich die Silhouette einer liegenden Person ausmachen.
Wie von alleine lenkten meine Schritte auf das Bett zu. Immer schneller werdend näherte ich mich dem toten Mädchen.
„Mister Hagrid, Sie sollten wirklich nicht- ", wollte mich eine Stimme aufhalten. Eine Hand griff von rechts nach meinem Arm, doch ich entzog mich dem viel zu schwachen Griff ohne anzuhalten. Ich nahm die dritte Person in diesem Raum gar nicht wahr, die mir vermutlich schnellen Schrittes folgte. Stolpernd kam ich bei dem Vorhang an, schob ihn beiseite.
Augenblicklich erstarrte ich.
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„Rubeus, sieh mal da!", hörte ich ihre helle Stimme. Sie löste ihre Hand von meiner und folgte ihrer eben noch ausgestreckten Hand in Richtung des Sees. Augenblicklich stahl sich ein Lächeln auf mein Gesicht. Myrte lief über die Wiesen der Ländereien und kam am Ufer des Sees zum Stehen. Ihr Blick folgte dem Stamm eines großen Baumes hinauf bis in die kleinsten Äste, wo ein pummeliger Vogel saß. Ohne auf uns aufmerksam zu werden, zwitscherte er sein Lied. „Ist der nicht süß?"
„Doch", stimmte ich dem Mädchen neben mir zu, sah allerdings sie an. Mit kleinen und süßen Tieren hatte ich noch nie etwas anfangen können, ganz anders verhielt es sich wohl bei Frauen: Myrte, ihre zarte Gestalt, die zwei dunklen Zöpfe, die ihr weit über die Schultern fielen, ihre Brille und vor allem das Strahlen in ihren Augen.
Verwundert drehte sich die kleine Schönheit zu mir um, kam einen Schritt näher.
„Du findest den Vogel nicht wirklich süß, oder? Du stehst eher auf Spinnen, wie?"
„Was?", gab ich überrascht von mir. „Wie... Woher weißt du von Aragog?", fragte ich dann mit gedämpfter Stimme, auch wenn niemand in der Nähe war.
„Na ja, ich wollte wissen, mit wem du so viel Zeit verbringst, wenn du mich auf einen anderen Tag vertröstest", gestand sie. Ein zartes Rot legte sich auf ihre Wangen.
„Er ist völlig ungefährlich", verteidigte ich mich.
„Du musst dich nicht rechtfertigen. Ich weiß das doch. Er tut keinem was, hat mich aber trotzdem ganz schön erschrocken."
„Ich wollte dir nicht das Gefühl geben, dass du nur die zweite Wahl bist, Myrte. Das bist du nämlich auf gar keinen Fall", entschuldigte ich mich dann und senkte etwas meinen Blick.
„Ist schon okay", lächelte sie und lehnte sich noch etwas an mich.
„Womit hab ich dich nur verdient?", flüsterte ich überwältigt. Meine Hände legten sich wie von alleine auf ihre Hüften, zogen ihren Körper an meinen. Sanft küsste ich sie. Mich umarmend erwiderte sie und lehnte ihre Wange an meine rechte Hand, als ich sie ihr auf die Wange legte. Ich spürte, wie der schwache Rotton stärker wurde; ihre Wange war warm.
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Auch jetzt lang meine Hand auf ihrer Wange. Der Rotton war einem bleichen Weiß gewichen, die Hitze einer beißenden Kälte. Myrtes Augen waren geschlossen. Der Schreck stand ihr immer noch ins Gesicht geschrieben, der sie durchfahren haben muss, als ihr Blick den des Monsters getroffen hatte. Getrocknete Tränenspuren zogen sich über ihre Wangen.
„Hagrid", sprach erneut eine Stimme hinter mir. Eine Hand legte sich auf meine Schulter. „Kommen Sie."
Ich verstand kaum den Sinn der Worte, schon gar nicht kam ich ihnen nach. Tränen lösten sich aus meinen Augen, verirrten sich irgendwo in meinem Vollbart. Etwas in mir schien zu zerbrechen.
„Du warst alles für mich", schluchzte ich. Meine Hand rutschte von ihrer Wange ab, kam an der Bettkante zum Halten. Mich auf die Knie sinken lassend legte ich meinen Kopf kraftlos zu meiner Hand auf die Bettkante. Ich hatte sogar schon Gedanken an einen Ehering gehabt. Meine Träume waren innerhalb von Sekunden zerstört worden.
Jetzt wäre ich einfach besser dran, wenn ich tot wäre. Dann würde endlich der Schmerz in meinem Körper nachlassen. Vielleicht würde ich sogar Myrte wiedersehen.
Alles hatte ich über diese Nacht verloren; Aragog, meinen Zauberstab und meine große Liebe.
1002 Wörter
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