04
- Lee Minho
Geweckt wurde ich durch das nervtötende Geräusch meines Weckers. Ich hatte die Nacht nicht wirklich viel geschlafen, da ich allgemein Schlafprobleme hatte und mir Jisung die ganze Zeit durch den Kopf schwirrte. Ich wusste nicht warum, aber er vertraute mir so sehr und das konnte ich einfach nicht verstehen. Vielleicht sollte ich ihn mal fragen? Dann würde es wenigstens geklärt sein. Dann würde mir nicht diese eine Frage den nicht vorhandenen Schlafrythmus zerstören.
Langsam stand ich auf und ging ins Bad um mich soweit fertig zu machen. Dann ging ich die Treppen runter so leise es ging, da einige hier später Schule hatten als ich und so rücksichtsvoll wie ich war, wollte ich ihnen ihren Schlaf auch gönnen. Bei Minji hätte ich am liebsten zwar die Tür eingetreten, aber dann hätte es Stress gegeben und diesen konnte ich gerade wirklich nicht gebrauchen.
Unten angekommen begrüßte ich Donghyun, der schon wach war. Ich setzte mich an den Tisch und machte mir was zu essen für die Schule fertig. Ich konnte morgens vor der Schule einfach nichts essen, weshalb ich mir immer noch etwas Taschengeld einsteckte um mir was in der
Cafeteria zu holen, falls es wirklich nicht mehr ging und die zwei Brote nicht reichten.
,,Morgen." hörte ich plötzlich die verschlafene Stimme von Jisung und augenblicklich drehte ich mich um, um den halb wachen Jungen vor mir zu finden, der mich schwach anlächelte. Sogar verschlafen sah er knuffig aus. Warum dachte ich so über ihn? Immerhin kannten wir uns kaum. Vielleicht mochte ich seine Art ja nicht? Ok doch, ich würde sie mögen. Was war nur los mit mir?
,,Danke, das du mich gestern auf mein Zimmer getragen hast." bedankte er sich plötzlich und woher wusste er, dass ich ihn getragen hatte? Hatte er vielleicht nur so getan als würde er schlafen? Nein, sicher nicht, Jisung würde sowas nicht tun.
,,Woher weiß-"
,,Ich bin bei dir eingeschlafen und heute in meinem Bett aufgewacht. Ich kann mir denken, dass du mich in mein Bett getragen hast." ja gut, so war es ja auch. Ich sagte darauf nichts mehr und machte mir weiter meine zwei Brote fertig, bei denen ich aufgehört hatte zu schmieren, als Jisung den Raum betreten hatte.
,,Können wir vielleicht nach der Schule was zusammen machen? Donghyun meinte gestern, ich soll mich in die Gruppe eingliedern und deshalb frage ich. Die anderen können ja auch mitkommen wenn sie Lust und Zeit haben. Die wollte ich später auch fragen. Hast du denn Lust?" ich sah zu dem orangehaarigen Jungen und nickte mit einem Lächeln.
,,Klar können wir was zusammen machen. Bin zwar erst um 4 Uhr wieder hier, aber ich denke das klappt." meinte ich und Jisung freute sich, umarmte mich sogar kurz und machte sich dann dein Frühstück. Er war jetzt viel besser gelaunt und irgendwie wollte ich ihn jetzt nicht fragen, warum er mir so vertraute. Aber die Frage lag mir schon die ganze Nacht im Kopf und ich wollte sie loswerden, Klarheit haben.
,,Sag mal, wie kam es eigentlich dazu, das du gestern direkt zu mir gekommen bist?" fragte ich ihn dann worauf er aufhörte zu essen und mich ansah. Sein Blick wirkte irgendwie anders, etwas undefinierbar und gerade hatte ich ein wenig Angst, dass ich irgendwas falsches gefragt hatte. Aber es war ja auch berechtigt, oder nicht?
,,Ich wollte Gesellschaft haben. Ich wollte einfach nicht alleine sein, wenn es mir so scheisse geht, weißt du? Und in dir sehe ich halt eine vertrauenswürdige Person, weshalb ich dann zu dir gegangen bin. Wenn du keine Lust auf mich-"
,,Du kannst immer zu mir kommen, wenn was ist Jisung. Ich hatte mich halt nur gefragt wie du einem fast Fremden sowas anvertrauen kannst. Du bist gerade mal einen Tag hier und es hatte mich eben ein wenig verwirrt. Und du kannst mir vertrauen. Wenn es dir irgendwie schlecht gehen sollte, meine Zimmertür steht für dich offen, ja?" Jisung nickte und es schien, als wäre ihm gerade eine Last von der Schulter gefallen. Er lächelte mich an und im nächsten Moment spürte ich seine Arme um meinem Hals. Er mochte es wohl, Menschen zu umarmen.
,,Danke Minho." Jisung löste sich aus der Umarmung und widmete sich wieder seinem Frühstück zu, während ich mein Geschirr wegräumte und zu Donghyun ins Büro ging.
,,Wegen dem Hilfeplan. Der Termin nächsten Monat fällt aus, da deine Eltern keine Zeit haben, Geschäftsreise oder so. Auf jeden Fall hat das Jugendamt weitere Termine rausgesucht, von denen du dir einen raussuchen kannst. Es geht ja hier um dich und deshalb sollst du den Termin raussuchen." erklärte mir Donghyun und ich nickte. Er zeigte mir die Termine, wovon ich direkt den ersten nahm, der mir gezeigt wurde. Ich wollte dieses Hilfeplangespräch einfach nur hinter mir haben.
,,Okay, dann werde ich dem Jugendamt später Bescheid geben." ich nickte und ging wieder ins Esszimmer, wo meine Jacke und mein Rucksack standen. Ich zog mir schnell meine Jacke an und schulterte meinen Rucksack, ehe ich mich von Donghyun und Jisung verabschiedete.
Draußen war es noch relativ dunkel und ich war etwas früh dran, weshalb ich entschied einen Umweg zu laufen. Mit Musik in meinen Ohren lief ich also die Straßen entlang zur Schule. Ich lief ungefähr 15 Minuten dort hin, mit dem Umweg nochmal 15 Minuten länger. Ich mochte es eben Umwege zu laufen, denn laufen tat mir immer wirklich gut und die Musik schmiss mich manchmal in kleine Tagträumerein. Wie ich zum Beispiel auf der Bühne performte, oder mein Traum K-Idol zu werden, den meine Eltern mir praktisch verboten hatten. Ich sollte irgendwas krasses wie Arzt oder Architekt werden, was ich aber nicht unbedingt wollte. Da ich ja jetzt im Heim lebte, konnte ich ja jetzt meinen wirklichen Traum verfolgen.
Doch heute waren meine Tagträumerein etwas anders. Es waren schon die gleichen, aber mit Jisung. Wie der Junge sich in meine Träume schleichen konnte, war mir ein Rätsel, aber das ich ihn auch am Tor meiner Schule sah, wie er von ein paar Menschen verprügelt wurde, zeriss mir irgendwie das Herz. Ich wollte unbedingt helfen, aber ich konnte ja nicht mal zusehen, wenn Menschen sich schlugen. Ich hatte Angst davor, was man mir im nächsten Moment sogar deutlich anmerkte. Ich zitterte Stark und wollte einfach nur wegsehen. Aber ich konnte nicht. Ich konnte mir das nicht länger ansehen wie Jisung verprügelt wurde. Das war der Grund weshalb ich mich traute zu den Jungs zu gehen.
,,Lasst ihn in Ruhe." ich wollte so ruhig wie möglich bleiben, obwohl die Wut und auch die Angst in mir Anstieg. Bitte Angst, bleib einfach weg von mir.
,,Was willst du tun, huh? Die Schwuchtel hat es verdient geschlagen zu werden. Guck ihn dir doch an, richtig hässlich dieser Junge." meinte der Junge vor mir und ich hätte ihm am liebsten direkt eine reingehauen. Jisung war nicht hässlich. Der Typ hatte wohl keine Augen im Kopf. Außerdem konnte er lieben wen er wollte, so konnte es auch der Typ vor mir. Wenn er also ein Problem mit Menschen hatte, die das Gleiche Geschlecht bevorzugten, sollte er seine Meinung für sich behalten.
,,Er kann Lieben wen er will. Das hat dich überhaupt nichts anzugehen. Außerdem ist er nicht hässlich, du hast nur keine Augen im Kopf. Und selbst wenn er hässlich wäre, wer oder was gibt dir das Recht dazu, ihn zu schlagen?" Darauf blieb er still, genauso wie seine Freunde. Der Typ wusste wahrscheinlich nur nicht wohin mit seinen Gefühlen, weshalb er Jisung schlug. Ich half dem jüngeren auf und stützte ihn so gut ich konnte, denn er wirkte wirklich sehr schwach in diesem Moment und dafür verfluchte ich diese Typen.
,,Du bist wohl selber ne Schwuchtel. Vielleicht sollte ich dich verprügeln anstatt den loser hier. Wie wäre das?" Es machte mir Angst, das er mir wirklich drohte mich zu schlagen. Ich blieb stehen, versuchte mich unter Kontrolle zu bekommen. Er hatte nicht das Recht irgendwelche Menschen zu schlagen. Niemand hatte das Recht Menschen zu schlagen. Es machte mich wütend, als er Jisung loser nannte. Jisung war kein Loser. Er bewies sich nur nicht für irgendwen.
,,Du Schwuchtel hast wohl Angst, huh? Naja, wenn man mit so einem hässlichen Jungen wie mit der Schwuchtel zusammen ist, dann ist es auch kein Wunder." provozierte er mich weiter und ich verlor wirklich die Kontrolle. Ich ließ Jisung los, schlug dem Typen der ihn zuvor geschlagen hatte ins Gesicht. Es löste plötzlich so eine Art Panik in mir aus, weshalb ich direkt nach dem Schlag einfach zu den Jungstoiletten bei der Sporthalle lief. Ich schloss mich in eine der Kabinen ein und fing an zu weinen. Ich hatte mir geschworen niemals - wirklich niemals - jemanden zu schlagen, doch ich tat es. Und das nur für Jisung.
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