𝑰-7 | Mondlicht
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KAPITEL SIEBEN
MONDLICHT
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Als ich im menschenleeren Gemeinschaftsraum ankam, war es kurz nach dreiundzwanzig Uhr. Alle Kerzen waren gelöscht und keine Seele trieb sich noch hier unten herum. Immerhin war morgen auch ein ganz normaler Schultag. Dazu kam, dass es keinem Schüler unter dem fünften Jahrgang erlaubt war auf diese Party zu gehen. Selbst wenn sie das Passwort gekannt hätten, wären sie nicht in den Ravenclaw-Gemeinschaftsraum gekommen. Die steinerne Wand hinter mir schob sich unangenehm laut wieder zu und versperrte wieder den Eingang zum düsteren Schlangennest. Die Party würde wohl noch so lange gehen, bis irgendein Professor merkte, dass heute Nacht erstaunlich viele Schüler nach Ausgangssperre unterwegs waren und sie komischerweise alle aus dem Ravenclaw-Turm kamen. Vielleicht drückten einige ja auch ein Auge zu und ließen die Schüler unbehelligt. Hoffentlich nicht.
Mit einem Seufzen ließ ich mich auf die breite Fensterbank unter dem riesigen, unterirdischen Fenster sinken, durch das schummrig grünes Licht fiel. Das Fenster zeigte das Innere des Schwarzen Sees und es ließ sich nur erahnen, was dort in den dunklen Tiefen verborgen lag, wartend darauf, dass ein leichtsinniger Schüler zu tief hinab tauchte.
Ein kalter Schauer lief mir bei dem Gedanken über den Rücken. Hier oben, direkt vor dem Fenster, war es dagegen ziemlich unspektakulär. Ab und zu schwamm ein kleiner Fisch vorbei – das war die Hauptattraktion des Tages. Aber besonders wenn es im Gemeinschaftsraum dunkel war und keine Flamme den See zu ergründet versuchte, strahlte das Wasser fast schon mystisch auf und man konnte viel weiter sehen, als bei Tageslicht. Mondlicht strahlte dann durch die Oberfläche des Sees und der grünliche Schein leuchtete in den Gemeinschaftsraum. Es war ein wunderschöner Ort zum Nachdenken und einfach mal nichts tun.
Meine Gedanken schweiften wieder zu der Situation von vorhin. Zu dem Tanz in allerhöchsten Höhen und dem Aufschlagen auf dem Boden, als Malfoy mir mit seinen Worten einen Strick um den Hals gelegt und mich wieder runtergezogen hatte. Ich hoffte, dass die Aufsicht ihn, am besten zusammen mit Parkinson, erwischen würde. Schade um die Hauspunkte, doch vielleicht bekämen sie sogar eine Woche Nachsitzen aufgebrummt, wenn sie McGonagall begegneten. Dieses Arschloch hätte es zumindest verdient.
Ich lehnte meinen Kopf an die kühle Glasscheibe und schloss die Augen. Wieso nur hatte ich etwas anderes erwartet? Ich hörte wie sich die Steinwand, die den Eingang zu unserem Gemeinschaftsraum bildete, aufschob und jemand sich mit leisen Schritten näherte. Ich öffnete die Augen und kurz darauf saß Daphne mir gegenüber. Sie warf ihre hochhackigen Schuhe gekonnt auf den nächsten Sessel und lehnte sich dann mit dem Rücken an die Glasscheibe.
„Das war wirklich ein ganz schön aufregender Abend heute, nicht?" Sie lachte leise.
„Wohl eher ganz schön nervenaufreibend.", kommentierte ich, während ich mich ebenfalls mit dem Rücken gegen die Scheibe lehnte und meinen Kopf dann auf ihre Schulter sinken ließ. Er fühlte sich so schwer an.
„Ach, Daphne. Ich weiß überhaupt nicht, was mit mir los ist. Es ist irgendwie absurd. Wieso lasse ich Malfoys Worte überhaupt so an mich heran? Ich verstehe mich selbst gar nicht mehr."
„Keine Sorge, May-May. Das geht jedem Mal so, denke ich. Das passiert halt. Was ich nicht verstehe ist, wieso ihr beiden dieses Wer-geht-mit-wem-zur-Party-Thema soweit hochgeschaukelt habt?" Ich verzog missbilligend den Mund, was Daphne ein kurzes Lachen entfahren ließ. „Na, ihr hättet doch beide einfach zusammen hingehen können."
„Wie zusammen hingehen? Wieso sollte ich-"
„Jaja.", unterbrach sie mich, als wüsste sie schon, was ich darauf erwidern würde, „Ich glaube einfach, dass es Draco verletzt hat, als du meintest, dass du lieber mit einem Gryffindor zur Party gehen würdest."
„Aber das war doch auf Nott bezogen. So dumm ist nicht einmal Malfoy.", warf ich ein, als mich plötzlich ein Gedanke durchfuhr. Ich setzte mich kerzengerade hin und sah Daphne mit großen, ungläubigen Augen an. „Meinst du etwa, dass er mich fragen wollte? Aber das kann doch nicht- Hat Zabini dir das verraten?"
„Blaise hat mir gar nichts gesagt. Es ist lediglich eine Vermutung meinerseits. Malfoy ist eben ein großgewordenes Kleinkind, das trotzig wird, sobald es etwas nicht bekommt. Und ich denke, genau das ist hier passiert." Ich starrte das Mädchen noch einen Moment lang verwirrt an, dann ließ ich mich wieder gegen die Scheibe sinken.
„Wie es dazu kam ist schlussendlich nebensächlich. Die Hauptsache ist, dass er sich wie der größte Arsch der gesamten Zaubererschaft verhalten hat.", murmelte ich und verschränkte meine Arme vor der Brust. Aber was, wenn Daphne recht hatte? Würde sich dann etwas an der Situation ändern?
Begleitet vom mystischen See-Mondlicht saßen wir eine ganze Weile im einvernehmlichen Stillschweigen nebeneinander und hingen unseren eigenen Gedanken nach.
„Was ist jetzt eigentlich mit Zabini und dir?", fragte ich leise, während ich weiterhin in den grünlich gefärbten Gemeinschaftsraum starrte. Daphne seufzte glücklich und ich sah aus dem Augenwinkel, wie sich ein kleines Lächeln auf ihre Lippen stahl.
„Keine Ahnung. Er ist irgendwie super... Er ist einfach er, nur fünftausendmal intensiver." Ihr Blick traf meine Augen und das freudige Funkeln, das mir entgegen blitzte, versetzte mir einen leichten Stich. Doch es lag noch etwas anderes darin. „Weißt du, all dieses charmante Gehabe, was er sonst bei jedem x-beliebigen Mädchen an den Tag legt, das trifft jetzt alles auf mich." Unsicherheit?
„Ist das denn schlecht?"
„Das weiß ich ja nicht. Ich habe einfach Angst. Ich weiß nicht, ob es ist, weil er jeder Zeit den Gefallen an mir verlieren könnte, oder ob es ist, weil er sich auf mich festlegen könnte. Ich will ihn, aber ich brauche meine Freiheit, verstehst du?" Ihr Blick war beinahe verzweifelt und ich konnte nichts anderes als nicken. Ich hatte nicht gewusst, dass sie sich so viele Gedanken um ihre neuentstandene Beziehung machte. Ich hatte einfach angenommen, dass sie das schon schaukeln würde. Weil sie Daphne war und immer alles, was den Kontakt zu anderen Leuten anging, hinbekam. Sie konnte einfach so gut mit Menschen, dass ich mir wünschte, mehr wie sie zu sein. „Sorry"
Sie rückte ein Stück weit von mir ab und sah wieder weg. „Ich bin echt rücksichtslos. Jammere hier mit meinen Problemen, obwohl du noch ganz andere Schwierigkeiten hast."
„Jup, das bist du wohl." Ich stieß sie mit dem Ellenbogen in die Seite und musste grinsen. „Aber ich hab gehört, das ist bei arroganten Slytherins wohl häufiger der Fall."
Der Eingang zum Gemeinschaftsraum schob sich erneut auf. Diesmal kam der Rest unserer Gruppe hereingetorkelt. Beziehungsweise kam Nott hereingetorkelt. Er hing mit seinen Armen über den Schultern von Zabini und Malfoy, redete etwas vor sich hin, was wie ein Aufzählung von Zaubertrankzutaten klang und nickte gleichzeitig für kurze Zeit ein, um im nächsten Moment direkt wieder hochzuschrecken.
„Meine Fresse, Theodore.", fluchte Malfoy, während er Notts Arm genervt fester an sich zog.
„Ich das. Ich bin Theodore Nott!", rief Nott, der wieder hochgeschreckt war, plötzlich laut durch den Gemeinschaftsraum. Er reckte seinen Zeigefinger in die Höhe und machte es den beiden Jungs ganz schön schwer, ihn zu stützen. Bei Malfoys gereiztem Gesichtsausdruck, stellte sich eine gewisse Zufriedenheit in mir ein. Schadenfreude war immer noch die schönste Freude.
„Lern mal dich etwas zurückzuhalten.", fauchte Malfoy und Nott ließ sich mit einem zufriedenen Glucksen zurück in den Griff seiner beiden Freunde sinken.
„Das sagt der Richtige.", murmelte ich halblaut, ohne ihm in die Augen zu blicken. Meine Wut ihm gegenüber war immer noch nicht ganz verschwunden.
„Wir sollten am besten alle einfach ins Bett gehen.", sagte Daphne, während sie sich erhob und ihre Schuhe wieder von der Couch fischte. Ich tat es ihr gleich und empfing Malfoys wütenden Blick mit absoluter Beherrschung. Heute konnte er mich mal kreuzweise. Niemand, nicht einmal ein Draco Malfoy, konnte mich zweimal an einem Abend zur Weißglut bringen. Heute nicht, Malfoy, sagte die Stimme in meinem Kopf, fick dich einfach.
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Woah, ich hätt's doch wirklich fast vergessen, aber here you go, das Kapitel nach dem ersten wirklichen Streit der Beiden. Ob sie wieder zusammenfinden? Who knowss.
Ich mag dieses Kapitel tatsächlich ganz gerne, weil so eine comfort-Atmosphäre zwischen Daphne und Marry herrscht. Die beiden sind eben wirklich Freundinnen.
A little reminder, dass comments und votes mir immer eine große Freude bereiten (und ich vergesse das oft auch, wenn ich gerade durch die Kapitel fliege).
xoxo Alex
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