Kapitel 6 - Jingle Bells

„Jingle bells, jingle bells. Jingle all the way. Oh, what fun it is to ride. In a one horse open sleigh ..."

Maren rollte die Augen, als sie die Tür des LoveStone öffnete und ihr bereits diese Töne entgegenschlugen. Sie hörte Grand und Ruby lautstark aus der Küche heraus mitsingen. Die beiden waren so vertieft, dass sie die Glöckchen der Tür nicht vernahmen, und so konnte sich Maren heimlich an die Küchentür schleichen. Sie schmunzelte, als sie sah, wie die beiden, mit Mehl bestäubt, ihre Hüften durch die Küche schwangen.

„Ihr macht mich fertig", raunte sie und die beiden schreckten zusammen.

Ruby und Grand drehten sich zu ihr und schenkten ihr ein herzerwärmendes Lächeln.

„Ach Liebes. Eines Tages wirst du genauso fühlen", sagte Ruby und streichelte ihr sanft über die Wange.

Maren schüttelte es innerlich, bei dem Gedanken daran, jemals wieder zu Weihnachtsmusik zu tanzen, und sofort spürte sie wieder das Stechen in ihrer Brust. Schnell verwarf sie die aufsteigenden Erinnerungen und setzte ein Lächeln auf. Ruby und Grand wussten nicht, warum Maren diese Abneigung für die angeblich schönste Jahreszeit des Jahres hegte, und dabei sollte es auch bleiben.

„Sicher", erwiderte sie einfach nur und begann damit sich aus ihren Sachen zu pellen.

„Was gibt es heute Schönes? Es riecht unglaublich", rief Maren zurück in die Küche, während sie ihre Jacke an die Garderobe hing.

„Apfelküchle", kam es zurück geraunt und sofort lief Maren das Wasser im Mund zusammen.

Sie liebte diese kleinen Teilchen, zumindest wenn sie von Ruby kamen.

„Na, ein schönes Wochenende gehabt?", fragte Grand, der plötzlich hinter ihr aufgetaucht war.

Maren drehte sich zu ihm und winkte ab.

„Frag lieber nicht", erwiderte sie und lief hinter die Theke.

Er zog die Brauen nach oben und wackelte mit seinem Schnauzer.

„Ich rieche ärger", sagte er und sah Maren besorgt nach, während sie die Kaffeemaschine anschaltete.

Maren seufzte.

„Mein Bruder hat einen seiner Freunde bei mir abgeladen. Der blockiert mir jetzt meine Couch", erklärte Maren.

Sie hörte das leise Kichern von Ruby und Grand. Sie drehte sich zu ihnen und sah sie fragend an.

„Was?"

Grand schüttelte den Kopf, Ruby hingegen grinste sie an.

„Ein hübscher junger Mann?", fragte sie und wackelte dabei mit den Augenbrauen.

„Ruby", fuhr Grand seine Frau an und stützte dabei wieder seine Hände an seinen Hüften ab.

Seine Frau sah ihn an und zuckte mit den Schultern.

„Man wird doch mal fragen dürfen", erwiderte sie.

Grand schüttelte fassungslos den Kopf.

„Muss ich mir etwa Gedanken machen?", fragte Grand und sah seine Frau mit ernster Miene an.

Die schnaubte, schlug ihm leicht auf die Brust und schüttelte den Kopf.

„Spinner."

Maren grinste, als Grand seine Frau in die Arme zog und ihr einen Kuss auf die Stirn drückte.

„Das bin ich, und zwar deiner. Ganz allein", raunte Grand und brachte Ruby damit zum Lachen.

Sie seufzte.

„Ich weiß. Ich weiß", sagte sie und sah zurück zu Maren.

„Also? Ist er hübsch?", fragte sie erneut.

Maren nahm ihre Tasse unter der Kaffeemaschine hervor und sah sie kopfschüttelnd an.

„Nein, nicht nennenswert", log sie.

Ruby wirkte enttäuscht und winkte ab.

„Na dann tu es als guten Dienst für deinen Bruder ab", sagte Ruby und verschwand wieder in die Küche.

Maren zog tief die Luft ein und wandte den Blick von Grand ab. Dieser klopfte ihr leicht auf die Schulter.

„Was man nicht alles für die Familie tut, oder?", fragte er und begann damit, die Theke aufzufüllen.

„Ja, was man nicht alles für sie tut", murmelte Maren vor sich hin und versuchte ihren Zorn, der gerade in ihr wuchs, zu unterdrücken.

Caleb streckte sich und seufzte, als er langsam die Augen aufschlug. Er griff nach seinem Handy. Kurz nach elf. Er streckte sich erneut, als er ein leises Fiepen vernahm. Sein Kopf drehte sich langsam zu der Heizung und er schreckte auf, als ihn vier kleine Knopfaugen musterten.

Die Frettchen hatte er schon wieder völlig vergessen, denn sie hatten die letzten Tage immer in Marens Schlafzimmer verbracht. Langsam schob er sich nach oben und sah sich um. Die Tür zum Flur stand offen.

„Maren?", rief er leise.

Keine Reaktion.

„Maren?", rief er etwas lauter.

Keine Reaktion. Er konzentrierte sich darauf, ob er etwas aus den anderen Zimmern hören konnte, doch es herrschte Totenstille in der Wohnung. Arbeiten. Sie war Arbeiten, schoss es ihm plötzlich durch den Kopf und wieder schoss sein Blick zu den Frettchen, welche scheinbar ebenso unglücklich über diese Tatsache waren, wie er. Sie wackelten mit ihren kleinen Nasen und ließen Caleb nicht einen Moment aus den Augen. Der stand vorsichtig auf und bahnte sich rückwärts den Weg zur Kaffeemaschine. Wie konnte es sein, dass er nicht bemerkt hatte, dass Maren im Wohnzimmer gewesen war? Hatte er so fest geschlafen? Und warum waren diese zwei Monster jetzt hier? Hätte sie diese nicht im Schlafzimmer lassen können? Ja, er fühlte sich unwohl mit den beiden. Es war nicht so, dass er direkt Angst vor ihnen hatte, aber wenn er sie so ansah, kamen ihm sofort Bilder in den Kopf, wie sie ihm mit ihren langen, spitzen Zähnen in seine Zehen beißen und darauf konnte er gut und gern verzichten. Hatte er schon, brauchte er nicht noch mal.

Nachdem der Kaffee endlich durchgelaufen war, bahnte er sich den Weg zu der Balkontür und da sein Hoodie noch auf der Couch lag, beschloss er, frieren war auch okay. Also öffnete er die Tür, ohne dabei Erna und Bernd aus den Augen zu lassen, und stieg ebenfalls rückwärts auf den Balkon. Schnell schloss er die Tür hinter sich und stöhnte, erleichterte auf. Er nahm einen Schluck von seinem Kaffee und zündete sich eine Zigarette an.

„Und sie sind?", raunte es plötzlich hinter ihm.

Caleb fuhr erschrocken herum und sah in die dunklen Augen von Gabi, welche über den Balkon starrte.

Caleb setzte sein schönstes Lächeln auf und ging auf sie zu.

„Caleb, Madame und mit wem habe ich das Vergnügen?"

Gabi schnaubte.

„Na offensichtlich mit Maren", raunte sie und verschlug ihm damit die Sprache.

Sie starrten sich beide für einen kurzen Moment an, bis sie gleichzeitig anfingen mit lachen.

„Gabi", sagte sie und streckte ihre Hand zu Caleb.

Er schmunzelte und erwiderte den Gruß.

„Caleb. Freut mich."

Gabi nickte, zog an ihrer Zigarette und zeigte dann auf Calebs nackte Arme.

„Nicht etwas kalt?", fragte sie.

Caleb rieb sich über die Haut und sah sie etwas verlegen an.

„Doch schon, aber mein Pulli liegt auf der Couch und die steht gerade zu nah an diesen komischen Fellhaufen", erklärte er, was Gabi zum Lachen brachte.

„Angst vor Erna und Bernd?", fragte sie.

Caleb gab ein Knurren von sich.

„Nicht direkt Angst. Sagen wir schlechte Erfahrungen."

Gabi nickte und versuchte sich, ihr Lachen zu unterdrücken.

Caleb zog an seiner Zigarette und ließ seinen Blick schweifen.

„Interessant", raunte es plötzlich neben ihm.

Er sah wieder zu Gabi und runzelte die Stirn.

„Was?", fragte er.

„Ach, zu sehen, auf wessen Typ Mann Maren steht."

Caleb schluckte und sollte da wohl etwas klarstellen, aber die Neugierde packte ihn und da Maren nicht den Anschein machte, als würde sie etwas über sich preisgeben, konnte so eine redebedürftige Nachbarin vielleicht weiterhelfen. Er lächelte sie an.

„Ich bin also ihr Typ Mann?"

Gabi zuckte mit den Schultern.

„Scheint so. Immerhin stehst du auf ihrem Balkon."

Caleb sah sie fragend an.

„Kommt das sonst nicht vor?", fragte er.

Gabi nahm den letzten Zug von ihrer Zigarette und drückte sie aus.

„Dass sie jemanden allein in ihrer Wohnung lässt? Nein."

Caleb durchfuhr ein eigenartiges Gefühl und er würde sich sicher geschmeichelt fühlen, wenn die Umstände andere wären. Doch im Gegensatz zu Gabi wusste er, dass Maren ihn hier nicht freiwillig allein gelassen hatte, sondern weil Marian ihr keine Wahl gelassen hatte.

Er drückte seine Zigarette ebenfalls aus und wollte gerade den Balkon verlassen, als Gabis Stimme erneut ertönte.

„Sie ist ein gutes Mädchen. Tu ihr nicht weh."

Caleb stockte und sah zurück zu Gabi, die ebenfalls an ihrer Tür stand.

„Keine Angst. Habe ich nicht vor", erwiderte er und schon verschwand Gabi in ihre Wohnung.

Caleb seufzte und stieß vorsichtig die Tür zur Wohnung auf. Erna und Bernd lagen noch zusammengerollt in ihrer Hängematte an der Heizung und so lief Caleb langsam zurück zur Couch. Er schaltete sich den Fernseher ein, schnappte sich sein Handy und wählte die Nummer von Marens Bruder.

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