Kapitel 66
In ihrem Zimmer lehnte sie sich an die geschlossene Tür und atmete tief durch. Zu Hause... Sie sah sich um und ein Lächeln überkam sie beim Anblick des verwinkelten Raums. Einen Balkon hatte sie nicht, aber eine breite Fensterfront mit einer tiefen Fensterbank davor, auf der dicke Kissen lagen. Entgegen der Einrichtung im Rest des Hauses waren sie bunt und auch das Holz der Regale und des Himmelbettes war hell, ähnlich dem ihres Zauberstabes.
Alles hier drin wirkte weit fröhlicher, als das dunkel eingerichtete Anwesen, auch wenn sie dunkles Holz durchaus mochte. Allerdings hatte ihre Mutter das Zimmer eingerichtet und Avessa würde es niemals ändern, da sie sicherlich gewollt hatte, dass ihre Tochter in einer fröhlichen Umgebung aufwächst...so zumindest hatte es sich Avessa zusammengereimt...
Der Tag verlief ereignislos und nachdem sie ihren Vater begrüßt hatte, der erst abends nach Hause kam, hatte sie den Rest des Tages in ihrem Zimmer verbracht, Hausaufgaben zu machen. Am nächsten Morgen schlief sie lange, war ihr Vater auch heute wieder den Tag über unterwegs und würde sie beim Frühstück nicht vermissen.
Warum hat er euch überhaupt schon für Samstag herbestellt? Die Frage stellte sie sich schon seit dem Brief, aber ihr Vater hatte nun mal seine ganz eigenen Vorstellungen und die würde er sicher nicht mit seinen Kindern teilen.
Als es Mittag wurde, suchte sie sich in ihrem Schrank etwas Schickes zum Anziehen. Ob Zufall oder Absicht, wählte sie eine schwarze Stoffhose aus fließendem Stoff und eine blassgrüne dünne Bluse, die sie locker in den Bund der Hose steckte, auch wenn sie wusste, dass Ihr Vater ein Kleid bevorzugt hätte.
Sie ließ ihre Haare zum ersten Mal ganz offen und es fiel ihr in schweren Wellen den Rücken hinab, was ihr sehr gefiel, doch nahm sie dann ein passendes Tuch und band ihr Haar locker im Nacken zusammen. Einige Strähnen fielen ihr ins Gesicht, die sie etwas zurechtzupfte. Du bist nervös...
Als sie mit ihrem Outfit zufrieden war, setzte sie sich auf ihr Bett und spielte mit dem Ring, den sie, seit sie ihn geschenkt bekommen hatte, selten abgenommen hatte. Eigentlich nur zum Duschen. Sie betrachtete ihn, während ihre Gedanken bei dem heutigen Tag waren, der sicher nicht allzu spaßig werden würde.
Aber sie war dennoch ungeduldig und wollte, dass es endlich losging. Sie war immer noch unsicher, was genau ihr Vater vorhatte, was er dachte. Und sie hasste Unsicherheit. Ihr Vater konnte Unsicherheit wittern...und liebte es, mit ihr zu spielen. Sie runzelte die Stirn, klang das nun doch etwas melodramatisch. So schlimm war ihr Vater nicht.
Sie hörte die Tür und erhob sich, die Kleidung glattstreichend. Nach einem letzten Blick in den Spiegel ging sie die Treppe hinab, nicht hetzend, aber sicheren und schnellen Schrittes. Als sie verschiedene Stimmen vernahm, seufzte sie leise. Eigentlich hatte sie gehofft, ihren Vater allein anzutreffen.
Nun, dann würde sie eben direkt ins kalte Wasser springen. Doch als sie am Fuß der Treppe ankam, verzog sie das Gesicht, kamen die Stimmen nicht aus dem Salon, sondern der Empfangshalle. Sie hasste die Halle. Ihr lief ein leichtes Frösteln die Arme hinab, doch straffte sie sich und wollte gerade durch die Tür treten, als ihr Vater ihr entgegenkam.
Ein Lächeln breitete sich auf seinem Gesicht aus, als er sie sah, nur um bei dem Blick über ihre Kleidung zu schwinden. "Avessa, Liebes. Was trägst du denn da? Du weißt, wir haben Gäste, geh dich umziehen", sagte er und legte kurz eine Hand an ihre Wange, einen flüchtigen Kuss auf ihrem Scheitel zu platzieren.
Sie umarmte ihn kurz und atmete dann tief durch. „Vater..., ich bin bereits umgezogen, danke", sagte sie leise, die Empfangshalle betretend. Hinter sich spürte sie Ärger und Empörung und wusste, dass ihre Brüder die Szene ebenfalls mitbekommen hatten. Ihr Magen flatterte etwas, aber sie hoffte einfach, dass die Gäste ihren Vater davon abhalten würden, sie zurechtzuweisen.
Als ihr Blick auf Professor Snape und dann auf Mister Malfoy fiel, verharrte sie einen kurzen Moment, war sie sich ihres Vorstoßes, was die Kleidung anging, nun doch etwas unsicher. Dracos Vater dachte wie ihr eigener und war ebenfalls wie immer tadellos gekleidet.
Wie ihr Vater trug Lucius Malfoy einen feinen Gehrock mit Ornamenten und die dazu passende Hose und in Verbindung mit dem Gehstock und den glatten hellblonden Haaren, die er wie sooft zum Zopf gebunden hatte, wirkte er wirklich herrschaftlich. Dazu trugen sicher die markanten Züge seines aristokratischen Gesichts bei, dessen Lippen sich gerade zu einem Lächeln verzogen, als er ihr entgegenblickte.
Seine Augen funkelten, als er ihre Gestalt in Augenschein nahm und bescherten ihr ein leichtes Stolpern in ihrem Magen, sowie erhitzte Wangen. "Entzückend...", murmelte er und griff nach ihrer Hand, nachdem sie vor ihm einen kleinen Knicks gemacht hatte. Da er der ältere war und zudem einen höheren Rang innehatte, war es an ihm, sie als erste anzusprechen, obwohl er hier Gast war.
"Du siehst ganz bezaubernd aus, kleine Löwin, lass dir von deinem Vater nichts Anderes einreden", raunte er ihr mir dunkler Stimme zu und hauchte ihr einen Kuss auf die Hand, bevor er sich wieder aufrichtete und ihr scheues Lächeln erwiderte. Oh, super, das haben alle gehört...
"Es freut mich, Sie wiederzusehen, Mister Malfoy", sagte sie respektvoll und sah sich um. Ihr Blick streifte Professor Snape, der wie ein dunkles Gegenstück zu dem blonden Malfoy wirkte und nicht minder eindrucksvoll war, wenn auch auf sehr viel schlichtere Art, trug er, wie bei der Weihnachtsfeier, schwarz.
Avessa schluckte, als sie den schwarzen Augen und dem hart wirkenden Blick begegnete, neigte dann aber höflich den Kopf. "Professor." Die Lippen des Tränkemeisters verzogen sich leicht und irgendwie wirkte er...amüsiert? "Miss Carrow. Ich muss mich Lucius anschließen. Die Farbe steht Ihnen." Avessas Wangen begannen zu brennen und sie biss sich von innen auf die Unterlippe. Wieso sagte er das? Machte er sich lustig über sie? Verflucht, was hatte sie ihm denn getan?!
"Oh bitte, ihr zwei...", hörte sie die Stimme ihres Vaters und spürte seine Hand auf ihrer Schulter und der Blickkontakt zu Professor Snape brach ab. Lucius ließ ihre Hand endlich los, nicht ohne ihr nochmal zuzulächeln und dabei die Finger sanft zu streicheln. "Ich akzeptiere ja, dass mein Sinn für Tradition von der jungen Generation nicht mehr geteilt wird. Und ja, Avessa, du siehst sehr hübsch aus."
Sie errötete erneut sacht und schloss kurz die Augen. Konnte bitte das Thema gewechselt werden...? Sie sah sich nochmal um. Draco stand bei Snape und nickte ihr zu, sacht die Augen rollend. Er trug eine schlichte dunkle Hose und ein dunkelgrünes Hemd und sie musste sich ein Schmunzeln verkneifen. Auch, weil es fast albern war, wie sehr die Farben Slytherins ihr Leben bestimmte und sie nahm sich vor, beim nächsten Mal noch ein wenig weiter zu gehen und rot zu tragen, was ihr gar nicht so schlecht stand.
Ihre Brüder begrüßten ebenfalls die Gäste, während Avessa sich umsah. "Wird Narzissa heute nicht zugegen sein?", fragte sie und hörte ein leises missbilligendes Geräusch. Die Empfindungen dazu sagten ihre, dass es von ihrem Bruder kam. Sie achtete nicht darauf, sondern sah zu Lucius Malfoy auf, der charmant lächelte.
"Leider fühlt sie sich unpässlich, meine Liebe, aber sie lässt herzliche Grüße ausrichten und wird sich sicher freuen, dass du dich nach ihr erkundigt hast. Es hat ihr sehr gefallen, dich über Weihnachten bei uns zu haben und sie hofft, dass du uns bald wieder besuchen kommst. "
Dann wurde sein Gesicht ernst. "Wir sind untröstlich, was dir in unserer Obhut passiert ist und du kannst sicher sein,dass das nicht wieder geschehen wird." Avessas Hals wurde trocken und sie sah kurz zu ihrem Vater auf, der zum Glück gleich eingriff.
"Nun, darüber können wir nach dem Essen sprechen, denke ich, nicht wahr? Es ist gleich soweit. Bis dahin, lasst uns in den Salon gehen und einen Aperitif zu uns nehmen."
Avessa war erleichtert, dass sie die Halle verlassen konnten, hatte sie die ganze Zeit versucht, so zu stehen, dass sie den Ort nicht sah, auch wenn sie nicht verhindern konnte, dass sie nun, da ihr Vater seine Hand in ihren Rücken legte und sie sanft nach draußen dirigierte, kurz hinschaute. Ihre Augen brannten leicht und schnell wandte sie den Blick ab. Reiß dich zusammen, es ist bald 10 Jahre her!
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