Kapitel 79
Das Spiel war das Brutalste, was Avessa je gesehen hatte und sie konnte nicht glauben, dass so viele Menschen es dennoch freiwillig und gern spielten. Ein Foul jagte das andere und sowohl die Slytherins, als auch die Gryffindors bekamen reihenweise Strafen aufgebrummt. Madam Hooch, die Fluglehrerin und Schiedsrichterin bei den Spielen, schrie sich die Kehle wund und nachdem Professor McGonagall zuerst noch Lee - der wieder das Spiel kommentierte - für jeden Aufreger gegen die Slytherins gemaßregelt hatte, schimpfte nun auch sie wütend und schüttelte ihre Faust gegen die Spieler des anderen Hauses.
Avessa sah aus großen Augen zu, vom Trank jeglicher Angst beraubt und doch in der Lage, Aufregung und Empörung zu fühlen, wenn auch ein wenig gedämpfter, sodass sie wohl unter allen Zuschauern die ruhigste war. Sie und Professor Snape, der zwar eine derart verhärtete Miene zur Schau stellte, dass Avessa die Mordlust bis auf die andere Seite des Stadions glühen sehen konnte, aber im Gegensatz zu allen anderen, blieb er ruhig sitzen und fuchtelte nicht wild herum.
Einmal meinte sie, sah er zu ihr, doch konnte sie es nicht mit Bestimmtheit sagen. Aber selbst wenn, sie hatte nicht erwartet, ungesehen davon zu kommen. Stolz über ihren perfekten Trank verschaffte ihr zusammen mit der fehlenden Angst einen derartigen Höhenflug, dass sie nicht anders konnte, als breit zu grinsen und wild zu jubeln, wenn Gryffindor den Quaffel hatte.
Sie war beeindruckt von dem fliegerischen Können der Mannschaften und als ihr Bruder einmal sehr dicht über ihren Kopf hinwegsauste, musste sie sich eingestehen, dass sie ihn selten so glücklich gesehen hatte, wie nun auf dem Besen. Doch waren seine Taten alles andere als unbeschwert, gehörte er als Treiber zu denen, die die meisten Fouls an anderen verübten.
Einmal packte er Katie Bell wie einen Quaffel am Kopf und schleuderte sie herum, sodass sie selbigen fallen ließ, woraufhin Fred ihm mit dem Treiberholz einen überzog. Beiden Mannschaften wurden dafür Strafstöße zugesprochen und Avessa konnte die Empörung seitens ihres Hauses darüber nicht verstehen, denn Fred hatte ja eindeutig ebenfalls ein Foul begangen.
Trotz all dieser Gewalt und Verletzungen, spielten alle das Spiel bis zu Ende, das in einem herausragenden Endspurt des Feuerblitzes bestand, mit dem Harry einen fast unaufhaltsamen Vorsprung des gegnerischen Suchers aufholte, um ihm den Schnatz vor der Nase wegzuschnappen. Die Gryffindors flippten aus und Avessas Atmung setzte kurz aus bei dem Ansturm der Emotionen. Sie legte eine Hand auf die Brust und musste sich setzen, grinste aber bis über beide Ohren und beobachtete, wie Oliver Wood tränenüberströmt auf Harry zuflog und ihn in der Luft fast mit seiner Umarmung zerquetschte.
In einem heillosen Durcheinander, segelten die Gryffindors als ein einziges Knäul aus Umarmungen zu Boden und ihre Fans stürmten das Feld. Avessa hielt sich zurück und sah zu ihrem Bruder, der so wütend und enttäuscht aussah, dass sie zwischen dem Wunsch, ihn zu trösten und dem Drang, ihm nun besser nicht vor die Augen zu treten, schwankte.
Sie entschied sich für ein stummes ‚Tut mir leid für dich', als er zu ihr blickte und er nickte schroff, bevor er sich abwandte und mit einem Teamkollegen zu streiten begann. Avessa seufzte und wandte ihren Blick über das Feld, auf dem sie sowohl Snape als auch ihren Bruder Alaric grob in ihre Richtung gehen sah – in die auch das Schlossportal lag – und sie beschloss, in der Menge unterzutauchen.
Die Konfrontation mit zumindest einem von ihnen stand sicher an, doch wollte sie sie ein wenig verschieben. Wer wusste schon, was sie sagen würde, so von jeglicher Angst oder Zurückhaltung befreit?
„Silver!", schrie plötzlich jemand neben ihr und bevor sie regieren konnte, hatten sie schon zwei starke Arme in eine ziemlich warme Umarmung gezogen – Quidditch schien ein schweißtreibender Sport zu sein. Ein wenig versteifte sie sich, doch grinste sie zu George auf, der mit ihr zu hüpfen begann. „Wir haben gewonnen! Wir haben gewonnen!"
Er küsste sie ungestüm auf beide Wangen, die plötzlich noch heißer wurden, als der Rest ihres Körpers, durch den ein Kribbeln lief und ihre Augen blickten in die ihres Freundes. Dieser bemerkte ihren Blick und erwiderte ihn, wurde dabei ein wenig ruhiger, doch war da schon Fred neben ihnen und schlang seine Arme um sie beide.
„Wir haben den Pokaaaal!", schrie er und Avessa hielt sich lachend das klingelnde Ohr zu. „Ja, habt ihr!", rief sie über den Jubel zurück. „Glückwunsch, ihr beiden Rowdys!" Sie lachte, als sie die geschockten Mienen der Zwillinge sah, die sie aus dem Pulk zogen.
„Was soll denn das heißen, Silver?", fragte Fred eingeschnappt, doch sah sie das vergnügte Glitzern in seinen Augen. Ein Lächeln legte sich auf ihre Lippen und sie blinzelte mehrmals. „Oh, naja...du weißt, was ich meine, Mister ‚Ich schlage nicht den Klatscher, sondern den Treiber der anderen Mannschaft'." Fred grinste breit und zuckte mit den Schultern. „Weiß nicht, was du meinst. Das war ein Versehen."
Sie lachte auf und George zupfte ihr tadelnd am Ohr. „Du hast schon gesehen, was er gemacht hatte, oder?" Avessa schlug nach seiner Hand, die er lachend wegzog und nickte. „Klar. Und das war absolut inakzeptabel." Die Zwillinge nickten zufrieden, doch war Avessa noch nicht fertig. „Aber das heißt ja nicht, dass ihr euch auf das Niveau begeben müsst und ebenfalls Dinge tut, die eindeutig nicht erlaubt sind."
George und Fred tauschten einen fassungslosen Blick. „Sagt die, die verbotenerweise einen Trank braut und den auch noch zu sich nimmt. Obwohl ihr sowas von Papi verboten wurde." Sie streckte ihnen die Zunge raus und reckte ihr Kinn, bevor sie mit funkelnden Augen grinste. „Aber er wirkt. Und wie er wirkt."
Die Brüder grinsten ebenfalls und sahen zu ihrer Mannschaft, die sich gröhlend auf den Weg in den Gemeinschaftsraum machte. „Okay, gleich wird sehr sehr ausschweifend gefeiert, Silver, aber jetzt...", begann George und Fred legte den Arm um sie, sie Richtung Wald führend. „...jetzt wird erstmal geflogen."
Es war das Berauschendste, was sie jemals erlebt hatte. Erst flog sie bei Fred mit, dann bei George und dann, auf heftiges Betteln ihrerseits, ließen sie sie allein fliegen. Das Gefühl war unbeschreiblich. Vor allem, weil sie ihre Panik die ganze Zeit über latent verspürte, doch brach sie niemals voll aus. Das war...ein derart erhebendes Gefühl, dass sie gar nicht genug davon bekam.
Es machte süchtig. Und als die Zwillinge sie riefen, dass sie langsam zur Feier müssten, sträubte sich alles in ihr, zu landen – auch, wenn sie so sehr auf dem Besen schwankte, dass Fred und George ganz grün im Gesicht waren. Sie hatte wohl kein so großes Talent zum Fliegen.
Als sie dann doch am Boden ankam, schloss George sie fest in die Arme, sodass ihr Gesicht an seine Brust gepresst wurde – und sie kaum noch Luft bekam, was sie wild mit den Armen zappeln ließ. „Merlin, Avessa", stöhnte er und ließ sie endlich los, ihr ins gerötete Gesicht zu schauen. „Mach das ja nie wieder!" – „Ja, du bist eine lausige Fliegerin!", bekräftigte Fred und nahm ihr den Besen weg.
„Wir hatten ständig Angst, dass du abstürzt!" Avessa schnaubte undamenhaft und reckte ihr Kinn. „Ihr seid ja schlimmer, als mein Vater, was sowas angeht, macht euch mal locker...", sagte sie schnippisch und begann zu rennen, als die beiden ihr anfängliches Erstaunen über diese Aussage überwunden hatten und hinter ihr herjagten.
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