Kapitel 90
Avessa sah der Kutsche eine Weile nach und erst, als immer mehr Schülerinnen und Schüler aus Hogsmeade kamen, räumte sie ihren Platz an der offenen Tür.
„Silver!"
Sie drehte sich zur Stimme um und lächelte, als sie George, Fred und Lee auf sich zukommen sah. Es war immer noch erstaunlich, dass sie ihre Freunde waren – zumal sie so viel jünger war als die drei. Doch genoss sie die Freundschaft sehr, wenn sie ehrlich war.
Schon waren die drei heran und sie zwischen den Zwillingen, die je einen Arm um sie legten. „Wie süß, dass du hier Ausschau nach uns hältst", witzelte Fred und sie zog eine Augenbraue hoch. „Jaaah", ergänzte George, bevor sie reagieren konnte. „Hast du uns sehr vermisst, ja?"
Avessa sah zu ihm auf und Schelm blitzte in ihren Augen auf. Sie griff sich ans Herz und seufzte schwer. „Ich war ja sooo einsam!" Lee lachte auf, während Fred und George breit grinsten und sie fester an sich drückten. „Wussten wir es doch", sagte George zufrieden und Fred nickte. „Ja, das nächste Mal hörst du einfach auf uns und kommst mit."
Sie lächelte und nickte. „Na, mal sehen..." Ein Seufzen entkam ihr und die Zwillinge tauschten mit Lee Blicke. „Was ist los, Silver?", fragte Fred und sie zuckte mit den Schultern. „Professor Lupin ist weg." Die drei Jungs blieben stehen und starrten sie verdattert an. „Wie? Weg?", fragte George und sie sah zu ihm. Völlig unpassend fiel ihr auf, wie sanft seine braunen Augen sie anblickten und Hitze stieg ihr ins Gesicht.
„Ähm...", versuchte sie sich zu sammeln. „Professor Snape hat heute Morgen beim Frühstück wohl den Slytherin erzählt, dass Professor Lupin...naja...ein Werwolf ist." Fred riss Mund und Augen auf. „Erzähl keinen Mist! Das war kein Scherz?!" Auch Lee und George tauschten verblüffte Blicke und Avessa schüttelte den Kopf.
Kurzentschlossen machten die Zwillinge kehrt und zogen Avessa mit sich nach draußen. „Wir haben einige Leckereien aus Hogsmeade dabei", sagte George. „Wir werden also nicht verhungern, wenn du uns alles erzählst, was du weißt." Avessa war sich nicht sicher, ob sie wirklich alles erzählen würde, nickte aber, da sie den Nachmittag gern mit ihren Freunden verbringen wollte. Egal, was ihre Brüder dazu sagen würden.
Bis in den Abend saßen die vier am Schwarzen See. Avessa erzählte, wie sie bereits vor heute herausgefunden, oder eher vermutet hatte, dass Professor Lupin ein Werwolf war und alle waren betroffen, dass er wirklich heute gekündigt hatte.
„Dieser verfluchte Professor Snape!", schimpfte Fred und nahm sich einen zischenden Wissbie. „Seinetwegen verlieren wir den besten Lehrer in Verteidigung gegen die Dunklen Künste, den wir je hatten!", ereiferte sich auch Lee und George nickte mit einem grimmigen Lächeln. „Das wird ihn auch nicht näher an die Stelle bringen! Jeder weiß, dass Dumbledore ihm dazu nicht genug vertraut."
Avessa krauste die Nase, versuchte aber, sich aus der Diskussion rauszuhalten, was natürlich nicht ganz klappte. „Siehst du das etwa anders?", fragte Fred und klang schon fast so vorwurfsvoll wie Ron, wenn er ihr zu viel Freundlichkeit den Slytherins gegenüber unterstellte. Sie aß langsam ihre Schokolade auf, die George ihr angeboten hatte – sie liebte weiße Schokolade einfach! – und sah dann zu ihm auf.
„Nein. Ich bin extrem wütend und enttäuscht, dass Professor Snape sich so kindisch benommen hat, nur, weil er und Lupin wohl aus der Schulzeit noch irgendwelchen...Streit hatten." Die Zwillinge und Lee nickten zufrieden.
„Aber", setzte Avessa fort und spürte das Misstrauen der drei. Sie waren so typische Gryffindors. Wirklich, sie hatte die drei lieb, aber besonders die Zwillinge waren sehr deutlich in ihrer Ablehnung der Schlangen und zeigten selten diplomatische Ansätze. „Aber was?", fragte George auch schon etwas ungläubig.
Sie atmete tief durch. „Aber ich denke, dass Dumbledore ihm weit mehr vertraut, als ihr denkt", antwortete sie schlicht und damit war das Thema auch beendet, da wohl weder Fred, noch George oder Lee sich mit ihr streiten wollten.
So wurde der Abend noch sehr vergnüglich. Avessa lauschte den Quidditchanekdoten der drei, bei denen sie so heftig lachen musste, dass sie sich an einer von Bertie Bott's Bohnen verschluckte – einer ausnahmsweise sehr leckeren, die nach Karamellsirup schmeckte.
Fred schlug ihr hilfreich auf den Rücken und grinste. „Seht mal, wie weit wir gekommen sind. Am Anfang hat sie bei den Storys immer noch abgeschaltet und nun..." Er seufzte gespielt stolz und George nickte zustimmend.
Lee erhob sich irgendwann gähnend. „Macht nicht mehr zu lange und lasst euch nicht von Filch erwischen. Ich muss schlafen. Bis morgen." Sie verabschiedeten sich von ihm und Avessa sah ihm einen Moment nach, bevor George sie ansprach. „Sag mal, Silver..."
Sie sah zu ihm und Fred, die sie beide beäugten und runzelte sacht die Stirn. Sie schienen etwas unsicher zu sein. Ein extrem seltenes Gefühl bei den Zwillingen. Und seltsamerweise eines, welches ihr Herz dazu veranlasste ein wenig näher zur Kehle zu rutschen und dort weiterzupochen.
„Ja, George?" Sie räusperte sich, da ihre Stimme irgendwie gepresst klang. Die Zwillinge grinsten. „Wir haben uns gefragt...", begann George. „...ob du Lust hast, uns in den Ferien zu besuchen", schloss Fred und Bedauern und Schuld flammten in ihr auf. Entschuldigend sah sie die beiden an. „Das...das würde ich gern, aber...mein Vater..."
Ihre Stimme erstarb und sie senkte den Blick auf ihre Finger, gab sich kurz der Vorstellung hin, sie würde die Erlaubnis bekommen und könnte schauen, wie ‚die Blutsverräterfamilie' so lebte. Bitterkeit stieg in ihr auf bei dem Wissen, dass ihr Vater eben das in den Weasleys sah.
Fred und George tauschten einen kurzen Blick und erhoben sich, zeitgleich je eine Hand von Avessa ergreifend, um sie mit sich zu ziehen. „Nun schau nicht so trübsinnig", sagte George sanft und Fred nickte. „Jaah, wir haben uns das schon gedacht, aber..." Er hob unbekümmert eine Schulter, doch war es George, der den Satz beendete. „...wir wollten dennoch fragen. So für den Fall, weißt du?"
Er zwinkerte ihr zu und sie musste lächeln. Die beiden schienen mit sich und der Welt so zufrieden...oder besser wussten sie einfach mit allem umzugehen. Wussten, was sie wollten und scheuten nicht davor zurück, Risiken einzugehen. Eine Eigenschaft, um die Avessa sie glühend beneidete, ging sie meist vorgegebene Wege. Sichere Wege. Auch, wenn ihr diese nicht immer, oder gar sehr selten wirklich gefielen.
Sie schlenderten ebenfalls zum Schloss zurück. „Und wer weiß", sinnierte Fred. „Vielleicht sehen wir uns ja bei der Weltmeisterschaft. Unser Vater versucht, Karten zu bekommen. Und ihr geht als Familie Wichtig sicher ebenfalls hin, hm?"
„Jaaah", grinste George. „Sehen und gesehen werden." Die Zwillinge lachten und Avessa schnaubte spöttisch. „Klar! Ich bei der Weltmeisterschaft! Ihr spinnt doch!" Sie lachte, doch fragte sich zeitgleich etwas unwohl, ob ihr Vater nicht wirklich etwas in die Richtung gesagt hatte. Oh, Salazar...das konnte ja ein toller Sommer werden.
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