Prolog

Auf dem schmutzigen Boden dieses verlassenen mehrstöckigen Hauses saß ich, als wären meine Zweifel und Gedanken die einzigen Gesellschaften, die mir geblieben waren. Die Umgebung, einst ein stolzes Anwesen, schien von der Zeit vergessen zu sein. Der Boden, einst bestimmt von edlen Teppichen, war nun eine staubige, rissige Oberfläche. Die Wände trugen Narben der Vernachlässigung, mit abblätterndem Putz.

"May, du kannst es nicht mehr ändern", murmelte eine mir bekannte Stimme. Diese weiche, nette Stimme wurde von kleinen Tränen begleitet, die mein Herz zerbrachen.

Ein brennendes Verlangen, ihn selbst zu sehen, trieb mich dazu, aufzuspringen. Und ja... Ich verließ den Raum und ließ das Mädchen, mit blonden Haar, hinter mir. Es war absolut unvorhersehbar und nicht einmal ich könnte mir selbst erklären, woher ich die Kraft besaß.

Jedoch war eines mit Sicherheit klar: Ich würde es nicht ertragen ihn dort zu sehen. Es würde mich traumatisieren und mir augenblicklich jeden Tag selbst die Schuld geben, für mein Verhalten, das vollkommen inakzeptabel war.

Doch aus unerklärlichen Gründen feuerten mich meine Gedanken an, weiter zu laufen. So als würde ich den ersten Platz gewinnen, wenn ich nur schnell genug rennen würde.

Meine Schritte hallten in den langen, düsteren Fluren wider. Die Wände waren wie ein Buch der Vergangenheit, mit seltsamen Zahlen und Zeichen, die die Geschichten längst vergessener Bewohner zu erzählen schienen.

Obwohl ich wusste, dass das, was ich sehen würde, möglicherweise verstörend war, ließ mich dieser Wettkampf gegen mich selbst nicht los. Ich musste die Wahrheit sehen... ihn sehen, um zu begreifen, was geschehen war.

Noch zwei weitere Treppen, dann würde ich bei ihm sein. Die weiße Holzstufen schien endlos, die Luft wurde knapp, aber ich gab nicht auf.

"May!" Eine der Stimmen. Stimmen die mich sonst immer nervten und mir immer wieder sagten, was ich zu tun und zu lassen hatte. Natürlich hörte ich auf sie. Ich hatte keine andere Wahl.

Doch heute war es anders. Ich ließ mich nicht von ihnen einschüchtern und tat endlich einmal das, was ich für richtig empfand. Auch wenn es meinen Untergang bedeuten würde.

Wieder schrie sie etwas, was jedoch im Hintergrund verblasste. Nichts schien wichtiger, als ihn zu sehen, zu begreifen was ich angestellt hatte. Meine Füße brannten, mein Herz schlug so wild in meiner Brust, dass ich womöglich jede Sekunde umkippen könnte. Ich hatte Angst, unfassbare Angst, dass es stimmte, was sie mir sagten.

Doch nichts hielt mich auf, weiter zu rennen. Alle Sinne waren geschärft. Alles war glasklar und doch verschwamm jedes der Details um mich herum immer mehr. Ich sah nur noch Treppen. Zahllose Stufen unendlich vieler Treppen, die ich hinauf steigen musste. Ich sah nur noch meinen Willen, meine Fragen... Herausforderungen, die ich ohne jeglichen Zweifel erforschen sollte.

Und weitere Gedanken, die mich quälten, jagten durch meinen Kopf. Warum passierte das alles? Hieß es nicht immer: 'Wir drei für immer'?

Nur noch eine Treppe, dann würde ich ihn in einem der düsteren Zimmer treffen. Düster, so finster und voll Erinnerungen, die mich eigentlich aufhalten sollten, doch taten sie es nicht.

War ich bereit?

In meinem Kopf tobten viele Fragen, Gedanken und Gefühle, die ich zu verdrängen versuchte. Allein die Tatsache, dass das Haus verlassen und eigentlich für mich ein Ort voll Erinnerungen der Liebe und Freundschaft war, brachten mich förmlich zum Zittern.

Ich bezweifelte, dass ich dieses Haus jemals wieder als positiv in Erinnerung haben werde. Doch es spielte keine Rolle. Ich musste ihn sehen, sonst würde ich niemals akzeptieren, was geschehen war.

Außer Atem stand ich nun endlich vor der verrosteten Eisentür. Einen Moment fragte ich mich, was mich erwarten würde, als hätte ich vergessen, warum ich hier stehe und was mein Ziel war.

Noch einmal hörte ich meinen Namen, aber die Worte verschwammen, als ich die Tür endlich öffnete und meinen Gewinn sah...

Wenn das der Gewinn war, hätte ich lieber verloren, statt gewonnen.


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