Kapitel 9 - Beschissene Vergangenheit

„Beschissener Schnee. Beschissenes Weihnachten. Beschissener Caleb", maulte Maren vor sich hin und wirbelte mit jedem zornigen Schritt den Schnee vor sich auf.

Ihre Laune war so grandios, dass sie sich wohl der Streitmacht von Mordor anschließen konnte und es ohne den Ring der Macht schaffen würde, Mittelerde in den Untergang zu reißen. Sie hatte die halbe Nacht nicht geschlafen und das nur, weil ihre Gedanken einfach nicht die Fresse halten wollten. Matt, Marian, Caleb ... drei Männer, die ihr durch den Schädel wanderten, und einer nervte sie mehr als der andere. Wobei ganz klar Caleb diese Runde anführte. Warum bei allen Geistern war er denn nur so verdammt lecker? Es war ja nicht so, dass Maren ein Problem mit hemmungslosen, heißen Sex mit irgendwelchen Typen hatte. Nein, sie liebte es und sie spürte, dass es eindeutig mal wieder Zeit dafür wurde. Aber nicht mit Caleb. Auf keinen Fall. Er hing in irgendeiner Weise mit Marian zusammen und somit klebte faktisch ein rotes Kreuz auf seiner Stirn. Nicht anfassen. Der Typ ist das Ticket in die Hölle, sagte sie sich immer wieder. Tja, aber ihre Libido schien das alles nicht zu interessieren, denn die war sofort voll da, sobald er ihr unter die Augen trat, was die nächsten Tage wohl noch öfter der Fall werden würde. Sie seufzte und schüttelte den Kopf. „Nein. Kein Caleb für Maren", raunte sie und bahnte sich weiter den Weg durch den Park. Sie war auf dem Weg zum LoveStone, nachdem sie einen Krankenbesuch bei Darius hinter sich gebracht hatte. Er litt, ertrug es aber wie ein Mann. Da hatte Maren schon andere Exemplare erlebt, die wegen einer Rotznase so taten, als würden sie auf der Klinge des Todes wandeln. Darius war da glücklicherweise anders und so hatte Maren bei ihm nicht das Bedürfnis, ihm mit einem Kissen zu ersticken, um ihn von seinem Leiden zu erlösen. Dennoch war sie jetzt schon fast zu spät und musste sich sputen, damit sie pünktlich im LoveStone ankam. Sie stürmte durch die Tür, zog sich schnell um und schaffte es gerade noch rechtzeitig, die Tür zu öffnen, und schon traten die ersten Gäste herein. „Maren. Du hier? Was ist passiert?", fragte Pia, eine Stammkundin, welche regelmäßig hierherkam, wenn es ihr Zuhause mal wieder zu viel wurde. Maren schob ihr den Cappuccino über die Theke und lächelte sie an.„Darius hat die Grippe erwischt und Ruby und Grand sind auf ihrem alljährlichen Adventsshoppingtrip", erklärte Maren. Pia nickte und die beiden unterhielten sich noch eine Weile, bis diese sich einen Platz an dem Kamin suchte und den Laptop vor sich aufklappte. Der Tag verflog nur so dahin und Maren kam kaum dazu, sich selbst ein Stück Kuchen zu gönnen. Es war kurz nach 16 Uhr, als der letzte Gast das LoveStone verließ und Maren die Tür hinter ihm schloss. Sie lehnte sich an die Theke und seufzte. „Was ein Tag", pustete sie und streckte sich. Plötzlich gab es einen lauten Knall, gefolgt von dem Brechen von Glas. Maren schoss herum und suchte die Schaufenster ab. Doch die waren alle noch ganz und während ihr Puls sich langsam wieder beruhigte, fiel ihr der Übeltäter ins Auge. Eine der Girlanden, welche mit zu vielen Weihnachtskugeln behangen war, lag am Boden, untermalt von einem bunten Haufen Scherben. Maren riss sich die Schürze von der Hüfte und warf sie auf die Theke. „Scheiße", raunte sie.Der Feierabend würde wohl noch auf sich warten lassen und so machte sich Maren daran, die Scherben zusammenzufegen, um anschließend die Kartons mit der übrigen Weihnachtsdekoration vom Dachboden zu holen. Eine knappe Stunde später stand sie vor der neuen Girlande und seufzte zufrieden. „Nicht so schön, wie bei Grand, aber kann sich sehen lassen", urteilte sie selbst und machte sich daran, ihre Sachen zusammenzusuchen. Es war mittlerweile schon dunkel und eigentlich viel zu spät, doch letztlich war es vollkommen egal. Sie hatte nichts vor und so war Caleb wenigstens schon verschwunden, bevor sie nach Hause kam. Sie trat vor das Café, kuschelte sich etwas tiefer in ihre Jacke, denn die Temperaturen wurden immer eisiger und schloss die Tür hinter sich ab. Maren versicherte sich noch einmal, dass die Tür auch wirklich zu war und machte sich auf in den Park. Ihre Beine wurden langsam schwer, denn schleichend machte sich die Schlaflosigkeit der letzten Nacht bemerkbar und die Müdigkeit koch ihr in den Körper. Sie gähnte leise und beschloss, dass dieser Abend mit einer heißen Wanne und einem Glas Wein enden würde. Vorsichtig lief sie über den vereisten Weg, als sie plötzlich einen Schatten im Augenwinkel vernahm. Sie stoppte, drehte sich, aber außer den spärlich beleuchteten Weg, konnte sie nichts sehen. „Jetzt drehst du durch, Maren", sagte sie zu sich selbst, schüttelte ungläubig den Kopf und gerade, als sie weiterlaufen wollte, spürte die den reißenden Schmerz am Hinterkopf. Etwas zog mit so viel Kraft an ihren Haaren, dass sie das Gleichgewicht verlor und zu Boden krachte. Die eisige Kälte des Schnees, welcher auf ihr Gesicht fiel, schickte ihr einen Schauer durch den Körper. Sie schrie auf, als der reißende Schmerz an ihrem Hinterkopf erneut aufflammte und sie über den Boden gezogen wurde. Sofort schossen ihre Hände an die schmerzende Stelle und trafen auf Hände, welche sie fest an den Haaren gepackt hatten. Sich unter Schmerzen windend, versuchte sie verzweifelt Halt mit ihren Füßen zu finden, doch sie hatte keine Chance. Panik stieg in ihr auf und langsam schnürte es ihr die Kehle zu. Ein einzelner, fast schon stummer Schrei entwich ihrer Kehle, als sie plötzlich am Kragen gepackt und auf ihre Beine gezogen wurde. Wieder versuchte sie, den Angreifer abzuwehren, aber ihr Körper schien ihr nicht mehr zu gehorchen. Sie wurde zurückgestoßen und krachte rücklings in einen Baum. Ein stechender Schmerz durchfuhr sie und nahm ihr die Luft zum Atmen. Ihr Puls raste und alles um sie herum fing an, sich zu drehen. Verzweifelt suchte ihr Kopf eine Erklärung für das Ganze, doch die Angst fing an, ihren Geist und Körper zu lähmen. Sie spürte, wie eine Hand sich an ihre Kehle legte und sie weiter an den Baum drückte. Sie spürte das Brennen in ihrer Nase, welches ihre Tränen ankündigte. „Bitte", flüsterte sie leise, bevor ihr die Stimme vollständig versagte und die Tränen sie übermannten. Sie vernahm den Atem auf ihrer durchgefrorenen Haut. „Aber Honeymoon. Wein doch nicht. Ich bin ja hier", raunte es ihr plötzlich entgegen, gefolgt von Fingern, welche ihr die Tränen von der Wange wischten. Maren durchfuhr ein Schauer und sie riss die Augen auf. Dunkle Augen fixierten sie. In ihnen tobte der Wahnsinn und in Maren stieg Übelkeit, vermischt mit Ekel auf. Und unter das Ganze mischte sich Wut. Endlose Wut. Sie stemmte sich gegen seine Hand und knurrte los.„Lass mich los, Matt. Was soll das?" Doch Matt drückte sie nur noch fester an den Baum und lehnte sich an ihr Ohr. „Ich will dich nur daran erinnern, dass du mich liebst, Babe", raunte er.„Fick dich", schrie Maren ihm entgegen und noch bevor die Worte ihren Klang verloren hatten, schlug Matts Rückhand so stark in ihrer Wange ein, dass es ihr den Kopf zur Seite schleuderte und sie nichts, außer tanzende Lichtpunkte vor sich sah. „Du bist mein Eigentum und das lasse ich mir nicht von so einem dahergelaufenen Penner nehmen", brüllte Matt sie an. Sie rutschte langsam zu Boden. Alles drehte sich, und sie versuchte sich, an dem Baum abzustützen, doch Matt packte sie erneut und riss sie wieder nach oben. Seine Hand legte sich um ihr Kinn und er vergrub seine langen Finger, schmerzhaft in das Fleisch ihrer Wangen.„Sag mir, dass du mich liebst", knurrte er ihr entgegen. Maren schluckte und langsam verschwand die Wut und ein neuer Schwall Panik breitete sich in ihr aus. „Ich ...", sie stockte. Sie wusste, dass es besser wäre, wenn sie ihm gab, was er hören wollte, aber die konnte es nicht. Sie richtete den Blick zu ihm und gab ein Brummen von sich. „Dieser Penner kann es mir wenigstens besorgen." Sie sah das Aufblitzen der Wut in Matts Augen. „Das wirst du bereuen, Schlampe", brüllte er ihr entgegen. Maren sah im Augenwinkel, wie er die Hand erneut anhob, und sie zog aus Reflex die Hände über ihren Kopf, doch der erwartete Schmerz blieb aus. „Was?", hörte sie Matt noch fragen und dann spürte sie, wie seine Nähe vor ihr verschwand. Sie ließ die Hände fallen und sah noch die aufgerissenen Augen von Matt, bevor er zu Boden gerissen wurde und eine dunkle Gestalt sich vor ihn schob.

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