𝐾𝑎𝑝𝑖𝑡𝑒𝑙: 𝟑𝟐
Ich habe bei diesem Kapitel geheult. Und zwar sehr.
Falls ihr also sehr emotional gestimmt seit... Haltet sicherheitshalber ein paar Taschentücher parat. Das hier wird weh tun!
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𝐾𝑎𝑝𝑖𝑡𝑒𝑙: 𝟑𝟐
Im Hause der Blacks
Sirrah Sylvane hatte in dieser Nacht kein Auge zugetan. Und das obwohl Asterion wirklich erstaunlich ruhig geschlafen hatte - und das zum ersten Mal seit einer ganzen Weile. Es war Vollmond. Sie starrte aus dem Fenster, betrachtete diesen und sorgte sich um Remus, der irgendwo dort draußen war und gerade jegliche Kontrolle über sich selbst verlor. Natürlich wusste sie, dass Remus sich schon lange an sein Dasein als Werwolf gewöhnt hatte und dass sie sich eigentlich nicht allzu sehr Sorgen musste. Trotzdem drehte sie beinahe durch. Kurz bevor Remus am gestrigen Abend verschwunden war, hatte sie seine Hand genommen und ihn ernst angesehen. ,,Ich will, dass du schon am ersten Tag nach deiner Verwandlung zurückkommst", hatte sie ihn leise gebeten und er hatte sie verwundert angesehen, sodass sie sich ihrer Worte erst selbst wirklich klar geworden war und hastig geblinzelt hatte. ,,Ich habe Angst mit Asterion alleine", hatte sie gelogen und Remus hatte seufzend zu Boden gesehen. ,,Ich bin so kurz nach Vollmond eine schlechte Gesellschaft für euch beide...", hatte er gemurmelt und Sirrah geschnaubt. ,,Mir egal. Versprich mir übermorgen wieder zuhause zu sein, Remus Lupin, oder ich werde dich eigenhändig herholen. Und das, glaub mir, wird kein Spaß werden. Du kannst mich hier nicht so lange in Sorge und Unwissenheit lassen!" Streng hatte sie ihn angesehen und er hatte ein leises Seufzen ausgestoßen, ehe er genickt hatte. ,,Na schön... Ich bin übermorgen wieder hier", hatte er nachgegeben und Sirrah hatte zufrieden genickt, ehe sie ihn in eine überraschende Umarmung gezogen hatte. Sie wusste im nachhinein selbst nicht, was in diesem Moment wirklich in sie gefahren war. ,,Pass auf dich auch...", hatte sie leise gesagt, ehe er gegangen war.
Seufzend schwang sie schließlich die Beine über die Bettkante. Zwischen halbsechs und halbneun musste sie nochmal eingenickt sein. Müde rieb sie sich übers Gesicht und sah neben sich. Asterion schlief immer noch, schmatzte leise und schien sich bestens zu fühlen. Sie lächelte schwach, streckte sich und trat in den Flur. ,,Remus? Bist du zurück?", rief sie leise und schluckte, als keine Antwort kam. Also war er noch nicht zurück... Aber er würde doch heute noch zurückkommen, oder? Das würde er doch bestimmt... Sirrah atmete tief durch. Was wenn er sich selbst etwas antat? Sie biss sich auf die Unterlippe und schüttelte leicht den Kopf. Das würde er nicht. Er wusste, sie würde ihn sonst umbringen. Die Dielen knarrten leise, als die junge Hexe die Stufen hinab trat, sich ihren schiefen Pony aus der Stirn strich und dann aufsah, als sie ein Keuchen im Wohnzimmer hörte. Remus... War er doch wieder da? Hastig beschleunigte sie ihre Schritte und rannte beinahe, stieß die Tür auf und blieb wie angewurzelt stehen. ,,Amandriel?", fragte sie mit großen Augen und ihr zuvor rasendes Herz blieb nun abrupt stehen. Ihre Kehle wurde eng. ,,Oh nein... Es ist etwas passiert, oder?", flüsterte sie und der Dunkelhaarige klopfte sich Ruß von seinem Umhang, ließ sich auf das Sofa der Blacks fallen und vergrub das Gesicht in den Händen. ,,Maryana...", murmelte er und Sirrah bekam keine Luft mehr. ,,Was... Was ist mit ihr?", krächzte sie heiser und er schluckte. ,,Amandriel, sag es mir!", schnaubte sie und der Zauberer seufzte gequält. ,,Sie wurde... Jemand hat sich an ihr vergangen. Sie ist vollkommen traumatisiert. Ich musste Black mein Wort geben, sie noch heute Abend rauszuholen." Er stieß angehaltene Luft und sah sie dann an.
Sirrah war blass geworden. ,,Jemand... jemand hat sie...?" Sie brach heiser ab und Amandriel nickte betrübt. Langsam ließ sie sich auf den Sessel sinken und schlug sich die Hand vor den Mund. ,,Oh nein..." Vor Sorge traten ihr Tränen in die Augen - und vor Schuld wurde ihr gleichzeitig schlagartig schlecht. Sie hatte Maryana nach Askaban geholfen. Dank ihr und Amandriel war sie überhaupt erst in das Gefängnis gelangt. ,,Ich brauche deine Beweise, Sirrah." Der Zauberer ihr gegenüber sah sie ernst an. ,,Wieso?", hauchte sie, vollkommen aufgewühlt. Ihr Kopf lief schon heiß. Sorge um Remus, Sorge um Maryana, Sorge um Sirius. Schuld, Verzweiflung... Sehnsucht nach einer eigenen Familie. Das wurde ihr langsam zu viel. Amandriel betrachtete die junge Hexe, an welche er sein Herz verloren hatte. Er wusste, sie würde ihn niemals lieben können. Nicht für das, was er war. Nicht für das, was er getan hatte. Er wäre niemals genug. Und er würde ihr nun wenigstens ein einziges Mal beweisen, dass er auch anders war. ,,Ich werde gestehen. Ich werde den Mord an... Jeremiah gestehen und Maryana ihrer Schuld entbinden." Er brachte den Namen seines toten Freundes beinahe nicht über die Lippen. Sirrah hob erstaunt den Kopf. ,,Und was ist mit Sirius?", fragte sie leise und Amandriel fuhr sich durch das etwas längere Haar. ,,Es kommt jetzt auf dich an, Sirrah. Du musst ihn befreien. Ich weiß, dass du das kannst", entgegnete er fest und sie senkte den Blick.
,,Warum willst du gestehen, Amandriel...? Du hast Askaban jetzt gesehen... Hast du denn keine Angst?", hauchte sie und er lächelte gequält. ,,Meine Angst zerfrisst mich nicht so sehr, wie meine Schuld", entgegnete er. Was nicht ganz der Wahrheit entsprach. Die Furcht fraß sich sehr wohl in sein Innerstes. Er würde die Dementoren solange provozieren, bis es schnell zu Ende war. Das hatte er sich fest vorgenommen. Er wollte einfach nur so schnell wie möglich sterben, wenn er selbst in Askaban inhaftiert war. Sie schluckte hörbar. ,,Amandriel, ich... Ich war grausam zu dir..." Sie sah ihn nicht an, sie sah zur Seite. Er musterte sie. Sie war die schönste Frau, die er jemals gesehen hatte. ,,Nein... Du warst genauso, wie ich es verdiene. Das wird an meiner Liebe zu dir niemals etwas ändern, Sirrah..." Nun hob sie doch den Kopf. Schmerz lag in ihrem Blick. ,,Du... liebst mich?", brachte sie hervor und er schmunzelte. ,,So überrascht?", gab er zurück und sie schnappte nach Luft. ,,Ja, verdammt!" Er hatte es schon immer gemocht, wenn sie fluchte. Sirrah Sylvane interessierte sich nicht für feminine Etikette. Ihr Mund nahm einen bitteren Zug an. ,,Und jetzt gehst du nach Askaban", flüsterte sie ungläubig und er nickte. ,,Ich gehe nach Askaban..." Diese Worte kamen leichter über seine Lippen, als erwartet. Sirrah fuhr sich übers Gesicht. ,,Wie soll ich dir jetzt noch die Beweise geben?", hauchte sie und er lächelte. ,,Indem du daran denkst, dass ich damit deine unschuldige beste Freundin retten werde", entgegnete er und sie schluckte schwer. ,,Scheiße, warum ist ausgerechnet mein Leben so kompliziert?"
Er legte seine Hand auf ihr Knie und zwinkerte ihr zu. ,,Kompliziert war immer unser Ding, weißt du noch?" Er grinste sie schwach an, betrachtete die grauen Sprenkel in dem Hellblau ihrer Augen. Sirrah biss sich auf die Unterlippe. Sie kämpfte mit den Tränen. Sie hatte sich die ganze Zeit gewünscht, dass sie jemand liebte... Und jetzt schickte sie den einzigen Menschen, der das offenbar tat, direkt in die Hölle, um einen Anderen zu befreien. Ein Leben für ein Leben. Das war nicht fair... Mit zitternden Fingern zog sie die Phiole aus ihrem Ausschnitt. Sie baumelte an einem Lederband. ,,Meine Tränen", brachte sie hervor. ,,Sie zeigen die Nacht, in der..." Sie sah zur Seite. Amandriel nickte. Die Nacht, in welcher Jeremiah Temple ermordet worden war. Sie hatte von weitem alles mit angesehen... ,,Werden Sie mich auch holen?", flüsterte Sirrah. ,,Ich habe dich gedeckt, Maryanas Beweise manipuliert..." Amandriel schüttelte sofort den Kopf. ,,Auf keinen Fall. Ich werde sagen, dass du das alles für mich getan hast. Unter dem Imperiusfluch... Ich habe dich gezwungen, um meiner Schuld zu entkommen und gestehe sie jetzt, weil ich nicht ertragen kann, dass stattdessen jemand Unschuldiges in Askaban sitzt. Es war nur ein Zufall, dass diese Person dann Maryana Stone war... Das hat der Imperiusfluch so kommen lassen." Niemals würde er zulassen, dass Sirrah auch nur angerührt wurde. Jetzt wo er mit eigenen Augen mit angesehen hatte, was Frauen in Askaban blühte. Sirrah schluchzte leise auf. ,,Das ist wirklich alles verdammt kompliziert", weinte sie und Amandriel erhob sich langsam. Ihm blieb nicht mehr viel Zeit... Er hatte Sirius Black sein Wort gegeben. ,,Ich muss jetzt gehen", murmelte er und Sirrah hob den Kopf.
,,Ich wünschte, es wäre nicht so...", flüsterte sie und Amandriel lächelte schwach. ,,Du hast ja keine Ahnung, wie oft ich mir in allen möglichen Situationen gewünscht habe, du hättest das zu mir gesagt." Er lehnte sich zu ihr hinab und küsste sie auf die Stirn. Sirrah hielt ihn nicht auf, als er im Kamin verschwand. Das sollten also seine letzten Worte gewesen sein... Das wird an meiner Liebe zu dir nichts ändern, Sirrah... Sie schluchzte auf. Warum musste ihr Leben ihr solche Trickfallen stellen? Das war nicht fair! Sie wusste nicht, wie lange sie noch auf dem Sessel des Wohnzimmers saß und in den Kamin starrte, doch irgendwann klopfte es an der Haustür und Kreacher öffnete diese murrend. Kurz darauf trat ein leichenblasser Remus in den Türrahmen - tiefe Augenringe lagen unter seinen Augen, er trug einen tiefen Kratzer auf der unversehrten Wange und sah so erschöpft aus, dass Sirrah sofort aufsprang. Und er sah sie sorgenvoll an, als er ihre verweinten Augen bemerkte. ,,Sirrah? Was ist passiert?", fragte er besorgt und sie trat zu ihm. Sie schob beiseite, wie aufgewühlt sie war und schüttelte den Kopf. ,,Oh nein, Lupin. Diesmal nicht. Diesmal bin ich damit dran, mir Sorgen um dich zu machen", schimpfte sie und betrachtete ihn, strich über den Kratzer an seiner Wange. ,,Los hinsetzen. Ich mache dir einen Tee", fügte sie hinzu und Remus blinzelte einen Moment. Er war es nicht gewohnt, dass sich auch mal jemand um ihn sorgte... Er wusste gar nicht, wie er damit umgehen sollte. ,,Aber...", setzte er an und sie legte zwei Finger auf seine Lippen. ,,Oh nein. Wag es dich, mir zu widersprechen! Los! Aufs Sofa mit dir! Heute ruhst du dich aus und lässt dich von mir umsorgen!", tadelte sie ihn und Remus konnte nicht verhindern, dass ihm bei ihren Worten seltsam warm wurde. Nickend gab er nach und schleppte sich müde zum Sofa. Zufrieden trat Sirrah in die Küche.
Da saß er nun. Der zweite Mann, der für Sirrah etwas zu empfinden begann - an der Stelle, wo zuvor der Erste gesessen hatte. Und Sirrah Sylvane hatte keine Ahnung.
ℑ𝔫𝔫𝔢𝔯𝔥𝔞𝔩𝔟 𝔡𝔢𝔯 𝔉𝔢𝔰𝔱𝔲𝔫𝔤𝔢𝔫 𝔳𝔬𝔫 𝔄𝔰𝔨𝔞𝔟𝔞𝔫
ℳ𝒶𝓇𝓎𝒶𝓃𝒶 & 𝒮𝒾𝓇𝒾𝓊𝓈
Es ist dunkel. Es ist so dunkel.
,,Weißt du, was mit Mädchen wie dir hier in Askaban passiert, wenn sie nicht hören wollen, Püppchen?"
Püppchen, Püppchen, Püppchen...
Eine eiskalte Faust schloss sich um mein Herz, drückte zu. Ich bekam keine Luft mehr. Ich wurde unter Wasser gezogen, meine Lungen wurden schier geflutet. Ich ertrank. Verzweifelt versuchte ich an die Oberfläche zu schwimmen, einen Weg aus der Finsternis zu finden, die mich immer weiter in die Tiefe zerren wollte. Ich sank... Ein stummer Schrei entkam meiner Kehle. Ich presste die Hände über meinen Ohren zusammen, schüttelte den Kopf. Ich wollte das nicht. Ich wollte kein Teil der Dunkelheit sein. Ich war wie paralysiert. Ich war eingeschlossen in mir selbst. Und ich sah keine Möglichkeit zur Flucht... Es war so dunkel. Es war so kalt. Es war so tief.
Licht... Ich brauchte Licht...
,,Du bist der Sinn in meinem Leben, den ich in so manchen Nächten hinterfragen musste, Maryana. Und deshalb frage ich dich - und bin dir wirklich dankbar dafür, dass du mal zwei Minuten die Klappe gehalten hast... Willst du mich noch glücklicher machen und mich heiraten?"
Sirius... Sirius war mein Licht. Sirius war ein Kerzendocht, der entzündet wurde, um die Finsternis zu bekämpfen.
Doch ein kalter Windhauch blies ihn wieder aus. Und die Finsternis war zurück.
,,Siehst du das?" Anklagend deutete er auf Sirius. Seine Seele stieg aus seinem Körper, gierig lehnte der Dementor über dem zusammengesunkenen Animagus. ,,Das ist deine Schuld. Du hättest es verhindern können, du hättest alles verhindern können! Wieso hast du nichts getan?!"
James... James war tot. Sein Tod brachte die Dunkelheit zurück. Ich hätte etwas tun können, ich hätte es verhindern können. Ich hätte ALLES verhindern können!
Eine weitere Kerze entflammte in der Dunkelheit.
Kinderlachen... Sturmgraue, große Augen. Rein und voller Unschuld. Asterion. Mein geliebter Asterion. Mein Sohn... Mein Kind. Das Licht wurde heller... Asterion...
Dann die Kälte. Das Licht ging aus. Ich hatte ihn im Stich gelassen. Ich war eine grausame Mutter, die einfach gegangen war. Ich hatte mich nicht einmal verabschiedet.
Nun blieb sie. Die Finsternis blieb.
Die Wellen schlugen über meinem Kopf zusammen. Eine Hand streckte sich nach mir aus, tauchte in das Wasser, doch ich bekam sie nicht zu fassen. Ich war gefangen. Und ich sank.
In dieser Nacht schrie Maryana Stone. Sie schrie solange, bis nur noch heiseres Krächzen über ihre Lippen kam und sie immer wieder neue Galle auf den Zellenboden spuckte. Und Sirius schrie. Denn Amandriel kam und kam nicht. Der Animagus rüttelte an seinen Gitterstäben. Alle Dämme in ihm brachen zusammen. Er weinte, er flehte. Er flehte sie an, ihm zuzuhören. Aber Maryana hörte ihn nicht. Maryana sah ihn nicht. Schockerblindet, in ihrer Traumata gefangen, die nicht nur dieser Tag ausgelöst haben konnte... Es war eine Traumata, die sich nach und nach aufgebaut hatte und nur noch einen letzten Auslöser, einen letzten Stoß über die Klippen gebraucht hatte. Sirius ertrug es nicht. Er ertrug es nicht, das mit anzusehen. Beinahe wünschte er sich schon, die Dementoren würden kommen und ihm zur Bewusstlosigkeit verhelfen - doch ausgerechnet in dieser Nacht kamen sie nicht. Und so war er seiner ganz persönlichen Qual überlassen. So wie Maryana es auch war. Sie hörte nicht auf zu schreien. Ihr Schreien löste beinahe schon körperliche Schmerzen in Sirius aus. Er weinte bitterlich, immer wieder sprach er zu ihr: ,,Maryana, sieh mich an... Ich bin doch hier, bitte. Ich bin hier. Ich bin hier, bei dir. Und ich liebe dich. Wir sind zusammen, wir werden immer zusammen sein. Und ich werde dich auch immer lieben. Bitte! Hör mir zu, sieh mich an... Maryana..."
Doch sie hörte ihm nicht zu. Und sie sah ihn auch nicht an.
Sie war gefangen. Und Sirius Black erlebte die schlimmste Art der Folter, die er jemals hatte ertragen müssen. Zu einer solchen Seelenqual waren nicht einmal die Dementoren von Askaban fähig. Nur Liebe konnte solch tiefen, blutigen Schmerz auslösen. Liebe war ein Gefühl, damit war sie eine Schwäche. Man war ein trauriger Mensch, wenn man keine Liebe bekam. Doch man war ebenso ein trauriger Mensch, wenn man liebte. Sehr liebte. Und Sirius Black liebte Maryana Stone mit seiner Seele, seinem Herzen, seinem Blut. Seinem Fleisch, seinen Tränen. Er liebte sie mit jeder Faser seines Körpers. Und es zerriss ihn, sie so zu sehen.
Mehr als Askaban alleine es je gekonnt hätte.
Nahe des Zaubereiministeriums
Amandriel Coldwater
Es regnete. In Strömen. Er schlug den Kragen seines Mantels hoch und senkte den Kopf, während er mit schnellen Schritten die Straße überquerte - die Phiole mit Sirrahs Tränen hielt er fest mit der linken Hand umschlossen. Er war sich sicher. Er würde es tun. Er würde den Mord an Jeremiah Temple gestehen, Sirrah Sylvane seine Liebe beweisen und Maryana Stone aus Askaban befreien. Er tat damit drei Dinge, die absolut richtig waren. Und Amandriel wollte das Richtige tun. Er hatte immer nur das Richtige tun wollen. Er hatte auch das Richtige tun wollen, als er Jeremiah Temple getötet hatte... Warum er es getan hatte? Jeremiah Temple hatte eigentlich mit ihm zusammen gearbeitet, er hatte mit ihm gemeinsam ermitteln sollen. Doch er hatte sich auf die falsche Seite geschlagen. Amandriel hatte seinen Freund lange gekannt und er hatte die Veränderung in ihm sofort bemerkt. Dafür war seine Menschenkenntnis einfach zu gut. Es war eine kalte Nacht gewesen, in welcher er ihn schließlich mit seinem Verrat konfrontiert hatte... Und es hatte sich herausgestellt, dass er den Orden des Phönix, für welchen Sirrah eingestanden hatte, an die Todesser weiter hatte verraten sollen, sobald er Amandriel genug Informationen darüber entlockt hatte. Immerhin hatte Sirrah ihm alles erzählt... Und Amandriel hatte seinem einzigen Freund alles erzählt. Ihm war keine andere Wahl geblieben. Er hatte Jeremiah Temple töten müssen. Weil sonst nicht nur die Leben der Ordensmitglieder des Phönix-Ordens auf dem Spiel gestanden hätten - sondern auch das von Sirrah. Und Amandriel würde selbst sein eigenes Leben über das Ihre stellen. Jeremiah Temple hatte sterben müssen... Damit Sirrah Sylvane nicht starb. Ein Leben für ein Leben. Amandriel war verflucht. Dieses Spiel jagte ihn sein ganzes Leben schon... Und machte jetzt vor ihm selbst Halt, nachdem es seine Eltern, seine Schwester und seinen besten Freund geholt hatte, weil er immer irgendwelche anderen Menschen davor hatte beschützen wollen.
Das Gebäude des Ministeriums schien an diesem Nachmittag vor ihm bis in den Himmel aufzuragen... Und ihn schon bei seinem bloßen Anblick in die Knie zu zwingen. Amandriel schluckte hart, fuhr sich übers Gesicht und biss sich auf die Unterlippe, ehe er seinen Zauberstab zog. Er wollte Sirrah einen Patronus schicken. Einen Allerletzten. Der ihr sagen sollte, warum genau er Jeremiah Temple eigentlich das Leben genommen hatte. Er sah dem bläulich schimmernden Falken nach, als er sich elegant in die Lüfte erhob und atmete tief durch. Nun war es an der Zeit. Amandriel Coldwater würde einen Mord gestehen. Er wollte gerade auf die Türen des Ministeriums zutreten, da wurde es vor seinen Augen dunkel - und Hände schleiften ihn in eine verlassene Gasse. ,,Lasst mich los!", knurrte Amandriel gereizt. Niemand würde ihn von seiner Entscheidung abbringen. Grob wurde er gegen eine harte Felswand gestoßen und Schmerz zog einen Moment durch seinen Rücken, ehe der kühle Stoff wieder von seinem Kopf gezerrt und achtlos beiseite gezogen wurde. Schluckend starrte Amandriel in die ihm allzu bekannten, unheilvollen Masken. Todesser. ,,Was wollt ihr?!", schnaubte er. Der Regen wurde stärker, einige Tropfen blieben in seinen langen Wimpern hängen und er blinzelte sie fort wie Tränen. Amandriel Coldwater hatte schon seit seinem dreizehnten Lebensjahr nicht mehr geweint, erst Maryanas Zustand, der seine schuld war, hatte ihm wieder tiefsten Schmerz zurück gebracht. Ein weiterer Grund, zu gestehen. Er wollte jeden anderen Schmerz, nur nicht solchen.
Ein Zauberstab richtete sich auf ihn. ,,Leider können wir dich nicht passieren lassen." Er hörte das Schmunzeln in der kalten Stimme. Der bedauernde Teil seines Satzes war verhöhnend. Amandriel biss die Zähne zusammen. Warum sollte man verhindern wollen, dass er seine Gräueltat gestand? Es sei denn... Wollten sie verhindern, dass der wahre Schuldige für den Verrat an den Potters gefunden wurde? Wollten sie verhindern, dass es Sirius Black irgendwie gelang, Askaban zu verlassen? Oder stellte Maryana Stone eine größere Gefahr da, als sich Amandriel bewusst war? Er verengte die Augen zu zwei Schlitzen. ,,Das werdet ihr nicht", zischte er und zog seinen Zauberstab, ließ die Phiole in seinem Mantel verschwinden. Eigentlich wusste er, dass er keine Chance hatte. Nicht gegen zwei von ihnen. Dennoch würde er kämpfen. Also brach ein erbitterter Kampf aus. Flüche schallten durch die Gasse, doch keine Menschenseele bemerkte das Treiben. Wieder einmal schienen die Todesser in ihren Taten vollkommen unsichtbar zu sein... Und ihrem Meister trotz seines Verschwindens wahre Treue zu beweisen. Amandriel kämpfte bitter - doch irgendwann gelang es einem der beiden Todesser, ihn zu entwaffnen - und er wurde von den Füßen gerissen. Die beiden tauschten ein knappes Nicken aus. Bevor Amandriel sich aufrappeln konnte, lähmte eine Ganzkörperklammer ihn - und die Phiole, der einzige Beweis, dass Maryana Stone niemanden ermordet hatte, wurde ihm entwendet. ,,NEIN! NEIN! IHR BASTARDE!" Amandriel brüllte und spuckte auf den Boden, als die Ganzkörperklammer sich löste und er sich auf den Bauch drehte, sein Gegenüber wütend anfunkelte.
,,Wir können ihn nicht lebendig lassen", zischte ein Todesser dem anderen zu. Amandriel biss die Zähne zusammen. Das musste Ironie sein. So sollte er sterben? Mit einem weiteren gebrochenen Versprechen und erneutem Versagen? Ein Zauberstab richtete sich auf ihn. Amandriel erkannte ihn und wütend starrte er sein maskiertes Gegenüber an. ,,Ich will nicht vollkommen ohne Ehre sein... Irgendwelche letzten Worte, die das ganze weniger öde machen, Coldwater?" Amandriel lachte trocken auf. Das war es also tatsächlich. Sein Ende. In einer stinkenden, verregneten Gasse, in einer Pfütze. Wenigstens hatte er Sirrah Sylvane noch eines sagen können. Und zwar, dass er sie liebte - und, dass er Jeremiah Temple niemals getötet hätte, wäre es nicht nötig gewesen. ,,In der Tat habe ich letzte Worte", schnaubte er und grinste sein Gegenüber humorlos an. ,,Fick dich, Malfoy, du feiges Schwein."
,,AVADA KEDAVRA!"
Sterben war friedlich. Leicht. Friedlicher, als Amandriel Coldwater es sich jemals hätte vorstellen können. Leblos sank sein Körper in eisigem Winterregen zusammen.
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Unheil angerichtet!
Rest in peace, Amandriel Coldwater-
,,Was man tief in seinem Herzen besitzt,
kann man nicht durch den Tod verlieren."
- ein loyaler Freund
- ein Zauberer mit vielen Geheimnissen
- eine Seele, die viel gelitten hat
- ein Mensch, der viel verloren hat
- und mein absoluter Lieblings-OC
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