Kapitel 74
Wie konnte er das wissen? Ihre Augen gingen über sein ernstes und erschöpft wirkendes Gesicht. „Wie...machen Sie das, Professor?", fragte sie leise und er lächelte. „Was meinst du?" Sie hob eine Schulter. „Ich dachte immer, ich sei gut darin, meine Gefühle zu verbergen und...Sie wissen immer, was ich fühle...meist besser, als ich", setzte sie sehr leise hinzu.
Lupins Lächeln wurde breiter. „Nun zum einen habe ich dir bereits einmal gesagt, dass du für ein so junges Mädchen eine viel zu gute Maske hast, hinter der du dich versteckst und sicher kann ich nicht alles sehen, was du so fühlst – ich bin schließlich kein Empath." Er zwinkerte ihr zu.
„Aber ich kenne mich mit einigen Dingen recht gut aus, denke ich und...nun, manchmal habe ich das Gefühl, sehr gut zu sehen, wie es dir geht", sagte er mit seiner sanften warmen Stimme und auch der letzte Rest Anspannung verließ Avessa. Sie lächelte und nickte. „Offensichtlich...aber...so schlimm ist das nicht", erwiderte sie leise und sah Überraschung und dann Freude in seinen Augen.
Er erhob sich. „Das freut mich zu hören, Avessa und ich sehe es als großes Kompliment. Ich weiß, dass du dich nicht gern öffnest." Sie leerte ihren Tee und seufzte dann. „Ich...ich weiß nicht, was ich machen soll...ich habe...Angst, dass meine Brüder oder... Professor Snape meinem Vater irgendwas erzählen. Selbst wenn ich nichts mache, könnten die oder mein Vater es falsch interpretieren..."
Lupin strich sich über sein Kinn und lächelte dann. „Was hältst du davon, wenn du das mit Fred und George besprichst? Wenn mich nicht alles täuscht, sind sie genau die Richtigen für so eine...Aktion." Sie sah ein wenig verlegen aus, nickte dann aber und erhob sich. Ihre Tasche hängte sie sich um die Schulter und sah ihn dann an. „Danke", sagte sie leise, aber ehrlich und er lächelte warm. „Sehr gern, Avessa."
Als sie vor der Fetten Dame angekommen war, fiel ihr ein, dass heute ein extra Quidditchtraining nach dem Abendessen einberaumt worden war, sie würde die Zwillinge also gar nicht antreffen. Sie drehte sich um, als das Gemälde zur Seite schwang und hörte die Dame nur meckern. „Oh, ja klar...ich mach das gern, mal auf, mal zu...egal, ob nötig, oder nicht. Sag Bescheid, wenn ich dir mal wieder helfen darf..."
Die Sicherheitstrolle sahen sie ebenfalls misstrauisch an, doch beeilte sie sich einfach, an ihnen vorbei zu kommen. Die waren irgendwie gruselig, weil man mit ihnen einfach nicht diskutieren konnte. Da stand sie lieber irgendwelchen Zauberern oder Hexen gegenüber, da hatte man wenigstens eine Chance, an irgendeine Art Intellekt zu appellieren. Naja, auch nicht bei jedem...
Sie kicherte leise bei dem Gedanken und trat aus dem Schlossportal, den Umhang fester um sich wickelnd. „Wo glaubst du denn, dass du um diese Zeit noch hingehst, hm?", hörte sie die zischende Stimme von Filch, dem Hausmeister. Sie verzog das Gesicht, hatte sie vergessen, dass man seit Blacks zweitem Einbruch abends gar nicht mehr ohne Lehrerbegleitung hinaus durfte.
Sie drehte sich um und sah ihn aus, wie sie hoffte, großen unschuldigen Augen an. „Oh, Mister Filch, entschuldigen Sie. Ich...ich wollte nur schauen, ob das Training der Quidditchmannschaft der Gryffindors schon beendet ist und habe nicht auf die Zeit geachtet." Avessa wusste, dass Filch zwar anfällig für die Arroganz der Reinblüter war, aber auch, dass sie noch zu jung für ihn war, diese ausspielen zu dürfen. Wer nachts unterwegs ist, muss wissen, wie er mit den Feinden umgeht...
Er sah sie grummelig an, nickte dann aber und – war das der Versuch eines Lächelns? Avessa lief ein Schauer über den Rücken. „Na gut, aber dass mir das nicht wieder vorkommt!", sagte er und sie beeilte sich zu nicken, auch wenn sie völlig verdattert war, hatte sie irgendwie nicht damit gerechnet, dass es klappen würde.
„Danke, Mister Filch", sagte sie respektvoll und ging schnell zur Treppe, während er mit Mrs. Norris in Richtung der Kerker verschwand. Sie hörte schnelle Schritte hinter sich und drehte sich um. Fred und George kamen zu ihr, die Wangen rot und die Augen blitzend, wie immer, wenn sie gespielt hatten und sahen sie fassungslos an.
„Was...war das denn?", fragte Fred und seine Augen sahen in die Richtung, in die Filch verschwunden war, bevor er wieder Avessa in den Blick nahm. „Ja, Silver, was...das ist eine Premiere! Niemand ist je ohne Strafe aus Filchs Dunstkreis entkommen!", erklang die ehrfürchtige Stimme von George und sie musste leicht lächeln.
„Ihr seid doof...ich habe mich einfach nur entschuldigt, mehr nicht...", sagte sie leise und die beiden grinsten breit. „Ja, klar...ich würd ja sagen Mädchenbonus, aber normalerweise hat er sowas auch nicht." Voller Respekt sah Fred sie an und sie lachte leise, die Wangen etwas brennend und den Blick abwendend.
Sie gingen weiter die Treppe hoch, die anderen aus dem Team waren schon an ihnen vorbei, als George sie von der Seite ansah. „Schön, dass du wieder mit uns sprichst, Avessa", sagte er sanft und sie errötete erneut, diesmal verlegen zu ihm aufblickend. Sie blieb stehen und auch die Zwillinge verharrten in ihrem Schritt.
Avessa hob ihre Schultern. „Deswegen...wollte ich zu euch...", begann sie und die Zwillinge sahen sie erst ein wenig erstaunt an, bevor sie lächelten. „Du wolltest zu uns?" Sie nickte und sah sich um, doch waren sie allein. „Es tut mir leid", sagte sie sehr leise und die beiden neigten den Kopf. „Du...okay?", sagte Fred und grinste leicht. „Und was genau?", fragte er lauernd und lachte bei ihrem etwas kläglichen Blick.
Er legte einen Arm um sie und drückte sie an sich, bevor er den Weg fortsetzte und auch George ging weiter, ein ebenso warmes Lächeln im Gesicht. „Schon okay, Silver...aber magst du uns sagen, warum du so warst?" Sie befreite sich aus dem Arm und sah sich erneut kurz um, was die Zwillinge dazu veranlasste, ebenfalls um sich zu schauen und die Stirn zu runzeln.
„Was...?", begann George, doch Avessa hob die Hand. „Im Gemeinschaftsraum, okay?", bat sie leise und die beiden nickten. Kaum waren sie an den Sicherheitstrollen vorbei und hatten den Gemeinschaftsraum betreten, zogen die Zwillinge Avessa an ihren Lieblingstisch nahe dem Kamin. Der Raum war noch ein wenig gefüllt und so füllte ein angenehmes Raunen das große runde Zimmer.
„So. Also, was ist los, Avessa?", fragte George und legte eine Hand auf ihre, die sie auf dem Tisch gefaltet hatte. Seichte Röte überzog ihre Wangen und Fred und George grinsten sich an. „Das ist so süß, Avessa..." Sie warf ihm einen vernichtenden Blick zu und beide lachten, räusperten sich dann. „Okay...wir sind ernst...leg los...", sagte Fred, doch George sah ihn gespielt erstaunt an. „Also, ich meinte das schon ernst...", grinste er und beide glucksten, was Avessa dazu veranlasste, George ihre Hände zu entziehen und sich mit verschränkten Armen zurückzulehnen.
Dann begann sie einfach ohne Umschweife, ihnen in leisem ein wenig beschämten Tonfall die Kurzfassung dessen zu erzählen, was zu ihrem Verhalten geführt hatte und die beiden sahen sie betroffen und ein wenig wütend an. Doch schien sich ihre Wut nicht gegen sie zu richten.
„Das ist echt übel von ihm, Silver...", sagte George und Fred nickte. „Aber klar...dann verstehen wir natürlich, dass du Schiss hattest, auch nur mit uns zu reden...", setzte Fred hinzu. „Ich meine, da fällt ja im Grunde genommen alles mit drunter...wie denkt er sich das?"
Sie nickte unglücklich und doch wurde ihr warm bei dem Wissen, dass die beiden ihr nicht böse waren und sie lächelte verstohlen und erleichtert. George, der das natürlich sah, schmunzelte. „Warum schaust du dann so glücklich?" Sie errötete und sah auf ihre Finger. „Naja...ich bin einfach froh, dass ihr nicht böse seid...", sagte sie ehrlich, auch wenn es ihr ein wenig schwerfiel.
Doch waren ihr die Worte Lupins noch in den Ohren, sie solle ehrlich zu ihren Freunden sein. Und irgendwie fiel es ihr leichter, als gedacht oder eher...fühlte sie sich danach besser statt schlechter. Sie seufzte leise und merkte, dass die beiden sie beobachteten und sanft schmunzelten. „Ich...hm?", fragte sie verlegen und die beiden lachten.
„Ach, du warst nur wieder in Gedanken abgetaucht...", sagte Fred grinsend und George legte ihr eine Hand auf die Schulter. „Ich kenne echt kein Mädchen, dass so viel zerdenkt, wie du..." Dann sah er an einen Tisch, weiter hinten. „Gut, außer Hermine...Sie sieht echt fertig aus." Avessa folgte dem Blick und ihr wurde klar, woher die Unruhe und extreme Gereiztheit kamen, die sie latent am Rande ihrer Wahrnehmung gespürt hatte. Sie erhob sich. „Ich rede mal mit ihr", sagte sie und die Zwillinge nickten.
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