VII | the cave
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Als sich der Staub wieder legte, realisierte ich erst was passiert war. Der Eingang der Höhle war eingebrochen. Die einzige Lichtquelle waren die Lampen auf dem Helm des Captains und ein paar kleine Löcher an der Decke der Höhle.
Die Erkenntnis dämmerte mir und ich spürte die Panik in mir aufsteigen. Das war viel zu vertraut. Meine Atmung wurde schwerer und meine Hände begannen zu zittern.
Nein. Nein! Das darf nicht passieren.
Hinter mir lachte der Captain plötzlich auf.
"Das ist ja nochmal glimpflich ausgegangen."
Ich sah ihn sprachlos an, während der Druck in meiner Brust immer größer wurde.
"Du-Du hast schon mitbekommen, dass wir hier verschüttet sind, oder?"
In meinen Ohren begann zu klingeln und meine Atmung wurde immer schneller.
"Verdammte Scheiße, wir-wir sind eingesperrt. Wir müssen hier raus."
Ich hätte schreien können.
"Wir können hier nicht bleiben. Wir müssen einfach raus."
Ich dachte nicht mehr klar, als ich zum verschütteten Eingang lief und begann in den Steinen zu graben.
Dass die spitzen Felsen meine Hände aufschnitten realisierte ich nicht. Tränen stiegen in meine Augen und ich konnte nicht atmen. Aber ich grub weiter in den Steinen und bekam den Schmerz nicht mit.
Ich bekam auch nicht mit, dass die Steine, die ich berührte, vereisten.
Ich bekam aber sehr wohl mit, dass Captain Rex mich von dem Eingang wegzog, seine Hände auf meine Schultern legte und mich durch seinen Helm eindringlich ansah.
"Was ist los mit dir?"
Meine Hände zitterten noch mehr und der Druck in meiner Brust erreichte schon langsam eine Schmerzgrenze.
Die Luft um uns wurde eiskalt und ein blauer Schimmer tanzte über meine Finger.
Ich schnappte verzweifelt nach Luft.
"Ich weiß es nicht."
Mit einem Mal zog sich der Captain den Helm vom Kopf und drückte mich plötzlich an seine Brust. Irgendetwas an seinem Griff war beruhigend.
"Alles ist okay. Es ist kein Problem, dass wir hier verschüttet sind.", seine Stimme war leise und jagte mir einen Schauer über den Rücken.
Meine Atmung funktionierte immer noch nicht und meine Hände zitterten noch mehr, sofern das überhaupt noch möglich war.
"Anastasia.", es war das erste Mal, dass er meinen Namen aussprach, wie ich später realisieren sollte.
"Anastasia, du hast eine Panikattacke. Alles ist in Ordnung. Ich bin hier. Ich lasse dich nicht allein."
Ich beruhigte mich tatsächlich.
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Sobald ich wieder normal atmen konnte und mein Verstand wieder klar wurde, drückte ich ihn schnell von mir weg und stolperte ein paar Schritte zurück.
Mein Blick schweifte durch die Höhle.
Seufzend ließ sich der Captain gegen die Höhlenwand auf den Boden fallen und nahm seinen Helm ab.
Ich sah ihn nicht an. Mein Blick war starr auf die aufgeschütteten Felsen gerichtet.
"Schau,", er hörte sich erschöpft an.
"Wir sitzen hier fest, also können wir wenigstens versuchen das beste aus der Situation zu machen. Außerdem will ich nicht mit jemanden streiten, der auf meiner Seite sein sollte."
Stille.
"Oder wir können uns auch ignorieren...Das funktioniert auch."
Es war nicht, dass ich ihm nicht antworten wollte. Ich konnte nicht antworten. Ich kniete mich zum Felsenhaufen.
Einige der Steine waren vereist. Nein, nicht einfach vereist. Sie waren so gefroren, dass sie zerbrachen, wenn man sie nur berührte. Das hätte nicht passieren dürfen. Ich sollte es mittlerweile unter Kontrolle haben.
Ich hätte ihn umbringen können.
Mein Atem stockte. Ich muss ruhig bleiben, dann ist alles in Ordnung. Ich muss atmen.
"Das ist mir schon mal passiert."
Er setzte sich auf und sah mich verwirrt an.
"Was?"
"Auf Gaea. Wir waren auf der Flucht und haben uns in diesem altem Gebäude versteckt. Kaum warum wir auch nur darin, ist es zusammen gebrochen. Zwei von uns sind unter den Trümmern begraben worden. Deswegen die Panikattacke."
Es war leise. Er sagte nichts. Es war gut, dass er nichts sagte. Manchmal ist es gut für eine Weile zu schweigen.
Ich setzte mich ebenfalls gegen die Wand und begann seufzend diese Haarnadeln aus der aufwendigen Frisur zu ziehen. Meine Haare fielen über meine Schulter und ich fühlte mich wieder mehr, wie mich selbst.
"Warum hast du so reagiert als ihn erschossen habe?"
Überrascht sah ich auf. Captain Rex lehnte gegen die Wand und sah mich an.
"Weil du jemanden getötet hast. Ohne mit der Wimper zu zucken."
Ich schaute ihn nicht an. Mein Blick wanderte zu den Löchern an der Höhlendecke. Es dämmerte.
"Ich bin ein Soldat. Wir sind im Krieg. Was hatte ich denn für eine andere Wahl?"
Er wirkte entrüstet. Als ob er sich verteidigen wollte.
"Man hat immer eine Wahl. Man kann es immer vermeiden Leben zu töten."
Ich sah zu ihm.
"Man kann es vermeiden, indem man nicht in den Krieg zieht."
Jetzt sah er mich nicht an. Er wich meinem Blick aus.
"Die Republik ist nicht die treibende Kraft in diesem Krieg. Wir wollen ihn nur beenden."
Ich wandte meinen Blick von ihm ab.
"Du bist ein Mörder. Egal wie du es rechtfertigst."
Er sagte nichts und ich zuckte mit den Schultern.
"Nicht dass ich viel besser wäre. Ich hab auch Dinge getan, die ich lieber vergessen würde."
Ein Moment der Stille. Ich versuchte meine Gedanken zu ordnen.
"Aber sind wir nicht alle Mörder?"
Ein trockenen Lachen verließ meinen Mund.
"Haben wir nicht alle einen Teil von uns selbst umgebracht um zu überleben?"
Ich seufzte und sah zum Captain.
"Wir haben alle Blut auf unsren Hände. Irgendjemand, Irgendetwas hat sterben müssen, damit wir überleben konnten."
Der Captain öffnete den Mund, konnte aber nicht antworten, weil sein Comlink aufblinkte.
"Rex?"
Es war Skywalker.
"Ja, Sir?"
"Ich habe dein Notsignal erhalten. Wir holen euch da so schnell wie möglich raus. Wir brauchen aber Zeit, bis sich die Piraten wieder zurückgezogen haben."
Der Captain zuckte mit den Schultern.
"Lassen sie sich alle Zeit der Welt. Wir laufen schon nicht weg."
Skywalker lachte leise, bevor er sich verabschiedete.
Wir verfielen wieder in ein Schweigen. Niemand sagte etwas.
Die Zeit schien stillzustehen. Es könnten Stunden, Minuten oder Sekunden vergehen. Ich hätte keinen Unterschied bemerkt.
Mein Körper begann sich zu entspannen. Mit einem Mal spürte ich alle Verletzungen.
Meine Schulter schmerzte, meine Seite brannte und meine Hände bluteten.
Ich zog scharf Luft ein und schaute auf die Schnittwunden auf meinen Handflächen.
"Bist du verletzt?"
Captain Rex sah besorgt zu mir hinüber. Ich zog scharf Luft ein und schüttelte den Kopf.
Meine Hände ballten sich zu Fäusten und ich versuchte den plötzlich so stechenden Schmerz zu ignorieren.
"Lüg mich nicht an."
Der Captain stand plötzlich auf und kam zu mir. Er nahm meine Hand und öffnete überraschend sanft meine Faust.
Er sah die tiefen Schnitte lange an, bevor er seufzte.
"Das muss desinfiziert und verbunden werden, sonst entzündet es sich."
Mit einem Handgriff holte er Wundversorgung aus einer Tasche an seinem Gürtel und öffnete den Bacta-Spray.
Ohne auf meinen Protest zu warten, desinfizierte er die Schnitte und ließ meine Hand dabei nicht los.
Stumm begann er damit meine Hand zu verbinden, als sein Griff kurz zu fest wurde.
Scharf zog ich Luft ein.
" 'Schuldingung, bin gleich fertig."
Er machte sich wieder an die Arbeit. Als er mit einer Hand fertig war, nahm er ohne zu zögern die andere.
Ich beobachtete sein Gesicht, während er konzentriert meine Hand verband. Seine Augenbrauen waren zusammen gezogen, so dass eine Falten zwischen ihnen entstand. Er biss sich auf die Lippe und hatte einen ersten Ausdruck in den Augen.
Er machte alles mit so viel Routine, als ob er es schon viel zu oft gemacht hat.
Auch mit der zweiten Hand war er mit wenigen Handgriffen fertig.
Er ließ meine Hand aber nicht los.
"Du bis eiskalt."
Es war eine simple Feststellung. Stumm nickte ich.
"Bin ich immer. Ich spür das gar nicht."
Verwirrt sah er von meiner Hand auf.
"Du spürst keine Kälte?"
Ich konnte nur mit den Schulter zucken und nicken.
"Ich kann Eis mit meinen Gedanken erschaffen und solche Sachen, also ist es glaub ich ziemlich normal, dass ich gegen Kälte immun bin."
Der Captain lachte kurz und ich glaube es war das erste Mal das ich ihn lachen hörte.
Langsam ließ er meine Hand los. Augenblicklich fühlte sich meine Hand sich leer an.
Er setzte sich wieder und lehnte sich gegen die feuchte Höhlenwand. Diesmal direkt neben mir.
Wir schwiegen. Der Himmel verfärbte sich. Er nahm verschiedene Farben an. Es sah wunderschön aus.
Eine Zeit lang saßen wir bloß stumm nebeneinander.
"Erzähl mir von Gaea. Was ist dort passiert?"
Überrascht sah ich auf. Captain Rex saß gegen die Wand gelehnt und reinigte seine Blaster.
Ich lehnte meinen Kopf nach hinten. Ich zögerte. Normalerweise redete ich nicht darüber. Wie auch?
Aber irgendetwas trieb mich dazu, dem Klon-Captain davon zu erzählen.
"Gaea...war ein wunderschöner Planet. So haben sie es uns zumindest erzählt. Wir haben es nie so erlebt. Angeblich war er grün und mit vielen Meeren. Ich habe Fotos gesehen. Alle war grün und überall waren Tiere. Es war wunderschön."
"Was ist passiert?"
"Menschen sind passiert. Sie haben über Jahrhunderte hinweg den Planeten verschmutzt, verpestet. Kriege, Genozide, alles was man sich erdenken kann. Sie haben diesen wunderschönen Planeten langsam zerstört."
Ich atmete durch und lächelte leicht. Es war komisch darüber zu reden.
"Und dann kam es zu Sonneneruptionen. Sie machten fast den ganzen Planeten unbewohnbar. Die Menschen flüchteten in die übrig gebliebenen Städte. Man lebte auf engsten Raum zusammen. Und dann kam das Virus."
Rex zog verwirrt die Augenbrauen zusammen und sah von seinen Blaster auf.
"Virus?"
"Durch Verpestung des Planeten und die steigenden Temperaturen haben verschiedene Viren begonnen zu mutieren, aber die Menschen haben noch versucht diese in Laboren unschädlich zu machen."
Je mehr ich darüber redete, desto surrealer fühlte es sich. Ich habe noch jemanden soviel davon erzählt. Komischerweise fühlte es sich gut an.
"Aber dann traf eine Eruption eines dieser Labore. Das Virus war geboren und hat sich ungehindert verbreiten können. Wissenschaftler nannten es 'Flare'. Ein Großteil der Bevölkerung wurde binnen kürzester Zeit infiziert."
Captain Rex sagte nichts. Er sah mich bloß an.
"Sie versuchten ein Gegenmittel zu finden. Ein Heilmittel. Aber sie fanden keines."
Ich atmete tief durch. Die Bilder spielten wie ein Film in meinem Kopf.
"Dann haben sie aber heraus gefunden, dass die neuen Generationen. Die Kinder, die in den Virus hineingeboren sind, immun sind. Ein paar von ihnen zumindest."
Ich biss mir auf die Lippe und blinzelte ein paar Mal.
"Die Wissenschaftler, die Organisation, die sich selbst WCKD nannte-"
Er unterbrach mich.
"WCKD?"
"Welt Chaos Katastrophen Department"
Er nickte stumm.
"Jedenfalls-", fuhr ich fort.
"-haben diese 'Wissenschaftler' Neugeborene aus der ganzen Welt eingesammelt und sie in Labore gesperrt. An ihnen wurde herumexperimentiert. Sie wurden nicht länger wie Menschen behandelt. Die Kinder waren Objekte. Je älter sie wurden, desto grausamer wurden die Tests-"
Ich brach ab. Langsam atmete ich ein.
"Cassian, Thomas und du...ihr wart solche Kinder?"
Stumm nickte ich.
"Was ist passiert?"
Er sah mich an, aber es war nichts forderndes in seinem Blick. Einfaches Interesse.
"Das letzte Experiment in das sie uns gesteckt haben. Das Labyrinth-Experiment. Sie haben an unsren Erinnerungen herumgespielt, so dass wir uns an nichts außer unsern Namen erinnern konnten. Dann haben sie uns in die Lichtung gesteckt-so nannten wir den Ort."
Ich machte eine kleine Pause und versuchte es möglichst verständlich zu erklären.
"Die Lichtung war der Ort an den sie uns brachten. Sie war von einem riesigen Labyrinth umgeben, das durch vier Eingangstore betreten werden kann. Die Tore haben sich immer in der Nacht geschlossen und am Tag geöffnet. Am Anfang haben sie 30 Kinder dorthin geschickt-"
Ein leises Seufzen.
"-nur 2 haben überlebt. Danach schickten sie jeden Monat einen neue Kinder auf die Lichtung."
Ich strich über mein Handgelenk und zeigte Rex das Tattoo.
subject A8
"Ich war die Achte und das einzige Mädchen. Ich weiß nicht, warum ich das einzige Mädchen war. Wahrscheinlich wollten sie einfach die Hirnaktivitäten die Jungs darauf testen."
Wieder machte ich eine Pause.
"Wir, Cass, Tommy und ich, verbrachten fast 3 Jahre dort. Cass war schon vor mir dort und Tommy kam kurz nach mir. Es ist ein Wunder das wir überhaupt so lange dort überlebt haben."
"Warum war es so gefährlich?"
Ich nickte kurz und zog Luft ein.
"Wir wollten einen Weg nach draußen finden, was logisch war. Immerhin waren wir eingesperrt. Der einzige Weg nach draußen war durch das Labyrinth. Das Labyrinth allein war schwierig genug, aber im Labyrinth leben Tiere, Naja nicht wirklich Tiere."
Wieder eine kurze Pause.
"Wir nannten sie Griever. Wenn man einem Griever begegnete, überlebte man nicht. Sie brachten alles um, was ihnen über den Weg lief."
"Wie seid ihr entkommen?"
Ich seufzte laut. Ich habe noch nie so viel auf einmal erzählt.
"Eines Tages schickten sie jemand in die Lichtung, der anders war als die anderen. Er brachte Veränderung. Er schaffte es uns aus dem Layrinth und aus WCKD's Fängen zu befreien. Er-"
Ich brach ab. Ein trauriges Lächeln schlich sich auf mein Gesicht. Ich habe schon lange nicht mehr über ihn nachgedacht.
"Es war ein ewiges Katz und Maus Spiel, bis wir WCKD endlich richtig entkommen konnten. Wir schafften es sogar uns Plätze auf einem Transporter zu sichern, der uns aus Gaea wegbringen sollte. Es war ein gefährliches Unternehmen, aber wir mussten einfach weg. Der Transporter wurde von WCKD angegriffen-"
Ich biss auf meine Lippe und blinzelte ein paar Mal.
"Es ist ein Wunder, dass Tommy, Cass und Ich überlebt haben. Ich weiß immer noch nicht, wie genau wir es geschafft haben. Alle anderen sind gestorben."
Ein lautes Seufzen.
"Wir waren neun, die aus dem Labyrinth entkommen sind. Jetzt sind es nur noch Cass, Tommy und ich."
Jetzt konnte ich die Tränen nicht mehr zurückhalten. Rex versuchte nicht mich zu trösten und darüber war ich dankbar. Es gab nichts was er sagen konnte, was meinen Gefühlen helfen könnte.
"Manchmal wünsche ich mir, wir wären gar nicht erst aus dem Labyrinth geflüchtet. Ich meine, ja, es war beschissen eingesperrt zu sein, aber bis zu einem gewissen Maß war es sicher und wir hatten einander. Die Wüste von Gaea ist eine verdammte Todeszone. Wir-Wir hätten einfach dort bleiben sollen."
Ich brach ab. Ich brauchte ein paar Minuten um mich wieder zu beruhigen.
"Aber das Ding ist, selbst wenn ich jetzt zurückgehen könnte. Wenn ich die Zeit zurückdrehen könnte. Ich würde nicht mehr dorthin passen. Ich bin nicht mehr der selbe Mensch."
Rex sah mich an. Sein Blick wärmte irgendetwas tief in mir drin.
"Ich kann nichts sagen, dass dir helfen könnte, aber du bist nicht allein."
Sein Blick wich nicht von mir.
"Du hast immer noch Cassian und Thomas. Sie sind durch die selbe Hölle gegangen."
Ein Lächeln schlich sich auf mein Gesicht, bevor ich nickte.
Wir saßen wieder stumm nebeneinander. Niemand sagte ein Wort. Es war gut so.
Dann knurrte plötzlich mein Magen.
Sofort griff Rex in eine Tasche an seinem Gürtel und zog einen weißen Riegel hervor.
"Hier."
Suspekt nahm ich ihn entgegen.
"Kannst du mir versprechen, dass die Dinger nicht so schlimm wie die Rationen schmecken?"
"Die Riegel sind halb so schlimm. Die schmecken nach gar nichts."
Ich schätzte das Ding ab, bevor ich zögernd abbiss.
Es schmeckte tatsächlich nach nichts.
"Ich weiß nicht, wie ihr dieses Essen überhaupt essen könnt."
Ich schmatzte mit vollen Mund. Captain Rex zuckte bloß mit den Schultern.
"Das Ding ist, wir Klone haben nie "normales" Essen bekommen. grauenvoll, aber ich kenne nichts anderes. In Kamino war es noch schlimmer. Das war eine verdammte Diet. Ein Haufen Proteine, viele Vitamine, und gerade genug Ballaststoffe, dass wir überleben konnten. All das in ekelhaften Nahrungriegeln, die einen nie satt machten, zusammen gepackt. Ich könnte genauso gut Erde essen und keinen Unterschied merken."
Er lachte leise und wandte seinen Blick von dem Loch in der Decke zu mir.
"Und dann bekomm ich zum ersten Mal richtiges Essen. Essen, das nach etwas schmeckt. So gern ich dieses scharfe Curry auch gegessen hätte. Es hat mir meinen Mund ausgebrannt . Mein ganzer Körper ist nicht darauf klar gekommen. Deswegen bin ich abgehauen. Ich wollte nicht, dass ihr das bemerkt."
Er lächelte mich an und ich glaube, ich habe ihn noch nie zuvor lächeln sehen.
Mein Blick war starr auf den Soldaten gerichtet. Er hatte keine Ahnung, was diese Geschichte in mir anrichtete. So viel ich auch schon erlebt habe. So viel diese Menschen auch mit mir angestellt hatten, ich hatte immer richtiges Essen bekommen. Mir ist nie dieses Grundrecht des Lebens verwährt worden.
"Obwohl ich dir immer noch zutraue, dass du meinen Mund absichtlich in Flammen setzen wolltest."
Ich zwang mich zu einem Lächeln, bevor ich schnaubend lachte.
Mittlerweile war es dunkel. Die Höhle wurde von Sternenlicht erhellt. Augenblicklich wurde ich müde, aber ich würde sowieso nicht schlafen können.
"Wir sollten langsam schlafen."
Captain Rex zuckte bloß mit den Schultern.
"Geh ruhig schlafen, ich halte Wache."
Ich zog die Augenbrauen zusammen und beobachtete den Soldaten. Er stand langsam auf und lief eine Runde im Kreis.
"Du kannst ruhig schlafen. Ich kann die erste Wache halten."
Er winkte bloß ab. Er war sichtlich erschöpft, also warum wollte er nicht schlafen gehen?
"Nein, ich glaube du brauchst den Schlaf dringender."
Rex seufzte und wandte den Blick wieder zu mir.
"Ich hab gesagt du kannst schlafen gehen, Anastasia. Also bitte geh schlafen."
Jetzt schüttelte ich bloß den Kopf.
"Warum willst du nicht schlafen? Ich kann doch sehen, wie erschöpft zu bist."
Er sah mich nicht an und lief unruhig hin und her.
"Ich kann nicht schlafen, okay! Mein Verstand hat die erschreckende Eigenschaft dunkel und furchteinflössend zu sein."
"Du hast Angst vor deinen Träumen?"
"Ja."
Seine Stimme war leise und zerbrechlich. In diesem Moment wirkte er nicht wie ein harter Soldat. Er sah aus wie ein gebrochener Mann.
"Ich kann auch nicht schlafen."
Meine Stimme war plötzlich viel leiser.
"Ich will nicht schlafen. Ich kann diese Schreie nicht noch einmal hören."
Rex sah mich lange an, bevor er bloß nickte.
Er setzte sich wieder.
Er schloss die Augen und lehnte den Kopf gegen die Wand.
Wir saßen lange stumm nebeneinander. Niemand machte einen Mucks.
Ich beobachtete ihn. Seine Augen waren geschlossen und sein Brustkorb hob und senkte sich regelmäßig.
Sein Gesicht war entspannt und er sah plötzlich um Jahre jünger aus.
Seine Haare waren wieder kurz geschnitten. Sie waren hellblond.
"Warum eigentlich blond?"
Rex hob fragend den Kopf.
"Was?"
Seine Stimme war leise und außergewöhnlich rau. Er muss wohl doch eingenickt sein.
"Deine Haare. Warum blond? Warum färbst du sie nicht eine andere Farbe?"
Rex lachte plötzlich leise.
"Sie sind nicht nicht gefärbt."
Fragend zog ich meine Augenbrauen zusammen.
"Verarschen kannst du wen anderen?"
Jetzt lachte er noch mehr.
"Ich meins ernst. Ich bin wirklich natürlich blond."
Ich sagte nichts, ich sah ihm bloß an. Mein Blick war nach wie vor fragend. Wenn das ein Scherz sein sollte, dann war er nicht lustig.
Rex seufzte laut.
"Ich hab einen 'Gen-Fehler'. So haben das die Ärzte zumindest genannt. Ich hab halt einfach blonde Haare. Ein Fehler. Ein fehlerhafter Klon."
Er lacht leise, aber er war nicht glücklich. Es war ein trauriges Lachen.
"Ich war eigentlich ein Commander-Klon. Ich bin aus dem selben Batch wie Cody. Der Commander von Kenobi. Aber ich wurde aussortiert, weil ich anders war. Sie haben mich nicht umgebracht, aber ich wurde degradiert und an vorderste Front gesetzt. Wie durch ein Wunder, wurde ich General Skywalker zugeteilt, der mich beförderte, weil er fand, dass ich Talent hatte. Deswegen bin ich jetzt Captain."
Er seufzte.
"Manchmal frage ich mich wie mein Leben aussehen würde, wenn ich normal wäre."
Ich biss mir auf die Lippe. Wir saßen nebeneinander, aber seine Stimme kam aus einem anderen Medium.
Ich sah ihn lange und genau an, aber alles was ich sah war ein Mann, der durch Jahre von Schmerz und Trauer gebrochen war. Ein Mann, der gezwungen war unaussprechliche Dinge zu tun. Kein herzloser Soldat.
Er wandte seinen Blick zu mir und sah mich einen Moment lang an, bevor er lächelte.
"Sag das keinem, okay. Die meisten glauben, dass ich mir die Haare färbe. Meine Soldaten müssen nicht wissen, dass ich fehlerhaft bin."
Ein sanftes Lächeln schlich sich auf mein Gesicht.
Es lag mir auf der Zunge. Du bist nicht fehlerhaft.
Ich sagte es nicht. Ich konnte es nicht sagen. Es war nicht das, was er hören wollte. Es war nicht das, was er hören musste.
Ich griff in meine Haare und schaute eine weiße Haarsträhne an.
"Ich mag blond."
Er sah mich kurz an, bevor er lachte. Ein richtiges Lachen. Mit geschlossenen Augen, Falten um den Augen und zurückgeworfenen Kopf.
Plötzlich sah er Jahre jünger aus. Er sah nicht aus wie der abgebrühte Soldat. Er sah aus wie ein Junge, der sein Leben nicht so leben konnte, wie er wollte.
Dieser Moment war der Anfang von etwas Großem. Etwas Unbeschreiblichen.
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