𝐾𝑎𝑝𝑖𝑡𝑒𝑙: 𝟓𝟖

𝐾𝑎𝑝𝑖𝑡𝑒𝑙: 𝟓𝟖

Im Hause der Blacks

   
 

,,Remus... Reeeeemus..."    
Es war ein leises, zartsüßes Flüstern, welches den Werwolf am nächsten Morgen aus dem Schlaf holte. Seine Ohren dröhnten und er musste feststellen, dass er ordentlich Kopfschmerzen hatte. Er hatte sich am gestrigen Abend, nachdem sie einen zufriedenen und vollkommen übermüdeten Asterion ins Bett gebracht hatten, von Sirius und Sirrah noch zu einem Glas Feuerwhiskey überreden lassen. Oder zu Zweien, weil man ja zwei Beine hatte... Oder zu Vieren, weil er ja auch noch zwei Arme hatte. Sie hatten darauf getrunken, dass Asterion nun ein Jahr alt war, quietschlebendig und offenbar ganz gut zufrieden... Aber sie hatten auch darauf getrunken, dass sie Maryana vermissten und sie sich sehnsüchtig zurückwünschten... Vor allem Sirius. Remus erinnerte sich noch schwammig daran, dass Sirrah Tatze gestern noch hoch in sein Zimmer gestützt hatte und sie dort ewig noch mit ihm geredet hatte.

Sie hatte glatt noch ein Glas gebraucht, nachdem sie wieder ins Wohnzimmer getreten war. Von ihr wusste Remus, dass Sirius bitterlich geweint hatte und er es sich vor seinem besten Freund einfach nicht weiter hatte eingestehen wollen. Viel mehr war ihm nicht in Erinnerung geblieben... Nicht einmal, wie er hier heil hochgekommen war- außer dass er sich den Zeh gestoßen haben musste, denn der schmerzte ihm beinahe mehr als seine Schläfen. ,,Remus!", wiederholte die Stimme nun zaghafter. Er wollte die Augen nicht öffnen, es war noch viel zu früh... Sie mussten doch gerade erst ins Bett gegangen sein..! Er spürte, wie sich ein Gewicht auf seine Matratze legte und daraufhin stieg ihm der betörende Duft frischer, reifer Pfirsiche in die Nase. ,,Komm schon, Moony! Du willst mir doch nicht erzählen, dass du nicht wach bist!", jammerte Sirrah. Das nächste, was er roch, war noch ein Hauch von Feuerwhiskey, als sie ihm offenbar näher kam. Er spürte ihren warmen Atem auf seiner Wange und sein Herz begann wie wild in seiner Brust zu schlagen. Nicht. Bewegen. Das war das erste, was ihm da in den Sinn kam.

Abwarten. Aber was erhoffte er sich, was sie tun würde? Einfach wieder gehen? Sirrah Sylvane? Wenn er sie nicht mit Nachdruck aus Malfoy Manor geschleift hätte, hätte sie sich einfach in Lucius' Sessel im großen Salon gesetzt und auf sein Heimkommen gewartet. Und so stark Sirrah Sylvane auch zu sein schien... Lucius Malfoy hätte sie mit Sicherheit geröstet. Er hörte sie atmen. Ruhig, beständig. Er spürte, sie war ihm recht nahe. Sirrah studierte sein Gesicht, wartete auf eine Regung, die ihn verriet. Sie betrachtete seine Narben, die sich quer über sein Gesicht zogen... Er hatte sie sich in einer Vollmondnacht zu Hogwartszeiten selber zugefügt, als er allein mit sich selbst in der heulenden Hütte eingeschlossen war. Und Sirrah hatte damals so viel Mitleid mit ihm gehabt, was sie ihm allerdings nie zu verstehen gegeben hatte, einfach weil sie sicher gewesen war, dass er es satt hatte, so etwas zu hören. Mitleid hin oder her, brachte auch keine Heilung von Lykanthropie. Sie mochte die Form seiner Lippen. Er hatte einen leichten Überbiss, der dafür sorgte, dass sie eine leichte, geschwungene Form annahmen, die sie besonders mochte, wenn er lächelte... Was er zwar des Öfteren tat, liebevoll und freundlich... Aber es erreichte nie seine schönen, blauen Augen, die einen leichten Grünschimmer bekamen, wenn es auf den Vollmond zuging. Sirrah seufzte leise und schüttelte den Kopf.

,,Gut, dann halt nicht. Dachte du wolltest vielleicht wissen, wo sich Amycus Carrow aufhält. Also ich war gerade in der Nokturngasse und...-" Das war wohl das Stichwort, das Remus Lupin die Augen aufreißen und sich aufrecht im Bett aufsetzen ließ. Sirrah war gerade noch geschickt zurückgewichen, sonst hätten die beiden sich mit einer Kopfnuss begrüßt. ,,Hi!", grinste sie ihn an, während er sich stöhnend aufgrund des scharfen Kopfschmerzes, der durch seine Stirn schoss die Schläfen rieb. ,,Du warst allein in der Nokturngasse?!", schnappte er und sie seufzte. ,,Du warst noch nicht wach zu kriegen!", verteidigte sie sich und streckte sich, um ihm grinsend ein Stück Konfetti von gestern Abend aus dem hellbraunen Haar zu zupfen. ,,Wie spät ist es denn?", fragte er und räusperte sich. ,,Halb fünf?", gab Sirrah unsicher zurück und Remus schürzte die Lippen. ,,Nachmittags?" ,,Nee, morgens." Perplex blinzelte der Werwolf, bevor er sich mit einem jammernden Laut wieder in sein Kissen fallen ließ. ,,Sirrah, dann hatten wir gerade mal drei Stunden Schlaf!", krächzte er und raufte sich durchs Haar, massierte seine Kopfhaut. ,,Und?" Sie betrachtete ihn amüsiert, saß noch immer neben ihm auf dem Bettrand. ,,Wie kannst du da schon ausgenüchtert sein?", fragte er und sie grinste. ,,Bin ich nicht! Aber mir geht's gut! Und ich glaube, ich weiß, wo sich Amycus Carrow aufhält!"

,,Nicht so laut...", bat Remus sie seufzend und sie nickte entschuldigend. ,,Ja... Asterion...", nuschelte sie und er schüttelte leicht den Kopf. ,,Nein, meine Ohren..." ,,Oh..." Sie sahen sich einen Moment an, ehe Sirrah schmunzelte. ,,Komm mal her, ich kann da vielleicht was machen...", meinte sie und deutete auf ihre Stirn . Langsam setzte er sich auf. Sie mochte es, dass er nach Schokolade roch... Auch ein wenig nach Sturmhut, aber es war eine bitter-süße Mischung, die ihr gefiel. Remus schloss die Augen, als sich ihre Fingerspitzen sanft an eine Schläfen legten. Sie flüsterte leise etwas vor sich hin und ein angenehmer, warmer Schauder breitete sich auf seiner Kopfhaut kribbelnd aus, sodass er ein wohlwollendes, leises Brummeln von sich gab, was Sirrah leise kichern ließ. ,,Besser, ja?", fragte sie leise und lächelnd öffnete er die Augen wieder, sah in die Ihren. ,,Also? Darf ich dir jetzt erzählen, was ich herausgefunden habe?", setzte sie auch gleich nach, als ihr klar wurde, dass sie ihn nun vielleicht schon zu lange schweigsam ansah - wo er ihren Blick ebenfalls still erwidert hatte.

,,Amycus Carrow... Laut Sirius hat Mary ihn damals mit Rabastan Lestrange in der Nokturngasse gesehen- naja und da dachte ich nach einem weiteren Schlückchen Feuerwhiskey- hey, warum nicht auch mal in die Nokturngasse spazieren und mich da ein wenig herumtreiben. Klar, ich hab damit eigentlich nicht gleich das Ziel verfolgt, etwas zu finden aber...", begann sie zu erzählen, während sie sich über ihr Schlüsselbein rieb. Remus fiel auf, dass sie im Gegensatz zu früher keinerlei Ketten mehr trug. Zu Hogwartszeiten war das glatt eins ihrer Markenzeichen gewesen, mindestens drei Ketten um den Hals zu tragen- sie hatte sich auch vehement geweigert, sie zum Quidditch abzulegen. ,,Aber?", meinte er nun, denn ihm war aufgefallen, dass sie abgebrochen hatte und ihn abwartend ansah. ,,Aber ich habe tatsächlich in einer schmutzigen Spelunke- mit Neugier darauf, was für Gesöff dort so vertickt wird... Und ob es nicht irgendwelche interessanten Dinge gibt, die uns von Nutzen sein könnten, ob schwarzmagisch oder nicht... ein paar Bilder entdeckt, die an eine hölzerne Wand geschlagen worden sind... Und du wirst mir kaum glauben, was ich da gefunden hab...!"

Remus mochte es, wie sie erzählte, sich verhaspelte, wenn sie mal zu schnell sprach und wie ihre Augen durch den Raum schnellten und ihre Hände wild gestikulierten. Sie war ein wahrer Wirbelwind, sie war einfach sie selbst. ,,Es schien mal die Spelunke für eine Todesser-Clique gewesen zu sein! So wie ihr Rumtreiber immer die selbe Ecke im Drei Besen hattet, gab es dort tatsächlich einen kleinen Bereich, wo sich ein paar Todesser getroffen haben! Klar, kein anständiger Zauberer würde sich so weit und tief in die Nokturngasse begeben und die Bilder schreien auch nicht gerade nach Todessern und Anbetern von Du-weißt-schon-wem... Aber ich hab Amycus Carrow auf einem Bild wiedererkannt! Ich hab dieses verdammte Gesicht mittlerweile so oft auf den Artikeln und Bildern studiert, die Moody mir zugesandt hat... Eine alte Jagdhütte in den Wäldern oben im Norden... Ein Gruppenfoto auf welchem sogar Lucius Malfoy zu sehen ist! Halb verdeckt, aber diese gottverdammten, weißen Haare...!", erklärte sie weiter und Remus setzte sich noch ein Stückchen auf. ,,Es sind nicht mehr viele Todesser auf freiem Fuß, viele tot, viele in Askaban oder weit verstreut, nicht mehr in London, ohne Bezug auf Mary... Aber was ist, wenn Carrow sich da oben versteckt? Weil er vielleicht auch was mit dem Mord an Amandriel zutun hat?" 

Der Werwolf hob die Augenbrauen. ,,Sirrah?" Sie hob den Kopf, hatte aufgeregt auf ihre Hände gesehen. ,,Ja?" Remus seufzte. ,,Hast du das Foto geklaut?", fragte er sie mit böser Vorahnung und überrascht sah sie auf. ,,Was? Woher weißt du das denn jetzt?" Er musste grinsen. ,,Nur so ein Gedanke...", gab er zurück und Sirrah betrachtete ihn voller Skepsis, ehe sie aber das Bild aus ihrer Hosentasche zog und ihm reichte. Remus überflog die maskierten Gesichter. ,,Das da ist ziemlich klar Malfoy", pflichtete er der Hexe neben sich dann bei und Sirrah nickte heftig. ,,Wir müssen Carrow da oben einen Besuch abstatten, Remus! Ihn zum Reden bringen!" Fest sah sie den Werwolf an und Remus fuhr sich durchs Haar, wobei er es - wie in Schulzeiten, hoffnungslos zerzauste.  ,,Wir sollten mit Tatze darüber reden, Sirrah", warf er dann ein und sie seufzte tief. ,,Aber Remus...", begann sie zu jammern und musterte ihr Gegenüber. ,,Sirius ist wohl kaum ansprechbar. Er wird sicher bis heute Nachmittag schlafen und es geht ihm wirklich sehr schlecht. Schlechter als vor einigen Tagen irgendwie..." Bedrückt pustete sie die Wangen auf und Remus sah sie ernst an. ,,Dann müssen wir erst recht hierbleiben, Sirrah - Asterion frühstückt immerhin nicht alleine", entgegnete er streng und sie murrte leise. ,,Stimmt, das hab ich gar nicht bedacht", nuschelte sie enttäuscht und nahm das Foto wieder an sich. 

,,Wir brechen auf, sobald Sirius wach - und einigermaßen beruhigt ist, okay?", schlug der Werwolf ihr mit sanfter Stimme vor und Sirrah, die auf das gestohlene Bild in ihren Fingern geblickt hatte, hob nun wieder den Kopf. ,,Wir dürfen keine Zeit verlieren, Remus...", warf sie leise ein. ,,Wir müssen Maryana so schnell es geht aus Askaban holen. Sicher hält Sirius selbst das auch nicht mehr lange aus... Er gibt sich noch sehr stark, aber..." Sie ließ das Ende des Satzes offen, doch Remus verstand und nickte. ,,Wir gehen noch heute", versicherte er ihr und Sirrah sah zu ihm hoch. Er hatte tiefe Ringe unter den Augen, doch diese leuchteten dennoch hellwach, nun wo sie ihn eingeweiht hatte. Ihr Blick glitt ein erneutes Mal über seine Narben und ihre Zunge schnellte nervös über ihre Lippen. Es war vollkommen still im Haus, von der tickenden Standuhr im Hausflur unten abgesehen. Und irgendwo trieb sich gerade auch sicherlich bereits Kreacher herum, der gestern Abend sehr früh verschwunden gewesen war... Sie schluckte schwer, während sein Geruch nach Schokolade sie komplett einhüllte. ,,Sirius... Er denkt darüber nach, in seiner Animagusgestalt nach Harry zu sehen", nuschelte sie, um der Situation auszuweichen, die ihr Herz schnell und hastig gegen ihre Rippen donnern ließ. Sie kämpfte mit einem seltsamen Gefühl von heiß und kalt, ihr Körper konnte sich aus irgendeinem Grund nicht für bloß eins von beidem entscheiden. 

,,Das sollte er lieber nicht tun", gab Remus mit heiserer Stimme zurück, während er seinen Blick nicht von ihr abwenden konnte - und auch Sirrah es nicht schaffte, wegzusehen. Der Werwolf vor ihr übte eine nahezu magische Anziehungskraft auf sie aus, die eigentlich recht logisch zu erklären war, bedachte man die Tatsache, dass ihr Animagus eine Wölfin war. Trotzdem konnte Sirrah sie sich irgendwie nicht ganz erklären... Vielleicht lag es auch daran, dass sich ihr Verstand gerade vollkommen abschaltete, was ihr zwar oft passierte, doch nie auf diese Weise, nie in einer solchen Situation. Remus kam ihr langsam näher. Oder kam sie ihm näher? Kamen sie vielleicht einfach auch einander näher? Sirrah schluckte hörbar. Ihr Herz klopfte immer schneller und das Blut pulsierte nur so in ihrem Körper, es rauschte in ihren Ohren. Remus ging es ähnlich. Der Duft von Pfirsichen benebelte ihn beinahe komplett - selbst seine Gedanken, die ihn warnend anschrien, das hier bloß nicht zutun. Es gab wichtigeres, er durfte weder Sirrah, noch sich selbst von der eigentlichen Mission ablenken. Er schuldete es Sirius, er schuldete es Tatze. Aber sein Herz verzehrte sich nach ihr, was ihm Tag für Tag klarer zu werden schien. Auch wenn er sich noch so verzweifelt gegen seine Gefühle für Sirrah Sylvane wehrte, waren sie dennoch da. 

Ihre Gesichter waren nur noch wenige Millimeter voneinander entfernt, Sirrah konnte seinen warmen Atem auf ihrer Haut spüren, der leicht nach Feuerwhiskey roch und ihr Verlangen, sanft seine Wangen entlang zu streichen, ihre Fingerspitzen seine Gesichtskonturen nachmalen zu lassen... Es zerriss sie beinahe. Sie drohte daran zu vergehen, wenn sie sich ihm nicht fügte. Zaghaft hob sie die Hand und berührte seine warme Haut, seine Wange. Strich seine Narbe entlang, die sie nicht einmal annähernd störte. Seine Narben waren ihr gleich, denn Sirrah sah das, was darunter lag. Und das zählte. Ihre Nasenspitzen berührten einander und ihre Lider flatterten. Sirrah wünschte sich nichts sehnlicher, als dass er sie küsste. Und Remus wünschte sich das auch... Ganz egal wie sehr sein Verstand gegen diesen Wunsch ankämpfte, sein rasendes Herz bestärkte den Werwolf in seinem Tun. Es wäre beinahe passiert. Beinahe hätte Sirrah Sylvane aufgehört zu reden - und Remus Lupin echten Mut bewiesen. Und dann, wie als hätte Asterion es gerochen und konnte nicht dulden, dass sein Patenonkel seiner Sisi zu nahe kam, begann er nebenan zu rufen. Und riss die beiden damit aus ihrer Trance. Remus fuhr erschrocken zurück und Sirrah stieß ein Quietschen aus, als sie rückwärts von der Bettkante fiel und unsanft auf dem Hintern landete. 

Erschrocken sahen die beiden einander an und Remus schluckte schwer. ,,Sirrah, ich...", setzte er heiser an, brach aber ab. Was sollte er sagen? Was wollte, was konnte er sagen? Die junge Hexe strich sich zittrig ihren karamellbraunen Pony aus der Stirn, ehe sie sich langsam auf die Beine kämpfte. ,,Asti... Asterion, ich... Ich sollte... Er ruft nach mir", stammelte sie und Remus, der sie ansah wie vom Donner gerührt, nickte bloß langsam. Hastig stolperte Sirrah zur Tür. Ihre Wangen brannten und ihr Herz raste so schnell, sie konnte es klopfen hören. Was hatte sie sich dabei nur gedacht? Ihm einfach so... nahe zu kommen! ,,Wir sehen uns dann. Gleich. Beim Frühstück. Irgendwann", presste sie noch hervor, ehe sie aus dem Zimmer flüchtete und mit hastigem Atem im Flur stehen blieb. Asterion rief noch immer nach ihr, doch Sirrahs Gedanken überschlugen sich. Remus hätte sie wegstoßen sollen, doch er hatte es nicht getan. Dabei wäre es ganz typisch für ihn gewesen... Und sie hätte eigentlich wie eine Verrückte daherreden sollen, damit er ihr nicht zu nahe kam. Was war nur in sie gefahren? 

Zum allerersten Mal hatte Sirrah das Gefühl, Maryana nicht nur retten zu wollen. Nein, sie hatte auch das Gefühl, Maryana zu brauchen. Wer sonst sollte ihr helfen, dieses Gefühlschaos zu entwirren? 


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