𝐾𝑎𝑝𝑖𝑡𝑒𝑙: 𝟏𝟑
𝐾𝑎𝑝𝑖𝑡𝑒𝑙: 𝟏𝟑
𝙼𝚊𝚛𝚢𝚊𝚗𝚊
Weihnachten kam darauf schnell - und am vierundzwanzigsten Dezember waren bloß noch Remus, Arthur, Molly und ich im Haus. Wir hatten beschlossen, Weihnachten zu viert zu verbringen - beziehungsweise, Molly und Remus hatten das beschlossen und während Arthur sich einfach gefügt hatte und sich auf Mollys gutes Essen freute, hatte ich meine Meinung dazu nicht weiter beigesteuert. Es war sechzehn Uhr, als ich immer noch im Bett lag. Ich hatte es nur verlassen, um zu duschen - und dann eines von Sirius Hemden aus seinem Schrank zu ziehen. Ich hatte es ihm letztes Jahr geschenkt. Es war ein hochwertiges Flanellhemd in nachtblau, von welchem ich fand, dass es seine Augen wunderschön betonte. Es mir übergestreift hatte ich mich zurück unter die Decke verkrochen. Es war heilig Abend... Und Sirius war nicht hier. Er saß in Askaban, vermutlich folterte man ihn gerade. Und das gab mir das stechend schmerzhafte Gefühl, dass ich mich nicht freuen konnte. Dass ich nicht in Feierlaune sein konnte, wo mein Verlobter so leiden musste. Es war kein normales Gefängnis, das an Weihnachten Besuchszeiten einräumte oder gewisse Ausnahmen machte, mal etwas anderes zu Essen anbot. Es war Askaban. Und dort wurde selbst an Weihnachten keinerlei Hoffnung in die Gefängniszellen der Insassen gelassen. Ob Sirius überhaupt wusste, das heute Weihnachten war? Mir stand eigentlich im Sinn, gar nicht mehr aufzustehen, während ich das sich bewegende, verzauberte Bild von Sirius und mir vom Nachtschrank genommen hatte und es an meine Brust drückte. Remus hatte es geschossen, es war mehr zufällig entstanden. Wir hatten die Verlobung von Lily und James gefeiert und Sirius und ich saßen zusammen auf einem Sessel und grinsten mit leuchtenden Augen in die Kamera, ehe er sich zu mir vorlehnte und mir einen Kuss auf die Wange drückte. Ich vermisste ihn... Bei Merlin, er fehlte mir so sehr. Ich hatte seit dem fünften Schuljahr, nein schon seit dem Vierten kein Weihnachten ohne Sirius Black verbracht. Auf irgendeine Weise war er immer da gewesen - sei es Weihnachten bei den Potters gewesen. Schniefend sah ich auf, als ein Klopfen an der Tür mich aus den Gedanken riss.
,,Ja?", flüsterte ich weinerlich, fuhr mir übers Gesicht, ehe ich mich langsam aufsetzte. Remus drückte die Tür auf und sah mich sorgenvoll an, etwas Wissendes lag in seinem Blick. Er wusste genau, wie ich mich fühlte. ,,Ich wollte mal sehen wie es dir geht", murmelte er und schob sich langsam in mein Zimmer. ,,Und dich bitten, nach unten zu kommen. Molly hat bald das Essen fertig und Arthur kommt auch jeden Moment nachhause. Wir wollen zusammen essen, mit dir", fügte er sanft hinzu, trat langsam an das Bett und ließ sich auf die Kante sinken. Schniefend sah ich ihn an. ,,Ich komme gleich runter", flüsterte ich. Normalerweise machten Sirius und ich uns an Weihnachten immer besonders schick - doch hier saß ich nun, meine Haare lockten sich unberechenbar und fielen mir weich bis zur Brust und mein blasses Gesicht musste ganz verheult aussehen. Remus schob tröstend seine Hand auf mein Knie. ,,Ist das das Bild von Lilys und James' Verlobungsfeier?", fragte er schwach lächelnd und ich nickte, ließ den Bilderrahmen langsam sinken, damit auch er einen Blick auf das Glück werfen konnte, dass Sirius und ich an diesem Tag füreinander empfunden hatten. So wie eigentlich an jedem anderen Tag auch... ,,Ich wünschte, er wäre hier", hauchte ich und strich über das Foto, dann sah ich Remus an. ,,Warum kann er nicht hier sein, Moony?", wimmerte ich, es war das erste Mal seit langer Zeit, dass ich den Spitznamen aus unserer Schulzeit benutzte und er sah mich mitfühlend an, nahm mir sanft das Bild ab und schloss mich dann in seine warmen Arme. ,,Er ist immer bei dir, Kleines. Tief in deinem Herzen", flüsterte er, küsste mich auf die Stirn und ich ließ meinen Tränen erneut freien Lauf, umarmte ihn schluchzend zurück. ,,Und in eurem Kind", fügte Remus wispernd hinzu und aus glasigen Augen sah ich ihn an. ,,Willst du Astis Patenonkel sein?", fragte ich ihn mit bebender Stimme und er lächelte. ,,Asti?", hakte er nach und ich nickte. ,,Das ist sein Spitzname, ich hab ihn ihm gestern Abend vorgeschlagen, als er... getreten hat", gab ich zurück und Remus schmunzelte, strich mir über den Rücken. ,,Es wäre mir eine Ehre, der Patenonkel eures Sohns zu sein, Maryana." Ich biss mir auf die zitternde Unterlippe und legte meine Hand auf meinen Bauch, an dem ich die Knöpfe des Hemds aufgelassen hatte, weil es sonst gespannt hätte. ,,Das freut uns sehr, Remus...", schniefte ich und er zwinkerte mir zu. Ich wollte gerade noch etwas sagen, da hörte ich Molly unten rufen.
,,Na komm, gehen wir nach unten und decken den Tisch", schlug Remus leise vor und ich nickte. ,,Ich ziehe mir nur schnell noch eine Hose an", flüsterte ich und er zwinkerte mir zu. ,,Ich warte draußen", meinte er und schloss leise die Zimmertür hinter sich. Ich suchte mir eine Leggins aus dem Schrank... Langsam war mein Bauch wirklich groß und ich musste mir dringend entsprechende Kleidung dafür zulegen. Am Bett blieb ich nochmal stehen und lehnte mich leise keuchend ein wenig vornüber, um nach dem Bild zu greifen. ,,Wenigstens so kannst du an Weihnachten bei uns sein, Tatze...", murmelte ich, drückte den Bilderrahmen wieder an meine Brust und schlüpfte in warme, dicke Socken, ehe ich aus dem Zimmer trat und die Tür hinter mir schloss. Im ganzen Haus duftete es einfach nur herrlich nach Mollys Bratensoße und leise grummelnd regte sich mein Magen. Molly hatte es sich trotz Kreachers Schimpfen nicht nehmen lassen, das Haus der Blacks noch heute morgen weihnachtlich zu dekorieren. Über das Treppengeländer zogen sich Girlanden, die mit Weihnachtskugeln und Zuckerstangen verziert waren - und unten konnte man Molly gut gelaunt summen hören. Remus lächelte mich an und zwinkerte mir zu, ehe ich ihm ins Esszimmer folgte. Ein großer Weihnachtsbaum stand in einer Ecke des Raums - und durch einen Zauber schneite es darüber, was mich schwach lächeln ließ. Molly hatte den Tisch bereits gedeckt - und damit fiel diese Aufgabe für Remus und mich weg. Sie hatte den Platz von Sirius für mich eingedeckt und sah mich liebevoll an, als sie eine Schüssel mit dampfenden Klößen an uns vorbei trug und mir zuzwinkerte. ,,So wolltest du das doch, nicht mein Kind?", fragte sie mich sanft. An dieser Stelle sollte ich wohl erwähnen, dass Molly gerade mal drei Jahre älter war als ich - und sich doch so mütterlich mir gegenüber benahm. Ich nickte leicht. ,,Danke, Molly...", flüsterte ich und strich zittrig über die Rückenlehne des Stuhls, ehe ich mich darauf niederließ und das Bild, das ich mit runter genommen hatte, vor meinem Teller aufstellte.
Remus hatte nicht unrecht gehabt. Sirius war immer noch bei mir. Denn wenn er mich wirklich liebte - und ich ihn, dann verließen wir niemals das Herz des jeweils anderen. Er setzte sich neben mich und Molly trug weitere Schüsseln und Töpfe zu uns, um sie in die Tischmitte zu stellen. ,,Molly, das riecht unglaublich", schmunzelte Remus und dann ertönte eine weitere Stimme hinter uns. ,,Da hat er recht, mein Schatz. So muss ein Mann an Weihnachten von seiner Liebsten empfangen werden", grinste Arthur und Molly gab einen erfreuten Laut von sich, ehe sie sich in die Arme ihres Mannes begab. Seufzend sah ich auf meinen Teller. Ganz gleich wie sehr ich den beiden ihr gemeinsames Glück auch gönnte... Mitansehen konnte ich es dennoch nicht. Ich sah auf, als Remus meine Hand drückte. ,,Lasst uns essen!", strahlte Molly, sodass wir kurz darauf alle am Tisch saßen und Arthur uns anlächelte. ,,Auf einen schönen Abend - und auf die, die heute nicht mit uns an diesem Tisch sitzen können. Gedanklich sind wir immer bei Ihnen", meinte er, als er sein Glas Elfenwein hob. Dankbar sah ich ihn an, dann stießen wir an - Molly und ich jedoch mit Traubensaft. Auf dich, Sirius - und darauf, dass ich nie, niemals damit aufhören werde, dich zu lieben...
Mollys Essen schmeckte fantastisch... Und Remus und Arthur redeten eigentlich die ganze Zeit, stießen sich lachend an und tranken von Mollys Elfenwein, während sie sie in höchsten Tönen lobten und Molly beinahe so rot war wie die Kirschen, die sie liebevoll auf dem Schokoladenmouse verteilt hatte, dass es zum Nachtisch gab. Der Abend war wunderschön... Und dennoch war ich nicht glücklich. Ich konnte einfach nicht. Wir verlegten unsere kleine Runde irgendwann ins gemütlichere Wohnzimmer, wo Molly uns alle mit Weihnachtsplätzchen mästete und die Schatten des vergangenen Krieges endlich mal für wenige Stunden die Gesichter meiner Freunde verlassen hatten. Irgendwann hatte ich mich ans Fenster geschoben und betrachtete den Schnee, wie er auf den Asphalt rieselte und eine feine Puderzuckerschicht über den Grimmauldplatz zog. Gedankenverloren strich ich über meinen Bauch... Würde auch Asterion sein erstes Weihnachten ohne Sirius verbringen müssen? Ohne seinen Vater? Ich schloss für einen Moment die Augen. Alles in mir sehnte sich so sehr nach ihm... Und ich wollte mir nicht vorstellen, was er gerade durchmachen musste. Konnte er jetzt nicht durch die Wohnzimmertür spazieren, mich in seine Arme ziehen und mir leise sagen, dass dieser schon viel zu lange Albtraum endlich durchgestanden war? Er war schon so lange weg... Und ich schon so lange ohne ihn. Länger als in meinem ganzen Leben zuvor. Ich konnte mich noch an eines der Weihnachten erinnern, an dem Sirius und ich alleine gewesen waren - und in seiner Wohnung.
,,Du musst nichts besonderes kochen, mein Herz. Weihnachten bedeutet für mich, bei dir zu sein. Und all diese ganzen Traditionen sind mir vollkommen egal...", murmelte Sirius rau, während ich panisch durch unsere kleine Küche eilte und versuchte Backofen- und Mikrowelle gleichzeitig im Auge zu behalten. Kochen war noch nie eine meiner Stärken gewesen, Sirius kochte sogar besser als ich und hatte sich deshalb auch dazu bereit erklären wollen, mir zu helfen - doch ich hatte ihn nur schimpfend wieder aus der Küche gejagt und rieb mir nun stöhnend die Stirn. ,,Aber Tatze", jammerte ich. ,,Es ist unser erstes Weihnachten ganz alleine, es sollte perfekt sein", beklagte ich mich bei meinem Freund und er lachte heiser, trat zu mir und legte seine Hände auf meine Taille. ,,Es ist perfekt. Schon jetzt. Du musst rein gar nichts dafür tun", flüsterte er und allein der Blick in seine sturmgrauen Augen verpasste mir butterweiche Knie. ,,Aber Sirius...", nuschelte ich und er schüttelte den Kopf. ,,Nein, Maryana. Hörst du mir überhaupt zu? Ich brauche das alles nicht, ich brauche heute Nacht nur dich", schmunzelte er und ich schmollte. ,,Aber jetzt hab ich schon angefangen", murrte ich und er grinste, trat an den Backofen und empört sah ich ihn an, als er ihn ausschaltete. ,,Sirius, das Essen!", beschwerte ich mich und er zwinkerte mir zu, öffnete die Mikrowelle, damit auch diese verstummte und griff dann nach meiner Hand. ,,Komm mal mit", meinte er und ich zögerte. ,,Aber...", setzte ich an und er schüttelte den Kopf. ,,Nein, Maryana. Komm jetzt, sei einmal nicht so ein Sturkopf!", murrte er und ich quietschte, als er mich aus der Küche zog. ,,Aber Tatze, das Essen...", flüsterte ich verwirrt und er schüttelte fassungslos lachend den Kopf. ,,Kann warten - und das hier nicht. Es wartet schon viel zu lange", widersprach er mir und ich musste grinsen, als er mich zu unserem Schlafzimmer zog. ,,Aber Sirius, wir haben doch heute morgen erst miteinander-", setzte ich an, doch er drückte die Tür auf. ,,Darum geht es auch nicht, Mary", meinte er belustigt und zwinkerte mir zu. ,,Im Gegensatz zu dir denke ich auch noch an etwas anderes", fügte er frech hinzu und empört schlug ich ihm gegen den Oberarm, während ich spürte, wie meine Wangen heiß wurden. Er zog mich ins Schlafzimmer und mein Herz setzte aus. Überall standen Kerzen. Rosenblätter lagen auf dem Bett. Ich biss mir auf die Unterlippe. ,,Sirius Black, packen wir den alten Romantiker aus? Wenn Krone das wüsste", merkte ich belustigt an und grinsend blieb er stehen, drehte sich zu mir um. ,,Sei mal kurz still, ja? Das Ganze ist auch ohne deine Kommentare aufregend genug", meinte er belustigt und meine Augen weiteten sich, als er vor mir in die Knie ging. ,,Tatze...", flüsterte ich und hielt mir die Hand vor den Mund, als er etwas aus seiner Hosentasche zog. Ein Döschen, mit Samt überzogen. Mein Herz begann zu rasen, meine Knie begannen zu zittern. Jetzt war es also soweit. Der Moment war gekommen. ,,Maryana Stone..."; begann Sirius und ich sah ihn fassungslos an. ,,Ich liebe dich, seit du fünfzehn bist. Und davor habe ich dich auch schon geliebt. Ich habe dich schon immer geliebt - und ich bin mir ganz sicher, die fehlende Liebe in meinem Leben rührte nur daher, dass ich eines Tages dich kennenlernen und der glücklichste Mann in der ganzen Welt werden sollte. Du bist mein Grund, morgens aufzustehen - du bist meine Luft zum Atmen. Du bist der Sinn in meinem Leben, den ich in so manchen Nächten hinterfragen musste. Du bist mein Leben, Maryana. Und deshalb frage ich dich - und bin dir wirklich dankbar dafür, dass du mal zwei Minuten die Klappe gehalten hast... Willst du mich noch glücklicher machen und mich heiraten?" Meine Knie gaben nach und schluchzend sank ich vor ihm in die Knie. ,,Ich dachte schon du fragst nie!", weinte ich und nahm sein Gesicht in mein Hände. ,,Verdammt, Sirius Orion Black, wenn es nur irgendwie möglich wäre, dann würde ich dich am liebsten jeden Tag dreimal heiraten!"
Ich biss mir auf die Unterlippe und zog den Kopf ein, betrachtete den schimmernden Ring an meinem Finger, der mir eigentlich das Versprechen gab, dass Sirius mich heiraten würde. Dass wir heiraten würden... Doch jetzt war er in Askaban - und ich war hier. Ohne ihn. Ich biss mir auf die Unterlippe und versuchte mir das Gefühl in Erinnerung zu rufen, wie es sich angefühlt hatte, wenn er mich küsste... Zittrig seufzend hob ich das Glas Traubensaft an meine Lippen und versuchte mir einfach einzubilden, dass sich Wein wärmend in meinem Inneren ausbreitete, während ich noch immer in Erinnerungen schwelgte, besonders an diesem Abend, an Weihnachten und dem Schnee dort draußen meine Sehnsucht nach Sirius umso größer war...
,,Tanz mit mir, Tatze", kicherte ich beschwipst und erstaunt sah er mich an. ,,Jetzt?", fragte er grinsend und ich nickte. Silvester. Und wir waren auch heute alleine. Wir würden uns morgen erst mit unseren Freunden zum Neujahrsfrühstück bei James und Lily treffen. ,,Genau jetzt"; grinste ich und drehte das Radio lauter. ,,Ich liebe diesen Song, komm schon", flötete ich und streckte meine Hand nach ihm aus. Lachend erhob er sich vom Sofa. ,,Eigentlich ist diese Musik ja nicht mein Fall...", schmunzelte er und ich schlang kichernd meine Arme um seinen Hals. ,,Meiner aber. Also los, beweg deinen Knackhintern", grinste ich und er lachte heiser, schob seine Hände auf meine Taille und zog mich eng an sich. ,,Hast du ein Glück, dass ich dich liebe...", murmelte er rau und ich vergrub seufzend mein Gesicht an seiner Schulter. Er roch nach Tannenzapfen, Feuerwhiskey und Kaminrauch... ,,Da hast du tatsächlich mal recht, Black", gab ich frech zurück und er drückte mir einen Kuss auf die Wange. ,,Denk dran, bald trägst du diesen Namen auch", schmunzelte er und ich kicherte. ,,Sirius und Maryana Black... Das klingt einfach nur wundervoll", hauchte ich und sah zu ihm auf. Liebevoll erwiderte er meinen Blick. ,,Oh ja... Wundervoll...", gab er leise zurück, ehe er mich küsste und alles in meinem Körper voller Wohlwollen auf ihn reagierte, weiterhin die sonderbare Stimme von Ben E. King aus den Lautsprechern des kleinen Muggelradios schallte, das mir Arthur geschenkt hatte.
If the sky that we look upon should tumble and fall
Or the mountain should crumble to the sea
I won't cry, I won't cry, no, I won't shed a tear
Just as long as you stand, stand by me
Es war Remus, der mich aus meinen Erinnerungen riss, indem er seine Hand auf meine Schulter legte. ,,Mary?", fragte er leise und ich drehte den Kopf, sah ihn aus feuchten Augen an und blinzelte angestrengt gegen heiße Tränen. ,,Entschuldigt...", flüsterte ich heiser und wischte mir beschämt über die Wange, als sich eine verräterische Träne doch ihren Weg aus meinem Augenwinkel bahnte. Sanft drückte Remus meine Schulter. ,,Du musst dich für nichts entschuldigen... Setzt du dich zu uns? Arthur und ich spielen Zauberschach", meinte er sanft. ,,Und wir könnten zusammen ein Knallbonbon öffnen", fügte er hinzu und ich nickte leicht, rieb mir schniefend nochmal übers Gesicht. ,,Ja, okay...", flüsterte ich weinerlich, doch mein Blick flog noch ein letztes Mal zum Fenster und sehnlichst wünschte ich mir, dass Sirius dort draußen im Schnee stand. Dass er nachhause kam. Doch da war nichts. Nur die Schneeflocken, die stetig weiter vom Himmel fielen und so manchen Kindern damit ein ganz besonderes Weihnachtsgeschenk waren... Während für mich das Schönste wäre, dass mein Sirius wieder zu mir nach Hause kam.
𝔦𝔫𝔫𝔢𝔯𝔥𝔞𝔩𝔟 𝔡𝔢𝔯 𝔉𝔢𝔰𝔱𝔲𝔫𝔤𝔢𝔫 𝔳𝔬𝔫 𝔞𝔰𝔨𝔞𝔟𝔞𝔫
Auch wenn sein Zeitgefühl nicht mehr richtig vorhanden war... An so manchen Tagen sogar ganz fort zu sein schien, so wusste er es dennoch. Er wusste, dass heute Weihnachten war. Sein erstes Weihnachten ohne Maryana, ohne seine Freunde. Als einer der Hauselfen ihm an diesem Abend eine besonders karge Portion an Brot und Wasser durch die Gitter geschoben und ihn hämisch angesehen hatte, hatte Sirius sich kaum zurückhalten können und sich schluchzend in einer Ecke seiner Zelle zusammengekauert. Der Zauberer ihm gegenüber war nicht mehr zurückgekehrt... Vermutlich war er nicht einmal mehr am leben. Und nun beschlich ihn das drängende Gefühl von Einsamkeit umso öfter, das ab und an panische Kreischen der Hexe am Ende des Korridors erschien ihm nur noch lauter. Draußen tobte ein Gewitter, krachend schlugen die Wellen an die Felsen, auf welchen die Festungen von Askaban standen. Fahles Mondlicht fiel in seine Zelle, in welcher es in dieser Nacht besonders kalt zu sein schien. Er rührte sein karges Mahl nicht an, während er sich auf die Seite gedreht hatte - mit dem Rücken zur Zellentür. Er wünschte sich nichts sehnlicher, als zurück nachhause zu kehren. Wie bitter Maryana ihn vermissen musste... Genauso schmerzlich, wie er sie. Und dennoch war für ihn das Wissen, dass sie seinetwegen unglücklich war, nur noch unerträglicher, als seine eigene Pein. Er versuchte sich krampfhaft an sie zu erinnern, doch die Bilder vor seinem inneren Auge wurden immer schwammiger, immer unschärfer und die Panik, sie könnten ihm bald völlig entgleiten, sorgte dafür, dass sein Magen sich verkrampfte und er die Augen schloss und solange die Luft anhielt, bis seine Seiten so scharf stechend schmerzten, dass er keuchend wieder Sauerstoff in seine Lungen ließ.
Er regte sich nicht, als er schlurfende Schritte hörte. Er blieb weiterhin liegen, hoffte, man würde ihn für die restliche Nacht in Frieden lassen. Leise klopfte ein Zauberstab gegen seine Gitterstäbe und er fuhr ein wenig zusammen, drehte den Kopf und sah den Zauberer an, der vor seiner Zelle stand - und der sicherlich auch schmerzlich seine Familie vermisste, nicht nachhause zurückkehren durfte... ,,Komm mal her", meinte er und keuchend rappelte Sirius sich auf. Er musste es aufgeben, zu rebellieren. Es brachte ihm nur weiteres Leid. Der Zauberer sah sich in alle Richtungen um. ,,Eigentlich war man dagegen, dir das zu geben", meinte er und zog etwas aus der Brusttasche seines dunklen Capes. Ein dunkler Schatten lag auf seinem Gesicht und Sirius klammerte sich an den Gitterstäben fest, um nicht aus Schwäche zusammen zu sinken. ,,Aber ich war dafür... Verrate es niemandem!" Gehetzt sah er sich um, ehe er etwas durch die Gitterstäbe hielt. ,,Nimm schon!", raunte er und Sirius sah ihn zögernd an, ehe er seine Finger um den Briefumschlag schloss und der Zauberer hastig kehrt machte, schweigend wieder in der Dunkelheit des Korridors verschwand. Was war das? Ein fauler Trick...? Er zögerte, seine klammen Finger zitterten, doch die Neugier, die ihn schon zu Rumtreiberzeiten angetrieben hatte, ließ ihn den Briefumschlag öffnen und ein Keuchen kam über seine Lippen. Das war... Das war... Er starrte auf das Ultraschallbild. Asterion Sirius Black. Er bekam einen Sohn. Es war ein Junge. Er wusste nicht, was er empfinden sollte. Freude? Schmerz? Sehnsucht? Reue? Einsamkeit? Ein ganzer Sturm an Gefühlen tobte in seiner Seele, zog ihn in die Knie.
Der Schrei der in dieser Nacht durch die Festungen von Askaban ging, so voller Schmerz, Kummer, Sehnsucht und Pein war, war der Erste seit langem, der nicht durch die Dementoren ausgelöst wurde. Oder die Foltermethoden der Hauselfen. Nein. Er entkam einem zerbrochenen, einsamen Herzen. Sirius schrie solange, biss seine Augen tränten, seine Lungen schmerzten und nur noch ein heiserer, spitzer Laut aus seiner Kehle kam, während er sich an dem Bild festkrallte, als könnte es ihn aus all dieser Finsternis ziehen. Er hatte sich selbst nie so schreien gehört - beinahe war es zu laut für sein eigenes Gehör gewesen. Grausam kroch der Schmerz durch seinen Körper, das Blut gefror ihm in den Adern und er drückte schluchzend seine schmutzige Stirn gegen den kalten, harten Zellenboden, auf allen Vieren in seiner Zelle kniend. Er weinte. Er flehte. Seine Worte galten niemand bestimmtem, er flehte um Gnade, um Vergebung, um Freiheit. Er entschuldigte sich hunderte Male für etwas, das er nicht einmal getan hatte. Niemals tun würde.
Er hatte alles verloren.
Und nun... Nun begann er, auch sich selbst zu verlieren.
Der Wahnsinn kroch an seinen Zellenwänden entlang und wartete nur darauf, sein Inneres einzunehmen. Er vermisste sie so sehr... Maryana, sein Kind... Seinen Sohn. Er bekam einen Sohn. Ein Schluchzen entkam seiner Kehle, obwohl keine Tränen mehr kamen.
Bei Merlin... Er wollte einfach nur zurück...
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Hey!
Wieder ein sehr emotionales Kapitel- aber das kennt ihr ja mittlerweile von mir. Über ein wenig Feedback würde ich mich sehr freuen! Ich weiß gar nicht wer mir mehr leid tun soll... Mary oder Sirius...
Naja ich hoffe das Kapitel hat euch gefallen - und der Flashback der Verlobung von Mary und Sirius natürlich ganz besonders!
Liebe Grüße,
Eure wingsofeden
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