𝐾𝑎𝑝𝑖𝑡𝑒𝑙: 𝟗

𝐾𝑎𝑝𝑖𝑡𝑒𝑙: 𝟗

𝙼𝚊𝚛𝚢𝚊𝚗𝚊

Die Nachtluft in Godric's Hollow war so kalt, dass ich fröstelnd meinen Umhang enger - und meine Kapuze tiefer in mein Gesicht zog. Es war nicht schwer gewesen, sich davon zu schleichen, wo Remus - vollkommen erschöpft von seiner letzten Verwandlung - tief und fest geschlafen hatte. Das Apparieren selbst war mir auch nie schwer gefallen, auch wenn ich es überhaupt nicht mochte, wie mein Magen sich dabei um sich selbst drehte - und das so rasant, dass ich einen ganzen Moment lang auf dem Boden gekniet und tief durchgeatmet hatte, um mich nicht ins nächste Gebüsch zu erbrechen. Zittrig hatte ich mich aufgerappelt und lief nun durch die Straßen des kleinen Dorfs - aus der Kirche vor dem Friedhof drangen leise Stimmen. Ein später Gottesdienst wurde abgehalten, die Turmglocke schlug bereits zweiundzwanzig Uhr. Ich biss mir auf die Unterlippe. Ein unangenehm beengendes Gefühl kroch meinen Brustkorb hinauf, als ich langsam auf den Friedhof trat. Dünnes Eis zog sich über den Rasen, der Winter nahte. Einen Moment verharrte ich. War es wirklich richtig gewesen hierher zu kommen? Und das auch noch alleine?

Tief durchatmend setzte ich meinen Weg zwischen den Gräbern hindurch fort, solange, bis ich das von James und Lily erblickte und davor in die Knie sank. ,,Der letzte Feind, der zerstört werden wird, ist der Tod...", flüsterte ich und ein schwaches Lächeln huschte über meine Lippen. ,,Hey James... Lily..." Langsam ließ ich mich zurücksinken, zog die Beine an. ,,Ich bin für Sirius hier. Ihr beide wisst es, oder? Ihr wisst, dass Sirius euch nicht verraten hat, euch niemals verraten hätte. Eher wäre er gestorben...", flüsterte ich und Tränen sammelten sich in meinen Augen. ,,Ihr fehlt uns allen. Wir vermissen euch hier... Ich vermisse euch, so sehr..." Schniefend fuhr ich mir übers Gesicht. Es hatte begonnen zu schneien, ein weiterer Beweis dafür, dass der Dezember nicht mehr in allzu weiter Ferne lag. Mit einem leise gehauchten Zauber ließ ich einen kleinen Blumenkranz vor dem hohen Grabstein entstehen und wischte mir mit dem Ärmel meines Umhangs übers Gesicht.

,,James Potter! Beweg sofort deinen Hintern hier her!", fluchte ich, während Sirius sein Grinsen bemüht hinter hervorgehaltener Hand zu verbergen versuchte und die Dielen nebenan knarrten, als James sich vom Sofa erhob und langsam in die Küche seiner Frau trat, in welcher Lily ihren Mann überhaupt nicht gerne sah. Und jetzt verstand ich auch weshalb. Empört stemmte ich die Hände in die Hüften und sah James an, der sich durch das schwarze Haar fuhr, als er in den Türrahmen trat und unschuldig grinste. ,,Ja, Mary?", fragte er scheinheilig und Sirius lehnte sich hinter mir gegen die Küchentheke. Ich zog die Augenbrauen zusammen. ,,Nur weil deine Frau gerade nicht zu Hause ist, bedeutet das nicht, dass du dich so benehmen kannst!", schimpfte ich und deutete auf den angeschnittenen Kuchen. Die Kuchenform war nicht richtig verschlossen gewesen und das hatte meinen Verdacht sofort auf James gelenkt - ich bezweifelte, dass Sirius es wagen würde, wo ich doch hier war und ihm dafür ordentlich in den Hintern treten würde. James' Augen wurden groß. ,,Ich... Ich war das nicht", stammelte er und hob verteidigend die Hände. Ich verschränkte die Arme vor der Brust. ,,Ja natürlich", gab ich ironisch zurück und James sah zu Sirius. ,,Mary, ich war das wirklich nicht! Frag mal Tatze, wieso wird er nicht verdächtigt?", schmollte er. Manchmal war es wirklich schwer zu glauben, dass ich zwei erwachsene Männer vor mir hatte. ,,Sirius?", fragte ich den Dunkelhaarigen streng und er grinste frech. ,,Als würde ich es wagen...", gab er zurück und mein Blick entglitt entgeistert. James grinste nun ebenfalls. ,,Als würden wir es wagen...", pflichtete er seinem besten Freund bei und wich langsam zur Tür zurück, genau wie Sirius, der sich an seine Seite schob. Ich sah die beiden fassungslos an. ,,Ihr wart das alle beide, hab ich recht?", fragte ich finster, konnte das leichte Zucken meiner Mundwinkel aber nicht zurückhalten. ,,Hey, so wissen wir wenigstens, dass er schmeckt! Was wäre denn gewesen, wenn wir unseren Gästen ungenießbaren Kuchen aufgetischt hätten!", meinte Sirius mit großen Augen und ich schnappte nach Luft. ,,Wie bitte?! Sirius Orion Black, diesen Kuchen habe ich gebacken! Natürlich schmeckt er!", fauchte ich und James prustete los. ,,Das, Tatze, ist unser Zeichen zu gehen. Lauf!", prustete er und stieß Sirius an. Zu zweit drängten sie sich dicht an dicht aus dem Türrahmen und flohen lachend in den Hausflur, während ich ihnen erst entgeistert nachsah, dann aber grinsen musste. Die beiden waren einfach nur unglaublich... Das waren sie schon einzeln, doch zusammen war es nochmal viel schlimmer.

,,Habe ich dir nicht gesagt, dass du nicht hierher kommen sollst?" Erschrocken hob ich den Kopf, aus der Erinnerung gerissen, die mich wenigstens für einen kleinen Augenblick mit tröstender Wärme erfüllt hatte. ,,Remus...", nuschelte ich und er schüttelte seufzend den Kopf, warf einen traurigen Blick auf den Grabstein von James und Lily und ging neben mir in die Hocke. ,,Ich habe mich noch nicht verabschiedet... Und Sirius konnte das auch nicht...", flüsterte ich und Remus legte sanft seine Hand auf meinen Rücken. ,,Du warst nicht bereit dafür, du bist es noch immer nicht, Mary... James und Lily, vor allem Lily, würden das verstehen", meinte er leise und ich schniefte. ,,James war wie ein großer Bruder für mich...", hauchte ich und biss mir auf die Unterlippe, als sie zu zittern begann. ,,Ein Bruder, ja... Das war er für uns alle...", gab Remus sanft zurück und fügte meinem Blumenkranz mit einem leise gemurmelten Spruch eine Kerze bei, die ein warmes Licht auf die gravierten Namen warf. ,,Lass uns gehen, Kleines... Und wiederkommen, wenn du mehr Kraft gefunden hast", meinte er leise und ich schüttelte zaghaft den Kopf. ,,Aber James und Lily...", setzte ich brüchig an und er zog mich sanft auf die Beine. ,,Werden es verstehen", vollendete er meinen Satz und drückte mir einen Kuss auf die Stirn.

Schniefend hielt ich mich an Remus fest und langsam führte er mich vom Friedhof. ,,Früher bin ich noch gerne hierher gekommen... Nach Godric's Hollow", flüsterte ich und er nickte langsam. ,,Glaub mir, ich auch", gab er leise zurück und sah mich dann fragend an. ,,Du bist aber nicht appariert, oder?", fragte er mich streng und ich biss mir auf die Unterlippe, senkte den Blick. Remus seufzte leise. ,,Natürlich bist du das... Kein Wunder, dass Sirius und du - bei eurem Ego - schon immer so verrückt nacheinander wart. Ihr seit euch einfach viel zu ähnlich", murrte er kopfschüttelnd, was mich schwach lächeln ließ. ,,Aber du liebst uns", schloss ich frech und Remus lachte leise. ,,Ja... Das tue ich wohl... Auch wenn ihr es mir wirklich schwer macht..."

Am nächsten Abend sammelte sich ein erneutes Mal der Orden im Hause der Blacks und Remus hatte mich davon überzeugen können, wenigstens diesmal dabei zu sein. Eigentlich hatte ich mich wieder verkriechen wollen, doch irgendwas war an dem verzauberten Vorhang vor dem Gemälde von Walburga Black schief gegangen und nun schimpfte sie durch das ganze Treppenhaus. Die Worte ,,Schlammblüter" und ,,Blutsverräter" fielen nicht gerade selten und steckten so voller Hass und Abneigung, dass ich mich nicht mehr traute an dem Bildnis vorbei zu gehen. Es schockierte mich, wie liebevoll Kreacher versuchte, seine verstorbene Hausherrin zu besänftigen, während er den Bilderrahmen polierte und Remus die Tür zum Esszimmer mit Nachdruck schloss. ,,Diese Frau war wahrlich schon immer eine Plage...", murmelte er erschöpft und ich biss mir auf die Unterlippe. Da hatte er recht. Ich erinnerte mich noch gut daran, wie fertig Sirius nach den Ferien immer gewesen war... Oder daran, wie er einmal zu mir nachhause appariert war, weil er seine Mutter nicht mehr länger ertragen hatte. Das war das erste Mal gewesen, dass ich Sirius Black hatte weinen sehen... Und ich hatte ihn den ganzen Abend lang festgehalten, während er verzweifelt versucht hatte, sich zu beruhigen. Sirius war zwar immer eine Person gewesen, die sich von ihren Gefühlen leiten ließ - aber dafür nie eine, die sich gern Schwäche eingestand oder, noch viel schlimmer, welche zeigte. Ich hatte immer nur zu gut verstehen können, wieso er dann irgendwann zu den Potters abgehauen war... Auch wenn ihm meine Tür genauso aufgestanden hatte. Bedingungslos, immer.

,,Wenn Sirius hier wäre, würde sie ihn maßlos beschimpfen...", hauchte ich und knetete meine klammen Finger. Sie waren meist eiskalt und ich bekam sie einfach nicht warm. Seit Remus und ich aus Godric's Hollow zurückgekehrt waren, versuchte ich mich zusammenzureißen. Bevor Molly und er mich wirklich noch zu einem Esoteriker zerrten... Doch das gestaltete sich als kompliziert. Und im Endeffekt stauten sich meine Verzweiflung, meine Sehnsucht, meine Angst und mein Frust nur so lange auf, bis ich alleine war und es mir wieder erlauben konnte, zusammenzubrechen und Sirius anzuflehen, dass er zu mir zurückkam. Und ich saß nachts auch immer noch im Badezimmer und wartete auf ihn. Ich spielte Remus und Molly einfach etwas vor... Etwas, das sich zermürbend auf meine Seele auswirkte und einen riesigen Druck in meinem Brustkorb aufbaute, sodass ich das Gefühl bekam, mein zerschundenes Herz könnte jeden Moment explodieren. Und natürlich ahnte ich, dass Remus, der selbst so viel Leid hatte ertragen- und vor anderen hatte verbergen müssen, hinter die Fassade blickte, die ich so mühsam um mich herum errichtete. ,,Das würde sie", stimmte er mir nun zu und setzte sich auf einen der Stühle an der langen Tafel. ,,Setz dich", meinte er dann und verunsichert glitt mein Blick zu ihm und meine Unterlippe begann automatisch zu beben.

,,Ich weiß nicht wohin", wimmerte ich beinahe schon hilflos, was absolut absurd war. Denn bis auf Remus und mich war noch kein anderes Ordensmitglied im Raum und mir stand jeder Stuhl hier frei. Doch am Tischende hatte immer Sirius gesessen... Und während ich diesen Stuhl einerseits nicht selbst besetzen wollte, weil ich mich dann mit einem erneuten Gefühl von Einsamkeit und Ernüchterung abfinden musste, wollte ich auch nicht, dass einer der Anderen es tat. Remus seufzte leise. ,,Er hätte dich sicher gerne an seinem Platz gesehen, Mary... Aber wenn du willst, stelle ich den Stuhl weg. Dann wird niemand anderes es wagen, sich an seinen Platz zu setzen", schlug er sich erhebend vor und mein Herz verkrampfte sich. ,,Egal wie... Alles wird mir nur noch mehr das Gefühl geben, dass er nicht mehr da ist", flüsterte ich weinerlich und mitfühlend sah Remus mich aus seinen hellblauen Augen an, als ich mich mit zitternden Knien auf Sirius' Stuhl sinken ließ. Es fühlte sich falsch an. So falsch. Er sollte selbst hier sein, selbst hier sitzen. Mit seinem Weinglas in der Hand und in seinem burgunderfarbenen Mantel, der in meinen Augen doch mehr nach aubergine aussah...Zitternd strich ich über die Stelle auf dem Tisch, an welchem sein Glas immer gestanden hatte und Remus, der sich langsam auf den Stuhl zurücksinken ließ, legte seine Hand auf meine. ,,Geht es? Wenn dir das hier doch zu viel ist, dann kannst du auch nach oben gehen... Wenn du magst, begleite ich dich auch", meinte er leise und ich zögerte, schüttelte dann aber mit brennenden Augen den Kopf. ,,Nein... Nein, es ist schon okay", brachte ich heiser hervor. Nichts war okay. Und Remus wusste das. Und ich auch. Jeder wusste es... Also wieso überhaupt versuchte ich in den Köpfen meiner Freunde das Bild zu erzeugen, dass es anders wäre?

,,Du bist dir sicher? Niemand hier will dir irgendwie zu viel zumuten, Mary... Das weißt du, oder?", gab er vorsichtig zurück und ich schluckte, ehe ich ihn ansah. Er kannte mich genauso lange wie Sirius mich gekannt hatte... Wie hatte ich nur glauben können, dass es mir gelingen würde ihm etwas vorzumachen? Remus Lupin war der empathischste Mensch den ich jemals gekannt hatte... Ich fuhr mir übers Gesicht und wollte gerade verunsichert meine hundert unterschiedlichen Zweifel einwerfen, als schwungvoll die Tür aufgestoßen wurde. ,,Ich hab was zu Essen gemacht - nur, damit ihr mir auch alle nicht verhungert", lächelte Molly breit, während sie ein Tablett auf den Armen balancierte und sowohl Moody, als auch Podmore und Vance im Schlepptau hatte. Der Orden fand sich also zusammen... ,,Ich hab gehört, Albus soll kommen...? Und wo Albus ist, da bin natürlich auch ich", dröhnte dann die Stimme des Wildhüters von Hogwarts durchs Haus und ich konnte hören, wie Walburga völlig vom Glauben abfiel, während mein Herz einen Satz machte. Hagrid...? Hier? Er war noch nie zu einer Versammlung des Ordens persönlich erschienen, doch es war unter uns bekannt, dass Dumbledore ihn in enges Vertrauen gezogen hatte. Und das schon sehr früh. ,,Oh Hagrid, bitte sei vorsichtig", meinte Molly bestürzt und der Halbriese lachte. ,,Keine Angst, Molly, bin doch nur'n Halbriese! Ich pass' hier gerade so rein, die Decke ist immer noch höher als ich!", flötete er und wenig später trat er geduckt und seitlich durch den Türrahmen. Der Wildhüter von Hogwarts und wohl, neben den Rumtreibern, einer meiner ersten und besten Freunde aus meiner Schulzeit.

Hagrid konnte behaupten, er sei wegen Dumbledore hier... Doch ich wusste, was wirklich Sache war. Remus musste ihn eingeladen haben - und Hagrid wäre nicht Hagrid, wenn er eine Einladung mit Kuchen ablehnen würde. ,,Bei Merlin, ich glaub's nicht...", hauchte ich und erhob mich langsam. Hagrid strahlte mich an. ,,Dann glaub's nicht - aber ich bin hier!" Er breitete die Arme aus und ich schüttelte den Kopf, ehe ich vor den Halbriesen trat und ihn fest umarmte - beziehungsweise, ich schlang meine kläglich kurzen Arme um seinen Rumpf und drückte meine Wange an seinen opulenten Bauch. ,,Mary, Mary... Du wirst wohl auch nicht mehr größer, was?", begrüßte er mich grinsend und ich blinzelte gegen aufsteigende Tränen an. Sowohl Remus, als auch Hagrid hatten ja keine Ahnung, was sie hiermit für mich taten... Ich fühlte so viel, wie schon lange nicht mehr. ,,Der Wildhüter von Hogwarts? Ist der wirklich ein Teil des Ordens?", konnte ich Podmore raunen hören. ,,Wie will der sich denn zu uns an den Tisch gesellen? Er ist wie ein Elefant im Porzellanladen." Doch wir ignorierten ihn und ich sah strahlend zu dem Halbriesen auf. ,,Es ist so schön, dich zu sehen!", meinte ich, ehe Molly uns auseinander scheuchte und Hagrid sich gerade so auf den Boden zwischen Wand und Tisch zwängen konnte, was Moody und Podmore mit gehobenen Augenbrauen quittierten. ,,Albus wird kommen?", fragte Emmeline leise und Remus nickte. ,,Davon gehen wir aus... Sicher sagen können wir es aber nicht. Immerhin ist es Albus Dumbledore", entgegnete er und ich ließ mich langsam wieder auf Sirius Stuhl sinken ließ.

Langsam nickte Emmeline und zog ihren Cardigan enger. ,,Warst du an den Gräbern von McKinnon und Meadowes?", fragte Alastor sie und sie nickte. Ihr Blick wurde um einiges trauriger und Tränen traten in ihre Augen, auch wenn der Tod von Marlene McKinnon schon eine ganze Weile zurück lag... Sie und ihre ganze Familie waren zwei Wochen nach einem Treffen des Ordens umgebracht worden. Wie auch Dorcas Meadowes wenig später, die vom dunklen Lord persönlich ermordet worden war... Es war für uns alle ein harter Schlag gewesen... Auch für Sirius, denn bevor er und ich im fünften Schuljahr ein Paar geworden waren, war er sechs Monate mit Marlene zusammen gewesen. Und Dorcas war damals im gleichen Schuljahr wie wir alle... Und ich konnte mich noch gut daran erinnern, wie sehr Marlene und ich einander in unserer Jugend verachtet hatten - und wie Dorcas immer dazwischen gegangen war. Jetzt taten sie mir einfach nur leid... Diesen frühen Tod hatten sie nicht verdient. Genauso wenig wie Lily und James das getan hatten... Ich schluckte schwer. Sirius... Würde ihn dieses Schicksal in Askaban nun auch ereilen?Allein der Gedanke sorgte dafür, dass sich alles in mir verkrampfte... Und ich entspannte mich erst wieder ein wenig, als Molly Hagrid ein Stück Kuchen anbot und er sich mit leuchtenden Augen bedankte und den Teller annahm, wobei er aufpassen musste, um ihn nicht zu zerbrechen. Nach und nach fand sich der ganze Orden zusammen und der Raum füllte sich... Beinahe jeder Stuhl am Tisch wurde besetzt, bis auf einer. Und das war eigentlich mein Platz, denn Sirius fehlte... Doch ich verdrängte diesen fortwährend aufkommenden Gedanken bemüht und versuchte der Unterhaltung zu lauschen, den neusten Stand im Ministerium zu verstehen, über den Alastor sprach. ,,Der Krieg scheint sich dem Ende zu zuwenden... Der, dessen Name nicht genannt werden darf ist seit dem Tod der Potters spurlos verschwunden. Und nach und nach tun das auch seine Anhänger. Dennoch mussten wir gestern viele Muggelgeborene ins St. Mungos bringen... Und die Vergessensabteilung arbeitet ununterbrochen", meinte Moody gerade und Albus, der tatsächlich hier aufgetaucht war und in seiner eleganten, petrolfarbenen Zaubererrobe so falsch an diesem Tisch wirkte, blickte ungewohnt ernst drein. Er wirkte wie der Schulleiter von Hogwarts - und es war schwer nicht respektvoll den Kopf zu neigen, als er mir grüßend die Hand gereicht hatte und es sich wirklich merkwürdig angefühlt hatte, Professor Dumbledore die Hand zu schütteln. Und dabei lag mein Abschluss in Hogwarts schon einige Zeit zurück...

,,Die Prophezeihung hat sich erfüllt...", murmelte er nun und Arthur schnaubte. ,,Prophezeihung... Der Junge ist ein Kind", murrte er und Alastor zog sein Bier zu sich ran. Sein Glasauge zuckte unruhig hin und her und ich hatte immer wieder das Gefühl, dass es in meine Richtung sah... Ich hatte meine Schuhe ausgestreift und mich zurückgelehnt, versuchend ein unangenehmes Ziehen in meiner Wirbelsäule zu ignorieren und wenigstens diese Ordenssitzung durchzuhalten. Danach konnte ich mich wieder verkriechen... Und die Zauberer und Hexen die Opfer des lange gekämpften Krieges gegen Voldemort alleine betrauern lassen. Ich hörte schon gar nicht mehr zu, mein Blick hatte sich aus einem der Fenster verirrt. So lange hatte der Orden gekämpft und so viele geliebte Menschen hatten wir alle dabei verloren. Und doch... Wir schienen auf eine traurige Weise, eine Weise, die niemand von uns recht verstand, gewonnen zu haben. ,,Am härtesten traf es Alice und Frank", murmelte Remus neben mir und Molly, die an seiner Seite saß sah traurig auf. ,,Oh ja...", pflichtete sie ihm bei und Alastor grummelte finster. ,,Ich wäre lieber tot, als in solcher Verfassung..." In der Schwebe. Mit zersplittertem Verstand. Alice und Frank Longbottom waren wirklich nur zu bemitleiden... ,,Was ist mit Harry? Was ist mit Lilys und James Sohn?", fragte Remus nun und Hagrid gab einen Laut von sich, der wie ein Schluchzen und Grummeln zugleich klang. ,,Wächst weit weg von alldem auf... Wer weiß, ob er jemals verstehen wird, dass er ein Zauberer ist... Bei undankbaren Muggeln, ja da wächst er auf... Schrunkhirn, dieser Dursley, wenn ihr mich fragt", nuschelte er in seinen dichten Bart und ich biss mir auf die Unterlippe. Alastor schüttelte ungläubig den Kopf. ,,Harry Potter. Der, der dem dunklen Lord die Stirn geboten hat... Und er wächst unter Muggeln auf", murrte er und ich spürte, wie sich mehr und mehr Druck in meinem Brustkorb aufbaute. Waren wir nur hier, um über den Krieg zu sprechen...? Mein Blick begegnete dem von Remus und er schien meinen Gedanken sofort zu verstehen, griff gerade nach meinem Arm, da war ich schon aufgesprungen. ,,Was ist mit Sirius?", brachte ich heiser hervor und augenblicklich wurde es still am Tisch.

Alastor war der Erste, der es wagte, zu sprechen. ,,Püppchen, er sitzt in Askaban. Dem größten Zauberergefängnis, das überhaupt existiert. Niemandem gelingt es von dort zu fliehen", gab er zurück und ich starrte ihn an. ,,Er ist-", setzte ich aufbrausend an, doch der Auror unterbrach mich. ,,Innerhalb der Akten des Ministeriums schuldig. Niemand sonst konnte wissen, wo James und Lily sich aufgehalten haben und alle Beweise dieser Nacht führen nur auf Sirius allein zurück." Fest sah er mich an und mein Herz hämmerte schmerzhaft schnell in meiner Brust und sorgte dafür, dass sich alles in mir verkrampfte und ich mit einem Wall an Übelkeit zu kämpfen hatte, der mich einen Moment schwanken ließ. ,,Nein...", flüsterte ich. ,,Peter Pettigrew-", begann ich, doch er schnitt mir erneut das Wort ab. ,,Ist tot. Man hat nur noch einen Finger von ihm gefunden, Stone. Dieser unschuldige, unbeholfene Junge ist grausam ermordet worden." Nein. Das stimmte nicht. Das stimmte einfach nicht! ,,Nein..." Ich kämpfte mit den Tränen, während ich von allen anderen Seiten angesehen wurde, als hätte ich den Verstand verloren. Hatte Remus nicht gesagt, dass der Orden an die Unschuld von Sirius glaubte? Sirius konnte es nicht gewesen sein... Als Sirius am Abend, an welchem James und Lily ermordet worden waren, aufgebrochen war, hatte er etwas geahnt. Ich war mir sicher. Er hatte mir nie viel erzählt und ich hatte James und Lily nicht einmal gesehen, nachdem Dumbledore ihnen dabei geholfen hatte, sich vor Voldemort zu verbergen. Aber Sirius, er hatte mehr gewusst... Und ich wünschte verzweifelt, ich wüsste, was er gewusst hatte.. Als Remus und ich später dann ebenfalls nach Godric's Hollow appariert waren, hatte das Haus der Potters in Flammen gestanden und Sirius hatte davor gekniet, am ganzen Leib zitternd, bitter schluchzend und ein kleines Bündel in seinen Armen. Den Sohn von Lily und James. Sah so jemand aus, der die beiden verraten hatte? Sah so jemand aus, der das Leben von zwölf Muggeln genommen hatte? Massenmörder nannten sie ihn in den Zeitungen, die Remus vor mir zu verstecken versuchte... Einen Massenmörder. Meinen Sirius...

,,Mary?", hakte Remus besorgt nach, ich musste eine ganze Weile geschwiegen haben. Eine Weile, in welcher meine Gedanken sich wild überschlagen hatten. Doch ganz gleich wie verzweifelt ich nachdachte... Ich hatte rein gar nichts in der Hand. Und ich konnte Sirius nicht helfen, nicht so. Selbst wenn... Wer würde schon einer nicht zurechnungsfähigen Hexe glauben? ,,Er ist unschuldig", flüsterte ich. ,,Sirius hätte das niemals getan. Eher wäre er gestorben." Ich sah auf und Alastor hatte sich nun ebenfalls erhoben. ,,Die Beweise sind eindeutig... Vielleicht solltest du anfangen darüber nachzudenken, ob er es nicht doch gewesen ist. Niemand sonst kann es gewesen sein. James und Lily haben ihm vertraut und er hat ihr Geheimnis nicht bewahrt, er hat sie an Voldemort verkauft." Kühl sah er mich an, der Auror und das Ministerium sprachen aus ihm und ich hatte schneller meinen Zauberstab gezogen, als Remus sich hätte regen können, um dazwischen zu gehen. ,,Raus aus diesem Haus", brachte ich erstickt hervor und hastig sprangen die Anderen auf. ,,Expelliarmus", zischte Arthur leise - und mein Zauberstab flog an das andere Ende des Raums, während mich sein notgedrungener Entwaffnungszauber unsanft von den Füßen riss und ich beinahe unsanft gegen das Regal hinter mir geknallt wäre, doch Hagrid war aufgesprungen - hatte dabei den ganzen Tisch abgeräumt - und nach mir gegriffen. Scharf sah Remus mich an. ,,Ich bringe dich jetzt nach oben, Mary", meinte er und wollte nach meinem Arm greifen, doch ich entriss mich ihm schnaubend. ,,Oh nein! Erst wenn er hier verschwunden ist!", knurrte ich und nickte zu Moody, der seufzend den Kopf schüttelte. ,,Du solltest es einsehen, Stone. Er kommt nicht wieder zurück", meinte er und vor Wut und Verzweiflung begann das Blut in meinen Ohren zu rauschen. ,,Raus aus diesem Haus!", schrie ich wütend und Remus schlang die Arme um mich, um zu verhindern, dass ich doch noch auf den Auror losging.

Moody nickte uns knapp zu, ehe er aus dem Wohnzimmer humpelte. Molly und Arthur scheuchten den Rest des Ordens ebenfalls aus dem Esszimmer der Blacks, der Stuhl von Dumbledore war schon lange nicht mehr besetzt. Wann war er verschwunden? Ich ballte die Hände zu Fäusten. Er war ja wirklich eine große Hilfe gewesen! Hagrid hatte mich bedauernd nochmal angesehen und ich hörte noch, wie er sich stammelnd bei Molly für das zerbrochene Geschirr entschuldigte, doch die Hexe versicherte ihm, dass ein Wink ihres Zauberstabs das alles wieder richten würde und es gut war, dass er mich festgehalten hatte. Remus atmete tief durch. Noch immer umklammerte er mich beiden Armen. ,,Du musst dich beruhigen", raunte er mir zu. ,,Du kannst doch keinen Auror angreifen, bei Merlin. Haben dich wirklich alle guten Geister verlassen?!" Fauchend schlug ich nach ihm, solange, bis er mich notgedrungen doch losließ. ,,Du hast gelogen, Lupin! Du hast gesagt, dass der Orden an Sirius' Unschuld glaubt!", fauchte ich und er schluckte hörbar, schüttelte leicht den Kopf. ,,Mary...", setzte er an, doch ich schüttelte wütend den Kopf. ,,Nein. Du brauchst gar nicht weiterreden... Am besten gehst du auch!" Er zuckte ein wenig zusammen, fuhr sich durchs Haar und sah mich dann wieder an. ,,Du kannst nicht klar denken", wagte er einzuwerfen. ,,Was hast du erwartet? Alles spricht gegen Sirius und ich wollte, dass du das hörst." Mein verkrampftes Herz stolperte und mir wurde schwindelig. Ich blinzelte verzweifelt gegen heiße Tränen an und wich langsam zurück, wobei ich mich unsanft an der Tischkante stieß. ,,Warum glaubt ihr mir nicht? Ich kannte Sirius beinahe besser als mich selbst, er hätte das nie getan, nie!", gab ich zurück. Es war eine schmerzerfüllte Mischung aus Schreien und Schluchzen... Ich riss die Tür auf und stürzte die knarzenden Treppen hoch, ignorierte das Knurren und Fluchen des Gemäldes von Walburga Black und riss die Tür zu Sirius' Jugendzimmer auf. Mein Brustkorb hob und senkte sich unregelmäßig und ich verriegelte das Türschloss hinter mir, ehe ich mich auf sein Bett warf und wütend, aber dennoch schluchzend mit den Fäusten auf die Matratze einschlug.

Du solltest es einsehen, Stone... Er kommt nicht wieder zurück...

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Man, man, man. Mit diesem Kapitel hab ich mich echt ziemlich schwer getan! Es war echt kompliziert, ziemlich kompliziert die richtigen Worte zu finden und solch eine verworrene Versammlung zu schreiben... Es hat mich meinen ganzen Samstag gekostet und ist bis jetzt - mit stolzer Länge - das längste Kapitel dieser Story! Also hoffe ich einfach mal, dass es euch gefallen hat! - Und ja, ein paar wenige Fakten hab ich mir passend zurecht gedreht, aber ich denke innerhalb einer "Fanfiktion" mit eigener Askaban-Interpretation ist das schon längst kein Thema mehr! :D

Ich darf mich mittlerweile über ein paar wenige Kommentare freuen (was bestimmt eigentlich noch gar nichts ist, aber mich freuts und es ist besser als nichts! :D) Ich würde mich aber noch mehr über über ein bisschen mehr Feedback freuen! Ich kann es nur betonen, ich habe nicht vor euch zu beißen - und ich weiß, dass ihr da seit. :) Naja jedenfalls, tadaaa... Komplizierte Sache, ich hoffe ihr konntet allem folgen!
Genug geredet würde ich sagen... - Eure wingsofeden


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