Wintermelodie | Jeongchan
POV: JEONGIN
. . .
Die Kälte der Winterluft schien sich durch alles zu bohren: durch die dicksten Jacken, die wärmsten Schals und sogar durch die Stille des Abends. Ich zog die Kapuze tiefer ins Gesicht, als ich durch die leeren Straßen von Seoul lief. Es war nicht weit bis zu dem kleinen Studio, in dem ich mich oft mit Chan traf, doch heute fühlte sich jeder Schritt schwer an.
Die Stadt war anders, wenn der Schnee fiel. Die Lichter schienen heller, die Geräusche gedämpfter. Alles war in weiß gehüllt, so als würde die Zeit für einen Moment stillstehen. Ich blieb stehen und atmete tief ein, der Dampf meines Atems stieg wie eine Wolke in den Himmel. Ich hatte lange nicht mehr mit Chan gesprochen, und die Nachricht, die ich vorhin erhalten hatte, war unerwartet gewesen.
"Kannst du heute Abend ins Studio kommen? Ich habe etwas für dich," hatte Chan geschrieben. Keine Erklärung, keine weiteren Details. Ich hatte nicht mal geantwortet, sondern mich einfach auf den Weg gemacht.
Als ich das Studio erreichte, drückte ich die Tür vorsichtig auf. Die kleine Lampe auf dem Mischpult war das einzige Licht im Raum. Chan saß mit dem Rücken zu mir, Kopfhörer auf den Ohren, und wippte leicht im Takt einer Melodie, die ich nicht hören konnte. Für einen Moment blieb ich in der Tür stehen und beobachtete ihn.
"Du stehst da wie ein Geist," sagte Chan plötzlich, ohne sich umzudrehen, und nahm die Kopfhörer ab. Er drehte sich mit einem Grinsen um. "Komm rein, Jeongin."
Ich trat ein und zog die Kapuze ab, während ich die Tür hinter mir schloss. "Du hörst mich immer noch, selbst wenn ich nichts sage."
Chan zuckte mit den Schultern. "Vielleicht kenne ich dich einfach gut genug."
Das Studio war klein und vertraut, voll mit Erinnerungen an unzählige Stunden, die wir hier gemeinsam verbracht hatten. Doch heute war etwas anders. Es lag etwas in der Luft, eine Spannung, die ich nicht einordnen konnte.
"Setz dich," sagte Chan und deutete auf den Stuhl neben ihm. Als ich Platz nahm, spielte er eine Datei ab.
Eine sanfte Melodie füllte den Raum, die Klänge eines Klaviers, begleitet von einem leisen Beat. Meine Augen weiteten sich, als ich die Stimme hörte - meine eigene.
"Was ist das?" fragte ich leise.
Chan lehnte sich zurück und verschränkte die Arme vor der Brust. "Etwas, woran ich gearbeitet habe. Erinnerst du dich an den Abend vor ein paar Wochen, als wir zusammen gesungen haben? Ich habe es aufgenommen."
Ich erinnerte mich. Es war einer dieser spontanen Momente gewesen, als wir beide so tief in der Musik versunken waren, dass die Zeit keine Rolle spielte. Ich hatte nicht gewusst, dass Chan es festgehalten hatte.
"Warum?" fragte ich, die Augen immer noch auf den Bildschirm gerichtet.
"Weil ich finde, dass es etwas Besonderes ist," antwortete der Australier. Seine Stimme war weich, fast zögerlich. "Du bist so selbstkritisch, Innie. Aber wenn du dich hören könntest, wie ich es tue, würdest du verstehen, warum ich das gemacht habe."
Ich wusste nicht, was ich sagen sollte. Die Musik füllte die Stille zwischen uns, und ich spürte, wie sich etwas in meiner Brust zusammenzog. Es war nicht nur die Musik, sondern auch die Art, wie mich mein Hyung ansah, mit einer Ehrlichkeit, die mich gleichzeitig wärmte und verletzlich machte.
"Danke," sagte ich schließlich. Meine Stimme war kaum mehr als ein Flüstern.
Bangchan lächelte, ein kleines, ehrliches Lächeln, das mir mehr bedeutete, als Worte es je könnten. "Du musst dich nicht bedanken. Ich wollte dir nur zeigen, was ich sehe."
Draußen fiel der Schnee leise weiter, und drinnen, in der Wärme des Studios, begann etwas Neues zwischen uns zu wachsen, etwas, das sich wie der Anfang einer neuen Melodie anfühlte.
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