Kapitel 47
Als Avessa am nächsten Tag sehr spät erwachte, waren alle Schmerzen verschwunden und eine kurze Überprüfung zeigte, dass sie sich auch wieder völlig normal bewegen konnte. Sie lächelte und erhob sich, sah sich in der Krankenstation um. Madam Pomfrey hatte schon entdeckt, dass sie wach war und wuselte auf sie zu.
„Was denken Sie sisch dabei, einfach aufzustehen, Miss Carrow?", schimpfte sie in ihrem französischen Akzent und Avessa atmete tief durch. „Nun, es geht mir wieder gut, Madam Pomfrey", erwiderte sie und tatsächlich war auch ihre Stimme wieder zu hören, wenn sie auch ein wenig heiser schien. Doch nichts, was sie stören würde.
„Ich meine, Sie sind die Heilerin. Eine Hexe zudem. Ich nehme an, das erklärt meine Heilung." Der strenge Blick der Heilerin wurde ein wenig amüsiert. „Nun, auch wenn ich eine gute 'eilerin bin, ma petite, muss das nischt 'eißen, dass alles über Nacht 'eilt", erwiderte sie mahnend und untersuchte dann den Hals des Mädchens und den Allgemeinzustand, ließ noch einige Diagnosezauber über sie laufen und seufzte dann. „Nun, dann dürfen Sie sisch zu ihrer 'auslehrerin begeben. Sie ist 'eute Morgen aus ihren Ferien gekommen und bat darum, dass isch Sie vorbeischicke, wenn es Ihnen besser geht."
Avessa nickte und sah sich dann um. „Ist es eventuell möglich, mich vorher noch zu duschen und frisch zu machen? Vielleicht...umzuziehen? Ich mag es nicht, die gleiche Kleidung an mehreren Tagen zu tragen." Madam Pomfrey strahlte sie an. „Aaahh...endlisch eine Schülerin, die sich um 'ygiene kümmert. Natürlisch, ma petite. Ich zeige dir, wo du duschen kannst. Frische Kleidung allerdings...ich kann dir deine nur mit einem Frischezauber belegen."
Dankbar nickte Avessa und folgte der Heilerin. Nachdem sie geduscht und sich wieder angezogen hatte, ging sie die Flure entlang zum Büro der Hauslehrerin der Gryffindors. Es fühlte sich eigenartig an, hier ohne Schulkleidung herumzulaufen. „Herein", erklang die strenge Stimme McGonagalls und Avessa öffnete die Tür. Die Augen der Professorin weiteten sich und sie erhob sich vom Stuhl, ihr entgegenzutreten. „Miss Carrow! Das ist eine Überraschung. Hat Madam Pomfrey Sie schon gehen lassen?" Sie deutete auf einen Stuhl und Avessa setzte sich. „Natürlich, Professor. Ich würde nie ohne Erlaubnis die Krankenstation verlassen."
Auch Professor McGonagall ging um den Schreibtisch und setzte sich wieder, nachdem eine silberne Katze ihren Zauberstab verlassen hatte und nach draußen verschwunden war. Avessa sah ihr aus großen Augen nach. „War das..." – „Mein Patronus, in der Tat, Miss Carrow", sagte die Hexe und lächelte leicht. „Wir benutzen sie zur Kommunikation. Meist schneller, als Eulen." Sie zwinkerte ihr zu, etwas, das Avessa wirklich noch nie an ihr gesehen hatte.
„Wie ich hörte, erschaffen Sie auch bereits einen gestaltlichen, das ist beeindruckend in ihrem Alter." Professor McGonagall sah stolz aus. „Aber bei dem Talent, welches sie auch im Verwandlungsunterricht zeigen, ist es wohl auch kein Wunder."
Das Mädchen senkte leicht den Kopf, doch das stolze Lächeln konnte sie nicht verbergen und wollte es eigentlich auch nicht. McGonagall lächelte ihr zu. „Seien Sie ruhig stolz auf ihr Können, welchem nicht nur ihr Talent, sondern auch viel Arbeit zugrunde liegt", sagte sie freundlich, bevor sie sie scharf betrachtete.
„Ich habe natürlich gehört, was passiert ist und möchte mich vergewissern, dass es Ihnen wirklich wieder gut geht, bevor ich Sie kommenden Montag wieder in den Unterricht lasse." Avessas Augen weiteten sich. „Nicht zum Unterricht lassen? Professor, ich...mir geht es absolut gut genug dafür!", begehrte Avessa auf und Professor McGonagall hob beschwichtigend die Hand.
„Ruhig, Miss Carrow...ich sagte nicht, dass ich Sie nicht lassen werde. Nur muss ich mir natürlich sicher sein, dass es Ihnen gut geht. Das verstehen Sie sicher. Können Sie sich denn mittlerweile an den gestrigen Abend erinnern?" Avessa schüttelte den Kopf. „Nein, Professor. Ich weiß noch, dass ich auf meinem Zimmer im Malfoy Manor lag, aber danach..." Sie biss sich auf die Unterlippe, hasste sie es, eine derartige Schwäche zuzugeben...und sie zu haben.
„Es kann sein, dass Ihr Unterbewusstsein Sie schützen möchte." Die ältere Hexe presste nachdenklich die Lippen aufeinander, doch nickte sie dann. „Nun gut, Miss Carrow. Sie dürfen bereits heute zurück in ihr Haus. Und wenn mir die Professoren Snape und Lupin versichern, dass Sie in Ordnung sind, auch wieder zum Unterricht." Avessa runzelte die Stirn und verspürte eine heftige Abneigung gegen die Tatsache, dass die beiden darüber bestimmen sollten, ob sie wieder am Unterricht teilnehmen durfte.
„Warum die beiden?", fragte sie verwirrt und Professor McGonagalls Miene wurde streng. „Nun, weil das unsere Lehrer für Zaubertränke und Verteidigung gegen die Dunklen Künste sind und sich damit wohl am besten auskennen...zumal Professor Snape sie aus Malfoy Manor geholt und ihnen laut Professor Dumbledore auch anderweitig geholfen hat."
Avessa errötete sacht, wusste sie ja nicht, was passiert war, aber dass ausgerechnet Professor Snape sie in einer wohl schwachen Lage angetroffen hatte, nervte sie. Noch schlimmer wäre wohl nur ihre Familie gewesen. Ihr Kopf schnellte hoch. Ihre Familie!
„Verzeihen Sie, Professor, aber wissen Sie, ob Professor Dumbledore meinen Vater informiert hat?" Die Hexe sah sie ein wenig verstimmt an. „Nein, das hat er nicht. Auch wenn ich der Meinung bin, dass er es tun sollte. Egal, ob Sie sich erinnern, oder nicht. Es ist unsere Pflicht, es zu tun. Doch er meint, da es nicht an unserer Schule passiert ist, ist es nicht an uns, dies zu tun."
Avessa spürte deutlich, wie sehr es der Hexe gegen den Strich ging, doch waren ihr Respekt und ihre Zuneigung zu dem Schulleiter groß genug, die Entscheidung zu akzeptieren. Erleichterung flutete sie, hatte sie wirklich keine Lust gehabt, mit ihm darüber zu reden. Zumal sie eh nicht gewusst hätte, was sie hätte sagen sollen.
„Dann...", begann Avessa, bevor ihr etwas einfiel. „Die Malfoys!", sagte sie alarmiert und Professor McGonagall hob erneut die Hand. „Keine Sorge, Avessa, sie sind informiert, dass Sie hierbleiben werden und senden Ihnen die besten Wünsche. Ihre Sachen wurden bereits von einem Hauselfen der Malfoys in ihren Schlafsaal gebracht."
Avessa nickte erleichtert und spürte gleich darauf Aufregung und aufkommende Ungeduld, in den Gryffindorturm zu kommen, war ihr gerade eingefallen, dass ihre Freunde die Ferien hier verbrachten...und diese waren noch ein paar Tage lang, schließlich war erst Dienstag! Eine ganze Woche noch Ferien. Professor McGonagall schien ihre Aufregung zu spüren und lächelte.
„Dann machen Sie sich mal auf den Weg, Avessa, aber versprechen Sie mir, dass Sie sich sogleich melden, wenn es Ihnen schlechter geht, oder sie eine Frage haben, oder einfach reden wollen, ja?" Avessa lächelte und es lag echte Dankbarkeit in ihrer Miene, rührten sie die schroff hervor gebrachten Worte der älteren Hexe, die sie nun musterte.
„Ihre Kleidung lasse ich einmal so durchgehen, Miss Carrow, aber ich wünsche, dass Sie sich umziehen, sobald sie im Turm der Gryffindors sind. Sie sind schließlich wieder an Ihrer Schule." Avessa nickte. „Natürlich, Professor." McGonagall nickte knapp. „Und am Sonntag finden Sie sich um drei bei Professor Lupin und um fünf bei Professor Snape ein."
Den unwilligen Ausdruck im Gesicht ihrer Schülerin bemerkend, zog sie eine Augenbraue hoch und sah sie auffordernd an. „Ja, Miss Carrow? Haben Sie dazu etwas zu sagen?" Avessa presste die Lippen aufeinander und schüttelte den Kopf. „Nein, Professor." Sie konnte Professor McGonagall kaum von dem eigenartig aufgeregten Gefühl erzählen, das sie jedes Mal durchfuhr, wenn sie daran dachte, Professor Snape wiederzusehen.
„Nun denn", sagte die Hexe und sah wieder auf den Stapel Pergamente vor sich. „Machen Sie bitte die Tür hinter sich zu." Avessa nickte und ging schnellen Schrittes aus dem Raum. Im Flur atmete sie tief durch und lächelte verschmitzt. Nur mit Mühe konnte sie sich davon abhalten, loszurennen. Eine Carrow rennt nicht. So schritt sie einfach so schnell sie konnte, ohne Haltung zu verlieren, in Richtung Gemeinschaftsraum der Gryffindors.
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