Kapitel 51

Er schloss die Tür hinter der jungen Schülerin und setzte sich nochmal an seinen Schreibtisch. Sie hatte ihn überrascht – mal wieder. Doch zeitgleich hatte sie die von ihm in sie gesetzten Erwartungen erfüllt, da sie gut damit klar zu kommen schien, was passiert war. Auch wenn sicher nach kurzer Zeit nochmal die Erkenntnis einsetzen würde, wie fremdbestimmt sie gewesen war. Und wenn er sie richtig einschätzte – und er erlaubte sich die Arroganz, davon auszugehen – würde das das Schlimmste für sie sein, schien sie nie die Kontrolle abgeben zu wollen.

Eine Eigenschaft, die sie mit ihm gemein hatte, wie er zugeben musste. Wohl einer der Gründe, warum sie manchmal aneinandergerieten. Doch musste er zugeben, dass er die kleine Carrow mochte...aus welchen Gründen auch immer fühlte er sich mit ihr verbunden und für sie verantwortlich...nach seinem Ausflug in ihren Geist natürlich umso mehr, schuf so eine Tat ein Band.

Verstärkt es, vielmehr, nicht wahr? Er schnaubte und erhob sich ruppig, der inneren Stimme keine Zeit gebend, mehr Unsinn zu reden. Dass er so dachte, lag einzig und allein an der Tatsache, dass er ihr geholfen hatte. Niemand sollte sowas erleiden, schon gar keine dreizehnjährige Schülerin. Das war alles.

Er verließ sein Zimmer und ging schnurstracks zu Professor Dumbledores Büro, da er wusste, dass er das Gespräch würde führen müssen. Da war es immer geraten, es selbst anzustoßen, als darauf zu warten, dass ein anderer die Kontrolle über das Gespräch übernahm.

Natürlich..., dachte er sarkastisch und seine Mundwinkel kräuselten sich, als er das Büro betrat und zusätzlich zu dem Schulleiter die Professoren McGonagall und Lupin erblickte. Dumbledore lächelte ihm zu. „Severus. Wie schön, dass du auch kommst." Er rieb sich fröhlich die Hände. „Dann haben wir ja alle beisammen."

Snape nickte den anderen zu und setzte sich auf einen Sessel, den Dumbledore mit dem Zauberstab in die Luft gezeichnet und so herbeibeschworen hatte. „Nun...ich nehme an, es geht um Miss Carrow?", fragte er gelangweilt und spürte, wie Minerva ihn giftig betrachtete.

„Bedingt, Severus", sagte sie säuerlich, doch Dumbledore ergriff das Wort. „Professor Lupin hat uns gerade darüber informiert, dass sie des Öfteren unten am See sitzt und dabei recht häufig einen großen schwarzen Hund gesehen haben will, der sie – oder das Schloss – beobachtete."

Snape sah ihn ungerührt an, auch wenn die Information ihn aufhorchen ließ. „Einen Hund. Schockierend." Dumbledore gluckste leise und strich sich über seinen Bart. „Ja, das dachte ich auch erst...doch sind alle ungewöhnlichen Vorkommnisse zurzeit wichtig, Severus. Und Black ist immer noch auf freiem Fuß und eine Gefahr..."

Oh, das würde er sicher nicht vergessen. Seine Mundwinkel verzogen sich verächtlich und die schwarzen Augen blitzten hasserfüllt. „Das habe ich nicht vergessen, Schulleiter. Nur was hat das mit Miss Carrow zu tun, ich dachte, er sei hinter Potter her."

Lupin, der bisher nichts gesagt hatte, sah ihn nachdenklich an, seine Erscheinung so viel abgerissener als die seiner Kollegen. Snape konnte immer noch nicht nachvollziehen, warum Dumbledore ausgerechnet ihm den Posten gegeben hatte, hatte er doch immer mit Black und Potter zusammen rumgehangen in der Schule...

„Es wirkt fast so, als machten Sie sich Sorgen um Miss Carrow, Severus", sagte der Professor für Verteidigung gegen die dunklen Künste sanft und Snape schnaubte. „Das ist wohl eher Ihrer aller Metier als das meine, Lupin", sagte er verächtlich und schaute dann ungeduldig zum Schulleiter.

„Nun, Schulleiter, was genau soll uns diese Information bringen?" Dumbledore sah ihn ruhig an. „Da Potter im gleichen Jahr wie Miss Carrow ist und diese auch derweilen gemeinsam unterwegs sind, sind sie und die anderen Drittklässler aus Gryffindor ebenso mögliche Ziele, an ihn heranzukommen und daher möchte ich alle um besondere Aufmerksamkeit bitten."

Snapes Augen verengten sich. Wie überaus sinnfrei dieses Treffen war... Er richtete sich auf. „Sicher, Professor Dumbledore. Wie bisher auch." Er erhob sich. „Ich habe übrigens mit Miss Carrow gesprochen und bin der festen Meinung, dass man ihr nicht erlauben sollte, dem Unterricht fern zu bleiben, hat sie genug Willenskraft und Stärke, diese Informationen zu verarbeiten und sich wieder normal am Unterricht zu beteiligen", sagte er knapp und Professor McGonagall sah ihn scharf an.

„Haben Sie ihr etwa erzählt, was passiert ist, Severus?", fragte sie streng und auf seinen ruhigen stummen Blick hin, fuhr sie auf. „Professor Snape!", ereiferte sie sich. „Wir hatten entschieden, ihr nichts zu sagen, solange sie sich nicht selbst erinnert!"

Snape erwiderte ihren Blick ungerührt. „Das haben Sie entschieden. Ich sagte Ihnen, dass ich es für überflüssig halte. Und ich hatte recht damit", sagte er und konnte sich ein süffisantes schmales Grinsen nicht verkneifen. „Dass sie sich nicht erinnert ist physischer Natur, nicht seelischer", setzte er ein wenig herablassend hinzu, das letzte Wort fast mit deutlichem Missfallen.

„Sie zu verhätscheln ist absolut nicht notwendig", sagte er noch spitz. „Das haben kaum Sie zu entscheiden, schließlich ist sie eine Gryffindor und daher..." – „Wir alle wissen, wieviel besser sie in mein Haus gepasst hätte, Minerva!", unterbrach Snape sie hitzig und Dumbledore rief: „RUHE!"

Beide sahen zu ihm, Professor McGonagall ein wenig schuldbewusst, aber wütend, Snape kühl und wieder kontrolliert. Was. War. Das denn? Hast du gerade...? Er wedelte mit der Hand. „Wie auch immer. Ich habe zu tun." Er sah kurz zu Dumbledore, der ihn über seine Halbmondbrille hinweg durchdringend ansah. Nach einem Moment nickte er sacht und Snape rauschte aus dem Büro.

Kaum hatte er die Tür geschlossen, hörte er die zickige Stimme seiner Kollegin. „Er setzt sich immer über alles hinweg, Albus. So geht es nicht. Egal, was da angeblich zwischen ihnen ist, sie ist in meinem Haus und noch so jung!"

Er verhielt im Schritt und runzelte die Stirn, Abscheu in seinem Gesicht. Was sollte das denn heißen? Was sollte zwischen ihnen sein? Unterstellte ihm Minerva etwa, er würde etwas mit einer Schülerin anfangen?! Er war kurz davor, in den Raum zurückzustürmen, denn egal, ob selbst er wusste, dass er sich ihr gegenüber nicht so verhielt, wie anderen Schülerinnen gegenüber: Er würde niemals...!

Doch erklang die ruhige Stimme Dumbledores. „Ich weiß ihre Anteilnahme sehr zu schätzen, Minerva, doch müssen Sie sich keine Sorgen um sie machen, wenn sie bei ihm ist. Ich vertraue Professor Snape mit meinem Leben."

Snapes Kinn reckte sich stolz und er betrat die Wendeltreppe nach unten. Wenigstens stand Dumbledore hinter ihm. Er verlangte ja auch genug. Nur, dass Lupin bei diesem Gespräch dabei gewesen war, bereitete ein unwohles Gefühl. Er konnte ihn aber auch einfach nicht leiden!

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