𝑰-9 | Salazar möge dich leiden lassen
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KAPITEL NEUN
SALAZAR MÖGE DICH LEIDEN LASSEN
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„Ich hatte eigentlich vor mich zu entschuldigen, weil ich in kaum einem Fach überhaupt geschafft, habe irgendwelche Notizen zu machen, geschweige denn noch gleich eine Kopie für dich anzufertigen, aber ich sehe, du bist versorgt.", sagte Daphne mit einem Blick auf die Mitschriften, die Hermine mir mitgebracht hatte. „Hat Granger die dir angedreht?"
„Ja, sie hat etwas davon gesagt, dass sie gemerkt hat, dass ich heute gefehlt habe und deshalb direkt auch für mich mitgeschrieben." Ich sah auf die Rollen von Hermine und dann etwas zerknirscht auf die Pergamente in Daphnes Hand. Deswegen war sie nicht früher vorbeigekommen. Sie hatte alle Hände damit zu tun gehabt, aufmerksam im Unterricht zu sein und gleichzeitig noch mitzuschreiben.
„Wie auch immer. Die kannst du auf jeden Fall auch haben.", sagte sie und legte ihre Notizen dazu. „Ich habe dir übrigens auch deine Tasche mitgenommen. Da verstaust du doch immer deine Rollen oder? Die ist verdammt schwer, weißt du das?"
„Ich habe mich schon gewundert, dass du mit einer so großen Tasche ankommst.", grinste ich, während das Mädchen die Tasche neben dem Bett abstellte, kurz die Rollen und Blätter darin verstaute und sich dann auf die Bettkante setzte.
„Ich wusste nicht, dass es so anstrengend ist, jede Stunde aufzupassen und wirklich aktiv mitzuschreiben. Sonst habe ich ja dich als Filter, um nur die absolut notwendigen Sachen aufzuschreiben, aber heute mussten sich meine grauen Zellen echt ins Zeug legen." Sie lachte etwas und rieb sich dann demonstrativ den Handrücken. „Außerdem tun meine Finger von all dem Gekrakel weh."
„Tja, da siehst du mal, was ich jeden Tag fertigbringe, ohne mich zu beschweren." Sie sah mich für einen Moment lang an, dann legte sie sich mit einem Seufzen halb über meine Beine.
„Geht's dir schon besser? Du hast mir gestern Nacht echt Angst gemacht.", fragte Daphne. Ich lehnte mich ebenfalls in meine Kissen zurück und sah die Decke an. An die Nacht konnte ich mich kaum erinnern. Mir war einfach heiß gewesen und ich konnte nicht richtig sprechen, das wusste ich noch. Der Rest war ein verschwommener Nebel aus sich bewegenden Flecken und dumpfen Geräuschen.
„Ja, es geht schon. Ich versuche Madame Pomfrey schon den ganzen Tag zu überreden, mich vorzeitig gehen zu lassen. Sie will mich aber partout nicht entlassen."
„Was war denn überhaupt mit dir?"
„Ich habe wohl eine überdurchschnittlich starke Reaktion auf Alkohol gezeigt. Das hat sie zwar nicht so gesagt, aber definitiv gemeint." Ich lachte bei dem Gedanken daran leise auf. „Aber süß, dass ich zumindest dir am Herzen liege."
„Lach nicht! Ich hatte richtig Schiss, dass du irgendwas Schlimmes hast und in Lebensgefahr bist.", sagte Daphne, musste aber selbst kurz danach lachen. „Sie hat also gemerkt, dass du etwas getrunken hast?"
„Na, wenn sie das nicht tun würde, dann wäre sie keine richtige Schul-Heilerin, oder?"
„Stimmt. Wie viel hast du bitte getrunken, dass dein Körper so reagiert hat?"
„Höchstens 3 Gläser, ich schwöre es. Und es war ja noch nicht einmal hochprozentiger Alkohol!"
„Dann verträgst du ja echt gar nichts, Marry." Daphne lachte erneut und ob ich wollte oder nicht, es war so ansteckend, dass ich es ihr gleichtat.
„Sieht so aus."
Nach einem kurzen Gespräch verließ Daphne auch schon wieder den Krankenflügel. Ich hatte sie unabsichtlich an die Hausaufgabe in Zaubertränke erinnert, die bis morgen fällig war und nicht gerade in einer halben Stunde schrieben war. Besonders Daphne bräuchte wohl einiges an Recherche, um keinen vollends misslungenen Aufsatz abzugeben. In Zaubertränke war sie noch nie gut gewesen und dass, obwohl uns seit dem ersten Jahr Professor Snape unterrichtete. Dadurch, dass er unser Hauslehrer war, zog er uns wegen Daphne zwar keine Punkte ab, aber einen mangelhaften Aufsatz konnte auch er nicht mit einem Annehmbar bestehen lassen. Also hatte ich sie davon geschickt.
Kurz darauf bereute ich es. Um Daphnes Gewissen zu beruhigen, hatte ich zwar gesagt, dass ich ja jetzt auf den Unterrichtsstoff hier im Krankenbett zugreifen konnte und dass ich damit genug Beschäftigung für den Abend hatte, doch alle Pergamentrollen war ich schon zusammen mit Hermine durchgegangen und die kurzen Notizen von Daphne waren schnell gelesen. So hatte ich nach spätestens einer Stunde erneut nichts mehr zu tun.
Gegen Sonnenuntergang musste ich noch eine Untersuchung von Madame Pomfrey über mich ergehen lassen. Bei der sie ein weiteres Mal darauf bestand, mich noch für die Nacht im Krankenflügel zu behalten. Als wenn das tatsächlich nötig wäre. Die Müdigkeit der letzten Nacht holte mich wieder ein. Wenn ich so darüber nachdachte hatte ich im Endeffekt kaum schlafen können. Und da ich nichts Besseres zu tun hatte, machte ich mich daran diesen vergangenen Schlaf aufzuholen.
Mitten in der Nacht wachte ich auf. Ich wusste nicht, ob es ein Geräusch gewesen war, dass mich nun ins Halbdunkel blicken ließ oder ein ungutes Gefühl, dass etwas passieren könnte. Alles war still. Das was ich in der Dunkelheit ausmachen konnte, stand an dem gleichen Platz wie bei Tageslicht. Die leeren Krankenbetten, Medizinschränke und auch der Wagen, auf dem Madame Pomfrey Dinge für den Notfall verstaute. Alles schien unverändert. Was hatte mich dann geweckt?
Plötzlich bewegte sich ein Schatten in meinem Augenwinkel. Ich riss meinen Kopf herum, doch da war er schon wieder verschwunden. Ich setzte mich etwas weiter auf und starrte mit großen Augen an die Stelle wo der Schatten verschwunden sein musste. Mein Herz raste, als würde ich einen Marathon laufen. Scheiße, was war das? Blindlinks tastete ich nach meinem Zauberstab, der irgendwo auf einem kleinen Tischchen neben meinem Bett liegen musste.
„Buh", machte plötzlich jemand neben meinem Ohr. Ich fuhr zusammen und schlug gleichzeitig reflexartig nach der Person, doch ich bekam nichts mehr zu fassen. Kurze Zeit später hörte ich ein geflüstertes Lumos und Draco Malfoys blasses Gesicht erschien aus dem Dunkel.
„Malfoy, du scheiß- Du bist ein verdammter Psychopath. Was denkst du dir immer wieder dabei? Salazar möge dich leiden lassen!" Ich unterdrückte weitere Flüche, um einmal tief Luft zu holen. Mein Herz pochte noch hart immer in meiner Brust, als schwebte ich wirklich in Lebensgefahr. Genau wie beim letzten Mal. Dieser Idiot hatte sich schon wieder aus dem Dunkeln an mich herangeschlichen. Ich erinnerte mich noch gut an den Abend vor zwei Tagen.
„Nicht sehr nett, dafür, dass du ohne mich gar nicht hier wärst." Er lächelte nicht, aber seine Worte fühlten sich trotzdem nicht so kalt und stachelig an wie sonst.
„Was soll das denn heißen?", fragte ich abweisend und versuchte mich wieder zu entspannen. Was wollte er mir damit sagen? „Das bisschen Alkohol hätte ich schon noch überlebt, danke."
„So meinte ich das nicht.", erwiderte Malfoy und kam näher. „Lass mich dir eine Frage stellen; Weißt du, wie du hierhergekommen bist?" Ich verzog fragend das Gesicht. Ich hatte tatsächlich keine Ahnung, wie ich schlussendlich hier gelandet war. Ich hatte schlichtweg angenommen, dass Daphne dafür gesorgt hatte, dass Madame Pomfrey um meinen Zustand wusste und sie dann die nötigen Wege eingeleitet hatte. Dass er dieser Geschichte einen Strich durch die Rechnung machen wollte, war offensichtlich, was das kleine Grinsen auf seinem Gesicht auch noch bestätigte.
„Das dachte ich mir."
„Erzähl mir keinen Scheiß, Malfoy, klar?", schob ich dazwischen, bevor er anfangen konnte seine Sicht des Geschehenen zu erzählen. Ich wollte nicht, nur weil ich bewusstlos war, in irgendeiner Weise ausgenutzt werden. Der schnellste Weg ihm das klarzumachen war, es einfach zu sagen. Jetzt wusste er aber leider auch, dass ich wirklich nichts mehr aus dieser Nacht wusste.
„Ich habe dich getragen." Ich stutzte und sah überrascht auf. Malfoy setzte sich auf den Stuhl neben dem Bett und sah mich dann ebenfalls an. Meinte er das ernst?
„Sprich weiter."
„Greengrass hat mich letzte Nacht überraschend geweckt. Ich war zunächst verwirrt und wollte sie wegschicken, doch sie war kreidebleich. Sie sagte, dass sie Hilfe bräuchte und führte mich in den Gemeinschaftsraum. Dort lagst du, schwer atmend auf der Couch. Greengrass hat es wohl gerade noch so hinbekommen dich dorthin zu tragen. Da habe ich dich einfach hochgehoben und kurzerhand in den Krankenflügel gebracht.", erzählte Malfoy. „Nichts besonderes, ich bin ja immerhin Slytherins Vertrauensschüler, aber... mach das nie wieder, Avery."
„Ich-" Ich konnte es nicht glauben. Steckte noch mitten im Verarbeitungsprozess. Malfoy sollte mich mitten in der Nacht in den Krankenflügel getragen haben? Das war unfassbar. Wieso hatte Daphne mir nichts gesagt? Ich sah Malfoy an und traf auf dieses scheiß Grau, das so stechend und durchdringend war. Was wenn er die Wahrheit sagte?
„Wieso bist du hier, Malfoy?", fragte ich.
„Das siehst du doch. Ich statte dir einen Krankenbesuch ab.", antwortete er kühl, während er die Arme vor seiner Brust verschränkte.
„Ach und das geht nicht tagsüber, ja?" Er wandte seinen Blick von mir ab und presste die Lippen kaum merklich zusammen. Ich musste an Daphnes Worte denken. Er war nur ein trotziges Kleinkind. Diese Beschreibung passte so gut, dass ich grinsend die Augen schloss. Ach Malfoy, dachte ich. Wieso machst du es dir selbst so schwer?
Im nächsten Moment lagen die Sturmaugen wieder auf mir. Ich spürte es, wie ich die Decke auf meiner Haut spürte. Ein kalter Schauer lief mir über den Rücken. Er konnte dieses intensive Ansehen ruhig mal lassen. Ich öffnete die Augen und gab mich diesem wilden Meer aus stählernen Farben hin.
„Wie geht es dir, Avery?" Seine raue Stimme verschlug mir für einen Moment den Atem. Alles in mir strebte sich gegen ihn. Ich wollte nicht, dass er so eine Wirkung auf mich hatte, aber was konnte ich schon dagegen tun?
„Besser. Es war wohl nicht genug Alkohol, um mich umzubringen.", sagte ich leichthin, in der Hoffnung, dass er die kurze Pause nicht bemerken würde.
„Das ist gut.", sagte er. „Weißt du Avery, das mit der Anziehung hat sich nicht verändert. Und es wird einfach nicht besser, egal wie häufig du mir Beleidigungen gegen den Kopf wirfst." Er sah mich wieder mit diesem intensiven Blick an und ich betete zu Merlin, dass mein Gesicht nicht so aussah, wie es sich anfühlte. Wenn das nämlich der Fall war, könnte er mich noch wochenlang damit aufziehen.
„Davon kriege ich komischerweise wenig mit, Malfoy.", brachte ich hervor und löste meinen Blick von seinem. Konnte er nicht endlich weggehen? Ich fühlte, dass meine Ohren heiß glühten, genauso wie mein Gesicht und der Rest meines Körpers.
„Ich bin nun mal gut, in dem, was ich tue."
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