Kapitel 53

Eine Woche später hatte sie immer noch nicht mit ihren Brüdern gesprochen, aber sie hatte auch jede freie Minute eines jeden Tages verplant. Zudem hatte sie sich auf Anraten Professor McGonagalls noch die Unterlagen der letzten Monate für das Fach Arithmantik von Hermine besorgt, fand ihre Hauslehrerin, dass sie sich ruhig auch damit beschäftigen sollte, so gut wie sie in Alte Runen war, gab es wohl einige Überschneidungen.

So konnte sie den Kurs im kommenden Halbjahr zusätzlich belegen. Warum sie nicht jetzt noch mit einsteigen durfte, wusste Avessa nicht, aber da sie noch ihr eigenes Projekt verfolgte, war das okay. Sie hatte nun bereits eine Menge interessanter Einzelheiten über das Erlenen des Animagus-Zaubers zusammengetragen und es reizte sie, sich alsbald an praktischen Übungen zu versuchen, statt nur an der Theorie, doch wusste sie, dass es noch viel zu gefährlich war.

Eines Abends im Februar, als sie ganz verfroren das Schloss betrat, kam ihr Lupin entgegen und sie brauchte nicht die Emotionen, die ihr entgegenschlugen, um zu wissen, dass er sauer war.

„Miss Carrow!", rief er und ihre Augenbrauen wölbten sich. Sie hatte sich so daran gewöhnt, dass er sie Avessa nannte, dass ihr seine Ansprache erst recht verdeutlichte, dass sie Ärger hatte.

Dennoch straffte sie sich und ging gemessenen Schrittes auf ihn zu. „Sir?" Seine Augen blitzten und ihre Züge zuckten etwas unsicher, ging von ihm erneut eine...Wildheit aus, die sie nicht zuordnen konnte...oder besser wollte. Aber was, wenn du recht hast? Egal. Sie vertraute ihm und...

„Miss Carrow!", wiederholte Lupin und sie sah schnell zu ihm auf, hatte sie sich wieder zu sehr in ihren Gedanken verfangen. „Sir...?", fragte sie nun deutlich unsicher. „Ich habe Sie gefragt, wo Sie gerade herkommen!" Avessas Wangen verdunkelten sich und sie fragte sich, wie er es schaffte, dass sie sich ertappt fühlte. „Ich...habe draußen ein wenig...gelernt, Professor...Warum?"

Lupin starrte sie fassungslos an. „Dein Ernst? Du versuchst dich nicht mal an einer Ausrede?", fragte er leise und drehte sich dann um. „In mein Büro." Avessa sah ihm aus großen Augen nach. Machte er jetzt einen auf Snape, oder was? Dennoch folgte sie ihm verdrossen und als er hinter ihr die Tür geschlossen hatte, wandte er sich auch schon wütend zu ihr um.

„Ich hatte dir gesagt, dass du das unterlassen sollst zurzeit. Es ist zu gefährlich!", knurrte er und Avessa konnte nicht anders, als durch das Fenster in die Dämmerung zu gucken, auch wenn sie wenigstens nicht zurückwich. Dann hob sie eine Schulter, nicht gewillt, sich unterkriegen zu lassen.

„Ich wüsste nicht, warum ich dort in Gefahr sein sollte, die Dementoren sind..." Lupin unterbrach sie grollend. „Die Dementoren konnten ihn nicht in Askaban halten, Avessa!", peitschte seine Stimme durch die Luft, doch plötzlich verließ ihn die Wut, vielleicht, weil er die sachte Angst in ihren Augen gesehen hatte.

Er sah sie nachdenklich und enttäuscht an. „Du respektierst mich nicht", sagte er und ihre Augen weiteten sich. „Nein, Sir, das ist es...", fing sie an, sich zu erklären, doch er unterbrach sie. „Ich bin zu nett gewesen, Miss Carrow, ja?", fragte er kalt und sie spürte, dass er wirklich enttäuscht von ihr war und wütend.

Sie schluckte, weil sich ein Kloß in ihrem Hals bildete und erneut schüttelte sie den Kopf. „Nein, Sir. Ich respektiere Sie sehr, nur..." Er zog eine Augenbraue hoch und der harte Glanz in seinen Augen, ließ sie ihre niederschlagen. „Es tut mir leid, Sir...ich...Sie haben recht. Ich habe ihre Worte nicht respektiert, weil...ich denke, ich wollte einfach nicht, weil...dort draußen ist es so ruhig...ich...kann mich einfach besser konzentrieren und..."

Sie verschluckte den Rest, doch konnte sie spüren, dass sie ihn nicht erreichte. Es klopfte an der Tür und Lupin knurrte ein „Herein." Snape kam herein, einen dampfenden Becher in der Hand. „Warum ich Sie immer erinnern muss, Lupin...", begann er entnervt, doch bemerkte er dann Avessa und seine Augen huschten über die Szene, die Haltung der beiden und eine Augenbraue ging steil in die Höhe.

„Danke, Severus", sagte Lupin schroff und nahm den Becher, stellte ihn auf den Tisch neben sich. Der Knall ließ Avessa leicht zucken und ihren Blick aus dem Snapes lösen. Dieser nickte langsam. „Trinken sie ihn bald. Die Wirkung..." – „...wird schwächer, wenn er kalt wird. Ich weiß, Severus!", unterbrach ihn Lupin wieder ruppig und Avessa verschränkte die Arme.

Das Verhalten war so atypisch und ihre Gedanken überschlugen sich. Du hattest recht...oh, mein Gott...dein Vater wird ausrasten! Professor Snape war in der Tür stehen geblieben. „Sonst noch was?", fragte Lupin genervt und Snape runzelte die Stirn, ihn kalt anblickend. „Das frage ich mich auch, Lupin...Miss Carrow scheint sich nicht wohl zu fühlen."

Lupins Miene zeugte von Erstaunen über die Worte Snapes, doch schnellte sein Blick zu Avessa, nahm ihre defensive Haltung auf und er schien fast etwas zurückzuzucken. „Nun...", begann er und nahm den Becher. „Du kannst gehen, Avessa. Wegen der Sache werden wir aber noch sprechen und ich will, dass sich das nicht wiederholt."

Sie blinzelte etwas irritiert und reckte ihr Kinn, als sie nickte und dann an ihm und Snape vorbei aus dem Büro trat, schnell zum Gemeinschaftsraum zu gehen. Doch hörte sie hinter sich Snapes tiefe eindringliche Stimme und schon verhielt sie, ihr zu lauschen.

„Was war das, Lupin? Hatte Dumbledore Ihnen nicht in den Tagen den Kontakt zu Schülern verboten?", fragte er ölig und Lupin sah knurrend zu ihm. „Nur die drei, Severus...Jetzt bin ich sehr wohl noch in der Lage..." – „Sind Sie ja offensichtlich nicht. Zum einen haben Sie ihr Angst gemacht und zum anderen..." er betrachtete den abgerissenen und kränklich wirkenden Professor mitleidlos. „...vermutet sie etwas. Oder weiß es."

Lupin knurrte erneut genervt. „Das haben Sie doch gewollt, Severus. Das war ihre Absicht seit dem Tag, als Sie meinen Schülern einen Aufsatz gegeben haben, der so gar nicht zum Ablauf des Lehrstoffes passte... Aber ich denke, Sie irren sich..., wenn sie etwas wüsste...wäre ich kaum mehr hier."

Der Zaubertrankmeister zuckte mit den Schultern. „Ich denke, Sie unterschätzen sie da...aber was geht es mich an." Er wandte sich zum Gehen, doch Lupin hielt ihn zurück. „Es ist rührend, wie sehr Sie sich plötzlich um wenigstens einen ihrer Schüler zu kümmern beginnen", ätzte er fast zickig und Snapes Augen verengten sich. „Seien Sie vorsichtig mit dem, was Sie sagen, Lupin", warnte er leise, doch dieser schnaubte nur. „So zu tun, als wäre Ihr Interesse nicht ungewöhnlich, ist kindisch."

Ohne ein weiteres Wort verließ Snape den Professor für Verteidigung gegen die Dunklen Künste und machte sich auf den Weg zurück in seine Kerker. Was wusste er schon. Doch in einer Sache hatte er bedingt recht. Es war ungewöhnlich. Jedoch war es etwas Ungewöhnliches an dem Mädchen. Und er würde herausbekommen, was es war.

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