Kapitel 80

Zu Avessas Überraschung sprachen weder Professor Snape noch Alaric sie auf ihre Anwesenheit beim Spiel an und so ging sie davon aus, dass die beiden sie wohl nicht gesehen hatten. Oder, in Professor Snapes Fall, dass es ihm einfach egal war. Scham stieg in ihr auf, dass sie sich so wichtig genommen hatte zu denken, er würde sich darüber Gedanken machen, warum sie plötzlich beim Spiel sein konnte.

Die Wochen flogen dahin und es wurde wieder wärmer. Als der Mai in den Juni überging, wurde es fast ein wenig zu warm und so schwitzten sie alle nicht nur über ihren Vorbereitungen für die anstehenden Prüfungen. Selbst Fred und George waren momentan kaum woanders, als über Bücher gebeugt zu finden, mussten sie sich aber auch für die ZAG, die Zaubergradprüfung vorbereiten.

Diese gaben die Richtung für die letzten zwei Jahre vor, da man nur bestimmte Fächer danach weiterbelegen durfte – was sich wiederum auf die Berufswahl auswirkte, da für jeden Beruf der Abschluss in bestimmten Fächern von Nöten war.

Der Bruder der Zwillinge, Percy zum Beispiel wollte im Ministerium anfangen und brauchte dafür Bestnoten in seinen anstehenden Abschlussprüfungen: den UTZ.

Unheimlich toller Zauberer. Avessa fand diese Bezeichnung albern, war sie schließlich eine Hexe. Aber sie wusste, dass damit der Test gemeint war. Dennoch...man hätte das ‚-test' ruhig noch mit dranhängen können...

Avessa lernte wieder vermehrt draußen unter der Weide, aber auch nur, weil sie schon längst nicht mehr allein war auf den Ländereien. Das schöne Wetter zog wirklich jeden nach draußen. Ob nun zum Lernen, oder um am See zu sitzen und einen Blick auf den Kraken zu erhaschen, in der Hoffnung, von ihm mit kühlem Wasser bespritzt zu werden...

Oft verbrachte sie den ganzen Nachmittag mit ihren Büchern dort draußen und musste nicht selten von Fred und George eingesammelt werden. Manchmal war Hermine dabei, aber meist lernte sie allein.

An so einem Tag, die Sonne war schon am Untergehen, hörte sie ein Rascheln im dichten Gras, das an einer Seite des Schwarzen Sees wuchs. Unwillkürlich sah sie über die Ländereien und bemerkte, dass sie mittlerweile wieder allein hier draußen war. Dennoch fühlte sie sich nicht unsicher. Auch nicht, als sie den wirklich verflucht großen schwarzen Hund sah, der aus dem Gras trat.

Im Gegenteil musste sie lächeln. „Hey, du", sagte sie sanft und er legte den Kopf schräg und setzte sich. Avessa griff nach ihrer Tasche und holte ein Behältnis hervor, in dem sie etwas vom Mittagessen dabeihatte. Das hatte sie jeden Tag gemacht, seit dem einen, an dem der eigentlich so schöne große Hund das erste Mal ihre Nähe gesucht hatte.

„Also, ich weiß ja nicht, was Hunde so essen...", begann sie und hob verlegen eine Schulter. „Wir hatten nie einen, weißt du." Sie musste lachen. „Salazar, wenn ich mir vorstelle, wie mein Vater Gassi geht..." Sie kicherte noch leise und schüttelte dann den Kopf. „Na, wie auch immer...hier. Du siehst so hungrig aus..."

Mitgefühl sprach aus der melodischen Stimme des Mädchens, als sie dem Hund das Behältnis öffnete und hinstellte. Es duftete nach gebratenem Fleisch und der Hund brummte auf, bevor er einen Satz zur Schüssel machte und direkt zu fressen begann. Avessa, die kurz zusammengezuckt war, lachte leise und beobachtete ihn dabei.

„Oh, Mann...Professor Lupin wird so sauer sein, wenn er das rausbekommt...", murmelte sie und der Hund hob den Kopf. Seine schwarzen Augen blickten sie so wissend an, als habe er verstanden, was sie gesagt hatte. Avessa blinzelte. „Naja, weil...also er will nicht, dass ich allein hier draußen bin, weil er das für zu gefährlich hält...", setzte sie erklärend hinzu. „Wegen Sirius Black...warum erzähle ich dir das? Oh, Mann...mein Vater sagt immer, ich soll nicht mit Tieren sprechen...oder Hauselfen..."

Sie sah zu dem Hund, der sie immer noch intensiv betrachtete. „Aber ich fände es unhöflich, es nicht zu tun. Und auch, wenn du mich nicht verstehst...merkst du an meinem Tonfall, dass ich nichts Böses im Schilde führe. Auch, wenn ich eine mächtige Hexe bin!" Sie grinste und musste lachen, als der Hund zweimal laut bellte, als fände auch er ihre Aussage amüsant.

Dann fraß er weiter, während Avessa ihre Sachen zusammenpackte. Die Sonne ging hinter dem See unter und sie seufzte. „Ich glaub nicht, dass du böse bist", murmelte sie vor sich hin und begann, den Hund hinter den Ohren zu kraulen, was diesen dazu veranlasste, seinen Kopf auf die Vorderpfoten zu legen und die Augen halb zu schließen.

„Und irgendwie glaube ich auch die Geschichten um Sirius Black nicht...", setzte sie nachdenklich hinzu und der Hund stellte die Ohren auf. Sie lächelte. „Ja, naja...sagen wir, es hat mich schon von klein auf gewundert, wie man in meiner Familie und in denen von Freunden über ihn geredet wurde...oder eben, dass gerade nicht über ihn geredet wurde.

Aber nun hat Harry wohl mitbekommen, dass Sirius Black der beste Freund seines Vaters gewesen ist und ist völlig fertig. Weil ja alle sagen, er habe die Potters verraten..." Der Hund winselte leise und sie intensivierte ihr Kraulen. „Ja, das meine ich ja auch!", bestätigte sie und zuckte mit den Schultern. „Irgendwie ergibt diese Geschichte keinen Sinn! Hab ich schon immer gedacht. Ich glaube nicht, dass er es war... Ich habe Professor Lupin gefragt..." Sie zuckte zusammen, als der Hund mit dem Kopf ruckte und lächelte.

„Keine Bange, Professor Lupin gehört definitiv zu den Guten." Sie warf ihm einen verschwörerischen Blick zu. „Auch wenn er selbst ein dunkles Geheimnis hat." Avessa warf einen Blick um sich, wie um sich zu vergewissern, dass niemand lauschte und neigte sich zu dem Hund, der sie aus großen sanften Augen ernst ansah. „Ich bin mir ziemlich sicher, dass er ein Werwolf ist", wisperte sie und lehnte sich mit einem selbstzufriedenen Grinsen zurück.

Der Hund knurrte leise, doch fühlte Avessa sich weiterhin absolut sicher in der Gegenwart des Hundes, sodass sie ihn neugierig ansah. „Er meint, man kann sich nie sicher sein bei Tieren...aber bei dir fühle ich mich sicher...ist das komisch?" Der Hund legte eine Pfote auf ihr Bein und sie lächelte, etwas verlegen und irritiert.

„Naja, ich kann auf jeden Fall verstehen, dass er es nicht erzählt, finde es aber furchtbar. Also sowohl, dass er da wahrscheinlich jeden Monat durchmuss, als auch, dass Dumbledore ihn sofort der Schule verweisen würde, wenn er es wüsste... Das ist nicht fair. Er ist so ein guter Mensch! Er hat eben einfach nur ein...kleines Verwandlungs-Problem."

Der Hund schnaubte und es klang amüsiert. Avessa zog eine Augenbraue hoch und schmunzelte. „Weißt du, Hunde scheinen viel intelligenter, als man so sagt", gurrte sie in der Stimme, die sie für Zephyria und Krummbein aufhob und kraulte ihn unter dem Kinn, ein scheues Lächeln auf den Lippen darüber, dass der Hund dies alles zuließ.

Dann erhob sie sich. „Ich sollte nun aber gehen. Es ist schon spät und ich will keine Punkte abgezogen kriegen. Oder meinen Brüdern begegnen." Sie dachte an die letzte abendliche Begegnung und verzog das Gesicht. Als sie stand, erhob sich auch der Hund und bevor sie noch etwas sagen konnte, war er im Gras verschwunden.

„Ja, dann...tschüss", sagte sie und ging lächelnd zum Schloss hinauf.

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