Kapitel 30.

💚 𝓣𝓪𝓮𝓱𝔂𝓾𝓷𝓰 💛

Meine Tränen liefen mir noch einige Male über die Wangen, als ich die Treppen hinaufstieg. Der Kloß in meinem Hals schien zu wachsen, und ich verstand selbst nicht, warum ich so sensibel war. Warum löste allein die Vorstellung, Jungkook erneut zu verlieren, solch einen tiefen Schmerz in mir aus?

Die Erinnerung an den Moment, als ich ihn umarmte und sein vertrauter Duft in meine Nase stieg, ließ mein Herz schwer werden. Ich wollte ihm unbedingt nah sein, vielleicht so nah wie es nur möglich war, aber die Angst, erneut verletzt zu werden, nagte an mir. Was, wenn er mich wieder wegstieß?

Ich erinnerte mich an sein zögerliches Klopfen auf meinen Rücken und spürte erneut den Stich der Unsicherheit. Warum hatte er die Umarmung nicht erwidert? Mich küssen, damit ich die Klappe hielt war okay für ihn, aber eine kurze Umarmung nicht?

Oben angekommen, zog ich die Wohnungstür hinter mir zu und lehnte mich schwer dagegen. Tief durchatmend wischte ich mir die Tränen von den Wangen und versuchte, meine Gedanken zu ordnen. Ich wollte stark sein, für mich und für ihn. Doch wie sollte ich weitermachen, wenn mein Herz ständig zwischen Hoffnung und Angst hin- und hergerissen wurde?

Ich war gerade dabei, mir die immer wieder aufkommenden Tränen wegzuwischen und ein falsches Lächeln aufzusetzen, als sich die Tür von Namjoons Zimmer öffnete. Namjoon trat heraus, dicht gefolgt von Yoongi. Die beiden unterhielten sich leise, doch als sie mich sahen, verstummten sie. Ich legte den Helm und die Handschuhe auf die Garderobe und versuchte, meine Fassade aufrechtzuerhalten.

"Hey, alles in Ordnung?", fragte Namjoon und musterte mich aufmerksam, wobei meine Augen hin und her wanderten.

Ich zwang mich zu einem Lächeln und nickte. "Ja, alles jut. Ich war nur n bisschen in Gedankn versunkn."

Yoongi hob eine Augenbraue und sah mich skeptisch an. "Sicher? Du siehst aus, als hättest du geweint."

Einen Moment lang war ich in Versuchung, alles herauszulassen, ihnen von meinen Ängsten und Gefühlen zu erzählen, doch ich konnte es nicht. Nicht jetzt. Ich wollte am liebsten Ablenkung. Also schüttelte ich nur den Kopf und bemühte mich, meine Stimme ruhig zu halten. "Neee, wirklich. Ich bin okay."

Namjoon trat näher und legte eine Hand auf meine Schulter. "Wenn du reden willst, wir sind für dich da. Du weißt das, oder?"

Ich spürte die Wärme seiner Hand und fühlte mich für einen Moment etwas weniger allein. "Danke, Joonie~. Dad weiß ich zu schätzen."

Yoongi beobachtete mich noch einen Moment, dann nickte er langsam. "Gut. Aber vergiss nicht, dass du uns vertrauen kannst."

"Ich weiß. Danke, Hyung~", murmelte ich und versuchte, mein falsches Lächeln aufrechtzuerhalten.

Namjoon zog seine Hand zurück und wechselte das Thema. "Hast du schon gegessen? Wir wollten gerade etwas bestellen."

Ich atmete tief durch und versuchte, mich auf das Hier und Jetzt zu konzentrieren. "Neee, noch ned. Was habt ihr im Sinn?"

Yoongi grinste leicht. "Wie wäre es mit Pizza? Ich hab echt Lust darauf."

"Pizza klingt gut!", stimmte ich zu und war froh, dass sie das Thema gewechselt hatten.

Während wir die Bestellung machten, versuchte ich, meine Gedanken von Jungkook und dem Schmerz in meinem Herzen abzulenken. Doch seine Abwesenheit war wie ein Schatten, der mich nicht loslassen wollte.

Namjoon erhielt kurze Zeit später einen Anruf und zog seine Stirn kraus, während er zuhörte. "Okay, verstehe. Danke, dass ihr uns Bescheid gegeben habt." Er legte auf und wandte sich an uns. "Der Pizzalieferant hatte einen Unfall. Nichts Schlimmes, aber sie können heute Abend nicht liefern. Ich muss die Bestellung selbst abholen. Ich bin  gleich wieder zurück."

"Alles klar, fahr vorsichtig!", sagte Yoongi, während Namjoon seine Jacke schnappte und zur Tür eilte.

Als die Tür ins Schloss fiel, herrschte für einen Moment eine unangenehme Stille. Yoongi und ich saßen nun allein in der Küche. Sein starrer Blick machte es mir nicht gerade leicht, mich zu entspannen. Schließlich brach er das Schweigen. Noch immer trug ich die Jacke von Jungkook, einfach weil mich sein Geruch daran davon abhielt sie auszuziehen.

"Okay, du kannst mir nichts vormachen. Was ist wirklich los?"

Ich seufzte und sah in seine dunklen Augen, die mich durchdringend musterten. "Es is kompliziert, Yoongi."

"Das ganze Leben ist kompliziert. Erzähl mir trotzdem davon. Ich will dir helfen."

Ich zögerte, doch Yoongis ruhige Art machte es mir einfacher. "Es geht um Jungkook..."

Yoongi lehnte sich zurück und hörte aufmerksam zu. "Hach, dieser Idoit schon wieder. Ich weiß nicht was du an ihm findest. Er behandelt dich überhaupt nicht gut und trotzdem klebst du ihm am Arsch wie eine Fliege an Scheiße.."

Seufzend strich ich mir durch mein gelocktes Haar. "Vielleicht weil ich ihn anders kenn... Ich kenn Jungkook ned so wie er jetzt is. Früher, da war er fröhlich, gutherzig und war stets positiv. Die letzten Jahre habn ihn verändert und das macht mich traurig, weil mein Herz nach meinem alten Jungkook schreit, weißt du? Es will meinen kleinen, süßen Kookie von damals...", erklärte ich meinem besten Freund, welcher überlegend sein Finger an sein Kinn drückte.

"Wenn er so süß war, wieso hat er dich dann einfach im Stich gelassen? Wieso konnte er sich nie bei dir melden? Taehyung, wenn du ihn wirklich wichtig wärst, würde er versuchen alles wieder gut zu machen und dir nicht auf der Nase herum tanzen.", fing er an zu sprechen, was mir sofort einen unangenehmen Druck auf der Brust entstehen ließ. "Wärst du ihm wichtig, hätte er dich nicht versucht mit der Schweinescheiße Nummer bloßzustellen. Er hätte dich nicht ins Krankenhaus gebracht oder dich zumindest mal besucht, hätte ja nur einen von uns fragen müssen, und genausowenig hätte er dich einfach sitzen gelassen um mit irgendwelchen Weibern zu flirten, während du einfach nur im Projekt voran kommen wolltest. Taehyung, der Kerl tut dir überhaupt nicht gut und trotzdem rennst du ihn hinterher."

Yoongi hatte recht. Jungkook behandelte mich nicht gut, doch er machte das sicher nicht mit Absicht!

"A-aber... Er hat mich heut ge-geküsst!", stotterte ich sofort, woraufhin der Oranghaarige mich skeptisch ansah.

"In was für einen Zusammenhang?"

Kurz biss ich mir unsicher auf die Unterlippe, bevor ich ihm zu Antworten begann. "Er... Ich-... Wir haben uns heftig gestritten, weil ich wollte, dass er mit mir redet. Ich hab mich in rage geredet und dann folgte der Kuss. Er hat mich als ich den Kuss erwidert hab dann kurz allein gelassen, wahrscheinlich um seine Gedanken zu sortieren."

Ein leises seufzen kam über die schmalen Lippen des Älteren, während er mit dem Stuhl näher an mich heran rückte, um seine Hand auf meinen Oberschenkel zu legen, bevor er leise zischte: ''Dann diente der Kuss nur, um dich ruhig zu stellen. Er meint das nach all dem doch niemals ernst! Ich weiß nicht ob er mit dir spielen will, aber ich trau diesem Kerl kein Schritt weiter. Was ist danach passiert?"

"Wir waren in der Karaokebar, weil ich ihn zum Singen bringen wollte. Hat eher semi gut geklappt... Dann kam ein 'sehr sehr guter Freund' von ihm. Der hat wirklich süße Sachen gesagt, dass wir ein tolles Paar abgeben könntn und sowas eben... Jungkook hat alles abgestritten und mich dann her gefahrn, damit er bissl Zeit mit diesem Typen verbringen konnte. Ich hab ihn Umarmt, stattdessen hat er mir aber nur kurz auf den Rücken getätschelt...", beendete ich meine Erzählung schließlich woraufhin Yoongi sofort zu Grummelnd begann.

Jetzt, wo ich so darüber nachdachte kam ich mir richtig blöd vor. Ich flennte diesem Typen hinterher, machte mir Hoffnungen obwohl er offensichtlich kein Interesse zeigte. Vielleicht machte er das alle nur wegen dem Projekt und sobald dies durch war, würde er mich nicht einmal mit seinem Arsch ansehen. Wie mit einer seiner Schlampen — einmal benutzen und dann weg damit!

"Merkste langsam selber, oder? Der will dich kaputt machen!", lachte Yoongi leicht, als er meinen entsetzten Gesichtsausdruck sah aufgrund meiner Gedanken. "Ey, pass auf. Ich hab dich lieb, Tae, und ich will nur das Beste für dich. Wenn du den Kerl wirklich willst, werde ich dich unterstützen. Genauso wie Joon und Chim. Nur... Sollte der Kerl dir noch einmal weh tun, brech ich ihm sein Genick. Und das mein ich toternst."

Unsicher nickte ich, doch ich wusste selbst nicht wohin mit meinen Gefühlen. Ich hatte so viele Fragen, doch keine Antworten. Ich wusste einfach nicht, was ich tun sollte. Soll ich das brave Kätzchen spielen und mich weiterhin an Jungkook hängen oder soll ich mich von ihm fernhalten, um nicht weiter verletzt und herum geschubst zu werden?

Nachdem Namjoon mit den Pizzen zurückkam und wir uns alle in der Küche um den Tisch versammelten, schwiegen Yoongi und ich über unser Gespräch. Namjoon plauderte fröhlich über belanglose Dinge und ich versuchte, mich darauf zu konzentrieren, aber meine Gedanken wanderten immer wieder zu Jungkook und den Worten von Eunwoo.

Eunwoos Stimme hallte in meinem Kopf nach: Pass gut auf ihn auf. Er sieht aus, als würde er dir gut tun. Ich fragte mich, ob Eunwoo mehr gesehen hatte, als Jungkook und ich uns selbst eingestehen konnten. Konnte es sein, dass Jungkook tatsächlich Gefühle für mich hatte, die er einfach nicht zeigen konnte?

Während ich ein Stück Pizza kaute, schweifte mein Blick zu Yoongi, der mich aufmerksam beobachtete. Nach seinen Aussagen war ich umso verwirrter. Ich wusste nicht, was Jungkook wollte.

Die Erinnerungen an meine und Jungkooks gemeinsame Kindheit fluteten mein Gedächtnis. Wir hatten so viele schöne Momente geteilt, so viele Lachen und Tränen. Er war immer da gewesen, mein Fels in der Brandung. Doch jetzt, mit all den Veränderungen, schien dieser Fels zu bröckeln. Ich hatte immer die Hoffnung, dass alles so wie früher sein könnte, wenn wir uns wieder sehen würden, doch dieser Fuckboy war durch seine bescheuerten Eltern in falsche Kreise gelangt und nun? Nun war er ein Arschloch.

Ich erinnerte mich an den Kuss von heute und wie es sich angefühlt hatte – der schnelle Herzschlag, die kribbelnde Aufregung. Es war ein Moment, den ich nie vergessen würde, aber was bedeutete er für Jungkook?

Ich beschloss, dass ich herausfinden musste, was Jungkook wirklich fühlte. Die Unsicherheit zerriss mich innerlich, und ich konnte nicht länger in diesem Schwebezustand leben. Doch die Angst vor seiner Reaktion lähmte mich. Was, wenn er mich zurückwies? Was, wenn ich damit alles aufs Spiel setzte?

Was wenn Yoongi recht hatte und Jungkook mich zerstören wollte?

-ᒍK—☾︎°–□ 🝮︎︎ ■–°☽︎—ᐯ-

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  To be continued...

1721 words

-ᒍK—☾︎°–□ 🝮︎︎ ■–°☽︎—ᐯ-

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