𝟑𝟑│𝑲𝒊𝒆𝒓𝒂
Kiera
Puff.
War klar, dass er an sowas denkt. Wie lange ist er jetzt schon untervögelt? Mehr als sieben Stunden sicherlich!
Ich versuche möglichst unauffällig zu Colin rüber zu schielen. Sein Blick ist wachsam auf die Straße gerichtet. Die braunen Locken fliegen wirr im Zuge des Fahrtwindes hin und her, weil er das Fenster auf seiner Seite bis zur Hälfte heruntergelassen hat. Eine Hand ist griffbereit am Steuer. Die andere ruht auf seinem Oberschenkel, auf den unwillkürlich mein Blick fällt und langsam höher wandert...und höher.... und höher....bis zu seinem Schritt.
Gott, was mache ich da?
Sofort wende ich den Blick ab und zwinge mich aus dem Fenster zu starren, bevor Colin noch bemerkt, dass ich ihn beobachte. Dass ich ihn da beobachte.
Ich spüre wie mir das Blut augenblicklich in die Wangen schießt und glaube schon, dass er etwas bemerkt hat, als seine Stimme nach ewigen Minuten des Schweigens zu mir herüberdringt. Tief und Rau. »Kiera...«
Gott, er hat es bestimmt bemerkt!
Ich brauche eine Ausrede. Jetzt. Sofort!
Wie wär's mit „Da war ein Krümel, also war ich praktisch gezwungen hinzusehen?!"
Oh Mann, schlechter geht's nicht mehr. Ich bin so am Arsch. Loch im Boden tue dich auf...
»Mmmhh?« Ich sinke kleinlaut in meinen Sitz, stoße Gebete gen den Himmel aus, dass Colin es doch nicht bemerkt hat und lunze im Augenwinkel zu ihm herüber, nur um zu sehen, wie Colin das Fenster wieder hochfährt, um mir dann mit einem ernsten Gesichtsausdruck entgegen zu schauen.
»Ich habe nicht mit Jessica geschlafen«, sagt er plötzlich und ich bin erst einmal überrumpelt. Ich war der festen Annahme, er würde mich mit meinem Ausrutscher von eben konfrontieren, einen blöden Spruch bringen oder mir irgendetwas Belangloses erzählen, aber ich hätte nie im Leben mit einer solchen Offenbarung gerechnet.
Um ehrlich zu sein, habe ich versucht, das Thema so gut es geht in den hintersten Teil meines Gehirns zu schieben und zu verdrängen, solange ich bei ihm bin. Zum einen, weil es momentan wichtigere Dinge gibt als unsere kleine Auseinandersetzung. Zum Beispiel Kaitlyns und Josh Hochzeit retten, indem wir eine neue Torte besorgen.
Zum anderen könnte ich es aus irgendeinem Grund nicht ertragen, ihn ständig ansehen zu müssen und dabei zu wissen, dass Stressica ihn an diversen Körperteilen berührt hat und er das auch noch gut fand. Die Vorstellung allein ekelt mich an. Noch jetzt taucht das Bild in meinem Kopf auf wie er vor mir stand; die Lippen geschwollen, das Hemd schief zugeknöpft.
Ich seufze und senke den Blick auf den einst mal apricotfarbenen Stoff, der meine Oberschenkel bedeckt.
Schlussendlich habe ich keine Ahnung, was ich von seinem Gesagten halten soll.
Ist es die Wahrheit? Habe ich da vielleicht doch zu viel hineininterpretiert und Colin hat nicht mit ihr geschlafen? Oder belügt er mich schon wieder?
Gott, die Unwissenheit macht mich krank und zerrt an meinen Nerven. Gleichzeitig spüre ich schon innerlich wie sich eine hitzige Diskussion zwischen uns beiden anbahnt, sollte ich das Thema weiter vertiefen wollen. Und ich weiß nicht, ob ich das wirklich will.
»Colin...«, will ich ausweichen. Ich glaube, dass ich nicht bereit zu diesem Gespräch bin. Noch nicht, aber bevor ich ihn darauf hinweisen kann, erstickt er schon meine Worte mit seinen: »Nein, Kiera. Wir reden jetzt darüber. Ich will das klarstellen!«, beharrt er stur und dann weiter: »Ja, sie war auf der Toilette und ja, sie hat mich geküsst, aber nein, ich hatte nicht meinen magischen Zauberstab in ihrer Petunie.«
Ich grinse, doch nur kurz. Denn dann fällt mir ein, was er vorhin zu mir gesagt hat. Augenblicklich verhärten sich meine Züge wieder.
Ich winke ab.
»Schon gut, da hattest recht. Du kannst machen, was du willst. Du bist mit keine Rechenschaft schuldig, Colin«, wiederhole ich nur das, was er mir vor einer Stunde um die Ohren gehauen hat.
»Fuck, nein!« Colin reißt das Steuer so plötzlich und unerwartet herum, dass ich binnen Millisekunden nach vorne geschleudert werde, nur um kurz darauf durch den Gurt um meine Brust wieder nach hinten in den Sitz gepresst zu werden.
Er legt eine perfekte Vollbremsung auf dem Seitenstreifen hin, woraufhin mein Baby mitleidig aufquietscht und ich gleich mit. Wütend funkle ich Colin an, als wir zum Stehen kommen.
Mann, die Reifen habe ich gerade erst neu wechseln lassen. Kein Grund sie gleich zu fetzen, Colin Walker! Das ist nämlich meine Aufgabe!
Der Mann, der meinte hier mit meinem heiligen Baby Fast&Furious nachahmen zu können, hat einen seltsamen Gesichtsausdruck aufgelegt, den ich noch nicht an ihm gesehen habe. Das sonst so markante Lächeln ist verschwunden. Seine Miene versteinert.
Er wirkt ernst, fast schon blickt er mir bedauernd entgegen.
Woah, Colin und bedauernd? Habe ich hier irgendetwas verpasst?
»Das vorhin...«, fängt er an und ich verschränke abwartend die Arme. »...habe ich nicht so gemeint. Es war Scheiße von mir, sowas zu sagen, aber ich bin halt nicht daran gewöhnt, dass da noch jemand neben mir ist, der durch meine Handlungen verletzt werden könnte. Es...« Er zögert, schließt kurz die Augen und es kostete ihm anscheinend ganz schön Überwindung, die letzten Worte auszusprechen, weil er vorher etliche Male den Kiefer anspannt. Dafür bin ich umso überraschter, als sie dann endlich seine Lippen verlassen. »... tut mir leid, Kiera. Wirklich.«
Ich bin baff. Vollkommen sprachlos.
Nie hätte ich es für möglich gehalten, dass er sich bei mir entschuldigt und erst recht nicht, dass er es wirklich bereuen zu scheint.
Egal wie viele Zweifel und wilden Theorien zu dieser Geschichte sich vorher in meinem Kopf angesammelt haben, sie sind alle wie weggeblasen als ich in seine braunen Augen schaue und die Aufrichtigkeit, die er in diesem Blick gelegt hat, mich förmlich überschwemmt, mich einzieht in den Strudel aus schokoladiger Bräune.
»Ich glaube dir«, nuschle ich leise vor mich hin, weiß aber mit dem darauffolgenden Lächeln auf seinen Lippen, dass er es gehört hat. Viel mehr noch-Colin sieht plötzlich erleichtert aus und grinst über beide Ohren. Dann hängt auch schon wieder das makabre Colin-Lächeln auf seinen vollen Lippen, als er mir zu zwinkert und sagt: »Außerdem hatten wir doch ein Versprechen; Keinen Sex vor der Ehe, schon vergessen?«
Ich schüttle den Kopf. Wie könnte ich das vergessen!
»Das gilt selbstverständlich auch für die Beziehung zu unserem 'Liebhabern'...«, erklärt er und obwohl es eigentlich nur als ein Scherz gemeint ist, kann ich mich nicht zurückhalten. Ich weiß, wie sehr es ihn fuchst, wenn ich von ihm rede. Frech wie ich nun mal bin, ziehe ich mein Handy aus der Tasche und lächle ihn verwegen an, als ich ihm mitteile: »Warte, dann muss ich Christian gerade noch Bescheid geben-Er wartet bei den Toiletten auf mich.«
Eine fiese Anspielung, ich weiß. Und sie hat auch die erzielte Wirkung.
Während ich noch provokativ für einige Sekunden auf dem schwarzen Display herumtippe, merke ich, wie neben mir schlagartig Gewitterwolken aufziehen.
Als ich zu Colin aufschaue, könnte ich mich vor Lachen wegkugeln, weil sein Gesicht ein einziger dunkler Regenschauer ist. In seinen Augen tobt ein wilder Sturm. Imaginäre Blitze werden auf mich abgeschossen. Ich lache. Auch dann noch, als er sich bockig zum Lenkrad dreht und brummt: »Ach, halt doch die Klappe, Chiara.«
Er versucht zwar weiterhin seine böse Miene aufrecht zu erhalten und nicht zu zugeben, dass meine Anspielung ziemlich gut war, aber seine Mundwinkel zucken dennoch nach oben und entlarven ihn als miserablen Schauspieler.
Naaaa, das haben die Beiden doch gut über die Runden bekommen...Findet ihr es gut, dass Colin nochmal das Gespräch gesucht hat? Glaubt ihr, er meint es ernst?🤔🤨
Ich will ja noch nicht zu viel verraten, aber im nächsten Kapitel erwartet uns ein überraschendes Wiedersehen mit einer Person😁😀 Auf wen könnten Kiera & Colin da wohl stoßen, mhhh???
Mir gehen übrigens langsam die Verabschiedungen aus ahhhh😩
Also steige ich jetzt mal international ein mit Au revoir!🇫🇷
(Neben Je m'appelle... und Bonjour war's das dann auch schon mit meinem Französisch😂😄)
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