𝟐𝟖│𝑲𝒊𝒆𝒓𝒂

Kiera

Josh ist der geborene Tänzer. Er tritt mir nicht einmal auf den Fuß, führt wie es für den Mann üblich ist und nicht einmal wandert seine Hand irgendwo hin, wo es sich nicht gehört. Ganz im Gegenteil: Ich genieße es, wie ich in seinen Armen liege und wie er mich sicher von einem Tanz in den nächsten wiegt. Wir lachen, reden über dies und jenes, wenn nicht gleich Colin das Thema ist und er mir peinliche Stories der beiden erzählt, für die Colin ihn bestimmt einen Kopf kleiner machen würde.

Ich mag Josh. Das tat ich schon ab dem Moment, als Kaitlyn ihn mir das erste Mal in meiner Patisserie vorgestellt hat und er beim Reingehen einen kompletten Blumentopf mitgenommen hat. Er hat sich sofort daran gemacht, einen Besen zu organisieren, die Scherben aufgesammelt und sich bei mir gefühlt tausend Mal entschuldigt.

Mag sein, dass er für Außenstehende arrogant herüberkommt, weil er das Immobilien-Imperium seines Vaters leitet, ein fetten dunkelgrauen Maserati fährt (ich musste zweimal hin sehen, als er das Teil vor meinem Laden geparkt hatte) und immer schick angezogen ist, aber Josh ist in Wirklichkeit total bodenständig und überhaupt nicht abgehoben- eben ein echt netter Kerl und wäre ich wirklich mit Colin verlobt, dann wüsste ich schon jetzt, dass mich ein toller Schwager erwarten würde.

Zuvorkommend. Lieb. Freundlich.

All das, was sein Bruder nicht ist.

Wie sich zwei Brüder in solch verschiedenen Richtungen entwickeln können, finde ich erstaunlich. Vielleicht auch erstaunlich erschreckend, ich weiß es nicht.

»Darf ich abklatschten?«

Christians Stimme reißt mich aus meinen Gedanken. Ich kann nicht glauben, dass ich den halben Tanz mit Josh verpasst habe, nur um mich meinen sinnlosen Gedankenstrudel hinzugeben.

Josh scheint es jedoch nicht gestört zu haben. Sanft lächelt er mir zu und fragt mich stumm, ob ich Christians Angebot zu stimmen möchte.

Ich nicke leicht, woraufhin der Bräutigam des Abends lächelnd meine Hand Christian hinhält, der sie gleich darauf munter ergreift.

»Ich glaube sowieso, dass ich Grandpa von Kaitlyn befreien sollte«, erklärt Josh und nickt grinsend in Kaitlyns Richtung, die sich ein paar Meter weiter mit einem alten Mann, um die 80 Jahre, herumzuschlagen scheint. Der ältere Herr schaut beschämt nach unten. Von seiner Nase geht ein kleiner weißer Schlauch ab, der zu einem nebenstehenden Sauerstofftank führt. Kaitlyn schaut genervt in der Gegend umher, schüttelt immer wieder die Hände ab, die der alte Mann versucht auf ihre Taille zu legen. »Da muss ich dazwischen gehen«, sagt Josh kopfschüttelnd, »Sieht aus, als würde meine frischgebackene Ehefrau ihm gleich die Sauerstoffzufuhr abdrehen. Viel Spaß!« Er winkt noch kurz, dann marschiert er auch schon davon.

Für eine kurze Sekunde schaue ich ihm gedankenverloren hinterher, doch dann fällt mir ein, dass ja ein neuer Tanzpartner in den Startlöchern steht.

Christian ist nicht so unsicher wie ich. Er zögert nicht lange und zieht mich einfach zu sich heran, legt einen Arm um meine Hüfte und nimmt die typische Paartanzposition an. Meine rechte Hand ruht in seiner. Doch im Gegensatz zu Colins ist diese nicht mit einem schwarzen Tintenmuster versehen, weder ist sie rau noch verschwindet meine Hand in seiner.

Es ist völlig anders. Seine Hand ist überraschend weich und scheint so viel filigraner zu sein als Colins große Pranken. Vielleicht liegt das auch an seinem Job? Wenn er Zahnarzt ist, muss er schließlich Fingerspitzengefühl haben. Da kann er ja nicht mit einer großen Schaufel von Hand in den Mündern der Leute rumstochern.

Ich lächle unwillkürlich.

Über was mache ich mir denn bitte Gedanken?!

»Warum lachst du? Tanze ich etwa so schlecht?« Christian grüne Augen ruhen forschend auf meinem Gesicht. Er lässt mir gar keine Chance zu antworten, sondern wirbelt mich einmal im Kreis. Ein herber Duft von männlichem Parfum weht mir entgegen, als er mich aus und wieder zu sich eindreht.

Plötzlich bin ich an seiner Brust. Ganz nah.

Sein heißer Atem schlägt gegen meine Stirn und ich schließe die Augen, als er sich herunterbeugt und mir neckend ins Ohr flüstert.

»Wieso bist du mir nicht früher schon aufgefallen, Kiera McRain?  Wieso hast du dich vor mir versteckt?«

Jedes seiner Worte zergeht mir auf der Zunge wie flüssige Schokolade. Meine Knie waren schon von Anfang an verdammt dazu, schwach zu werden, als er meine Hand in Beschlag genommen hat. Es ist wie ein Traum. Der Traum meines High School Girls, der endlich wahr wird.

Wie oft habe ich mir damals ausgemalt, wie es wohl wäre, wenn Christian Marks, der heiße, berühmte Baseballstar mit mir, der unscheinbaren, stillen und damals noch mit dicker Hornbrille und ellenlangen Pullis bestückten Kiera zum Homecoming gehen würde?

Ich war nicht immer so laut und aufgeweckt wie jetzt. Diese Seite habe ich erst viel später an mir entdeckt.

Früher habe ich mich lieber im Hintergrund gehalten, ihn vom Weiten angebetet. Wir waren in derselben Klasse. Kaitlyn, er und ich. Mit Kaitlyn ist er auch zum Schulball gegangen, mich hat er nie beachtet. Höchstens ein paar Worte ausgetauscht, »Hallo« und »Tschüss« gesagt, aber das wars schon. Ich war damals immer nur die Cousine 'von'. Doch nach der Schulzeit wollte ich neu anfangen, mir einen eigenen Namen machen. Die Hornbrille wurde durch Kontaktlinsen ersetzt und die eindeutig zu langen Pullis verbannt. Ich bin zu der Kiera geworden, die ich heute bin und darauf bin ich stolz.

Ich lasse Christians Fragen unbeantwortet und bin ihm dankbar dafür, dass er nicht weiter nachhakt. Dafür lenkt er das Gespräch in eine andere Richtung, auch wenn ich kurz darauf feststellen muss, dass diese nicht gerade besser ist.

»Wir hatten noch gar keine Gelegenheit über deinen Beziehungsstatus zu reden. Verlobt also?«

Ein gekräuseltes Lächeln bildet sich auf seinen Lippen.

»Ja, verlobt«, nicke ich zustimmend, auch wenn sich die Worte aus meinem Mund noch so seltsam anhören. Ich bin verlobt. Wenn auch nur für einen Tag.

»Hätte ich dir nicht zugetraut.«

Ich stutze.

»Wie meinst du das? Ich hatte eigentlich schon immer vor zu heiraten«, antworte ich ehrlich. Das ist schließlich auch die Wahrheit. Ich wollte schon immer heiraten, zumindest irgendwann mal, wenn der 'Richtige' kommt. Doch bis jetzt versteckt er sich ganz schön gut oder ich bin einfach dazu bestimmt ewiger Single zu bleiben. Wer weiß das schon...

»Oh, so meinte ich das nicht!«, entschuldigt sich Christian sofort und erst jetzt bemerke ich, wie verletzt ich geklungen haben muss. »Ich meinte ihn«, schiebt er gleich hinterher und ich weiß sofort, wer gemeint ist. Natürlich weiß ich es!

»Ich dachte, du stehst mehr auf...ehm... naja... was anderes.«

»Ich liebe ihn«, kommen die Worte so plötzlich und so selbstverständlich über meine Lippen, dass ich selbst für einen Moment überrascht bin.

Ich liebe ihn.

Ich liebe ihn?

Das bekommt sonst nur meine Spülmaschine, die ich auf den Namen Don Royal getauft habe oder meine Kaffeemaschine mit den Namen Gustavo zu hören.

Ja, ich taufe meine Küchengeräte mit Namen. Und ja, ich bin verrückt.

Christians Augenbrauen wandern skeptisch in die Höhe und ich habe keine Ahnung warum. Habe ich vielleicht zu schnell geantwortet? War ich nicht authentisch genug? Hätte ich danach noch verliebt seufzen müssen? Ahnt er etwas von meinen und Colins Schwindel?

Ich habe keinen blassen Schimmer wie ich seinen gemischten Gesichtsausdruck deuten soll und erst recht nicht, seine darauffolgende Frage.

»Liebt er dich denn?«, will er wissen und ich bin so überrumpelt, dass ich unseren Tanz unterbreche und auf der Stelle stehen bleibe.

»Natürlich tut er das!«, antworte ich hastig und fange wieder an mich zu bewegen. Wie kommt er denn auf so etwas? Colin und ich sind verlobt. Da liebt man sich doch, sonst würde man sich wohl kaum dazu entschließen, zu heiraten. Warum ist er so skeptisch? Soll das ein Test sein? Hat er Colin vielleicht auch ausgefragt? 

»Was soll das Gefrage?«, erkundige ich mich so desinteressiert wie möglich. Wenn Christian weiß, dass Colin und ich das alles nur erfunden haben, dann würde er uns doch bestimmt nicht auffliegen lassen, oder? Nein, das würde er nicht. Ich würde mit ihm reden, ihm die Sachlage ruhig erklären und ihn bitten, es nicht weiterzusagen. Er würde den Mund halten. Da bin ich mir sicher.

»Ich ehm... ich will keine Härte in eure Beziehung reinbringen, aber ich will, dass du dir sicher bist bei ihm. Bist du das?«

Wieder stoppe ich und werde langsam wirklich wütend.

»Christian, was soll das? Ich bin verlobt mit ihm und du prangerst ihn an, als wäre er die Sünde in Person. Er hat nichts Unrechtes getan«, merke ich an und kann nicht glauben, dass ich wirklich gerade dabei bin, Colin zu verteidigen. Aber das tut man doch so in einer Beziehung? Man verteidigt den anderen, man hält zu ihm.

Mittlerweile hat die Musik kurz ausgesetzt und ein neuer, deutlich poppiger Song wird gespielt. Die Gäste um uns herum lösen sich voneinander und tanzen, was das Zeug hält. Dass Christian und ich uns nun starr gegenüber in der Mitte der Tanzfläche stehen, scheint keinen zu stören. Niemand schenkt uns Beachtung. Stattdessen sind alle viel zu sehr damit beschäftigt, ihren Körper im Rhythmus der Musik zu bewegen.

Die Musik ist so laut, dass Christian nur einen halben Meter von mir entfernt, anfangen muss zu schreien: »Ich weiß, ich weiß, aber ich...ehm.. eben.. er... war auf der Toilette mit...einer anderen Frau«, brüllt er, aber ich bekomme nur einzelne Satzbrocken mit. Besonders beim letzten Teil bin ich mir nicht sicher, ob ich ihn richtig verstanden habe.

Colin war auf der Toilette mit einer anderen Frau?

Das habe ich verstanden. Und genau das will ich nicht verstanden haben. Ich rücke ein paar Zentimeter wieder an Christian heran und bitte ihn, seinen Satz nochmal für mich zu wiederholen. Ich habe mich bestimmt verhört. Colin und eine andere Frau? Das kann ich mir nicht vorstellen. Er würde doch nicht...Nein, das ist lächerlich, vollkommen ausgeschlossen! Meine Ohren müssen verrücktspielen.

»Dein Verlobter...«, sagt Christian erneut, »... Er war neben mir in einer Toilettenkabine mit einer...Frau.«

Entsetzt rücke ich ab.

Kann man sich zweimal verhören? Ich muss mich zweimal verhört haben! Ich meine...Colin...er...wir...

»Und mit wem soll er da gewesen sein?«, brülle ich über die Lautstärke hinweg und hoffe inständig, dass das alles nur ein blödes Missverständnis ist. Es muss eins sein- alles andere kann ich mir nicht vorstellen.

Christian hat sich derweil ein wenig in Bewegung gesetzt. Er tippt abwechselnd mit seinen Fuß auf den Boden, um nicht ganz teilnahmslos in der Gegend herumzustehen und eigentlich sollte ich es ihm gleichtun, aber mir ist die Tanzstimmung gehörig vergangen.

»Ich weiß es ehrlich gesagt nicht, weil man sie nicht gesehen hat«, sagt Christian und zuckt unbeteiligt mit den Schultern. Für diesen kurzen Moment keimt Hoffnung in mir auf. Er hat sie nicht genau gesehen! Es könnte auch ein anderer Typ gewesen sein, eben nicht Colin. Doch auch diese Hoffnung macht er zunichte, als er kurz darauf mit einem bedauernden Gesichtsausdruck hinterher schiebt. »Aber man hat sie gehört...«

Oh Gott.

Würde Colin Sex auf der Toilette haben? Ja, verdammt! Ja, würde er!

Und mir fällt auch da schon eine Person ein, die an Sex mit ihm interessiert wäre. Die Person, weshalb ich dieses ganze Spektakel hier auf mich nehme. Trotzdem will ein kleiner Teil in mir nicht daran glauben, es einfach nicht wahrhaben.

»Und du bist dir ganz sicher, dass es Colin war?«, hake ich nach und bereue es sofort. Wieso mache ich mir überhaupt noch die Mühe? Es ist doch wohl offensichtlich, oder? Colin geht auf Toilette, Colin prahlt damit, wie fantastisch er im Bett ist, Colin ist seit mehr als 5 Stunden untervögelt und verdammt- ich kann diese beschissene Stressica nirgendswo finden! Wahrscheinlich bläst sie ihm gerade einen!

Ich will heulen, lachen und schreien zugleich. Vielleicht will ich Colin auch einfach nur meine Faust in seine Fresse schlagen. Vielleicht auch einen Stuhl, darüber bin ich mir noch unschlüssig.

Christian macht es kein bisschen besser, obwohl ich weiß, der er mir nur helfen möchte. Er legt den Kopf schief, presst die Lippen angestrengt aufeinander, bevor er zaghaft nachahmt:

»Oh, fuck, Oh verdammt, oh yeah...«

Ich winke ab, das ist zu viel.

»Es tut mir so leid, Kiera«, sagt Christian und es sieht wirklich danach aus, als wäre er ehrlich mitgenommen.

Ich will mir gar nicht ausmalen, wie ich aussehen muss. Wahrscheinlich unsagbar fertig und niedergeschlagen. Zumindest fühle ich mich so.

In Windeseile entschuldige ich mich bei Christian dafür, dass ich so unhöflich zu ihm war und erkläre ihm, dass ich eine Pause vom Tanzen brauche. Eine Pause von dieser Hochzeit trifft es wohl eher, aber das kann ich ja schlecht sagen. Ich entferne mich im Schnellschritt von der Tanzfläche, habe eigentlich keinen Plan, wohin mich meine Beine tragen.

Als ich kurz darauf die braune Strubbelmähne entdecke, die sich unaufhörlich in meine Richtung bewegt, weiß ich, was mein Ziel ist.

Ich kann nicht glaube, dass er hier rumstolziert wie ein aufgeblasener Hahn, als wäre nichts gewesen. Ich versuche wirklich zu glauben, dass es immer noch ein riesiger Irrtum ist, aber Colins Antlitz macht es mir nicht gerade einfach. Bilde ich es mir nur ein oder ist sein Hemd viel zerknitterter wie vorher? Und die Knöpfe! Die Knopfleiste ist schief zugeknöpft! 

Ruhig bleiben, Kiera. Ruhig bleiben.

Oh, ich bleibe gar nicht ruhig! Ich habe es satt, ruhig zu bleiben!

Denn- fuck- wieso sind seine Lippen gerötet?

»Ach du scheiße!«, flötet Colin, als er nur wenige Meter vor mir steht. Das altbekannte Lächeln ziert sein Gesicht, das ich ihm am liebsten aus seinem Gesicht prügeln würde. Grinsend schaut er auf mich und dann zur Tanzfläche.

»Du hast doch nicht mit Froschauge getanzt, oder?«

Ich antworte nicht. Meine Miene ist versteinert. Wenn ich jetzt meinen Mund aufmache, geht eine Bombe hoch. Das garantiere ich euch und ich habe keine Ahnung, wieviel diese Bombe mit sich in den Abgrund reißt.

»Kiera? Kiera, was ist los?« Colins Lachen verschwindet von seinem Gesicht, er packt mich an den Schultern, beäugt mich skeptisch von der Seite bis das Grinsen sich wieder auf seine Lippen schleicht. »Oh nein warte, ich weiß es- er tanzt so schlecht. Tja, wusste ich's doch! Schätzt du jetzt endlich mal meine Qualitäten?«

Mein hitziger Blick durchbohrt ihn in jeglicher Art und Weise.

»Deine Qualitäten?«, fauche ich erbost, schüttle seine Hände ab und schubse ihn von mir weg. Was glaubt er, wer er ist?!

»Woah, alles okay bei dir?« Das ist das Einzige, was er zu sagen hat? Alles okay bei dir? Nein, verdammt! Nichts ist okay.

»Warst du gemeinsam mit Stressica auf der Toilette?«, übergehe ich seine Frage und komme gleich zum Punkt. Colins Augen weiten sich erschrocken, nein ertappt. Sie weiten sich ertappt.

»Was? Wer hat dir das gesagt?«

Ein Teil von mir zerbricht in diesem Moment.

»Also stimmt es.« Es ist nur ein Flüstern, ein Hauch von Worten, die mir über die Lippen kommen.

»Es war Froschauge, dieser Arsch. Habe ich recht?«

»Es spielt keine Rolle, wer es war! Also, wart ihr zusammen auf der Toilette? JA oder NEIN?« Ich brülle fast, schreie ihn an wie eine hysterische Kuh. Und dieser Mann hat doch Tatsache den Anstand, mir bei seiner Antwort gnadenlos in die Augen zu schauen. Ohne jegliche Spur von Reue.

»Ja.«

Oh Gott.

Christian hatte tatsächlich recht. Colin war mit Stressica... er und sie haben... Ich glaube, mir wird schlecht.

»Habt ihr gevögelt?«, schieße ich sofort hinterher. Ich muss es einfach wissen. Ich muss alles wissen und gleichzeitig möchte ich gar nichts wissen. Ergibt das Sinn? Ich weiß es nicht.

»Nein.«

Ich beäuge ihn, scanne fast schon hasserfüllt sein Gesicht ab.

»Du hast gezögert!«, fahre ich ihn an und verschränke wuterbrannt die Arme.

»Wir haben nicht gevögelt, verdammt!«, beteuert er, aber ich glaube, ihm kein Wort. Nie wieder werde ich ihm etwas glauben. »Und selbst wenn, was würde es dich interessieren! Wir sind nicht... du weißt schon. Ich kann tun und lassen, was ich will!«

Der letzte Satz ist durchaus leise, aber immer noch hörbar für mich. Leider.

Ich kann nicht glauben, dass er DAS gesagt hat! Wütend zeige ich mit meinem Finger auf ihn.

»Du bist so ein Idiot, Colin. Ich belüge meine ganze Familie, erzähle herum, dass ich mit diesem Arsch als Person verlobt bin, verteidige dich vor Christian und dann fällst du mir so in den Rücken! Ich habe meinen Kopf, meinen Namen für dich hingehalten und das alles nur, weil ich dir helfen wollte, sie dir vom Hals zu halten und was machst du?« Aufgebracht werfe ich meine Hände in die Luft. » Du fickst sie auf der Toilette! Weißt du was?«

Mit einem gefühlten Puls jenseits der 180 Marke drehe ich mich herum, greife nach der ersten Sache, die ich zu fassen kriege und muss feststellen, dass es sich dabei um eine Blumenvase handelt. Damit kann ich arbeiten. Nein, damit muss ich arbeiten. Ich hätte ihn schon von Anfang an, eine klatschen sollen, mich auf seinem Gesicht verewigen müssen, damit er nie vergisst, wer seine Verlobte war. Die Betonung liegt auf WAR. Der Deal ist unwiderruflich hinfällig. 'Mission Turteltauben' ist soeben erfolgreich gescheitert.

Und verdammt nochmal, es ist mir egal, dass ich jetzt gleich wahrscheinlich die Hochzeit ruiniere. Es ist mir egal, dass mich vermutlich gerade alle anstarren. Und es ist mir verdammt nochmal egal, dass Kaitlyn mich nach dieser Aktion einstufen wird, als die schlimmste Brautjungfer ever. Aber was mir nicht egal ist, ist- ich befördere die Blumen in einem unsagbar schnellen Tempo auf dem Boden, umklammere die Vase fester- mir ist nicht egal, dass dieser Typ-mein Blick schnellt wutschäumend zu Colin, meine Augen müssen vor Zorn nur so lodern- denkt, er könnte mich einfach so ausnutzen und hintergehen! Niemand, wirklich niemand, verarscht mich auf diese Weise!

Rasend vor Wut baue ich mich vor ihm auf. Die Glasvase in meiner Hand ist schwerer als gedacht, aber das blende ich aus. Colins braune Augen wandern zur Vase und wieder zu mir. Beschwichtigend hebt er noch die Arme, taumelt vorsichtig ein paar Meter zurück, währenddessen ich immer weiter auf ihn zu gehe- den Blumenbehälter umfunktioniert als meine ganz persönliche Anti-Colin-Waffe.

»Kiera, bitte«, fleht er sanft, was mich herzhaft auflachen lässt. Es ist zu spät zum Flehen, Colin Walker. Viel zu spät.

»Fick dich, Colin. FICK DICH!«

»Kiera, bitte tue das nic-«

Ich hole aus und kippe den kompletten Inhalt der Vase über ihn, besser gesagt über sein Hemd. Am liebsten würde ich die Vase auch noch hinterherwerfen, aber das entsetzte Gesicht von Colin, als er an sich herabblickt, reicht mir in diesem Moment schon aus. Das Wasser hinterlässt auf seinem weißen Hemd einen riesigen Fleck, rinnt an seiner dunkelblauen Hose herab und tropft schließlich auf den Boden.

Fassungslos fixieren mich seine dunkelbraunen Augen.

»Fuck, Kiera. Das ist schon das dritte Hemd, was du mir heute ruinierst!«, empört er sich, doch ich höre schon gar nicht mehr richtig hin, sondern stelle die Vase auf dem Tisch ab und marschiere an ihn vorbei in Richtung Damen-Toiletten.

Sobald die Tür hinter mir zu gefallen ist, gleite ich zu Boden und will schon anfangen zu heulen, als mir die bewusstlose Person auffällt, die niedergelassen vor der hintersten Toilettenkabine liegt.

Mein Atem stockt.

Mein Kopf dröhnt.

Mein sowieso schon zerschmettertes Herz macht einen unwillkürlichen Aussetzer.

Ich schreie.

Mum.

So viel Drama, guys. Ich wünschte, ich könnte behaupten, dass es in den nächsten Kapiteln weniger davon gibt, aber das kann ich nicht. Upsi🤭

Was sagt ihr? Hat es Colin verdient? Was hättet ihr an Kieras Stelle gemacht?

Also ich glaube, dass bei mir die Vase nicht mehr ganz geblieben wäre...😅🤷‍♀️

Macht's gut💗

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