𝑰-4 | Gehst du mit mir hin?
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KAPITEL VIER
GEHST DU MIT MIR HIN?
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Was im Dreiteufelsnamen hatte ich mir dabei gedacht?
Seit über einer Stunde lief ich vor meinem Bett auf und ab und überlegte, wie ich am besten wieder aus der ganzen Sache rauskam. „Äh, Leute, ja... Ich habe eigentlich gar kein so großes Selbstbewusstsein, wie ich immer behaupte und deswegen will ich Potter eher nicht fragen, danke, tschüss." Egal wie ich es in meinem Kopf drehte und wendete, die Worte klangen immer gleich absurd. Einfach erdrückend lächerlich. Ich hatte, wie nicht wenige meiner Mitschüler, ein größeres Ego, als gut für mich war und meinen Stolz wollte ich auf gar keinen Fall von irgendwem ankratzen lassen. Schon gar nicht von Draco Malfoy.
Ich konnte seinen kalten Blick immer noch auf meiner Haut spüren. Er hatte wütend gewirkt. Ja fast schon trotzig, wie ein kleines Kind, das etwas nicht bekam. Als hätte man ihn irgendwie verletzt, sodass er jetzt zum Gegenangriff überging. Und das alles verborgen hinter so einfachen Worten?
Beweise es uns.
In Dauerschleife schoben sich diese drei Worte immer wieder in den Vordergrund. Ich schüttelte den Kopf und ließ mich kraftlos auf mein Bett fallen. Malfoy konnte genauso gut einfach ein Arsch gewesen sein. Es musste nichts hinter seinen Worten stehen. Vielleicht bedeuteten sie einfach nur „mieser Slytherin ohne Herz". In Großbuchstaben. Sodass man unmissverständlich mitbekam, was er von einem hielt und wie viel er auf die Gefühle anderer gab. Einen Scheiß.
Seufzend schnappte ich mir mein Buch vom Nachttisch und merkte, als ich auf der Seite aufklappte, wo ich zuletzt gewesen war, dass diese Stelle in den letzten Stunden schon drei Mal versucht hatte zu lesen, doch jedes Mal war ich nach einigen Zeilen abgeschweift. Mit schnellen, festen Schritten ging ich den bekannten Weg durch die steinernen Flure und kam in wenigen Minuten in der Bibliothek an.
Der wohlbekannte, angenehme Geruch nach ledrigen Bucheinbänden und altem Holz füllte meine Lungen und sofort fühlte ich mich, als würde eine Last von mir abfallen. Die Bibliothek war so gut wie leer. Ich sah nur eine Gruppe aus Ravenclaws und Hufflepuffs eines höheren Jahrgangs in einer Ecke zusammenstehen, die leise miteinander flüsterten. Ich grinste sanft, als ich in eine Regalreihe einbog. Es war typisch Ravenclaw, dass sie selbst dann in die Bibliothek gingen, wenn sie eine Party zu organisieren hatten.
Ich fuhr mit meinem Finger über die staubigen Buchrücken und griff nach einem Buch über Kräuterkunde, als ich mich unwillkürlich einem Paar grüner Augen gegenübersah. Erschrocken stolperte ich zurück und die Augen, umrandet von der runden Brille, verschwanden aus meinem Sichtfeld. Harry Potter stand mir direkt gegenüber. Er war genau hinter der Regalreihe und aus irgendeinem Grund raste mein Herz in der Brust.
„H-Hey", unterbrach jemand meine Gedanken. Ich musste mich dazu überwinden aufzusehen, denn natürlich hatte ich die Stimme erkannt. Dort stand er. Der schwarzhaarige Gryffindor. Die lebende Legende. Und vor allem niemand, mit dem ich unter normalen Umständen sprechen sollte. Sollte ich meine Chance ergreifen und ihn wegen dieser bescheuerten Party fragen? Ob er schon mit jemandem hinging?
„Hi", brachte ich etwas hölzern hervor und schrie mich innerlich an, dass ich mich mal bitte wieder zusammenreißen sollte.
„Ich, du... Ähm, ich wollte fragen, ob du..." Er kratzte sich verlegen am Hinterkopf, doch ich hing gespannt an seinen Lippen. Ich wollte jedes Wort davon in mich aufnehmen, ganz egal, was sie sagten. „Ob du in Slytherin bist?"
Ich stutzte. Doch nicht ganz egal. Er grinste gezwungen und fing dann an auf der Stelle auf und ab zu wippen.
„Ob ich in Slytherin bin?", fragte ich langsam und musterte ihn forschend. Hatte er keine Augen im Kopf?
„Ja! Also eigentlich nicht.", stammelte er, wurde plötzlich rot wie eine Tomate und verabschiedete sich murmelnd. Ich sah ihm noch einige Sekunden verwirrt hinterher.
Was genau war das bitte gerade gewesen?
Zuallererst: Warum in Merlins Namen war der Junge so aufgeregt gewesen? Mit Ablehnung und Feindseligkeit hatte ich ja irgendwie gerechnet, aber nicht mit einem herumstotternden Helden. Wieso hatte ich mich nicht komplett vor ihm verschlossen und war nicht auf der Stelle verschwunden, als er mich noch nicht angesprochen hatte? Ich hatte doch beschlossen es nicht zu machen. Ihn nicht zu fragen, ob er mit mir zur verdammten Party ging. Oder doch?
Ich wollte nicht als Verlierer dastehen, aber irgendwie war es schon ein großer Schritt als Slytherin mit einem Gryffindor auszugehen. Ich meine, allein der Fakt, dass wir miteinander gesprochen hatten, war schon erstaunlich.
Und die letzte große Frage, die ich mir stellte: Warum hatte er mich bei Salazars Unterhose überhaupt angesprochen? Gryffindors und Slytherins sprachen grundsätzlich nicht miteinander und wenn sie es taten, dann stritten sie. Es gab kein „Ich wollte dich fragen", sondern es wurde mit Flüchen um sich geworfen, bis irgendein Professor das Ganze beendete. So und nicht anders.
Irgendwie erledigt ließ ich mich in einen der weichen Lesesessel gleiten und hörte ein wenig dem Gemurmel der Ravenclaw-Huffelpuff-Gruppe zu. Ich verstand es einfach nicht. Wirklich nicht. Ich war noch nie in der Lage gewesen, dass ich mich selbst so überhaupt nicht verstanden hatte. Das war alles ein bisschen zu viel für mich. Und trotzdem war da diese blöde Party, der blöde Malfoy und auch Potter, bei dem ich mir noch gar keine richtige Meinung hatte bilden können.
Wenn ich mit Potter zur Party ging, hieß das doch nicht automatisch, dass ich mit ihm tanzen musste, oder?
Ich hievte mich hoch und ging zurück in den Slytherin-Gemeinschaftsraum. Wie konnte ich Potter am besten fragen, ob er mit mir zur Party ging? Wie sollte ich ihn überzeugen mit mir hinzugehen, statt mit Granger oder sonst irgendwem. Ich dachte an sein seltsames Verhalten in der Bibliothek zurück. Wenn er wieder so komisch drauf war, würde er vielleicht eher ja sagen oder wieder einfach abhauen, ohne mir eine Antwort zu geben. Dann stand ich sehr dumm dar. Sollte ich vielleicht mal eben einen Zaubertrank brauen. Bestimmt gab es etwas, das-
„Avery", sagte plötzlich eine Stimme und ich sah auf. Nott stand vor mir. Er wirkte ernst und hatte offenbar schon die Sachen an, die er für die Party tragen wollte. Einen dunkelblauen Anzug und darunter ein locker sitzendes weißes Hemd. „Gehst du mit mir hin?"
Ich sah ihm verdattert entgegen.
„Nein, natürlich nicht.", erwiderte ich. Glaubte er etwas, dass ich so leicht aufgeben würde?
„Aber-"
„Was aber? Ich werde Malfoy sicher nicht die Genugtuung lassen mich irgendwie besiegt zu haben. Ich werde mit Potter zu dieser Party erscheinen und ihm zeigen, wie ernst ich es meine." Ohne es zu merken, war ich immer lauter geworden. Verdammt, warum tickte ich so aus, wegen einer blöden Wette? War es denn überhaupt eine Wette? Es gab keinen Wetteinsatz bis auf die Schmach zu verlieren.
Nott seufzte.
„Das ist mir vollkommen egal. Ob du es schaffst mit Potter hinzugehen oder nicht. Mich interessiert das nicht. Ich stehe nicht auf Malfoys Seite, nur weil er mich in dem Augenblick in irgendeiner Weise verteidigt hat. Sicher war das nicht einmal seine Intention." Er schüttelte mit dem Kopf und drehte sich um. „Wenn du später noch keinen Partner hast, ich bin frei."
Dann verließ er den Gemeinschaftsraum. War das der Nott, den ich kannte und hasste? Er wirkte plötzlich viel erwachsener und irgendwie schien mir mit ihm auszugehen auf einmal gar nicht mehr so abwegig. Ich hatte mich vielleicht wirklich etwas zu sehr in Malfoys Worte reingesteigert. Wen interessierte es schon, mit wem ich auf die Party ging und ob ich überhaupt dort auftauchte? Als Vertrauensschülerin war es eigentlich sogar meine Pflicht die anderen davon abzuhalten nach der Ausgangssperre auf den Gängen herumzulungern. Ich konnte einfach im Schlafsaal bleiben und ein gutes Buch lesen.
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Och jee, bereut da wer die Kampfansage an Malfoy?
Hoffentlich nicht, sonst wird es ja nur halb so spannend, aber Marry hat ihren eigenen Kopf, da werdet ihr wohl oder übel bis nächsten Samstag auf die Antwort darauf warten müssen. ;)
Was ist so euer Eindruck von Nott?
Wie empfindet ihr Marry? Ich hab so viele Fragen!
xoxo Alex
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