𝐤𝐚𝐩𝐢𝐭𝐞𝐥 𝟖

höhö guys. da bin ich wieder. erstaunlicherweise hab ich heute voll viel geschrieben. hätte ich echt nicht gedacht. aber donnerstags hab ich iwi oft nen schreibflow O.o

Belustigt hob sie einen Mundwinkel, während ihre Augen schon über das Blatt huschten. Sie zog die Augenbrauen hoch. Dass ihre Rechtschreibung damals so schlimm gewesen war, hätte sie nicht gedacht. Natürlich war ihr damals der ein oder andere Fehler unterlaufen, aber so etwas hatte sie nun wirklich nicht erwartet. Manche Wörter verstand sie auch nach dem dritten Entzifferungsversuch noch nicht, dazu kam, dass manche Buchstaben spiegelverkehrt aufgeschrieben worden waren. Lara konnte von Glück reden, dass sie den Titel einigermaßen verstand: „Wunszädehl", zu gut deutsch „Wunschzettel". „Stimmt", fiel ihr auf, „jetzt ist ja auch wieder bald Weihnachten..." Nach einem kurzen Blick aufs Handy wusste sie, dass in zwei Tagen erster Advent war. Ein Lächeln huschte über ihr Gesicht, als Lara sich daran erinnerte, wie schön Advent doch eigentlich war. Sie schaute an die Zimmerdecke und ließ ihren Gedanken freien Lauf. Nun wurde sie von weihnachtlicher Vorfreude geradezu überschüttet. Advent, Tannenzweige, Kerzen, Plätzchen, Schokolade... All das und noch viel mehr floss, oder besser gesagt: rauschte wie ein Wasserfall durch ihren Kopf. In ihre Augen kehrte jener erwartungsvolle und gespannte Ausdruck, den sie schon seit sie ein kleines Mädchen war jedes Jahr um Weihnachten und ihren Geburtstag herum bekam.

„Kannst essen kommen!" Mit diesen Worten wurde Lara wieder in die Realität zurück geholt. Sie zuckte kurz zusammen und rief dann laut, sodass ihre Mutter es durch die geschlossene Tür und bis ins untere Stockwerk verstehen konnte: „Komme!" Unschlüssig blickte sie auf ihren alten Wunschzettel, den sie noch immer in den Händen hielt. Dann gab sie sich einen Ruck, stand vom Bett auf und warf den Zettel in Richtung Schreibtisch. Das misslang natürlich gründlich, das Papier bog sich und segelte dann beinahe direkt vor Laras Füßen in gleichmäßigen Schwingen zu Boden. Lara starrte es an, als könnte sie es durch Gedankenübertragung wieder zum Fliegen bringen, doch das schaffte sie natürlich nicht. Schließlich drehte sie sich schulterzuckend um und verließ das Zimmer.

Hinter ihr knallte die Tür derart ins Schloss, dass sie einen gehörigen Schreck bekam und beinahe leise aufschrie. Jetzt erst fiel ihr auf, dass in ihrem Zimmer ein Fenster geöffnet gewesen war, was ihr auch durch einen halb ärgerlicher, halb neckenden Kommentar ihrer Mutter bestätigt wurde. Scherzhaft genervt verdrehte Lara die Augen und ging die Treppe hinunter in die Küche, wobei ihr der immer stärker werdende Duft von selbst gemachter Bolognese à la Mama in die Nase stieg. Als sie die Küche betrat, hakte die Tür ein wenig, wie immer. Und auf den Tisch standen - wer hätte es gedacht - zwei große weiße Porzellanschüsseln, beide randvoll mit entweder Spaghetti oder jener berühmten Bolognesesoße.

Bei diesem Anblick und dem dazugehörigen Geruch schaute Lara ohre Mutter mit einem erwartungsvoll strahlenden Gesichtsausdruck an. Diese jedoch deutete auf einen Schrank mit den Worten: „Gut, dass du hier bist, dann deck doch mal den Tisch!" Widerwillig gehorchte ihre Tochter. „Für wie viele Leute?", fragte sie, als sie in der einen Hand zwei Teller hielt und mit der anderen in der Besteckschublade kramte. „Mach mal für drei, ich denke, Papa wird auch gleich da sein." Lara verdrehte genervt die Augen und nahm noch einen weiteren Teller aus dem Schrank.

Ihre Nase hatte Lara nicht getäuscht. Das Essen war mehr als lecker gewesen. Danach hatte sie ihrer Mutter noch kurz dabei geholfen, die Küche etwas aufzuräumen, bevor sie sich in ihr Zimmer verabschiedet hatte. Sie wollte sich eigentlich wieder ihrem Wunschzettel widmen, hielt es dann aber für eine bessere Idee, vielleicht doch mal - ausnahmsweise - ihre Hausaufgaben zu erledigen. Eigentlich merkwürdig, das war nämlich sonst gar nicht ihre Art. Doch diesmal hatten sie in Kunst Aufgaben bekommen, und da das Laras Lieblingsfach war, gab es ihr Anreiz genug, nicht nur das, sondern auch gleich alle anderen Fächer abzuhaken. Doch zuerst schloss sie das Fenster, ihr war jetzt ziemlich kalt und auch das Zimmer war schon regelrecht ausgekühlt. Schnell drehte Lara die Heizung auf und widmete sich dann den Aufgaben.

Schließlich schaute sie von ihrem Bett (denn woanders gab es keinen geeigneten Platz um Hausaufgaben zu machen) auf. Sie blickte die weiße Wand ihr gegenüber an und versuchte, sich daran zu erinnern, wann sie eigentlich die nächste Klassenarbeit schreiben würde. Doch sie konnte sich gar nicht konzentrieren, stattdessen dachte sie, vermutlich aufgrund der Wandfarbe, über Schnee nach. Sie beschloss, Schnee zu zeichnen, obgleich sie einerseits nicht sonderlich gut zeichnen konnte und anderseits überhaupt keine Ahnung hatte, wie sie „Schnee" als solches zeichnen sollte.

Doch das war ihr relativ egal, sie schnappte sich einen Bleistift, ihr heiß geliebtes Allrounder-Radiergummi, was sie seit der siebten Klasse benutzte und einen Zeichenblock, den sie, laut Beschriftung, schon etwas länger als seit der siebten Klasse benutzte. Dann setzte sie den Stift aufs Papier. Als sie mit den ersten Linien begann, merkte sie, dass ihre Beine als Untergrund nicht gerade die beste Voraussetzung waren. So legte sie sich kurzerhand bäuchlings auf den Boden. Und siehe da: Es lief direkt viel besser.

Nach einiger Zeit war sie fertig. Sie wollte gerade aufstehen, da bemerkte sie, dass ihr Fuß eingeschlafen war. Versehentlich trat sie damit auf und sog scharf die Luft ein. Sie ließ sich wieder aufs Bett sinken, diesmal war es ihr egal, wie laut es knacken würde. Den eingeschlafenen linken Fuß legte sie auf ihr rechtes Knie und begann vorsichtig, ihn mit der rechten Hand zu massieren. Irgendwann verschwand dieses ekelhaft-taube Gefühl, wurde stattdessen aber von einem starken Kribbeln abgelöst. Lara bewegte ihre Zehen ein wenig, was das unangenehme Gefühl vorerst verstärkte, es dann aber zum Glück rasch verschwinden ließ.

Erleichtert seufzte sie und betrachtete ihr nun vollendetes Kunstwerk. Darauf war ein verschneiten Weg zu sehen. Er schlängelt sich zwischen einer Häuserreihe und einer ebenfalls verschneiten Hecke hindurch. Außerdem hatte Lara versucht, es so darzustellen, dass immer noch Schnee fiel, das war ihr aber ihrer Meinung nach überhaupt nicht gelungen, es wirkte eher so, als wäre Schmutz auf eine Kameralinse gelangt.

„Naja", sagte sie zu sich selbst, „ich hab es ja immerhin versucht." Sie bückte sich, hob Block, Stift und Radiergummi vom Boden auf und legte das Bild auf einen der Stapel mit Schulbüchern auf ihren Schreibtisch. Den Stift und ihr Radiergummi verstaute sie in ihrer Federtasche, welche sie dann auch auf den Schreibtisch legte, allerdings neben den Bücherstapel. Dann schnappte sie sich den Block wieder und trennte die Seite mit dem Bild vorsichtig heraus. Sie nahm sie in die Hand und lief die Treppe hinunter ins Wohnzimmer, wo ihre Mutter gerade saß und an irgendjemanden eine Adventskarte schrieb, zumindest vermutete Lara das. Vorne auf der Karte war nämlich ein kleiner Adventskranz aufgedruckt.

Mit einem aufmunternden Lächeln auf dem Gesicht schob sie ihrer Mutter das Bild hin. Diese zeichnete selbst gerne und könnte ihr bestimmt ein paar Tipps geben. Denn wenn Lara etwas anfing, wollte sie es auch gut zu Ende bringen.

©violet_mushroom

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