Kapitel 7

Severus Snape sah noch eine Weile auf die junge Carrow, bei der er gemeint hatte, etwas recht Interessantes aufgeschnappt zu haben. Da er nicht beabsichtigt hatte, in ihren Geist zu schauen, hatte er keine Details, aber die Tatsache, dass ihre Gedanken überhaupt, wenn auch nicht ganz klar, zu ihm gekommen waren, war mehr als ungewöhnlich. Wenn er es recht bedachte, war ihm dies noch nie passiert.

Dumbledore eröffnete das Festessen und setzte sich. Der Meister der Zaubertränke lauschte dem Gespräch, welches Dumbledore mit dem unsäglichen "Professor" Lupin führte, den er eben als den neuen Lehrer für die Verteidigung gegen die Dunklen Künste angekündigt hatte. Ausgerechnet!

"Sie sagen, eine Dreizehnjährige hat sich zu den Dementoren begeben UND einen Patronus gesprochen? Welcher darüber hinaus auch noch gestaltlich war?", fragte Dumbledore gerade sanft aber mit großem Interesse und er sah über seine Halbmondbrille hinweg zu der frischen Gryffindor, die zwischen den wie sooft Scherze treibenden Zwillingen saß und ihr Essen auf dem Teller hin und herschob, die anderen kaum zu beachten schien. Er seufzte leise. "Sie wird es nicht einfach haben. Aber allein diese Geschichte zeigt, warum der Sprechende Hut sie nach Gryffindor geschickt hat."

"Ja. Sich unüberlegt in große Gefahr zu begeben passt wirklich recht gut dazu", sagte Snape kalt und Dumbledore wandte ihm den Kopf zu, ein nachsichtiges Lächeln auf den Lippen, welches er nicht unbedingt gern sah an dem Schulleiter. Dennoch musste er ebenfalls zu der jungen Carrow blicken und Respekt bildete sich in ihm, zusammen mit noch stärkerem Interesse, war es in der Tat sehr komplexe Magie, die das Mädchen da gewirkt hatte.

Professor Lupin ignorierte Snape und sah seinerseits zu Avessa, einen warmen mitfühlenden Blick in den Augen, der dem Hauslehrer der Slytherins ein angeekeltes Schnauben entlockte.

Auch dies ignorierte der abgerissen wirkende frisch gebackenen Professor. „Ich habe sie für morgen Abend in mein Büro gebeten. Es ist doch recht ungewöhnlich, dass ein so junges Mädchen diesen Zauber beherrscht, von dem ich glaube, dass er auch in Durmstrang nicht vor der vierten Klasse gelehrt wird." Dumbledore nickte zufrieden und nun wandten sich alle dem Essen zu.

„Das ist Lee, unser und nun auch dein bester Freund", sagte George und deutete auf den Jungen rechts von Fred. Der Dunkelhäutige schüttelte seine Rastalocken grinste sie an und reichte ihr die Hand. „Versuch gar nicht erst, ihnen zu widersprechen, das haben wir alle versucht. Es bringt nichts." Er zwinkerte und Avessa nahm die Hand, ihre Miene aber etwas unsicher. Die Zwillinge grinsten breit und zufrieden, sich die Hände reibend, als das Essen erschien. „Futteeer!", riefen sie und begannen, ihre und Avessas Teller zu füllen.

Avessa zog eine Augenbraue hoch und musterte die beiden, die eine ganz andere Art des Beschützerinstinkts zeigten als ihre eigenen Brüder, die wahrscheinlich eh gerade ihr frühes Ableben planten. Sie warf jenen einen kurzen Blick über die Schulter zu und war froh, mit dem Rücken zum Slytherintisch zu sitzen, der sich zum Glück genau am anderen Ende der Großen Halle befand. Alaric und Elijah hatten sich bereits abgewandt, wohl, um die ganzen aufgeregten Fragen zu der Wahl des Sprechenden Hutes beantwortend. Kein Aufsehen, hm?, dachte sie. Nun, das hatte sie wohl wirklich versaut.

Ein Mädchen mit ziemlich buschigen Haaren saß ihr gegenüber und lächelte sie an, neben sich den Jungen mit der Brille und den Rothaarigen, der Avessa im Zug angemotzt hatte. Das Mädchen lächelte. „Hey, Avessa. Ich bin Hermine Granger. Das sind Ron und Harry. Ich – wir wollten dir noch danken. Professor Lupin sagte, du habest den Patronus-Zauber gegen die Dementoren eingesetzt! Dabei bist du doch erst dreizehn wie wir! Und wir lernen ihn, wenn überhaupt, dann erst in der fünften oder noch später! Wie hast du das gemacht?"

Ihre Stimme war fast etwas ehrfürchtig und Avessa zog leicht die Augenbraue hoch darüber, wie schnell das Mädchen redete. Dann aber nickte sie. „Aye, das habe ich. Ich hatte ihn noch nie gegen Dementoren eingesetzt, aber zumindest theoretisch alles dazu gelesen und...ihn ein paarmal geübt." Hermine starrte sie fast ein wenig neidisch an, aber dass Avessa sagte, sie habe ‚alles dazu gelesen' ließ wohl auch letzte Reste eventueller Ressentiments ihr gegenüber schmelzen.

Sie lächelte erneut. „Das ist wirklich faszinierend! In Durmstrang scheint man einen völlig anderen Lehrplan zu verfolgen, als hier. Hier wollen Sie uns erst im 5. Jahr an gefährlichere magische Geschöpfe lassen!" Sie sagte es mit gerechter Entrüstung und Avessa entspannte sich ein wenig. Sie mochte das Mädchen irgendwie und das war echt selten, da sie selbst nicht wirklich Interesse an Freunden hatte.

Fred und George sahen stirnrunzelnd zwischen den Mädchen hin und her und Fred seufzte dann. „Da muss man nur sagen, dass man gern liest und schon ist man Hermines beste Freundin. Wenn ICH das nur zuvor gewusst hätte..." Er seufzte theatralisch und alle kicherten, auch wenn Hermine ihm einen tadelnden Blick zuwarf und George den Kopf schüttelte. „Ich denke, auch dann hättest du es nicht zur besten Freundin gebracht, Freddie...Du bist einfach zu männlich!" Er grinste und strich sich das Haar zurück, während Hermine ihn irritiert ansah. „Hast du dir gerade selbst geschmeichelt?" George klimperte unschuldig mit den Auge, was Hermine und einige andere am Tisch zum Kichern brachte.

Die beiden Jungs neben ihr schaufelten sich Essen auf die Teller und Hermine seufzte. „Ehrlich Ron und Harry. Ihr tut immer so, als hättet ihr die letzten Wochen nichts gegessen. Ein wenig Manieren wären angebracht." Der Junge mit der Brille – Harry – sah sie um Mitleid heischend an. „Naja, es gab wirklich eher wenig bei den Dursleys." Avessa betrachtete ihn und als er sich das zerzauste Haar ein wenig zurückstrich, konnte sie die Blitznarbe sehen. Harry bemerkte ihren Blick und wartete auf die schockierte Reaktion, die Fragen, doch Avessa hatte sich wie immer im Griff und ließ sich ihr Erstaunen nicht anmerken. Sie sah wieder auf ihren Teller und Harry lachte anerkennend.

„Nicht schlecht. Du bist die Erste, die deswegen nicht ausrastet", sagte er und die anderen sahen neugierig zwischen den beiden hin und her. Avessa zuckte mit den Schultern. „Nun, ich kann mir denken, dass es ziemlich nervt, wenn man darauf reduziert wird, ‚Potter' zu sein." Harry grinste und nickte ihr zu. „Du kennst das, hm, ‚Carrow'? Es tat gut, mal das ganze Getuschel wegen jemand anderem zu hören. Nichts für ungut."

Er zwinkerte ihr zu und sie lächelte dünn aber ehrlich. „Schon okay. Ja..." Sie spürte die bohrenden Blicke ihrer Brüder in ihrem Rücken, was ihr einen Schauer über ihn laufen ließ und straffte sich. „Nun...ich wusste es wird ein unangenehmer Abend. Auch wenn ich sicher nicht damit gerechnet habe", entkam es ihr, wohl eher ungewollt und die Gryffindors sahen sie fragend an, während der Rest sich auf ihr Essen und die Gespräche untereinander konzentrierte.

„Wie meinst Du das?", fragte George und Fred sah sie gespielt verletzt an, sich die Stelle über dem Herzen reibend. „Autsch, das tut weh, Silver." Avessa sah sie erneut irritiert an, kam sie mit ihrer offensiven und ihr zugewandten Art nicht klar. Ron warf ihnen ebenfalls einen verwirrten Blick zu. „Warum nennt ihr sie so?" George wandte sich kurz an ihn. „Weil ihr Patronus eine Schlange war. Eine silberne Schlange." - „Ihr was...?" fragte Ron, doch die Zwillinge ignorierten ihn.

„Genau, aber Silversnake wäre irgendwie übertrieben gewesen", setzte Fred hinzu, woraufhin Hermine schmunzelnd das Wort ergriff. „Das hätte echt wie so ein Wrestler geklungen. Oder ein Superheld." Sie lachte. „Ein was...?" fragte Ron unwissend und diesmal teilte Avessa die Verwirrung. Die Zwillinge aber lachten. „Genau das haben wir auch gesagt!", japste Fred amüsiert. „Aber zurück zu dir!" Fred sah plötzlich scharf zu Avessa und sie zuckte zusammen.

Fred sah sie durchdringend an. „Was meinst du, du wusstest, es wird ein unangenehmer Abend? Ich meine klar, als die letzte Prinzessin einer langen Erbfolge von Slytherins nach Gryffindor geschickt zu werden ist sicher..." Er zögerte, nach einem angemessen gewichtigen Wort zu suchen. „Wundervoll!", unterbrach George und alle lachten, während Fred auf ihn zeigte. „Ganz genau!"

Avessa sah unbewegt zu ihm auf, wie sie dachte. Doch sah er die Unsicherheit in ihrem Blick und legte einen Arm um sie. „Na komm. Sag es Onkel Fred." Sie rollte mit den Augen und sah zu Hermine. „Wie genau haltet Ihr die beiden aus?" Hermine lachte und schüttelte den Kopf. „Zu uns sind sie nicht ganz so...aufmerksam. Du musst sie irgendwie an einem speziellen Punkt getroffen haben."

„Hermine!" rief Fred entsetzt und auch George tat übertrieben verlegen. „Wir kennen sie doch kaum!" Das Mädchen mit den buschigen Haaren kicherte, doch trat dann ein anderer, oh Wunder, rothaariger Junge zu ihnen, der sicher schon im 6. Oder 7. Jahr war, zu ihnen an den Tisch. Avessa erkannte ihn als den von Dumbledore benannten Schulsprecher.

„Hey, Avessa. Ich bin Percy. Schulsprecher. Wenn Du Probleme hast, besonders mit den beiden hier, sag mir Bescheid." George schnaubte. „Und was willst Du dann tun, Percy Schulsprecher?", fragte er spöttisch und Fred schaute verwirrt. „Und ich dachte immer, er heißt Weasley, wie wir", sagte er und Percy rollte mit den Augen. George seufzte schwer. „So kann man sich irren. Also, was wäre unsere Strafe?"

„Vielleicht lässt er uns sein Abzeichen polieren. Immer und immer wieder." George lachte. „Nein, Fred. Das ist zu wichtig und wir zu unwürdig." Die beiden verneigten sich einige Male in Percys Richtung. „Wir sind unwürdig!", riefen sie, woraufhin Percy ihnen einen entnervten Blick zuwarf, bevor er sich nochmal an Avessa wandte. „Wie gesagt, wenn Du Hilfe brauchst..." George erhob sich und schob ihn wortlos zu seinem Platz zürck, auch wenn sein Bruder protestierte. „Lass das, ich bin der Schulsprecher!"

„Jaja...nun mach ihr keine Angst, Perce." – „Genau. Sie denkt noch, wir sind verrückt..." „Oder Massenmörder wie Sirius Black!" Percy schüttelte ihn ab und versuchte, seine Würde wiederzufinden, während er zum Ravenclawtisch ging, sich zu einem Mädchen in seinem Alter setzend, um ihr offensichtlich sein Leid zu klagen.

Avessa sah ihm nach. „Große Familie, aye?" fragte sie und ein Mädchen schräg gegenüber lächelte schüchtern, sich zu ihr lehnend. „Naja, wenn wir gerade dabei sind: Ich bin Ginny, Schwester der ganzen Witzbolde." Dann aber grinste sie schelmisch. „Tut mir leid, dass du an sie geraten bist." Sie grinste, als ihre Brüder sich lautstark empörten und Avessa konnte nicht anders, als leicht zu lächeln. Diese Leute waren sooo anders als alle, die sie bisher kennengelernt hatte und sie kam gerade nicht ganz hinterher.

Ginny sah sie verständnisvoll an. „Wenn es dir zu viel wird, schick sie zum Grindeloh, die beiden vertragen das, glaub mir. Und nachtragend sind sie auch nicht. Und eigentlich ganz lieb, wenn du darüber hinwegsehen kannst, dass es etwas creepy ist, dich zu behandeln wie eine jahrelang verschollene Freundin. " George strahlte Ginny an, während Fred sie mit offenem Mund anstarrte. „Sag mal schmeichelst du uns gerade, Schwesterchen?", fragte er und fächerte sich Luft zu. „Ich glaub ich werde rot, George. George, werde ich rot?"

Alle lachten und Avessa lächelte Ginny leicht zu. „Danke dir", sagte sie leise und Ginny zwinkerte, einen Blick auf den Slytherintisch werfend. „Naja, du scheinst es ja zu kennen, wie es mit Brüdern ist." Avessa folgte kurz ihrem Blick und seufzte leicht. „Aye...Nur denke ich, deine Brüder wären..." Sie verstummte, doch das kleine Mädchen sah sie wissend an, viel zu wissend für eine Zwölfjährige, die offensichtlich dem Blick Harrys auszuweichen versuchte, die Wangen von einem hektischen Rot überzogen, als sie bemerkte, wie er sie musterte. Sie räusperte sich. „Wenn ich nach Slytherin geschickt worden wäre, hätten die mich verflucht."

Fred und George sahen sich kurz an, als würden sie überlegen, ob sie protestieren wollen, doch dann nickten sie nur knapp. „Jep." Ginny seufzte. „Und ich habe sechs Brüder, weißt du." Avessas Augen weiteten sich. „Sechs...Wow, eure Eltern waren fleißig. Dass wir drei sind, sorgte in unserer Umgebung schon für tadelnde Blicke. Abweichungen von der Norm, weißt du... auch wenn sich keiner traute, etwas laut zu sagen." Sie rollte mit den Augen und alle kicherten.

„Dabei sollte man doch meinen, sie wären froh darüber, dass es mehr Reinblüter gibt...", setzte Avessa schlicht hinzu, doch mit einem Schmunzeln in den Augen, als sie sah, wie sich alle ein wenig unsicher ansahen. „Oh...", sagte sie etwas lauernd und ihre Augen funkelten schelmisch. „Die Carrow hat Reinblüter gesagt." Sie schob sich ein wenig selbstgefällig eine Gabel voll Gemüse in den Mund, zufrieden mit sich, die Zwillinge mundtot gemacht zu haben. „Entschuldigt." Sie schnitt eine zynische Grimasse und George legte wieder den Arm um sie, grinsend.

„Ich sag Euch, sie passt sooo gut zu uns. Wir lassen dich jetzt schon auftauen, Snek, siehst Du." „Ich dachte, wir nennen sie Silver?", fragte Fred und Avessa seufzte. „Wie wäre es mit Avessa...?", schlug sie vor und die Zwillinge dachten übertrieben lange darüber nach. „Jaaa...", begann George. „Das wäre wohl mööglich...", fuhr Fred fort. „Wir denken darüber nach", sagten dann beide, sich daraufhin, wie alle anderen dem Essen widmend, welches wirklich außergewöhnlich gut war, auch wenn Avessa gerade keinen Sinn dafür hatte.

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