Nach Hause




~Neomas Sicht~

Ich konnte nicht glauben, dass das alles wirklich passiert war. Eigentlich hatte ich bloß vor Charon ein bisschen wütend zu machen, doch das.. erneut schoß mir die Erinnerung an den gestrigen Tag durch den Kopf und meine Wangen wurden heiß. Er hatte mich auf so vielen Ebenen peinlich berührt und dennoch konnte ich nicht wütend sein, weil es sich verdammt nochmal viel zu gut angefühlt hatte. Ich hätte nie gedacht, dass mir so etwas auch nur ansatzweise gefallen könnte, doch bei den Göttern, das tat es.

Ich stand vor dem Spiegel und betrachtete meinen eigenen Körper. Was für ein Verräter er doch war. Nicht nur, dass ich Charon verraten hatte, dass ich so etwas noch nie getan hatte, nein, ich hatte auch darum gebettelt, dass er mehr tut. Scheiße. Wie konnte ich das nur tun? Wenn es eine Sache gab, die sicher nicht zum Auftrag gehörte, dann war das solche Dinge mit seinem Zielobjekt zu tun und es auch noch zu genießen. Scheiße.

Genervt und gleichermaßen verwirrt zog ich mich an und machte mich fertig für die Arbeit. Allein der Gedanke daran, dass ich gleich Charon wiedersehen würde, ließ mein Herz schneller schlagen. Wie sollte ich mich ihm gegenüber verhalten? Zugegeben, dieser Auftrag war mit Sicherheit einer der schwierigsten, die ich je hatte.

Eine halbe Stunde später kam ich endlich im Büro an. Ich versuchte mich so normal wie möglich zu verhalten. Ich grüßte kurz Miss Howard, nickte Kyon zu, der mich bloß gleichgültig ansah und setzte mich dann an meinen Schreibtisch. Wie immer wartete ein Stapel mit Arbeit auf meinem Tisch, der mich zumindest für ein paar Stunden von Charon ablenken würde.

Gerade hatte ich mir meinen Kaffee geholt und wollte weiterarbeiten, als plötzlich eine Person hineinstürmte, mit der ich ganz und gar nicht gerechnet hatte. Kirian. Er funkelte mich wütend an und blieb vor meinem Schreibtisch stehen. Shit. Bei all dem Trubel hatte ich gar nicht mehr an unseren Streit gedacht.

"Was willst du hier?" fragte ich aufmerksam und musterte ihn. Er hatte scheinbar nicht viel geschlafen, denn er sah müde aus und war nicht so ruhig und gelassen, wie sonst. Er war wirklich extrem sauer, doch ich war genauso sauer. Er hatte mir Dinge an den Kopf geworfen und mich beleidigt, was nun der Grund dafür war, dass ich ihn bloß kalt ansah.

"Mit dir reden" erwiderte er, klang dabei jedoch nicht so sanft wie sonst. Stattdessen konnte ich förmlich hören, wie er kurz davor war vor Wut zu explodieren. Doch wieso? Ich verstand immer noch nicht, wieso er so wütend er war. Klar, ich hatte von Charon einen Knutschfleck bekommen, doch er hatte nicht das recht sich so darüber aufzuregen.

"Willst du dich entschuldigen? Denn ansonsten sehe ich keinen Grund, dass wir reden" knurrte ich und musterte ihn weiterhin. Wenn er jetzt, hier eine Szene machte, dann würde das garantiert aufsehen erregen und das konnte ich wirklich nicht gebrauchen. Wieso also suchte er mich ausgerechnet hier auf?

"Ich? Ich soll mich entschuldigen? DU bist diejenige gewesen, die sich von irgendeinem Typen vögeln hat lassen" knurrte Kirian deutlich lauter als ich es wollte, weshalb sich einige Augen auf uns richteten. Verdammter Mist.

"Was ist hier los?" rief plötzlich eine dunkle Stimme. Meine Augen trafen auf das dunkle Tief, dass sich hinter Charons Augen verbarg. Er kam gerade aus dem Fahrstuhl und sobald er Kirian erblickte, wurden sein Ausdruck angespannt. Auch das noch.

"Was geht dich das an du Arsch?" erwiderte Kirian und drehte sich zu ihm um. Oh verdammt. Nun stand ich ebenfalls auf, doch die beiden ignorierten mich komplett. Charon hob eine Augenbraue und kam bedrohlich langsam auf uns zu. Es war offensichtlich, dass er alles andere als erfreut war, zu sehen, wie jemand ihn so offen beleidigte.

"Was mich das angeht? Du traust dich in MEINEM Büro so rumzuschreien..." begann er und nun stand er direkt vor Kirian. Er spannte die Schultern an und baute sich auf. "Mutig, doch es ändert nichts daran, dass ich dich in zwei Sekunden hier rausbefördere, wenn du mich noch einmal Arsch nennst" drohte Charon und sah mich kurz an. Er konnte sehen, dass ich mich unwohl mit dieser Situation fühlte.

Kirian baute sich ebenfalls auf. Was würde er nun tun? Verdammt. Ich hatte ihn noch nie so wütend gesehen, was bedeutete, dass ich nicht einschätzten konnte, was er tun würde. Wenn es eine Sache gab, die ich nicht leiden konnte, dann war es solch eine Situation.

Plötzlich machte Kirian einen Schritt auf Charon zu, welcher kein bisschen beeindruckt zu sein schien. "Was denn? Du denkst, weil Hades dein daddy ist, muss ich Angst vor dir haben du Höllenhund?" provozierte er spöttisch und mir blieb für einige Sekunden das Herz stehen. Wie konnte Kirian das tun? Scheiße verdammt, wie konnte er mich so verraten?

Ich versuchte meine kalte Maske zu behalten, doch das war unglaublich schwer, wenn der beste Freund einen so einfach verriet. Nein. Ich konnte nicht ruhig bleiben. Genauso wenig, wie Charon. Auch er hatte einen emotionslosen Ausdruck auf dem Gesicht, doch seine Augen suchten die meinen. Es lag eine Frage in seinem Blick. Wusste ich davon? Oh ja, das tat ich.

"Raus hier" drohte Charon noch einmal und diesmal kamen zwei seiner Leute, die Kirian packten. Er jedoch protestierte und kam nicht umher noch mehr von mir preiszugeben. Bei den Göttern. Dieser verdammter Mistkerl.

"Und sie? Deine kleine Hure. Weißt du was sie ist?" fragte er und ich riss schockiert die Augen auf. "Wag es nicht!" knurrte ich und würden die zwei muskulösen Schränke mir nicht den Weg versperren, dann hätte ich ihm längst eine geklatscht. Was sollte ich denn jetzt nur tun? Wie sollte ich meinen Auftrag zu Ende bringen, wenn Charon wusste wer ich war.

Kirian protestierte weiter, doch die beiden Sicherheitsleute brachten ihn endlich raus. Kaum war er verschwunden, kam Charon auf mich zu. Scheiße. In meiner ganzen Zeit war noch nie so etwas passiert. Klar, es wurde schon das ein oder andere mal eng, doch so etwas... normalerweise konnte ich vorher immer abhauen.

"In mein Büro. Sofort" knurrte er und in meiner Überforderung nickte ich bloß und folgte ihm in sein Büro. In meinem Kopf ratterte es. Wie erklärte ich ihm, dass mein bester Freund wusste, wer er war und ich auch nicht die war, die ich vorgab zu sein.

Mit rasendem Herzen betrat ich sein Büro und wartete bis er die Tür schloss. Ich hatte mehrere Optionen. Ich konnte offensiv sein und ihm dafür nur die halbe Wahrheit erzählen oder ich wartete darauf, was er sagen würde. Sicherlich hatte er mich schon längst durchschaut. Shit.

Auf einmal drängte Charon mich an die Wand, griff mit einer Hand meine Hüfte und mit der anderen in meine Haare. Nicht einmal meine Instinkte schalteten sich ein. Ich wartete einfach ab. Er würde mich jetzt zusammenstauchen oder schlimmeres. Das wusste ich. Das musste so passieren.

"Wer bist und woher wisst ihr zwei wer ich bin?" knurrte er und auch wenn ich es für unmöglich gehalten hatte, seine Augen wurden noch dunkler und kälter. Shit. Was antwortete ich darauf nur? Meine Gedanken rasten noch mehr als mein Herz, bevor ich endlich zu einer Entscheidung kam.

"Ich bin Neoma, die Tochter von Artemis. Kirian ist auch ein Halbgott..." begann ich zögerlich, doch Charons fester werdender Griff verriet mir, dass er damit nicht zufrieden war. Er wollte wissen, wieso ich hier war. Schließlich war er Hades Sohn. Er war nicht dumm und wusste, dass der Olymp nicht einfach ignorierte was er tat.

"Was ist dein Gott verdammter Auftrag Neoma!" fragte er wütend und kam mir näher. Ich wusste, dass ich antworten musste. Ich schluckte und sah kurz auf den Boden, bevor ich ihm wieder in die Augen sah.

"Ich soll dich ausspionieren. Dem Olymp gefällt es nicht, dass du immer stärker wirst, also hat meine Mutter mich geschickt um sicherzustellen, dass du nicht zu mächtig wirst" erklärte ich leise und seufzte. Jetzt war es raus. Natürlich war das nicht die ganze Wahrheit, doch wenn ich ihm erzählte, was mein eigentlicher Auftrag war, dann würde er mich garantiert auf der Stelle umbringen.

Einen Moment lang sah mich Charon nur an. Er musterte mich. Jedes Detail meines Gesichts, als würde er innerlich debattieren, was er nun tun sollte. Wie würde er reagieren? Ich war eine Spionin. Er könnte mich ganz leicht nutzten, um ein Exemple an mir zu statuieren und dem Olymp eins auszuwischen.

Ich wusste, dass meine Mutter unglaublich enttäuscht sein würde, wenn ich zurückkehren würde. Ihre wäre es egal, dass Kirian meinen Auftrag zu Nichte gemacht hatte. Stattdessen würde sie mir für eine lange Zeit keine Aufträge mehr erteilen und mir ständig Vorträge darüber halten, was ich falsch gemacht hatte.

"Du bist also eine kleine Spionen, deren Auftrag es ist dem Olymp alles zu sagen, was ich tue hm?" fragte er und die Hand an meiner Hüfte begann auf und ab zu streichen. "Hast du ihnen davon auch erzählt? Wie nah du mir wirklich gekommen bist?" hauchte er und ich erstarrte. Das war seine Frage? Einige Sekunden sah ich ihn bloß an, schüttelte jedoch den Kopf.

Charon nickte grinsend. "Ich könnte dich jetzt töten oder sonst was mit dir anstellen kleine Wölfin, doch ich hab eine bessere Idee" erklärte er mir und ich musterte ihn noch etwas verwirrter als vorher. Was für eine Idee hatte er? Gott, dieser Mann war unglaublich.

"Was willst du denn mit mir anstellen hm? Mich in die Unterwelt zu deinem daddy schleppen? Ich kenne Hades nicht persönlich, doch ich hab gehört, dass es dort unten einige heiße Quellen gibt, die sehr gut tun sollen" provozierte ich ihn grinsend, was ihm ganz und gar nicht gefiel. Allein die Erwähnung seines Vaters, schien ihn negativ zu stimmen, doch das überspielte er ganz einfach.

"Nicht in die Unterwelt..." begann er und musterte mich.

"Zu mir nach Hause"

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