Kapitel 16
„Was macht Ihr dahinten?", ertönte Hagrids Stimme und die beiden fuhren auseinander. Unsinnigerweise wurde Avessa ein wenig rot und fühlte sich schuldig. Sie ging schnell zu den anderen zur Koppel, den wütenden Blick Malfoys in ihrem Rücken spürend. Doch anders als bei ihren Brüdern fand sie das bei Draco eher amüsant, machte es ihr unfassbar viel Spaß, ihn wütend zu machen und in seiner Arroganz zu verunsichern.
Sie beobachtete staunend, wie Harry sich Seidenschnabel näherte und trotz seiner offenkundigen Sorge, den Augenkontakt hielt und ihn dazu bekam, sich ebenfalls zu verbeugen, sodass er ihn streicheln konnte. Hagrid strahlte ihn an und überredete Harry, sich auf Seidenschnabels Rücken zu setzen. Dann schlug er dem Hippogreifen auf den Hintern, der sich aufbäumte und lospreschte, während Hagrid noch „Und nicht an den Federn ziehen, das mag er nicht!" rief.
Avessa sah Harry panisch zu ihm zurückblicken, war es nicht ersichtlich, wie er sich sonst festhalten sollte, aber schon hatte Seidenschnabel abgehoben und Avessa sah zittrig zur Seite, heilfroh, dass nicht sie es war, die auf Seidenschnabels Rücken saß. Draco warf ihr ein wissendes und fieses Grinsen zu und sie schnitt eine Grimasse. Kröter...
Als Harry landete und zwar etwas grün im Gesicht schien, aber irgendwie auch begeistert und vor allem heil, fiel sie leicht in den Applaus ein, der für ihren Geschmack, wie so vieles in Gryffindor völlig übertrieben war. Ihre Emotionen waren so unbeherrscht und wild; und strengten sie ein wenig an, da sie es einfach gewohnt war, dass alle versuchten, sich im Griff zu haben in einer Welt, in der Emotionen eher weniger zum guten Ton gehörten. Hier war dies offensichtlich völlig anders.
Dann durften sie ebenfalls an die Hippogreife und Avessa stellte sich zusammen mit Hermine vor ein wunderschönes Tier mit karamellfarbenem Gefieder. Da Hermine ein wenig unsicher schien, ließ sie Avessa den Vortritt, die dem Hippogreifen fest in die Augen sah und versuchte, nicht zu blinzeln. Sowas machte Hippogreife wohl misstrauisch und angriffslustig. Avessa konnte die Ungezähmtheit des Tieres spüren, aber auch die wilde Intelligenz und als es sich ebenso wie sie verbeugte, lächelte sie. Langsam stellte sie sich neben das große Geschöpf und sprach leise mit ihm, während sie es streichelte.
Hagrid sah sie zufrieden an und sie spürte, dass ihre Art, mit Tieren umzugehen, ihr seine Zuneigung eingebracht hatte. Sie musste schmunzeln, war er im Grunde genommen seinen Tieren sehr ähnlich. Dann hörte sie, wie Malfoy begann, Seidenschnabel, bei dem er stand, zu beleidigen und ihr Kopf ruckte in genau dem Moment herum, als dieser mit seinem Schnabel zuhackte.
Malfoy schrie laut auf und der Hippogreif neben ihr wurde unruhig, sodass sie versuchte, ihn wieder zu beruhigen, auch wenn ihr Herz bis zum Hals pochte. Hagrid sah nach Malfoy, der laut schrie und sich auf dem Boden wälzte und dessen weißer Hemdsärmel sich mit roten Blut vollsaugte. „Er hat mich umgebracht!", gellte seine Stimme weinerlich durch die Luft und Avessa musste unwillkürlich kurz auflachen. Hatte sie eben noch gedacht, die Stimme habe was? Nun wimmerte sie voller Leid. „Wenn das mein Vater erfährt..."
Ihr Kichern klang deutlich durch die Luft und durchbrach die geschockte Stille der anderen, woraufhin sie Pansy Parkinson hasserfüllt anstarrte. Hagrid stand auf und sah völlig verstört hin und her, bevor er Avessa ins Auge fasste. Er kam schnell zu ihr und nahm ihr den Hippogreifen ab. „Bitte...bring ihn in den Krankenflügel...ich muss mich um die Tiere kümmern..." Er stand völlig neben sich und Avessa nickte schnell, auch wenn es das Letzte war, worauf sie Lust hatte.
Pansys Blick wurde noch wütender, als Avessa zu Malfoy ging. „Warum denn ‚SIE'?!" schrie sie. „Sie wird ihm höchstens noch mehr weh tun, hat sie sich doch offensichtlich gegen Slytherin entschieden!" Doch auf einen scharfen Blick Avessas hin, deren Hand kurz zu ihrem Zauberstab zuckte, schloss sie ihren Mund und trat unsicher einen Schritt zurück.
Gut, manchmal nutzte sie ihren Namen...oder das Wissen, dass andere bei einem kalten Blick auch daran dachten, wer alles hinter Avessa stand.
Avessa griff nach Malfoy und er jaulte erneut auf, was Avessa zum Zischen veranlasste. „Reiß dich zusammen, Malfoy!" Als er ihre Stimme hörte, sah er mit großen Augen zu ihr auf und sie sah, wie sein Wille, nicht schwach vor gerade ihr zu wirken mit dem Schock und seinem natürlichen Drang, Aufsehen zu erregen kämpfte. Dann stand er auf, strauchelte und wimmerte, als er automatisch seinen verletzten Arm benutzte. Avessa musste grinsen. „Du bist so ein Weichei, Malfoy", raunte sie und packte ihn bei seinem heilen Arm. „Komm schon..." Er grollte leise und Avessa schüttelte über die Absurdität dieser Situation den Kopf.
„Du weißt, dass das deine Schuld gewesen ist, oder?", fragte sie, woraufhin er sie mit zusammengebissenen Zähnen ansah. „Spinnst du?! Der tumbe Riese hat einfach viel zu gefährliche Tiere auf uns losgelassen!", motzte er, doch Avessa sah das hämische Glitzern in seinen Augen. Sie schnaubte. „Du bist eklig, Malfoy! Willst du, dass er rausgeschmissen wird?", stieß sie hervor, doch Malfoy grinste nur kurz kalt. Die beiden gingen schweigend weiter, keiner glücklich, in der Gesellschaft des Anderen zu sein.
Dann sah Draco schräg zu ihr. „Du siehst scheiße aus, Avessa." Sie machte große Augen und wandte sich fassungslos zu ihm um. „Wow... das ist selbst für deine Verhältnisse echt platt!", sagte sie irritiert und er zuckte mit den Schultern. „Ich meine die Hausfarben. Stehen dir nicht." Sie verspürte tiefe Zustimmung in sich, doch bevor sie etwas antworten konnte, sah er sich um. „Hast du überhaupt eine Ahnung, wo du lang musst?!", fauchte er sie an und sie errötete sacht und sah zur Seite, was ihn zu einem amüsierten Schnauben veranlasste. „Verflucht, warum bin ich an dich geraten hierfür? Da lang!", sagte Draco blasiert und schleppte sich in Richtung Krankenflügel.
Als sie ankamen, wuselte Madam Pomfrey zu ihnen und riss die Augen auf. „Was 'aben Sie beide gemacht?" entkam es ihr vorwurfsvoll und Avessa trat beiseite, damit sich die Heilerin Dracos Arm ansehen konnte. „Ein Hippogreif hat ihn angegriffen, nachdem er ihn beleidigt hat...", sagte sie leise und Draco sah verkniffen zu ihr, bevor er sich an Madam Pomfrey wandte. „Er hat grundlos zugebissen! Ein Untier! Ich will, dass mein Vater hierüber informiert wird!", verlangte er laut und mit der ihm angeborenen Arroganz, die Avessa immer dazu veranlasste, ihm eine reinhauen zu wollen – obwohl sie ja selbst alles andere als frei von dieser Eigenschaft war, auch wenn sie das anders sah.
„Das wird er sowieso, Mister Malfoy...", murmelte die Heilerin und hatte nun seinen Arm entblößt. Avessa sah die offene Fleischwunde, die voller Blut war und sie wurde bleich. Still und sacht schluckend wandte sie sich ab. Malfoy, dem das nicht entgangen war, grinste böse, doch sagte solange nichts, bis Madam Pomfrey die Wunde geheilt hatte. Er verlangte einen Verband, was sie erst abzulehnen versuchte, doch dann ließ sie sich dazu breitschlagen. Manchmal kam es eben vor, dass solche Wunden trotz Heilung noch schmerzten, auch wenn dies natürlich nur dem Schock zuzuschreiben war. Aber wenn ein Verband den Jungen beruhigen würde...
Kaum war sie damit fertig, seufzte Avessa zufrieden. „Kann ich dann gehen...? Ich sollte ihn doch eigentlich nur herbringen...?" Madam Pomfrey nickte. „Gleich, gleich...", sagte sie fahrig und wuselte erneut davon. Avessa seufzte und sah ihr entnervt nach. „Gleich? Warum gleich?", murmelte sie. Draco stellte sich zu Avessa und sah höhnisch auf sie hinab. „Na? Kannst du kein Blut sehen, oder was?", fragte er provozierend und sie stieß einen kurzen Lacher aus. „Entschuldige, frisch mal meine Erinnerungen auf...wer hat nochmal geschrien wie ein Baby und geweint, dass der Hippogreif ihn umgebracht hätte?!", ätzte sie, doch konnte er ihrer blassen Nase ansehen, dass er dennoch recht hatte.
Er grinste selbstzufrieden und betrachtete Avessa, die zur Seite sah und unbewusst an ihrem Handgelenk rieb. Draco runzelte die Stirn und seine Hand zuckte vor und packte wie selbstverständlich ihre Hand, schob den Umhang des Mädchens über den Arm zurück. „Was ist das denn, Carrow? Schon Ärger gehabt mit einem Gryffindor?" Er lachte spöttisch und deutete auf ihr verfärbtes Handgelenk, doch Avessa presste die Lippen zusammen und wollte ihm ihren Arm entziehen. „Klappe, Malfoy", zischte sie und sah dann auf, als eine große dunkle Gestalt zu ihnen trat und Avessa zusammenzucken ließ, hatte sie nicht bemerkt, dass sich jemand näherte.
„Vielleicht sollten Sie das ebenfalls von Madam Pomfrey untersuchen lassen, Miss Carrow", sagte die kalte Stimme von Professor Snape und sie spürte ihren Herzschlag schneller werden. Diese Stimme! Sie löste ein heftiges Kribbeln in ihr aus, auch wenn ihr Besitzer sie verunsicherte.
Dieser schürzte seine Lippen und der Ausdruck von Abscheu trat in sein Gesicht, als er sie in den Farben Gryffindors dastehen sah, war sie einfach prädestiniert für die Farben seines Hauses. Das konnte keiner anders sehen und dass Dumbledore ihre Bitte um einen Hauswechsel abgelehnt hatte, hatte ihn nicht eben erfreut. Der Schulleiter hatte ihn beim Mittag darüber informiert, auch wenn es de facto eigentlich nicht nötig gewesen wäre. Nun, es würde sich zeigen, wie lange der Zustand hielt...
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