45 - Seo Changbin
Alleine ging ich durch die verlassenen Gassen hier in Seoul Mitte. Kaum zu glauben, dass ich gerade nach Felix's Bruder Chan suchte. Chan und ich hatten nicht wirklich einen guten Start gehabt. Immerhin war er Felixs Bruder und ich - naja - war sein Vergewaltiger. Ich hoffe das Felix mich nicht mehr als seinen Vergewaltiger sah. Ich wollte für ihn viel mehr sein. Ich wusste, dass ich mich auf den ersten Blick in Felix verliebt hatte, doch meine ''zweite Persönlichkeit'' musste das alles ziemlich schwer machen. Ich wünschte wirklich, dass ich sie nicht hätte. Es wäre sicherlich ganz anders zwischen mir und Felix gelaufen. Ich wusste das Felix unseren Start niemals vergessen würde, doch hoffte ich das wir wenigstens Freunde werden konnten. Oder wenn wir auseinander gehen sollten, wenigstens im Guten. Ich wollte das Felix meine wahre Persönlichkeit kennenlernen konnte und das er mir eine zweite Chance gab, war großes Glück gewesen. Kein anderer Mensch würde seinem Vergewaltiger eine zweite Chance geben, doch Felix wusste anscheinend, dass ich nicht ich selbst war und das baute irgendwie einen kleinen Funken Hoffnung in mir auf.
Ich lief jetzt schon seit einer guten halben Stunde durch die Straßen, hatte hin und wieder mal Leute die an einem Stand standen gefragt, ob sie einen blonden Jungen mit lockigen Haaren gesehen hatten. Leider verneinten alle. Auch wenn Chan und ich keine Freunde waren, machte ich mir schon sorgen um den älteren.
Ich erblickte einen Stand, wo gerade niemand anstand, weshalb ich dort hinging und den Verkäufer freundlich anlächelte. Dieser musterte mich erstmal und als er sah, dass ich teure Klamotten trug, leuchteten seine Augen etwas auf, was mir jetzt schon auf den Sack ging. Der war einer der auf mein Geld aus war und solche Menschen konnte ich nicht leiden.
,,Was kann ich für Sie tun?" fragte der Mann freundlich, ich verdrehte nur leicht die Augen. Dieser Mann war definitiv nicht wie die anderen Verkäufer die sich hier auf den Markt stellten und das kotzte mich an.
,,Ich suche einen Jungen. Er ist in meinem Alter, circa 4 cm größer als ich und hat blonde lockige Haare. Haben sie ihn gesehen?" fragte ich ihn, worauf er schelmisch grinste und ich jetzt schon wusste, das er Geld von mir verlangte.
,,Also gegen eine kleine Gage könnte ich ihnen sagen was ich weiss." Ich verdrehte die Augen, kramte in meiner Jackentasche nach Geld und klatschte dem Verkäufer um die 20 Euro auf den Tisch. Dafür war ich aber so dreist und nahm mir einen der Äpfel um in diesen reinzubeißen. Der Verkäufer sah mich mit großen Augen an, doch kümmerte mich dies gerade herzlich wenig.
,,Er steht da oben auf dem Hochhaus. Ich glaube er will springen. Allerdings steht er da schon seit einer halben stunde." verriet mir der Verkäufer und ehe er sich mein Geld schnappen konnte, griff ich mir dieses und rannte zum Hochhaus, auf dem Chan stand. Ich stürmte die Rezeption des Bürogebäudes, worin zufälligerweise meine Schwester nebenbei als Sekretärin arbeitete, um sich ihre Studienkosten zu finanzieren. Das Singen alleine, brachte eben nicht genug Geld ein. Ich rannte auf die Rezeption zu und erkannte glücklicherweise meine Schwester, die mich mit einem verwirrten Blick musterte.
,,Changbin? Was machst du denn hier?" fragte sie, und gab mir ihr Glas Wasser, damit ich erstmal etwas trinken konnte.
,,Ich muss auf euer Dach, ein Junge den ich kenne, der will da runter springen!" meine Schwester weitete die Augen und stand auf, um mit mir zum Treppenhaus zu gehen.
,,Ich weiss echt nicht wie er sich vorbeischleichen konnte, aber renn, bevor es zu spät ist." Und auf ihr Kommando rannte ich die Treppen nach oben bis zum Dach. Ich drückte die schwere Metalltür zum Dach auf und blickte direkt zu Chan, der sich augenblicklich umdrehte. Mit großen Augen sah er mich an, doch störte es mich nicht und kam ihm näher. Er trat ein paar schritte zurück, stand somit am Abgrund.
,,Go Away!" schrie er mich plötzlich an und ich konnte von glück sprechen, dass ich diese Worte verstanden habe. Etwas Englisch konnte ich wohl doch noch.
,,Chan. Dont do that!" schrie ich ihn ebenfalls an, mit meinem sehr offensichtlichem schlechten Englisch. Chan kam ein schritt näher und ich wagte es mich auch, ihm näher zu kommen. Dadurch konnte ich sein Gesicht besser erkennen und sah, das er weinte. Chan tat mir in diesem Moment einfach Leid. Zwar wusste ich nicht warum er sich das Leben nehmen wollte, doch ich konnte mir vorstellen das es auch etwas mit Felix zu tun hatte. Und mit Woojin. Da ich in Chan und Woojins Klasse ging, wusste ich als einer der ersten, dass es zwischen den beiden aus war. Die Beziehung ging nicht sehr lange, doch schien Woojin Chan viel zu bedeuten. Woojins Worte waren echt hart gewesen, als er mit Chan schluss gemacht hatte. Es hatte viele aus meiner Klasse irgendwie getroffen. Sie alle fühlten die härte der Worte und Chans schmerz.
,,You don't know anything!" schrie er und wollte wieder zurück gehen, doch sein Schritt war zu groß gewesen, er rutschte ab und verlor sein Gleichgewicht. So schnell ich reagieren konnte versuchte ich seine Hand zu greifen. Kein Mensch hatte verdient zu sterben. Jeder einzelne Mensch war wertvoll und individuell, das machte einen Menschen aus. Egal mit was für Problemen man zu kämpfen hatte, man sollte den Tod niemals als eine Lösung sehen. Ich schmiss mich auf den Boden um seine Hand zu greifen.
Ich hielt sie.
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Ein zweites Kapitel weil ich euch nicht auf die Folter spannen wollte :D
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