Kapitel 13 - Erwartetes Ärgernis
Maren betrat, dicht gefolgt von Caleb, den kleinen Weihnachtsmarkt. Er war überschaubar und trotzdem tummelten sich einiges an Menschen, verteilt auf die kleinen Stände. Maren entfuhr ein Seufzen, was Caleb hinter ihr auflachen ließ.
„Was?", fragte sie ihn, ohne stehenzubleiben.
„Sind dir das schon zu viele Menschen?"
Maren nickte und schob sich gerade an einer Gruppe Muttis, welche mit ihren Kinderwagen den kompletten Weg blockierten, vorbei.
„Ja, eindeutig zu viele. Viel zu viele."
Wieder vernahm sie das Lachen hinter sich. Doch diesmal blieb sie stehen und drehte sich mit hochgezogener Braue zu ihm und sah ihn giftig an. Caleb lachte direkt wieder los und hob die Hände.
„Ist schon gut. Habs verstanden. Ich frag mich nur, wie du es dann auf Konzerten machst? Stehst du da in der letzten Reihe und hast ein Absperrband um dich gewickelt? Oder bist du eine von den Sitzplatzbesuchern?"
Maren sah ihn irritiert an.
„Woher weißt du, dass ich gern auf Konzerte gehe?", fragte sie und ein komisches Gefühl breitete sich in ihr aus.
Caleb lachte erneut auf.
„Keine Angst. Ich stalke dich nicht, aber dein Kühlschrank hängt voller Karten. Ich nehme an, die hängen dort nicht zum Spaß", erklärte er.
Sofort verschwand dieses eigenartige Gefühl und Maren schnaubte.
„Nein. Ich bin immer mittendrin. Aber diese Menschen mag ich. Zumindest meistens", erwiderte sie und lief weiter.
Ziemlich aufmerksam, dachte sich Maren, als seine Stimme erneut ertönte.
„Aufpassen Kumpel. Sie frisst dich, mit Haut und Haaren, wenn du ihre Jacke einsaust."
Maren sah über ihre Schulter zurück zu Caleb und schmunzelte. Sie sah gerade noch, wie er einen jungen Mann, der mehrere Tassen in der Hand hielt, mit seinem Arm gestoppt hatte, damit dieser Maren nicht zu nahe kam. Der Kerl nickte etwas verlegen und Caleb ließ ab von ihm und folgte dann wieder Maren. Sie hatte einen leeren Stehtisch gefunden, der etwas abseitsstand, aber unmittelbar neben einen Glühweinstand, war.
„Dem hast du wohl Angst gemacht", sagte Maren mit einem Lächeln, als Caleb sich zu ihr stellte.
Er sah zurück zu dem Typen und zuckte mit den Schultern.
„Tja, wenn ich nicht viel kann, aber das", raunte er und Maren vernahm auch diesmal wieder die Verbitterung in seinen Worten.
Er seufzte.
„Rot oder Weiß?", fragte er plötzlich und Maren winkte ab.
„Nein, der geht auf mich. Also rot oder weiß?"
Caleb runzelte zwar die Stirn, aber er ahnte, dass es keinen Sinn machen würde, darauf bestehen zu wollen, zu zahlen.
„Kinderpunsch", erwiderte er.
„Kinderpunsch?", fragte Maren ungläubig nach.
Er nickte.
„Ja, ich muss dann noch arbeiten. Schon vergessen?"
Maren nickte. Stimmt, da war was.
„Alles klar. Einmal Kinderpunsch für den Halbgott und einmal Weiß für den Grinch", murmelte sie und verschwand.
Caleb sah ihr nach und musste schmunzeln, als er sah, wie sie die Augen schloss und schwer einatmete, als ihr ein kleiner Junge vor die Füße rannte.
Die nächsten zwei Stunden verliefen tatsächlich relativ entspannt. Maren hatte mittlerweile mehrere Glühweine intus und ihre Nase konnte Rudolf tatsächlich Kongruenz machen. Caleb genoss die Atmosphäre. Er liebte es, wie die Menschen sich um ihn tummelten. Die Gerüche und die vielen Lichter, die der Umgebung eine wohlige Gemütlichkeit gaben.
Nachdem sie sich noch mit einem Langos und einer Waffel die Mägen gefüllt hatten, machten sie sich auf den Heimweg. Sie unterhielten sich den gesamten Nachmittag, ohne eigentlich wirklich etwas zu sagen, und dennoch fühlten sich beide das erste Mal richtig wohl miteinander. Zu Hause angekommen, leerte Maren den Briefkasten und neben der ganzen Werbung und einigen Rechnungen, fiel ihr ein dunkelroter Umschlag ins Auge. Sofort zog sich ihr Magen zusammen und die Wut begann sich durch ihren Körper zu schleichen.
Jedes verdammte Jahr, dachte sie sich und gab ein verächtliches Schnauben von sich. Caleb stand hinter ihr und beobachtete sie. Er konnte dabei zusehen, wie sie sich anspannte.
„Alles okay?", fragte er sie vorsichtig und stellte sich neben sie.
Er sah, wie sie den roten Umschlag unter all der anderen Post versteckte und dann zu ihm sah. Sie lächelte, aber es war nicht das Lächeln, welches er die letzten Stunden gesehen hatte. Es war gezwungen und in ihren Augen fand er den Hauch von Traurigkeit.
„Alles gut", raunte sie und ehe er etwas erwidern konnte, schloss sie die Tür auf und verschwand in den Hausflur.
Er folgte ihr schweigend durch das Treppenhaus und als sie in der Wohnung ankamen, beobachtete er, wie Maren die Post auf die Küchentheke schmiss und sich daran machte Erna und Bernd zufüttern. Der rote Umschlag war direkt und ungeöffnet in den Mülleimer gewandert. Caleb stand noch einen Moment in dem Türrahmen und fragte sich, ob er sie darauf ansprechen sollte. Aber der Blick auf die Uhr sagte ihm, dass er eigentlich schon viel zu spät dran war und so verschwand er ins Bad. Einige Minuten später betrat Caleb das Wohnzimmer wieder, doch Maren war verschwunden. Er seufzte und wieder wanderte sein Blick zu dem roten Umschlag, welcher ihn förmlich anschrie. Fremdgesteuert lief er zu ebendiesen, sah sich noch mal um und im nächsten Moment ließ er den Umschlag in seiner Jackentasche verschwinden.
„Ich bin dann weg", rief er durch die Wohnung.
„Viel Spaß", wurde durch die geschlossene Schlafzimmertür gemurmelt und mit einem komischen Gefühl, verließ Caleb die Wohnung.
Eine halbe Stunde später parkte er seinen Wagen in einer Tiefgarage und als er ausstieg, fiel der Umschlag aus seiner Tasche. Schnell griff er danach und ließ ihn wieder verschwinden, bevor der in den Fahrstuhl stieg und sich fragte, was zur Hölle er getan hatte? Ihre Post klauen, dachte er sich. Was hast du dir dabei nur gedacht? Nichts, aber er musste einfach wissen, wer oder was es geschafft hatte ihre Laune so schlagartig umschwenken zu lassen. Er lief durch das riesige Einkaufszentrum der Stadt, welches sein Arbeitsplatz war. Er war einer der Sicherheitsleute, welche hier über die Weihnachtszeit angestellt waren.
Im Aufenthaltsraum kam ihm Gerry entgegen und grinste ihn an.
„Na, wieder fit?"
Für einen Moment sah Caleb ihn fragend an, doch dann kam es ihm.
„Ja, Migräne. Aber passt wieder", log er und Gerry nickte zufrieden.
„Sehr schön. Ich nehme heute die Ostseite, okay?"
Caleb nickte ihm gedankenverloren zu, denn diese waren immer noch bei Maren und diesem verdammten Brief. Er wartete, bis Gerry den Raum verlassen hatte, füllte sich noch einen Becher mit Kaffee und zog dann den Umschlag aus seiner Tasche. Er ließ ihn einige Male durch seine Hände gleiten und fragte sich, ob er wirklich so weit gehen sollte. Er hatte kein Recht, so tief in ihre Privatsphäre einzudringen, aber diese Trauer. Er seufzte. Warum beschäftigte ihn das alles so sehr? Es war nicht nur Dankbarkeit, dass sie ihn aufgenommen hatte. Er war nicht dumm und wusste, dass sie es nur getan hatte, weil Marian es verlangt hatte.
Er legte den Umschlag auf den Tisch, nahm seinen Kaffee und verließ den Raum.
Keine 30 Sekunden später kam er schon fast zurück gerannt.
„Scheiß drauf", raunte er.
Er riss den Umschlag auf und zog die glitzernde Weihnachtskarte heraus. Schnell ließ er seine Augen über die handgeschriebenen Zeilen fliegen und stockte. Eine Mischung aus Mitleid und Unverständnis breitete sich in ihm aus. Er las die Zeilen ein weiteres Mal und seufzte. Den Umschlag ließ er wieder in seiner Jacke verschwinden und im Laufe der Nacht, begann sich eine Idee zu entwickeln und als er endlich Feierabend hatte, war er sich sicher, dass er die perfekte Überraschung für Maren geplant hatte.
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