4/Die Welt scheint klein zu sein

"Scheiße, Milan, wie heiß siehst du denn heute aus?" Amina, eine gute Freundin von mir, die ich schon seit der Grundschule kannte schlug mir fest auf den Rücken und funkelte mich böse, als auch belustigt an.
"Pff.", spielte ich cool runter."Ich sehe immer so gut aus." Ich zwinkerte ihr anspruchsvoll zu.
"Immer? Na, wenn du so meinst..." Sie hob ihre Augenbrauen und nickte grinsend Richtung Tür und ich verstand sofort, was sie meinte. Naja, vielleicht gute Freundin ein wenig untertrieben. Sie war ein...wenig mehr. Nein- Ein wenig sehr. Wenn einer von uns untergevögelt war, stillte er dem anderen den Durst, ganz einfach war das. Heute aber hatte ich wirklich keine Lust auf irgendeine Art Sex, harten-, als auch Blümchensex. Also schüttelte ich meinen Kopf enschuldigend, woraufhin sie schmollte.
"Vergiss es."
"Was, wieso? Du siehst so..." Sie hielt kurz inne und fing an, über meinen Arm zu streicheln."...angespannt aus."
Ich zuckte nur die Schultern, ehe ich ihr meinen Arm entriss, von meinem Hocker sprung und Richtung WC sprintete. Heute war wirklich keine gute Zeit für irgendwelche Spielchen. Auf der Toilette angekommeen wusch ich mein Gesicht mit kaltem Wasser und sah in den Spiegel. Mein Gesicht nass und mein Ausdruck alles andere als fröhlich. Eher genervt oder nachdenklich. Ich wusch mein Gesicht wieder mit Wasser, aber diesmal kälter. Schnell nahm ich Papier und trocknete mein Gesicht, ehe ich rausging und mich wieder in die Menschenmasse quetschte. Die Musik wurde immer lauter, der Bass dröhnte in meinen Ohren und die bunten Lichtern machten mir es echt zu schaffen. Ich musste ein paar Mal blinzeln bevor ich überhaupt etwas erkennen konnte.
Ich näherte mich langsam unserer Freundesgruppe und sah zu wie jeder sich zusammen, wie an einem Wettbewerb, Shot für Shot exte. Es war echt nicht zu übersehen, wie schlecht wir alle mittlerweile in unserem Leben klarkamen. Ohne Alkohol waren wir wortwörtlich am Ende. Und sobald wir zusammen feiern gingen, konnten wir unsere Frust und Trauer auslassen, Sorgen vergessen und trotzdem weiter mit unserem Leben weitermachen. Naja, das letzte traf nicht ganz auf mich zu. Ich hatte das Gefühl, dass mein Leben wie gefroren war, als hätte jemand auf den Break-Button gedrückt und die Zeit stehen blieb. "Baby.", raunte mir eine bekannte Stimme ins Ohr und ich bekam eine unangenehme Gänsehaut. Ich versuchte sie zu ignorieren, doch Amina stellte sich extra vor mich und druchkreuzte meine Pläne, sie umzugehen. Ich ächzte unkontrolliert genervt, woraufhin sie wieder einmal reagierte. "Baby...", sie schmollte ihren Mund, was mich aber nur noch aggressiver machte. "Digga, verpiss dich.", zischte ich durch meine Zähne und hoffte für sie, dass sie sich einfach nur umdrehen und gehen würde, doch natürlich musste diese Nutte mich weiter provozieren. "Wie bitte, kannst du das bitte nochmal wiederholen?"
Dass sie da einen Fehler machte bemerkte sie wahrscheinlich erst, als meine Faust auf ihrem Gesicht landete und sie mit voller Kraft nach hinten fiel. Ich spürte plötzlich alle Blicke auf mir, und versuchte zu realisieren, was ich gerade getan hatte...
Ich wusste, dass das, was ich gerade getan hatte, nicht so schnell in Vergessenheit geraten wird und ich mich damit automatisch mit irgendwelchen Möchte-Gern-Gangster anlegen muss, weil sie ihre Kräfte mit mir messen möchten. Ich atmete scharf ein, doch die Stille, sowie auch die Menschen, die nun alle um mich herumstanden und mich anstarrten, als hätte ich gerade jemanden auf's Eis gelegt, machten es mir nicht leichter. Auch die Musik wurde ausgemacht, die bunten Lichter und es wurde helles Licht angemacht, wo man nun alles klar erkennen konnte. Amina, die blutend und anscheinend bewusstlos auf dem Boden lag, ich, der wie ein Baum angewurzelt an der gleichen Stelle, wie gerade stand und die Immer-Noch-Glotzenden Menschen.
"Wer hat diese junge Frau hier niedergeschlagen?" Schnell eilten irgendwelche Frauen, die wohl für so einen Notfall hier ausgebildet wurden zu ihr und holten Verband aus ihrem Notfallskästchen, um kurze Zeit später ihre Schulter zu umbinden.
"Ich.", antwortete ich dem Mann, den ich vorerst ignoriert hatte. Er murmelte irgendwas aggressives, ehe er sich zu einer Barkeeperin drehte. "Verdammt, Adelina, was stehst du da noch so unnötig rum? Bring ihn raus und gib ihm diesen Zettel, wo draufsteht, dass er von nun an hier Hausverbot hat!", befohl er ihr, bevor er sich zu mir wandte. "Und du..." Er kam mir gefährlich nah, doch ich bleib trotzdem auf der gleichen Stelle stehen. "Du hast gegen eine Regel hier verstoßen, du hast jemanden gewalttätig zu Boden geschlagen und-"
"Geboxt.", korrigierte ich ihn lächelnd. "ACH, FICK DICH DOCH DU DRECKIGER HUNDESO-", fing er an, doch die Barkeeperin unterbrach ihn, indem sie an meinen Arm packte und unvorsichtig wegzog, solange, bis wir in einen Raum kamen und sie die Tür zuschlug. Der Raum sah einem Kellerraum erstaunlich ähnlich, hier konnte man, wenn man wollte, seine Leichen verschwinden lassen, so unauffällig würde es scheinen. "Was zum Teufel?!", zischte sie gefährlich und ich zuckte innerlich zusammen. Noch nie hatte eine Frau so mit mir geredet. Noch nie in diesem Ton. Die Barkeeperin holte einen kleinen, weißen Koffer aus einem Schrank, öffnete ihn und nahm ein paar Plaster und Desinfektionsspray. "Setz dich." Ich tat was sie sagte, und setzte mich auf eine weiße, instabile Bank. Sie setzte sich neben mich, sprühte ein wenig Desinfektion auf ein Wattepad und wollte mit ihrer Hand an mein Kinn, wo ich jedoch zurückwich. "Warum?", flüsterte ich.
"Du hast da eine Verletzung an der Wange und am Kinn...Und es tropft immer weiter..."
Ich schaute beschämt nach unten, und tatsächlich: Eine kleine Pfütze aus Blut machte sich auf dem Boden breit. "Aber wie...?"
"Du bist da vorhin wohl drangekommen. Nicht schlimm, lass mich nur kurz da dran." Ich spürte, wie mir Tränen in die Augen kamen und versuchte sie wegzublinzeln, während sie langsam und vosichtig mit dem Wattepad auf meine Wunden strich, jedoch erfolgslos. Wie schafften Frauen das dann immer?
"Alles in Ordnung?", ihre besorgte Stimme klang irgendwie süß. "Ja.", brachte ich nur schwer heraus. Eigentlich war nichts in Ordnung, mein Leben war reiner Absturz und egal, was ich tat, war verbunden mit Pech.
Ich schaute sie mir etwas genauer an. Ihre schönen, braunen Augen, ihre geröteten Wangen, und ihre vollen Lippen sahen einfach wunderschön aus. Ihr starkes Make-up schien auch nicht schlecht...Ich überlegte weiter und langsam kam sie mir immer wieder bekannter vor. Weiter nach unten schaute ich und endeckte etwas, was in meinem Hals einen fetten Kloß bildete: Eine Kette, mit dem albanischen Adler. Ich zog ihr meinen Kopf aus ihren weichen Händen und sprang auf.
"Alles okay?", fragte sie hastig, doch ich antwortete ihr nicht, drehte mich nur um und verließ den Club.

[...]


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