07 - Only then

Er zitterte am ganzen Leib, als auch die letzten, grellen Lichter der Scheinwerfer erloschen und, da er als einziger der sieben Mitglieder stehen geblieben war, mutterseelen allein und von nur von der Dunkelheit umgeben, zurück blieb. Nur wenige Sekunden trennten ihn jetzt noch davon, sein Leben maßgeblich zu verändern und vielleicht alles auf Spiel zu setzen, wofür er seit Jahren hart gearbeitet und gekämpft hatte.

Unzählige Nächte hatte er bis zu diesem Tage geopftert, wenn sie durch die viele anfallende Arbeit bis spät in die Nacht probten oder quer durchs Land, nicht selten sogar hinweg über Kontinente, reisten, um möglichst viele ihrer Fans zu erreichen oder Auftritte in ausländischen Shows zu absolvieren.

Wie oft war er dabei fast zusammen gebrochen, weil keine Zeit für das alltägliche blieb, und waren es nur kurze Erholungsphasen oder Auskundschaften fremder Länder, wenn sie schon einmal dort waren. Es kam nicht selten vor, dass sie nicht einmal die nötige Zeit aufbringen konnten, um in Ruhe ihre Mahlzeiten einzunehmen, sondern dank Aufbaudrinks mit künstlich zugeführten Vitaminen versuchten, über den Tag zu kommen.

Nicht nur er hatte seine gesamte Energie in das Erreichen ihres Zieles gesteckt, auch seine Freunde hatten alles getan, um sich weiter zu entwickeln und für ihre Gruppe zu wachsen, jederzeit bereit alles zu geben, selbst wenn es manchmal über ihre körperlichen, wie mentalen Grenzen hinaus ging.
Sie waren gemeinsam als Gruppe emporgestiegen und schafften es auch heute noch, sich vor der Welt zu behaupten, weil sie sich gegenseitig stützen, wenn die schwere Last des Ruhm einmal mehr versuchte sie zu erdrücken.

Jeder einzelne von ihnen war bereits mindestens einmal an dem Punkt gewesen, alles hinzuwerfen und aufzugeben, wären nicht die Anderen dort gewesen, um einen wohlwollend die Hand zu reichen und vor dem Fall von weit oben abzubringen. Sie konnten, oder treffender formuliert, mussten sich auf den jeweils anderen verlassen können, denn sonst wären sie allesamt elendig zu Grunde gegangen.

Und alls dies setzte er in den nächsten, lächerlichen vier Minuten aufs Spiel und riskierte damit nicht nur seine eigene, sondern auch die Karriere seiner Freunde.

Jungkook hatte Angst vor dem freien Fall, denn jetzt waren sie nicht hier an seiner Seite und konnten ihm nicht die Hand reichen und davor bewahren, abzustürzen. Hier, in diesem kurzen Moment, war er ganz auf sich allein gestellt und würde sich auch nach seinem Soloauftritt dafür allein verantworten müssen, was er die nächsten Minuten tun würde.

Doch sein Entschluss stand fest, er hatte es lange genug mit sich selbst ausdiskutiert und das Für und Wider gegeneinander abgewogen. Zu eng schlungen sich die, von der Gesellschaft und dem Management auferlegten, Ketten um seinen Körper und raubten ihm das, wofür sein zart besaitetes Herz jede Sekunde neu schlug.

Jungkook atmete noch mal tief durch und nahm den, sich aus vielen verschiedenen Nuancen zusammengesetzen und für Livekonzerte so charakteristischen Geruch von Schweiß und dem übrig gebliebenen Dunst der Nebelmaschine in sich auf. Sein Blick streifte das dunkle Meer aus Menschen vor ihm, die einzig und allein von den, eigens für sie produzierten, Leuchstäben erhellt wurden und ihm damit einen atemberaubend schönen Anblick gewährten, als stände er gerade nicht auf der großen Bühne der Konzerthalle, sondern allein an einem fern entlegenen Ort, von dem aus er den Sternenhimmel betrachten konnte.

Doch er war hier, vor Hunderten von Fans, die ihn bislang in allem unterstützt hatten, was er getan hatte.

Bis jetzt.

Das anrollende, zarte Vibrieren der Soundanlagen ließ ihn schlagartig wieder gerade stehen, da er unter der Last seiner Schludgefühle zusammen gesunken war, und ihm damit signalisierte, das es nun los ging und er jede Sekunde die ersten Töne von Euphoria hören würde.

Es vergingen kaum zwei Sekunden, da erkannten die Fans den Song und begrüßten ihn mit lauten, jubeldem Kreischen. Jungkook wurde währenddessen von dem gleißend blauen Licht der Scheinwerfer getroffen, die nun allesamt auf ihn gerichtet waren und so stark erhellt, dass den Fans jedes, noch so kleine, Detail seiner Gesichtszüge auf den überdimensional großen Bildschirmen angezeigt werden konnte.

Das mulmige Gefühl breitete sich, beginnend von der Magengegend, immer weiter über den gesamten Körper aus, bis er das Gefühl hatte, jeden Moment den Boykott seines Körpers mit vollem Eifer abzukriegen und zu kollabieren. Doch er ließ sich nichts anmerken, während die Melodie von Euphoria zunächst noch versuchte, ihn noch vor seinem eigenen, ausgeklügelten Plan zu beschützen, bis auch sie schließlich aufgab und langsam verstummte.

Noch immer selbstsicher in seinem Handeln, stand er dem Publikum zugewandt, lauschte einen kurzen Moment der empörten Klänge, die zu ihm drängen, als er schließlich seine Hand hin und damit die Masse zum Schweigen brachte. Im nöchsten Moment schloss er die Augen, um seinen letzten, noch übriggebliebenden Mut zusammen zu fassen und sein Mikrophon zu erheben.

Zunächst hallte nur das zaghafte Räuspern des Sänger durch die Halle, doch nur so lange, bis er sich der gesamten Aufmerksamkeit seiner Zuschauer sicher war, und begann seine, vorher wohl formulierten Worte allen mitzuteilen.

"Army. Es tut mir Leid aber ich kann Euphoria heute nicht für euch performen.", gab er endlich bekannt und lies sich einen schweren Schleier der Stille über die Menschen vor sich ausbreiten.

"Ich habe in den letzten Jahren viel dazu gelernt, dank euch Army. Ich habe einen Song für euch vorbereitet, den ich euch gerne zeigen möchte. Ihr sollt nicht nur meine Musik hören, ihr sollt mich hören."

Irritierte Rufe verbreiteten sich in der sternenhimmelähnlichen Halle, ehe sie sich in eine Art jubelnder Gesang verwandelten. Im Chor riefen sie seinen Namen. Jeon Jungkook.

Die Tatsache, das sie ihm wirklich Gehör schenken wollten, lockten langsam aber sicher die ersten Tränen hervor, die sich in seinen Augen versammelten und nur auf den richtigen Moment zu warten schienen, endlich die letzte Hürde zu überwinden und aus den Augen zu quellen.

Entgegen dem, dass er sich sonst dafür schämte und versuchte seine Tränen bestmöglichst zu verbergen, präsentierte er sie heute voller Stolz.

Er war stolz. Darauf, was er bislang erreicht hatte und darauf, wie sehr die Fans ihn liebten, doch noch mehr wurde dieses Gefühl hervorgerufen durch den Mut, den er hatte aufbringen müssen, jetzt hier zu stehen und herauszuschreien, was er all die Zeit still in sich getragen hatte.

Es war womöglich das letzte Mal, dass er einen Song vor solch großem Publikum vorstellen konnte, umso mehr steckte er all seine Liebe und Können in seine Stimme, ehe er anfing, die ersten gesungen Worte los zu lassen und zu den Menschen vor sich schweben zu lassen.

Diese Zeilen bedeuteten ihm so unglaublich viel, dass sein Herz sich schmerzhaft zusammen zog und er einzig und allein an den einen Menschen denken musste, für den dieser Song bestimmt war.

"The way to love me isn't hard
Just hold me tight like you are now
We don't know what will happen to us later
But I like that nothing's decided

Who cares what others say?
We can't live without each other, so what's the problem?
We can be more in love together

If you start to like someone else
If I get used to not being with you
When that time comes,
when it's that time
Only then we can break up

The way to love you isn't hard
If I smile once more and care for you more
The way we love isn't hard
If we look at each other like it's the first time every time

Who cares what others say?
We can't live without each other, so what's the problem?
We can be more in love together

If you start to like someone else
If I get used to not being with you
When that time comes, when it's that time

Then, then

Whether you want it or not, I'm going to hold onto you
When I get too tired that I can't even walk
When that time comes, when it's that time

Only then we can break up

Only then we can break up"

Jungkooks Stimme ebbte nur langsam ab und hallte auch noch umher, als er bereits aufgehört hatte zu singen. Die Stille wurde durch das immer lauter werdende Jubeln seiner Fans abgelöst, was er sich einfach nicht verwehren konnte, einen kurzen Moment geniessend anzuhören.

Die erste Hürde hatte er geschafft, auch wenn seine Stimme manchmal etwas versagte, immerhin war er nie in seinem Leben so nervös gewesen, war er mit sich und seiner Leistung zufrieden. Er hatte sein ganzes Herz, seine ganze Leidenschaft und Liebe in dieses Lied gelegt. Nun blieb ihm nichts weiteres übrig, als auch die zweite und letzte Hürde des Abemds zu nehmen und der tobenden Masse mit zu teilen, dass es nicht einfach irgendein neuer Song für ihn war, sondern das, weswegen er sein gesamtes Leben aufgab, wenn es sein musste.

"Army. Bevor ich hier heute von dieser Bühne gehe, möchte ich euch noch etwas ganz wichtiges mitteilen. Mir ist bewusst, dass ich damit vielleicht alles aufs Spiel setze und sicherlich fällt mir das nicht leicht. Ich liebe euch und danke euch, dass ihr mich all die Jahre unterstützt habt."

Kaum hatte er angefangen, erneut zu den Menschen vor sich zu sprechen, da nutzen die verweilten Tränen ihre Chance und liefen ihm ungefragt über sein erhitztes Gesicht. Junkook konnte immer mehr kleine Kameralichter der Handys erkennen, die allesamt auf ihn gerichtet waren und alles, jedes einzelne Wort für immer konservieren würden, um schlussendlich durch das Verbreiten im Internet der ganzen Welt zugänglich zu sein, vor allem aber der Presse. Es war ein gefundenes Fressen für sie und er konnte sich jetzt schon ausmalen, wie sehr sie hinter ihm her sein würden, um ihn auseinander zu nehmen. Doch das war es ihm Wert.

Er war es ihm wert.

"Aber es gibt einen Menschen, den ich mehr liebe als irgendjemanden oder irgendetwas sonst."
Ein letztes Mal tat er Musiker einen tiefen Atemzug, ehe er seinen Blick in die vor ihm aufgebaute Kamera richtete, die auch in den Backstagebereich übertragen wurde.

"D-du warst viele Jahre mein Bruder, meine Familie, doch irgendwann reichte uns das nicht mehr. Ich habe mich auf deine Liebe eingelassen, ohne die leiseste Vermutung zu haben, zu was es sich entwickeln könnte. Und jetzt stehe ich hier, entgegen aller Abmachungen, die wir je getroffen haben. Bereit, der restlichen Welt von meinen Gefühlen zu berichten.

Kim Taehyung, ich liebe dich mehr als alles andere auf der Welt. Ich werde dich für immer lieben, du bist der Mensch, den ich für immer an meiner Seite haben möchte, solange du es auch willst."

Tosendes Geschrei fegte durch die Halle, zum Teil aus Freude, zum anderen Teil aus Empörung oder Eckel. Jungkook nahm es nur noch am Rande wahr, während er erleichtert auf den Boden vor sich fiel und seinen Tränen erlaubte, ungebremst aus deinen Augen zu quellen.

Er genoss die Dunkelheit, die sich allmählich über ihn ausbreitete und das Gefühl der Freitheit, weil er endlich den Mut gehabt hat, der Welt zu sagen, dass sein Herz einzig und allein Taehyung gehörte und auch immer tun würde.
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Kleiner fluff zwischendurch, nichts besonderes, ich weiß aber Hey. Dafür pünktlich :D immerhin

Ich möchte mich an dieser Stelle nochmal ganz herzlich für die vielen Votes und die lieben Kommentare bedanken ♡ ;_;
Ich freue mich so übertrieben doll darüber. VIELEN DANK ♡

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