Kapitel 30 - Schwarz

Schwarz ...

Eine Farbe, die viele fürchten. So leer und kalt wie geheimnisvoll und schmerzhaft.

Ob es Mutternatur war, die dafür gesorgt hatte, dass dieses Teufelszeug genau diese Farbe annahm?

Genau das war eine der Fragen, die Skàdi sich in ihrer, scheinbar nie enden wollenden Hölle, stellte. Sie erinnerte sich noch genau, zu genau, an die erste Begegnung mit ihr. Dieser schwarzen Flüssigkeit, die ihr Leben zerstörte.

Sie war noch keine 24 Stunden in dieser Zelle, als das Arschloch mit den stahlblauen Augen wieder zu ihr kam. Er betrat die Zelle, gefolgt von Duke. Sie hockte zusammen gekauert in einer Ecke. Ihr Fuß schmerzte von den unzähligen Versuchen, die Fessel zu lösen. Ihre Haut war wundgerieben, nässte bereits und der Geruch von Eisen lag seit Stunden in der Zelle. Ihre Augen brannten vom vielen Heulen. Sie fühlte sich schwach und ausgelaugt. Die Angst, der letzten Stunden, steckte ihr tief in den Knochen und die Anwesenheit der beiden, machte es nicht besser.

Mr. Nobody strahlte sie an, was ihr direkt einen Schauer über den Körper jagte und Duke, der sah sie kalt an.

Sie kamen näher und Skàdi versuchte sich tiefer in die Ecke zu drücken, auch, wenn das ein völlig sinnloses Unterfangen war, und nur dafür sorgte, dass Mr. Nobody anfing zu lachen.

Er drehte sich zu Duke und nahm ihm die Spritze mit der schwarzen Flüssigkeit und ein Skalpell ab.

Skàdi wusste nicht, was von den beiden ihr mehr Angst einjagte. Ihr Blick sprang zwischen dem glänzenden Skalpell und der Spritze hin und her. Beides wollte sie nicht in ihrer Nähe haben. Wieder drückte sie sich fester an die Wand hinter sich und hoffte auf ein Wunder, welches, wie sie mittlerweile wusste, nicht eintreten würde.

Nobody schenkte Duke einen Blick und schon wusste er, was er zu tun hatte. Mit wenigen Schritten trat er vor Skàdi, packte sie und trotz, dass sie sich versuchte zu wehren, hatte sie keine Chance gegen ihn.

Er war größer, stärker, mächtiger. Seine riesige Hand griff in ihre Haare und zog sie auf ihre Füße. Sie schrie unter den Schmerzen, die eigentlich keine waren, aber das würde sie gleich lernen. Wackelig stand sie auf ihren Beinen und Duke packte sie von hinten, um ihren Körper an seinen zu pressen. Angst und Panik stiegen in ihr auf und ließen sie schreien. Doch die Schreie hallten unbeachtet durch die Zelle, so wie sie es auch die nächsten 364 Tage der Fall sein würde.

Und da war es, das Teufelszeug. Die schwarze Flüssigkeit in der Spritze, welche Mr. Nobody an ihren Hals ansetzte.

Sie spürte, wie die Nadel ihre Haut durchdrang und die Flüssigkeit in ihren Körper gelangte.

Augenblick glaubte sie, ihr Körper würde in Flammen stehen. Es brannte und sie vernahm, Millimeter für Millimeter, wie ihr Blut das Mittel durch ihren Körper trug. Die Schmerzen waren unbeschreiblich, ihr Schreien wurde lauter und ging in ein Kreischen über. Das Brennen verschwand, wandelte sich aber einfach nur in ein Ätzen um. Für wenige Minuten fühlte es sich an, als würde sie innerlich zerreißen. Als würden sich ihre Organe auflösen.

Alles tat weh. Ihre Hände. Die Füße. Die Haut. Jeder Muskel. Sie glaubte sogar, dass sie spürte, wie ihre Haare begannen zu schmerzen. Ihr Körper krampfte sich unter den Schmerzimpulsen zusammen, bis er nicht mehr konnte und sie wie gelähmt in Dukes Armen hing.

Jeder einzelne Nerv in ihrem Körper schrie auf.

Warum fiel sie nicht in Ohnmacht? Der Körper schützt doch eigentlich den Geist. Er lässt ihn einschlafen, um ihn vor Schaden zu bewahren. Doch nichts passierte.

Sie schrie sich vor lauter Schmerz die Lunge aus, doch ihr Gehirn ließ sie bei Bewusstsein. Ihre Lungen brannten und ihre Schreie schienen ihr den Rachen aufzureißen. Sie spürte, wie ihre Lippen unter der Anstrengung aufrissen und die Äderchen in ihren Augen platzten. Ihr Körper ließ sie jede Sekunde des Schmerzes erleben. Kein Adrenalin, was ihr half.

Und genau das war es. Die Flüssigkeit ließ jeden einzelnen Nerv, den Schmerzreiz freisetzen und blockierte gleichzeitig, jegliche Schutzreaktion des Körpers.

Doch das war es noch nicht. Nicht heute und nicht die nächsten 364 Tage.

Mr. Nobody lächelte sie an und drehte das Skalpell in seiner Hand, bevor er nach ihrem Arm griff und sie schnitt. Noch nicht so tief, wie er es noch tun würde, aber trotzdem reichte es aus, um Skàdi das erste Mal zu brechen.

Die scharfe Klinge drang durch ihre Haut. Zerschnitt ihr Fleisch und ihre Nerven, was Skàdi in sich zusammenfallen ließ. Sie glaubte zu sterben, sie wollte sterben.

Aus dem Kreischen wurde ein Wimmern und nachdem ihre Wunde sorgfältig verbunden war, ließ Duke sie einfach achtlos zu Boden fallen und schon ließen sie Skàdi allein.

Allein in der Dunkelheit.

Allein mit der Angst.

Allein mit ihrem Schmerz.

~~~

Seit diesem Tag wusste Skàdi, was Schmerzen waren und dass diese ausgelöst worden von einer schwarzen Flüssigkeit, welche sie genau jetzt in den Händen hielt. Sicher verschlossen in einer Ampulle und trotzdem sorgte sie dafür, dass Alice und Milano fast vor Angst zusammenbrachen.

Skàdi steckte die Ampulle wieder ein, was nichts an dem Empfinden von Milano und Alice änderte. Die beiden rangen nach ihrer Fassung und würden wohl auch noch einen Moment benötigen, um ihre alten Egos wiederzufinden. Tamo sah sie alle geschockt an.

Was war los? Warum sorgte diese Ampulle für solche Angst bei den beiden?

Skàdi hingegen, schien keine Verbindung dazu zu haben.

Sie sah die beiden an und ihre Augen fingen an, grün zu glühen. Tamo stockte. Das war neu.

»Also, wie schaut es aus, soll ich ihn immer noch heilen?«, fragte sie fordernd.

Die Blicke von Alice und Milano gingen gleichzeitig zu Duke, dessen Puls kaum noch vorhanden war. Alice schüttelte nur den Kopf und Milano knurrte Skàdi entgegen.

»Nein, lass ihn verrecken!«

In ihm tobte die Wut und er schob Alice in die Sitzecke zurück. Silas, der das Ganze schweigend beobachtet hatte, richtete seinen Blick zu Skàdi.

»Rette ihn«, sagte er ruhig.

Sie zog eine Braue nach oben und sah ihn dunkel an.

»Hast du eben was nicht mitbekommen?«, fragte sie.

Silas seufzte und wusste, dass er sich auf dünnem Eis befand.

»Doch schon, aber habt ihr nicht auch das Gefühl, dass hier was nicht stimmt?«

Er sah in die Runde, da aber keiner reagierte, sprach er weiter.

»Erst werde ich abgestochen, wegen Tamo. Dann werden Alice und Milano angegriffen, wegen Tamo und er hat gewusst, dass wir unter deinem Schutz stehen, dass er euren Deal damit bricht. Duke hat sich versteckt, um dann plötzlich hier aufzutauchen? Er hat gewusst, dass du ihn töten würdest, wenn du das Zeug bei ihm findest. Also warum ist er hier? Er wollte sich sicher nicht anschleichen und euch das Zeug spitzten. Er ist vielleicht nicht der Hellste, aber so dämlich ist er sicher nicht.«

Wieder sah er in die Runde, aber keiner regte sich. Er stöhnte genervt auf.

»Leute. Er kennt eure Fähigkeiten, wäre er dem Grundstück noch 100 Meter näher gekommen, hättet ihr ihn doch schon gerochen und selbst wenn er euch an den Arsch wollte. Jetzt habt ihr doch eindeutig die Oberhand«, sagte Silas und sah kopfschüttelnd zu den dreien, die ihn immer noch ignorierten.

Tamo schien der Einzige zu sein, der Silas wirklich zugehört hatte, denn er sah plötzlich zu Skàdi.

»Weißt du schon, was das alles mit mir zu tun hat?«, fragte er.

Sie stöhnte genervt auf.

»Nein«, gab sie zu.

Tamo nickte und suchte den Blickkontakt zu ihr.

»Wäre es dann nicht schlauer, ihn erst zu befragen und notfalls dann zu töten?«

Er lehnte sich zurück, denn Skàdi sah durch ihn hindurch.

»Na ja, nur ein Gedanke. Wir können auch einfach weiter darauf hoffen, dass die Antworten vom Himmel fallen, bevor wir alle draufgehen«, sagte er großkotzig, während er seine Arme vor der Brust verschränkte und Skàdi auffordernd ansah.

Sie knurrte, stand auf und lehnte sich nah an Tamos Ohr.

»Ich hätte dich töten sollen, so wie du mein Grundstück betreten hast«, raunte sie.

Tamo grinste und flüsterte ihr ebenfalls ins Ohr.

»Hast du aber nicht.«

Skàdi spannte sich an und ehe Tamo reagieren konnte, holte sie aus und boxte ihm frontal auf das Brustbein. Es nahm ihm die Luft.

Okay, für die kleine Bewegung, steckte eindeutig zu viel Kraft dahinter.

Sie hatte also auch übernatürliche Kraft.

Skàdi grinste Tamo kalt an.

»Verlass dich lieber nicht darauf, dass ich mir das Ganze nicht noch mal anders überlege.«

Tamo konnte nicht antworten, er war damit beschäftigt, nach Luft zu schnappen. Immer wenn er das Gefühl hatte, dass er ihr ansatzweise ebenbürtig war, holte sie ihn direkt von seinem Luftschloss zurück. Aber dennoch, er kam scheinbar mit dieser Art um einiges weiter bei ihr.

Skàdi drehte ab, ging zu Duke und ließ sich auf ihre Knie fallen. Sie musterte ihn, gab ein leises Knurren von sich und legte seine Hand über seine Wunde.

Goldenes Licht entstand und langsam begann sich die Wunde zu schließen. Skàdi atmete schwer und es war nicht zu übersehen, dass sie einiges an Energie aufbringen musste, bis die Wunde endlich verschlossen war. Dann nahm sie ihre zweite Hand und legte beide Hände auf seinen Körper. Das goldene Licht wurde zu einem Schleier, der sich um Dukes gesamten Körper legte. Sie hielt diesen Zustand für einige Minuten aufrecht, bis er endlich die Augen aufschlug und schon knurrte Skàdi, packte ihm am Kragen und zog ihn auf seine Füße.

»Guten Morgen Arschloch.«

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