𝟎𝟓
𝑳𝒊𝒍𝒚 𝑬𝒗𝒂𝒏𝒔, 𝒅𝒆𝒓 𝒘𝒖𝒏𝒅𝒆𝒓𝒔𝒄𝒉𝒐̈𝒏𝒆 𝑺𝒄𝒉𝒘𝒂𝒏
(𝑣𝑠 𝑀𝑒𝑙𝑜𝑑𝑦, 𝑑𝑎𝑠 𝑏𝑒𝑔𝑛𝑎𝑑𝑒𝑡𝑒 𝑇𝑟𝑎𝑚𝑝𝑒𝑙𝑡𝑖𝑒𝑟)
𝑜𝑑𝑒𝑟... 𝑉𝑜𝑛 𝐻𝑜𝑔𝑠𝑚𝑒𝑎𝑑𝑒, 𝑒𝑖𝑛𝑒𝑟 𝑆𝑐𝒉𝑢𝑙𝑡𝑒𝑟 𝑧𝑢𝑚 𝐴𝑢𝑠𝑤𝑒𝑖𝑛𝑒𝑛, 𝐸𝑖𝑓𝑒𝑟𝑠𝑢𝑐𝒉𝑡
𝑢𝑛𝑑 𝑆𝑡𝑖𝑛𝑘𝑏𝑜𝑚𝑏𝑒𝑛 

Freitags war James schon zu nichts mehr zu gebrauchen. Sein Date mit Lily machte ihn so unfassbar nervös, dass er ständig total aus dem Konzept kam - und im Unterricht mindestens in jedem Fach zweimal ermahnt wurde. Sirius wahrte strengsten Sicherheitsabstand zu seinem Freund. Er ging sogar mit mir zum Abendessen. ,,Ich halte das nicht mehr aus. Letzte Nacht hat er sogar im Schlaf von ihr gesprochen, Mel! Ich verspüre selten den Drang, jemanden mit seinem Kissen zu ersticken, doch in diesem Fall..." Der Dunkelhaarige blies die Wangen auf und schüttelte so heftig den Kopf, dass ihm einige Haarsträhnen in die Stirn fielen - und die Mädchen um uns herum beinahe zu sabbern schienen. Ich sah bedrückt auf meine Schuhe, während ich neben ihm zur großen Halle lief. Seit Lily James zugesagt hatte, hatte er nicht ein Wort mehr mit mir gewechselt... Und ich hatte naiverweise irgendwie gehofft, dass wir so etwas wie Freunde waren. Doch es schien mich seitdem gar nicht mehr wirklich zu geben. Melody Weasley war einmal wieder erfolgreich unsichtbar geworden. Wieso passierte mir das immer wieder? ,,Mel, hörst du mir überhaupt zu?" Sirius stieß mich leicht an und ich hob den Kopf, pustete mir eine rote Locke aus der Stirn und nickte. ,,Klar, tut mir leid. Zaubertränke hat mich mal wieder hoffnungslos überfordert", murmelte ich und Sirius legte mir leise lachend einen Arm um die Schultern. Wenn Blicke töten könnten, dann würde ich auf der Stelle zu Asche zerfallen. Pikiert wandten sich die Mädchen ab, dramatisch warfen sie ihre langen Haare zurück. Sirius war definitiv ziemlich begehrt...

,,Ich könnte dir Nachhilfe geben", schlug er vor, als wir in die große Halle traten und ich lachte leise. ,,Nachhilfe? Nein, ich schaffe das schon", widersprach ich ihm amüsiert wir steuerten den Gryffindor-Tisch an. James saß bereits mit Remus da und die beiden sahen auf, als wir uns zu ihnen gesellten. ,,Man Tatze, wo warst du denn den ganzen Tag?", fragte James seinen Freund sofort, während ich mir still ein großes Würstchen auf den Teller legte und es mit Ketchup so voll kippte, dass man bald bloß noch rot sah. Aber besser als rosa, so wie James. Vielleicht sollte ich mir ein Haustier kaufen, ein echtes. Wäre ich nur besser in Verwandlung, dann könnte ich Schnuffel in einen echten Hund verwandeln. Vermutlich würde ich irgendwann mit sieben Katzen sterben - und zwar, weil ich über eine davon gestolpert war und mir dabei das Genick gebrochen hatte. ,,Ich hatte 'ne Menge Hausaufgaben nachzuholen", meinte Sirius nun und ich musste schwach grinsen. In Wirklichkeit hatte er sich mit irgendeinem Mädchen in der Bibliothek versteckt, wo ich ihn getroffen hatte, als ich meinen Aufsatz für Verwandlung geschrieben hatte. ,,Ach so?" James musterte Sirius einen Moment, dann begann er wieder zu grinsen. ,,Morgen ist es soweit... Ich, James Potter, gehe mit Lily Evans nach Hogsmeade." Seine haselnussbraunen Augen leuchteten auf und ich starrte mein Würstchen an. Irgendwas in mir wollte es ihm gewaltsam in den Mund stopfen, damit er endlich still war und aufhörte von dieser rothaarigen Super-Zicke zu reden. Es gab Mädchen, die alles für ein Hogsmeade-Date mit einem Jungen wie James geben würden... Mädchen wie mich. Und er machte es sich so schwer und ging mit Lily? Missmutig rammte ich meine Gabel in das Würstchen - und bespritzte Sirius neben mir mit Ketchup, der amüsiert zu mir sah. 

,,Sollte das Würstchen Angst haben?", fragte er mich grinsend und ich zuckte mit den Achseln. ,,Vielleicht..." Ich schob mir die Gabel in den Mund und verzog das Gesicht. Vielleicht doch zu viel Ketchup. ,,Mit wem gehst du nach Hogsmeade?", fragte Sirius mich beiläufig, nahm einen Schluck von seiner Limonade. ,,Ich werde vorlieb mit meiner eigenen Wenigkeit nehmen", gab ich zurück und er zwinkerte mir zu. ,,Wäre es in Ordnung, wenn ich diesem äußert romantischen Umstand beiwohne?" Frech schmunzelte er und erstaunt sah ich ihn an. Er wollte mit mir nach Hogsmeade gehen? Damit stand ich dann offiziell auf der Abschussliste der halben Schule... Aber das hier war ja sowieso nicht meine Zeit. Wer wusste schon, wie lange ich überhaupt noch hier war? Vielleicht fiel ich bei meinem nächsten Treppenhaussturz schon wieder meinem Bruder Fred in die Arme und wäre zurück im melodramatischen 1995. Sollte mich doch halb Hogwarts in einer Kloschüssel ertränken und zur besten Freundin der maulenden Myrte machen wollen... Im Endeffekt schaffte ich es sicher noch vor dem Ernstfall nachhause zurück. Was passierte eigentlich, wenn man in der Vergangenheit starb? Hatte ich in meiner Zeit dann niemals existiert? Ich rümpfte einen Moment die Nase, schluckte das Würstchen runter. ,,Klar, warum nicht?" 

Am nächsten Morgen fiel ich aus dem Bett. Hart machte meine Stirn mit dem noch härteren Steinboden meines Schlafsaals Bekanntschaft und einen Augenblick lang hörte ich die Vöglein zwitschern und blieb dumpf stöhnend liegen. So konnte der Tag nur noch besser werden - und ich bloß noch Hoffnung schöpfen. Wenn er schon am Boden begann... ,,Du verdammtes Scheißteil! Warum lässt du dich nicht kaputt machen?!" Knurrend stellte ich den nervtötenden Wecker aus, der auf meinem Nachtschrank herum hüpfte und immer lauter wurde. Nervtötend. Müde schleppte ich mich unter die  Dusche. Am frühen Morgen waren meine Haare meistens nur durch ein Wunder zu gebrauchen... Meistens jedoch standen sie wild in alle Richtungen ab, während mein Ansatz komplett platt war - und sie sich so rau anfühlten, als wären sie Stroh. Das heiße Wasser weckte meine Lebensgeister. Es war Samstag... Wochenende. An einem Tag wie diesen durfte man keine schlechte Laune haben, das war eine strenge Regel von Fred und George. Leider schaffte ich es trotzdem ziemlich oft, an einem Samstagmorgen ziemlich grantig zu sein - und ich verbrachte meine Zeit im Badezimmer mit ziemlich viel fluchen, ehe ich angezogen und mir meine Schnürsenkel in die Schuhseiten geschoben, die Treppen in den Gemeinschaftsraum hinunter eilte. Meine Schnürsenkel wickelte sich schicksalshafterweise dabei auf und auf der berühmtberüchtigten vorletzten Stufe blieb ich daran hängen und kam ins straucheln. Wild mit den Armen rudernd versuchte ich mein Gleichgewicht wiederzufinden... Doch landete trotzdem mit einem dumpfen Laut der Länge nach auf weinrotem Teppich. Stöhnend rieb ich mir das Knie, als ich mich wieder hochdrückte und meine Mine verfinsterte sich, als Lily Evans elegant wie eine Elfe an mir vorbei schwebte und ihre langen, roten Haare zurück warf, ehe sie James anstrahlte, der sie ansah, als sei sie ein wunderschöner Schwan. Was sie ja auch war. Und ich, das hässliche Entlein, saß auf dem Fußboden und rieb mir einen weiteren blauen Fleck. Und James hatte mich nicht einmal bemerkt, dabei war ich nicht gerade leise die Treppen runtergefallen. Neben Evans war ich ein Bauerntrampel. Das Leben als Teenagerin war einfach nur frustrierend. Wie konnte man das im Alter als beste Zeit seines Lebens bezeichnen? Es war einfach nur ein Griff ins Klo!

Sirius, der auch schon auf mich gewartet zu haben schien, trat mit einem breiten Grinsen zu mir. ,,Alles okay, Weasley? Sah ziemlich... schmerzhaft aus." Er verkniff sich das Lachen, das sah ich ihm an. Murrend nahm ich die Hand entgegen, die er mir reichte, um mir dennoch galant auf die Beine zu helfen. ,,Halb so wild, passiert mir doch ständig..." Mein Blick flog zu dem Porträt der fetten Dame. James und Lily verließen gerade lachend den Gemeinschaftsraum. Schade, ich hatte gehofft, sie schlugen sich vielleicht doch noch die Köpfe ein. Sirius griff schmunzelnd nach meinem Arm. ,,Lily hat James schon immer blind gemacht", meinte er, als wir ebenfalls durch das von mir verhasste Porträt traten und die Treppen des Gryffindorturms hinab traten. Fragend sah ich ihn an und Sirius grinste schief. ,,Ach komm schon, Mel. Ich habe doch Augen im Kopf." Aufmunternd zwinkerte er mir zu. ,,An meiner Schulter kannst du dich jeder Zeit ausweinen!" Er wackelte vielsagend mit den Augenbrauen und meine Wangen wurden heiß. Lachend schlug ich ihm gegen den Oberarm. ,,Idiot." Ich wusste, warum er mit mir nach Hogsmeade ging. Ich hatte Remus und ihm erst vorgestern erzählt, dass ich noch nie mit einem Jungen gegangen war... Von meinen Brüdern abgesehen. Und weil er James entkommen wollte. Was also aus Mitleid und Eigennutz rührte, doch das war mir irgendwie egal. Ich fand es nett... Netter, als alles, was ein Junge bisher für mich getan hatte. Bis auf James... Das mit dem Hähnchen süß-sauer würde mein naives Herz ihm wohl niemals wieder vergessen. Ich schüttelte über mich selbst den Kopf. Ich ging doch nicht mit Sirius nach Hogsmeade, um über James nachzudenken. 

Es war schönes Wetter. Beinahe war es zu schön, für ein Hogsmeade-Wochenende. Die Sonnenstrahlen waren warm und angenehm auf meiner Haut und eigentlich brauchte ich die dünne Strickjacke gar nicht, die ich mir im letzten Moment noch übergezogen hatte. ,,Hogsmeade ist schöner im Winter", meinte ich, während ich an Sirius' Seite über die Ländereien und hinab in das kleine Dorf spazierte und angestrengt auf meine Schuhe starrte, falls meine Schnürsenkel es wagen sollten, sich nochmal selbstständig zu machen. Ich würde Sirius wahrscheinlich den Arm ausreißen, wenn ich erneut ins Stolpern kam und mich an dem Einzigen festhielt, was in greifbarer Nähe war. Ihm. ,,Stimmt", pflichtete der Dunkelhaarige mir bei und ich biss mir auf die Unterlippe. ,,Wo willst du zuerst hin?", fragte ich ihn leise und er grinste. ,,Zonko's?", schlug er vor und ich musste schmunzeln. Das war auch immer die erste Haltestelle gewesen, wenn ich mit meinen Brüdern nach Hogsmeade gegangen war... Und danach folgte meistens der Honigtopf, damit auch ich zufrieden und glücklich war. ,,Okay, Zonko's." Ich folgte Sirius durch die Schülermassen in Richtung des beliebten Scherzartikelladens und das Glöckchen über der Tür schrillte, als er sie aufdrückte und wir uns in den Laden mit den kunterbunt bestückten Regalen schoben. Sirius begann sofort breit zu grinsen. Etwas Freches blitzte in seinen Augen auf - etwas, das mich an meine beiden Lieblingsbrüder erinnerte. Ich hätte nie gedacht, dass ich die beiden eines Tages einmal so sehr vermissen würde, wie in diesem Moment...

Ich seufzte leise, als ich aus dem Augenwinkel James und Lily sah. War natürlich klar, dass meine Pechsträhne uns in den gleichen Laden führte. Gab ja auch nicht genug davon hier in Hogsmeade. ,,Was willst du mit dem ganzen Feuerwerk?", fragte ich Sirius verwundert, der die Arme bereits voller hitzefreier Feuerwerkskörper hatte und mir nur grinsend zuzwinkerte. ,,Rumtreiber-Geheimnis", gab er zurück und wandte sich wieder den Regalen zu. Rumtreiber... Die Spitznamen in dieser Zeit waren wirklich merkwürdiger Natur. Da war ja sogar Wiesel-Weasley kreativer. Ich verzog das Gesicht. Parkinson. Merlin, wie sehr dieses Mopsgesicht doch zum Kotzen war. Mein Blick flog wieder zu James und Lily und meine gedanklichen Abschweifungen waren sofort verworfen, als ich die beiden erblickte. Lily hatte ein glockenhelles, melodisches Kichern, das ganz zu ihrem elfengleichen Auftreten passte. Und James sah sie so bewundernd an, dass sie gerade nur etwas verdammt cooles vom Stapel gelassen haben konnte. Ich wünschte, so ein Lichtmoment würde auch mir mal passieren. Ich wandte kopfschüttelnd den Blick wieder ab und musterte die kleinen, verschieden farbigen Kugeln im Regal neben mir. Kleine Stinkbomben. Kein großes Übel, bis auf die Tatsache, dass sie unsichtbar und damit unauffindbar waren und man den Gestank erst nach einem Tag wieder los wurde. Mein Blick flog zurück zu James und Lily. Er hatte den Arm um sie gelegt und die beiden betrachteten gerade ein paar merkwürdig präparierte Feuersalamander. Arme Dinger. Ich wollte gar nicht wissen, was der Ladenbesitzer ihnen angetan hatte.

Ein viel zu kreativer Gedanke wuchs in meinem Kopf heran und stellte einmal wieder unter Beweis, was für einen großen Einfluss Fred und George schon immer auf mich gehabt hatten, wenn sie meine Haare einmal wieder beim Frühstück angesenkt oder meinen Teddybär in ein aggressives Monster verwandelt und in meinen Schrank gesperrt hatten. Oh nein, Melody! Nein, nein! Hörst du, einfach nein! Wieder einmal ignorierte ich meinen Verstand, der eigentlich echt gut in Takt war... Nur ich war es einfach nicht. Meine Finger schlossen sich um eine giftgrüne Kugel und ich schob mich näher zu James und Lily heran. ,,Willst du als nächstes vielleicht ins Drei Besen?", konnte ich James gerade fragen hören, als ich mich an das Regal schob, vor welchem die beiden Turteltauben gerade standen. Für das, was ich als nächstes tat, würde ich wahrscheinlich in die Hölle kommen. Ich fuschte zwei Liebenden dazwischen. Armor würde mich vermutlich gerade mit Herzpralinen bewerfen. Ich machte einen Schritt zur Seite, rempelte James an und gab ein ,,Oh Merlin, Entschuldigung!" von mir, während ich ihm die Stinkbombe in die Manteltasche schob, die sich dort augenblicklich unsichtbar machte und schon bald höllisch zu stinken beginnen würde. Lily sah mich lächelnd an. ,,Ist doch kein Problem", meinte sie mit sanfter Stimme und mir wurde schlecht. Beim Nifflerfurz, warum musste sie auch noch so verdammt nett sein? Konnte sie denn nicht in einer Sache mal nicht perfekt sein? 

,,Hi, Mel", grinste James bloß und ich zwang mir ein Lächeln auf. Tschüss, Mel. Die beiden wandten sich ab und ich sah mich suchend nach Sirius um. Was hatte ich nur getan? Ich hatte James doch nicht wirklich gerade in Eifersucht eine Stinkbombe untergemogelt, oder? Eine Stinkbombe, die ich noch nicht einmal bezahlt hatte. Und das aus Eifersucht auf ein Date, zu welchem ich ihm erst noch verholfen hatte. Fred und George wären sicher verdammt stolz auf mich... Auf die Brut, die sie geschaffen hatten. Seit wann war ich so bösartig? ,,Ach, Mel, da bist du ja." Breit grinste Sirius mich an. Mit zwei vollen Tüten trat er zu mir. ,,Gehen wir in den Honigtopf?" Ich nickte. Ich ging überall mit ihm hin, solange es nicht das Drei Besen war.