Kapitel 37
Die Tage gingen dahin und wie Avessa geplant hatte, verbrachte sie die meiste Zeit in der Bibliothek. Sie arbeitete für die Schule, doch nahm sie sich auch die Zeit, zu lesen, einfach zum Vergnügen und sie liebte die Ruhe, die sie dort erfasste. Leider konnte sie nicht den ganzen Tag in diesem Raum verweilen, wäre es der Hausherrin gegenüber unhöflich gewesen und so brachte sie auch mehr oder minder langweilige Teekränzchen hinter sich. Alle von Nöten für die Spiele um Ansehen und Ruhm, doch alle nicht nach Avessas Geschmack, die Draco mehr und mehr zu beneiden begann, da er nicht daran teilnehmen musste.
Der Tag der Weihnachtsfeier kam und als Avessa morgens erwachte, lag ein kleiner Haufen Geschenke zu ihren Füßen auf dem Bett. Sie lächelte verschlafen und erhob sich schnell, als sie am Fenster ein leises Picken hörte. Eine Eule mit einem kleinen Paket saß da und erhob sich mit einem melodischen Flöten in die Lüfte, als Avessa es an sich genommen hatte.
Langsam und neugierig besah sie sich das Päckchen und setzte sich damit wieder auf das Bett. Es stand nur ihr Name darauf, kein Absender...Darin lag eine kleine Schlange aus Silber mit winzigen schwarzen Augen, die wie kleine Opale glänzten...eine Schlange, die sich schmal, aber mehrfach um ihren Finger wand, als sie sie berührte. Auf ihrem Rücken, der nun dreifach nebeneinander lag, bildete sich aus feinsten Goldfäden ein Löwenkopf, der brüllte.
Avessa war völlig fasziniert von der Arbeit, als auch von der absoluten Ausgeglichenheit der beiden Tiere, war zwar der Löwe auf der Schlange, aber im Gegensatz zu ihr nur zweidimensional...so schien keines der beiden Wesen über das andere zu triumphieren und ihr lief ein kleiner Schauer über den Rücken, als sie sich fragte, wer ihr ein so ausgefallenes Geschenk machen würde...
Noch einmal sah sie in das Päckchen, fand aber weder einen Zettel, noch einen sonstigen Hinweis darauf, wer der Absender sein konnte. Sie berührte erneut die Schlange, doch war deren Zauber vergangen, sodass sie starr an ihrem Finger hing. Der Ring, der die Schlange nun war, ließ sich abnehmen und drehen, sodass die kleine Sorge, es könne sich um irgendetwas Schwarzmagisches oder eher etwas Schädliches handeln, verstummte. Zumal ihre Intuition sie dieses Schmuckstück lieben ließ.
So strahlte sie immer wieder auf den Ring, der nun ihren rechten Ringfinger zierte, als sie die anderen Geschenke in Augenschein nahm. Sie stutzte, als sie sah, dass dort auch Geschenke von Hermine und den Zwillingen waren, und sie fühlte sich sofort etwas schuldig, da sie ihnen nichts geschickt hatte.
Aber sie hatte auch nicht gewusst, dass man sich untereinander etwas schenkte! Das hatte ihr niemand gesagt! Seufzend, aber neugierig öffnete sie das Geschenk von Hermine. Es war ein dickes und wie es schien, recht altes Buch. „Vergessene Zauberbräue". Avessas Augen weiteten sich interessiert, sah sie schon beim Überfliegen, dass es sich dabei um keine leichten und auch nicht sehr üblichen Tränke handelte. Dass Hermine ihren Geschmack so genau kannte und getroffen hatte, ließ in Avessa Verlegenheit und Freude wetteifern.
Sie legte das Buch vorsichtig beiseite und sah dann das kleine Pergament, welches in Hermines Winzschrift verfasst war, die sicher einige der Professoren an den Rand des Wahnsinns brachte.
„Liebe Avessa,
ich hoffe, du hast trotz allem ein schönes Weihnachtsfest und genießt die freie Zeit.
Wir vermissen dich hier, zwei ganz besonders, sie sind richtig unleidlich. Aber sie werden es überleben, auch wenn sie gerade rumjammern, dass sie es auf keinen Fall schaffen werden und ich dir letzte Grüße ausrichten soll..."
Avessa musste lachen und spürte ein Ziehen in der Magengegend, das sie als Sehnsucht zu identifizieren meinte. Schnell las sie weiter.
„Falls du etwas herausbekommst, über das Thema, welches wir besprochen haben, wäre ich für eine Eule sehr dankbar, die Stimmung ist doch ein wenig gedrückt deswegen. Aber mach bloß nichts, was dich in Schwierigkeiten bringt.
Alles Liebe und bis in einer Woche,
Hermine"
Avessa sah noch eine Weile auf die Zeilen und legte sie dann mit einem sanften Lächeln beiseite. Sie sah kurz auf das Geschenk der Zwillinge, doch öffnete erst die ihres Vaters. Es waren eine wunderschöne neue Feder mit einem Fässchen erlesener smaragdgrüner Tinte, welches sie ebenso freute wie die neue Kleidung, die sicher nicht ihr Vater ausgesucht hatte.
Es waren diverse Kleider und Röcke mit passenden Oberteilen und Avessa konnte nicht anders, als jedes einzelne davon einmal anzuprobieren. Dass sie bereits sehr viel Kleidung besaß und die neue vielleicht nicht gebraucht hätte, es manche verschwenderisch genannt hätten, kam ihr nicht in den Sinn. Sie lebte in einer dekadenten Welt und mochte den Luxus, den ihr diese bot.
Dann ging sie schnell duschen und kleidete sich in eins der neuen Kleider. Es saß bis zur Taille eng und hatte ein schlichtes grünes Oberteil. Der Rock des Kleides stand etwas ab und war mit einem dunkleren Grünton kariert und endete knapp über den Knien. Darunter konnte man ein wenig moosgrünen Tüll sehen. Dazu trug sie passende Strümpfe und ihre flachen Ballerinas. Ihre langen Haare band sie mit einem passenden grünsilbernen Haarband zu einem strengen Pferdeschwanz.
Als sie sich im Spiegel betrachtete, nickte sie zufrieden und der Spiegel sagte: „Sehr hübsch und dem festlichen Anlass angemessen...auch wenn ich heute Abend etwas Edleres vorschlagen würde." Sie grinste und nickte dem Spiegel zu. „Sicher..." Dann setzte sie sich wieder schwungvoll aufs Bett und nahm leicht zittrig das Päckchen von Fred und George in die Hände, die wie sooft recht kalt waren.
Kurz überlegte sie, ob die beiden ihr eventuell irgendwelche Scherzartikel schicken würden und betrachtete misstrauisch das Päckchen. Nicht, dass es ihr Ruß ins Gesicht pusten würde, oder so. Sie überlegte kurz und rief dann „Twinkle!" Es knallte leise und eine kleine Hauselfe stand vor ihr und verbeugte sich tief. „Was kann Twinkle für die junge Miss tun?" fragte sie mit Piepsstimme und Avessa deutete auf das Päckchen.
„Öffne das bitte für mich", sagte sie und die Hauselfe nickte und öffnete vorsichtig das kleine Paket. Es explodierte nicht und tat auch sonst nichts Ungewöhnliches. Die Hauselfe reichte es ihr mit einem Lächeln. „Gibt es noch etwas, Miss?" Sie strahlte und Avessa wedelte mit der Hand. „Danke, du kannst gehen."
Es knallte wieder und Avessa war wieder allein. Mit ein wenig flatterndem Herzen sah sie in das Paket und wusste gar nicht, warum sie derart nervös war. Etwas verärgert über sich selbst machte sie ein wenig ruppig den Rest des Pakets auf und nahm das Pergament, welches sie darin sah. Sie lächelte sacht und begann zu lesen.
„Liebe Avessa,
wir hoffen, du hast ein so schönes Weihnachtsfest wie es eben geht. Eigentlich hatten wir vor, dir irgendwelche Scherzartikel zu schicken, damit du die frostige Gesellschaft, in der du dich befindest, ein wenig auflockern kannst..."
Sie zog streng eine Augenbraue hoch. Hatte sie es doch gewusst.
„...aber dann wurde uns klar, dass das eher zu Verwirrungen für dich führen könnte und so haben wir einfach etwas eingepackt, was dich ganz persönlich aufmuntern und an uns erinnern soll.
Komm bald wieder, so ganz ohne Schlange ist es langweilig hier.
Gred und Feorge"
Sie merkte, dass sie ein wenig debil grinste und brachte ihre Gesichtszüge unter Kontrolle, bevor sie erneut in das Paket sah. Unter einem dünnen rotgoldenen Stoff fand sie einen kleinen Bilderrahmen in dem ein Foto von ihr und den Zwillingen steckte. Sie machte große Augen, war ihr nicht bewusst gewesen, dass sie drei fotografiert worden waren.
Es war offensichtlich in Hogsmeade aufgenommen worden, am letzten Wochenende vor den Weihnachtsferien und sie standen auf dem Hügel vor der Heulenden Hütte und lachten. Das Bild strahlte soviel Freude und Verbundenheit aus, dass Avessa spürte, wie sich ein Kloß in ihrem Hals bildete und ihr Magen stärker zu ziehen begann.
Sie atmete tief durch und blinzelte, als ihr Blick etwas verschwamm und lächelte dann versonnen, bevor sie das Bild schnell in das Paket zurücklegte. Himmel, warum schafften es die beiden immer wieder, dass sie die Kontrolle über ihre Emotionen verlor? Das war doch nicht sie! Ärgerlich legte sie ihre eiskalten Finger an ihre warmen Wangen und schloss kurz die Augen, auch diese ein wenig kühlend.
Dann straffte sie sich und lächelte erneut auf das Bild und zusammen mit dem Buch von Hermine sowie beiden Briefen legte sie es sorgsam in die Schublade von ihrem Nachttisch, bevor sie über ihre Kleidung strich und gemessenen Schrittes das Zimmer verließ und die Treppe zum Esszimmer hinabging, das familiäre Frühstück nicht zu verpassen.
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